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Herausgabe der Sendungen verlangen. Das Gericht kann diese Anordnung aufheben oder beschränken.» Unter Umständen sind Postbeamte befugt, beschädigte Sendungen zu eröffnen, um den Inhalt festzustellen; sie müssen sich aber dabei jeder über den Zweck der Eröffnung hinausgehenden Einsicht enthalten; unter derselben Bedingung können unbestellbare Sendungen behufs Ermittelung des Absenders durch Beamte der Oberpostdirektionen eröffnet werden.
Postbeamte, welche die der Post anvertrauten Briefe oder Pakete unbefugt eröffnen oder unterdrücken, werden nach §. 354 des Reichs-Strafgesetzbuchs mit Gefängnis nicht unter 3 Monaten bestraft, unter Umständen auch mit der Entziehung der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter bis zu 5 Jahren. Im übrigen ist das Postgeheimnis disciplinarisch gesichert.
Königreich Sachsen

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Sachsen.Die Klagen über Verletzung des Briefgeheimnis sind so alt wie das Briefschreiben. Schon Lucian berichtet darüber zahlreiche Details. Auch aus dem Mittelalter hat die Geschichte unzählige Beispiele von Brieferbrechungen überliefert. Luther, dessen an Leipziger Bürger gerichtete Briefe häufig erbrochen wurden, protestierte 1528 in seiner «Schrift von heimlichen und gestohlenen Briefen, sampt einem Psalm, ausgeleget widder Hertzog Georgen zu Sachsen» [* 2] öffentlich gegen einen solchen Rechtsbruch.
Selbst die Briefe an und von Fürsten entgingen diesem Schicksal nicht. Landgraf Philipp von Hessen [* 3] (1593) ließ einen Brief an den Herzog von Braunschweig [* 4] erbrechen, und Gustav Adolf klagte in seiner Kriegserklärung von 1630 den Kaiser der Erbrechung eines Briefes an den Fürsten von Siebenbürgen an. Systematisch betrieben Ludwig XIV. und der Kardinal Richelieu die Brieferbrechungen. Letzterer richtete 1628 das Cabinet noir («Schwarzes Kabinett») in dem Postamte zu Paris [* 5] ein, wo alle Briefe zu polit.
Zwecken durchsucht und dann als Unterlage zu Denunziationen benutzt wurden. Die Durchsuchung und Wiederverschließung
der
Briefe war zu einer wirklichen Kunst, zu einem «königl.
Plaisir» ausgebildet, wie es Richelieu nannte. Das
Cabinet noir kostete unter
Ludwig XVI. jährlich 300000
Livres. In
Deutschland
[* 6] ist das schwarze
Kabinett des
Grafen
Brühl und seines
Gehilfen,
Hofrat von Siepmann, in
Dresden
[* 7] zu trauriger
Berühmtheit gelangt. Bei der Invasion
Berlins durch die
Franzosen (1806) wurden von dem Generalintendanten Napoleons,
Bignon,
täglich 2000
Briefe geöffnet.
Über Brieferbrechungen in
England klagt
Swift in den
Briefen an seinen Freund Pope. - Zum deutschen
Recht vgl. Dambach, Das Gesetz über das Postwesen des
Deutschen
Reiches vom erläutert durch
Kommentar zum Postgesetz (4. Aufl., Berl. 1881), die Lehrbücher des
Staatsrechts von Laband, G.
Meyer,
Schulze, Zorn, sowie
Sydow in
Stengels «Wörterbuch des Verwaltungsrechts».