Vielfach wurde in der Romanlitteratur von dem Brief Gebrauch gemacht, zuerst von Richardson, den
Rousseau, Rétif de la Bretonne,
Musäus, Hermes,
[* 2]
Sophie de la Roche,
Tieck nachahmten, auch
Goethes «Werther», durch den wieder
Foscolo zu den «Ultime lettere
di Jacopo Ortis» angeregt wurde. Jetzt ist der
Briefroman in
Abnahme gekommen; zu erwähnen sind die von
Dito und
Idem,
d. i.
Carmen Sylva und
Mite Kremnitz: «Astra», «Feldpost»
und «Aus zwei Welten»
(Bonn
[* 3] 1886).
Die als
Quellen für die ältere deutsche Geschichte wertvollen Brief sind in den «Monumenta
Germaniae historica» in einer besondern
Abteilung gesammelt.
Vgl. W. Roberts, History of letterwriting
from the earliest period to the 5th century (Lond. 1843);
Steinhausen, Geschichte des deutschen Brief (2 Bde.,
Stuttg. 1889-91).
Auch die epistolarische Litteratur des Morgenlandes ist sehr reichhaltig. Zu besonderer
Blüte
[* 4] ist sie bei
Arabern und
Türken
gediehen, wurde aber auch bei den Assyrern und Babyloniern gepflegt. (S. auchBriefgeheimnis,
Briefporto,
Briefsteller.)
abgekürzt Brief oder
Br., auf Kurszetteln bedeutet, daß die Papiere zu dem so bezeichneten Kurs angeboten sind,
daß also die Verkäufer bereit waren, zu diesem Kurse zu verkaufen, daß sich aber zu demselben keine
Käufer gefunden haben.
Man bezeichnet solche Kurse auch mit Papier oder P. Im Gegensatz zu diesen Kursen stehen diejenigen,
welche mit
Geld (s. d.) oder G. bezeichnet sind.
die Unverletzbarkeit der der Post anvertrauten verschlossenen Sendungen. Zum Wesen eines
Briefs gehört
der Verschluß, durch welchen der Briefabsender seinen Willen bekundet, daß die unter dem Schutze des
Siegels befindliche
Botschaft jedem unbefugten
Auge
[* 6] entzogen werden soll. Neuere Rechtslehrer (Laband, Dambach) unterscheiden
zwischen und Postgeheimnis. Der erste
Begriff bezieht sich auf den
Inhalt des verschlossenen
Briefs, das Postgeheimnis dagegen
umfaßt alle
Thatsachen, welche der Postbeamte durch seine amtliche Thätigkeit in Erfahrung gebracht
hat, und kennzeichnet sich nur als eine besondere und besonders streng gehandhabte Anwendung des Amtsgeheimnisses überhaupt,
bezieht sich also auch z. B. auf
Adressen, offene Postkarten, Zeitungsabonnements.
Die Heilighaltung des Briefgeheimnis ist von allen Kulturvölkern als Princip anerkannt worden, besonders seitdem
das Postwesen überall als eine Staatswohlfahrtsanstalt verwaltet wird. Unbefugte Eröffnung von
Briefen
und unberechtigtes Eindringen in den
Inhalt derselben fällt demgemäß unter strafrechtliche Vorschriften. Nur in Fällen
der Gefährdung des Staatsinteresses, wo also eine höhere Berechtigung, als die des Individuums, in Frage kommt, kann eine
Ausnahme von der Unverletzlichkeit des Briefgeheimnis als zulässig erachtet werden.
Dies trifft namentlich im
Kriege oder in Fällen gemeiner Gefahr zu, denn der
Staat kann nicht Bestrebungen
fördern, welche die Existenz seiner eigenen
Bürger bedrohen. In
Deutschland
[* 7] findet sich die Gewährleistung des Briefgeheimnis zuerst
in der Josephinischen
Wahlkapitulation von 1690 ausgesprochen. Die Verletzung desselben sollte als crimen falsi mit
Staupenschlag
und Landesverweisung bestraft werden. In der
Allgemeinen preuß. Postordnung vom war den Postbeamten
die Brieferbrechung bei
Strafe der
Dienstentlassung und
Ahndung als Meineidige verboten; auf analogem Standpunkt steht das
AllgemeinePreuß.
Landrecht. Noch härter war das franz. Gesetz. Eine Verordnung
Ludwigs XV. vom setzte fest, daß Postbeamte, welche
Briefe und
Pakete erbrochen und die darin enthaltenen Gegenstände zu eigenem Nutzen unterschlagen hätten, die
Todesstrafe
verwirkt haben sollten. Die franz. Nationalversammlung nahm auf Sieyes'
Antrag die Gewährleistung des Briefgeheimnis unter die sog. Grundrechte
auf; nach diesem Vorgange wurde das in den meisten Verfassungsurkunden der konstitutionellen
Staaten garantiert, so
in
Portugal
[* 8] 1826, Kurhessen 1831,
Württemberg
[* 9] 1843,
Baden
[* 10] 1845. Art. 141 der
Frankfurter Reichsverfassung von 1849 verordnete:
«Das Briefgeheimnis ist gewährleistet. Die bei strafgerichtlichen Untersuchungen
und in Kriegsfällen notwendigen
Beschränkungen sind durch die Gesetzgebung festzustellen», eine Verheißung, die damals
unerfüllt blieb.
Preußen
[* 11] (1850), Oldenburg
[* 12] und
Sachsen
[* 13] (1852) nahmen indessen diese Fundamentalbestimmungen auch in ihre
Verfassungsurkunden auf. Im
DeutschenReiche ist durch §. 5 des Gesetzes über das Postwesen vom das Briefgeheimnis für ganz
Deutschland gewährleistet. Nach diesem
Paragraphen «ist das Briefgeheimnis unverletzlich. Die bei strafgerichtlichen
Untersuchungen und in Konkurs- und civilprozessualischen Fällen notwendigen Ausnahmen sind durch ein
Reichsgesetz festzustellen».
Diese Ausnahmen finden sich in den §§. 99 und 100 der Reichs-Strafprozeßordnung angegeben. Zulässig ist dementsprechend:
die
Beschlagnahme der an den Beschuldigten gerichteten Postsendungen und
Telegramme, ferner solcher
Briefe u. s. w. auf der
Post, in betreff deren
Thatsachen vorliegen, welche darauf schließen lassen, daß die
Briefe von dem Beschuldigten
herrühren oder für ihn bestimmt sind und daß ihr
Inhalt für die Untersuchung von Bedeutung ist.
Die
Beschlagnahme wird vom
Richter, in eiligen Fällen auch von der
Staatsanwaltschaft verfügt; die letztere
Beschlagnahme muß
indessen binnen 3
Tagen vom
Richter bestätigt werden, widrigenfalls sie außer Kraft
[* 14] tritt. Die Prüfung darüber, ob
diesen
Bedingungen bei der
Beschlagnahme genügt ist, liegt nicht der Post, sondern dem
Richter ob. Die Post muß nur Nachricht
erhalten, daß eine strafgerichtliche Untersuchung eingeleitet ist. Die beteiligten
Personen sind, sobald der Untersuchungszweck
dies gestattet, von der
Beschlagnahme zu benachrichtigen. Im Civilprozeß findet keine Ausnahme vom Briefgeheimnis statt.
Doch können die
Gläubiger des
Adressaten die an diesen gerichteten
Briefe mit Wertinhalt,
Pakete und Postanweisungsgelder
im Wege der Zwangsvollstreckung gerichtlich mit
Beschlag belegen lassen. Es ist dies ein Pfändungsrecht des
Gläubigers; die
Sendungen müssen jedoch dem
Adressaten bereits ausgehändigt sein. Solange der
Adressat die Sendungen nicht angenommen hat,
behält lediglich der
Absender das Verfügungsrecht; lehnt der
Adressat die
Annahme ab, so müssen die Sendungen
an den
Absender zurückgehen. In Konkursfällen (§. 111 der Reichs-Konkursordnung) sind «die
Post- und Telegraphenanstalten verpflichtet, auf
Anordnung des Konkursgerichts alle für den Gemeinschuldner eingehenden Sendungen,
Briefe und Depeschen dem Konkursmassenverwalter auszuhändigen, der zur Eröffnung u. s. w.
berechtigt ist. Der Gemeinschuldner kann aber die Einsicht, und wenn der
Inhalt die
Masse nicht betrifft, die
¶
mehr
Herausgabe der Sendungen verlangen. Das Gericht kann diese Anordnung aufheben oder beschränken.» Unter Umständen sind Postbeamte
befugt, beschädigte Sendungen zu eröffnen, um den Inhalt festzustellen; sie müssen sich aber dabei jeder über den Zweck
der Eröffnung hinausgehenden Einsicht enthalten; unter derselben Bedingung können unbestellbare Sendungen behufs Ermittelung
des Absenders durch Beamte der Oberpostdirektionen eröffnet werden.
Postbeamte, welche die der Post anvertrauten Briefe oder Pakete unbefugt eröffnen oder unterdrücken, werden nach §. 354 des
Reichs-Strafgesetzbuchs mit Gefängnis nicht unter 3 Monaten bestraft, unter Umständen auch mit der Entziehung der Fähigkeit
zur Bekleidung öffentlicher Ämter bis zu 5 Jahren. Im übrigen ist das Postgeheimnis disciplinarisch
gesichert.
Die Klagen über Verletzung des Briefgeheimnis sind so alt wie das Briefschreiben. Schon Lucian berichtet darüber zahlreiche Details.
Auch aus dem Mittelalter hat die Geschichte unzählige Beispiele von Brieferbrechungen überliefert. Luther, dessen an LeipzigerBürger gerichtete Briefe häufig erbrochen wurden, protestierte 1528 in seiner «Schrift von heimlichen
und gestohlenen Briefen, sampt einem Psalm, ausgeleget widder Hertzog Georgen zu Sachsen» öffentlich gegen einen solchen Rechtsbruch.
Selbst die Briefe an und von Fürsten entgingen diesem Schicksal nicht. Landgraf Philipp von Hessen
[* 16] (1593) ließ einen Brief
an den Herzog von Braunschweig
[* 17] erbrechen, und Gustav Adolf klagte in seiner Kriegserklärung von 1630 den
Kaiser der Erbrechung eines Briefes an den Fürsten von Siebenbürgen an. Systematisch betrieben Ludwig XIV. und der Kardinal
Richelieu die Brieferbrechungen. Letzterer richtete 1628 das Cabinet noir («SchwarzesKabinett») in dem Postamte zu Paris
[* 18] ein,
wo alle Briefe zu polit.
Zwecken durchsucht und dann als Unterlage zu Denunziationen benutzt wurden. Die Durchsuchung und Wiederverschließung
der Briefe war zu einer wirklichen Kunst, zu einem «königl.
Plaisir» ausgebildet, wie es Richelieu nannte. Das Cabinet noir kostete unter Ludwig XVI. jährlich 300000 Livres. In Deutschland
ist das schwarze Kabinett des GrafenBrühl und seines Gehilfen, Hofrat von Siepmann, in Dresden
[* 19] zu trauriger
Berühmtheit gelangt. Bei der Invasion Berlins durch die Franzosen (1806) wurden von dem Generalintendanten Napoleons, Bignon,
täglich 2000 Briefe geöffnet. Über Brieferbrechungen in
England klagt Swift in den Briefen an seinen Freund Pope. - Zum deutschen
Recht vgl. Dambach, Das Gesetz über das Postwesen des DeutschenReiches vom erläutert durch
Kommentar zum Postgesetz (4. Aufl., Berl. 1881), die Lehrbücher des
Staatsrechts von Laband, G. Meyer, Schulze, Zorn, sowie Sydow in Stengels «Wörterbuch des Verwaltungsrechts».