Stadt und Municipalborough in der engl.
Grafschaft Dorset, unweit des
Kanals an der
Vereinigung der einen geräumigen
Hafen bildenden Brit und Asker, hat (1891) 6611 E., Fabrikation von
Netzen und
Tauwerk sowie auch von Segeltuch und Drahtzieherei.
franz. Landschaft, vom Zusammenfluß der Seine undMarne oberhalb
Paris
[* 2] ostwärts bis
Sézanne,
jetzt zum Depart. Seine-et-Marne, kleinernteils zu den Depart.
Marne,
Aube und
Aisne gehörig, ist (namentlich die obere Brie) eine der getreidereichsten Gegenden
Frankreichs, zugleich berühmt
durch ihre Rahmkäse (Fromage de aber verrufen wegen ihrer schlechten
Weine. Sie zerfiel ehemals in die Brie Champenoise mit
den Hauptstädten Meaux,
Provins und
Château-Thierry im O., die zur Champagne, und die Brie.
Française oder Parisienne im W.,
die zur Isle-de-France gehörte.
Das Land bildete lange Zeit eine eigene
Grafschaft, welche nach dem Aussterben ihrer Herren 1328 mit der
KroneFrankreich vereinigt
wurde. Der Hauptort Brie-Comte-Robert (spr. bri kongt robähr) oder
Brie-sur-Yères (spr. ßürĭähr)
im
ArrondissementMelun des Depart. Seine-et-Marne, ist Hauptort eines Kantons (191,96 qkm, 16 Gemeinden, 11 159 E.),
an der Linie
Paris-Vincennes-Brie-Comte-Robert der
Franz.
Ostbahn, hat (1891) 2480, als Gemeinde 2772 E.,
Handel in Getreide
[* 3] und
Käse, und eine got.
Kirche mit
Glasmalereien und Grabmälern aus dem 13. Jahrh.
jede an eine bestimmte
Person gerichtete schriftliche Mitteilung, die offen oder unter
Verschluß statt mündlicher
Botschaft gesandt wird. Im
Altertum (zunächst bei Griechen und
Römern) pflegte man vorzugsweise
Wachstäfelchen, tabellae, zu gebrauchen, woher auch der Briefbote, tabellarius, seinen
Namen erhielt. Sie waren
je auf einer Seite beschrieben und so zusammengefaltet, daß die nicht beschriebenen Seiten (gewöhnlich waren es nur zwei)
nach außen zu stehen kamen, und hatten einen erhöhten Rand, sodaß das Geschriebene oder Eingeritzte hohl lag und nicht
verwischen konnte.
Das
Siegel wurde auf die
Stelle gedrückt, wo die mit einem Bindfaden kreuzweise gebundenen Täfelchen
verknotet waren.
Beim Öffnen der Briefe wurde das
Siegel genau geprüft. Auf der Außenseite des «Briefes» stand die
Adresse, übrigens schrieb man schon zu
CicerosZeiten außerdem auch auf Papier (Papyrus), das schon seit
Alexander dem
Großen
in Europa
[* 4] bekannt und bald einheimisch war. In diesem Fall wurden die zusammengefalteten
Blätter mit
einem
Faden
[* 5] durchnäht und die
Enden desselben geknüpft und gesiegelt. An Entfernte schrieb man dann gewöhnlich auf Papier,
an Einheimische auf Täfelchen; ob auch auf
Pergament (das 185
v. Chr. erfunden wurde) ist ungewiß.
Die Sklaven, welche als Sekretäre die Korrespondenz der Herren besorgten, hießen bei den
Römern ab
epistulis, a manu oder amanuenses. Auch das Schreiben in
Chiffren war den
Römern bereits bekannt. So setzte Julius
Cäsar in
seinen Geheimschreiben immer den vierten
Buchstaben von dem, den er eigentlich hätte setzen sollen,
Augustus immer den folgenden.
Das
Briefgeheimnis war den Alten heilig, aber auch
Beispiele des
Mißbrauchs kommen vor. Was die äußern
Formen betrifft, so begann und schloß der Grieche seine Brief mit einem Glückwunsch («sei
gesund»),
der
Römer
[* 6] ähnlich,
z. B.:
Cajus Tito suo salutem dat (dicit)", oder nur
«Cajus Tito salutem», wörtlich:
«Cajus (sagt
seinem)
TitusHeil»; beide Formeln stets abgekürzt; hier also C.
T. S. D. oder C.
T.
S., und zum
Schluß«Vale»
oder «Cura, ut valeas», oder «fac
valeas» («lebe wohl»).
Im Mittelalter war bis zum 13. Jahrh. ausschließlich
Pergament in Gebrauch, das aber im 14. Jahrh. fast ganz vom Papier verdrängt
wurde. Der
Begriff, welcher mit dem Wort Brief verbunden wurde, war bis ins 16. Jahrh.
völlig der von
Urkunde (s. d.), woran noch die
AusdrückeAdels-, Fracht-,
Kauf-,
Lehr-, Schuldbrief,
Briefadel und verbriefen
erinnern; jetzt bedeutet es die persönliche Mitteilung im Gegensatz zu dem offiziellen Schreiben. Wie die Bezeichnung «Courier»,
so beruht auch der
Ausdruck «Brief» für
Zeitung auf dem Umstand, daß die ersten
Zeitungen (s. d.) aus
Brief entstanden.
Geschworner Brief
war in der
Schweiz
[* 7] die Bezeichnung der alten Stadt- und Landschaftsverfassungen, während in der jetzigen Bedeutung
im Mittelalter mit Missive, später Sendschreiben, bezeichnet wurde. Dem Mittelalter dienten zu
Vorlagen für Brief die Brief
Ciceros
und
Alkuins, für amtliche Schreiben Formelbücher, deren sich viele erhalten haben (s.
Briefsteller). Diakon
Alberich von
Monte-Cassino (in der ars dictandi) unterschied 5 Hauptbestandteile des Brief: 1) salutatio
(Begrüßung), 2)
captatio benevolentiae (s. d.), 3) narratio (sachlicher
Inhalt), 4) petitio (Bitte um
Erhaltung des Wohlwollens),
5) conclusio
(Schluß). Diese 5
Teile erhöhten sich in der Zopfzeit des 17. Jahrh. bis zu 12
Teilen. Die
jetzige Postkarte (s. d.) hat wesentlich dazu beigetragen, alle diese Redewendungen
einzuschränken und Kürze des
Ausdrucks in den Briefstil einzuführen.
Die Mohammedaner beginnen ihre in der Regel mit einer Anrufung
Gottes und schließen dieselben mit dem Salam. Der
Unterschrift wird gewöhnlich das
Siegel des Schreibers in einer unserer
Buchdruckerschwärze ähnlichen dicken
Tinte
beigedrückt. In Brief, die sich über den alltäglichen Geschäftsstil erheben, wird gern eine gehobene, in gereimter
Prosa sich bewegende Ausdrucksweise angewendet. Dementsprechend hat sich eine reiche Briefstellerlitteratur (arabisch:
Inschâ)
entwickelt.
Der Verschluß des Brief wurde seit den ältesten
Zeiten durch Bienenwachs oder eine Art Siegelerde hergestellt,
in der Siegelringe abgedruckt wurden (Siegelringe der Pharaonen,
Sphinx
[* 8] des
Augustus). Im 15. Jahrh. wurde Siegellack aus
China
[* 9] eingeführt; das erste
Siegel von Lack findet sich an einem Schreiben aus
London
[* 10] an den Rheingrafen Ph. Fr. von
Daun. 1624 kamen in
Speyer
[* 11] die Oblaten auf (s. Siegelkunde). Die
Briefumschläge (Couverts) wurden 1820 (von
Brewer) in England erfunden.
Frühzeitig bildete sich die Briefschreibung (Epistolographie) zu einer eigenen litterar. Gattung aus, sei es nun, daß die
Brief von ihren Verfassern sofort mit der Absicht der Veröffentlichung geschrieben, sei es, daß sie erst von andern gesammelt
wurden. Ihr eigentümlicher Wert liegt darin, daß Brief einen besonders tiefen und richtigen Einblick
in das Gefühls- und Geistesleben des Schreibenden ermöglichen, wertvolle Materialien zur Kenntnis der Geschichte und Sitte
ihrer Zeit liefern und den unbefangenen Konversationsstil kennen lehren.
Aus der klassischen Zeit des griechischen Altertums sind zwar dem Namen nach eine Menge von Brief bedeutender Männer (Heraklit,
Pythagoras, Themistokles, Plato, Sokrates, Isokrates, Aristoteles, Demosthenes) erhalten, aber sie sind, wenn
auch aus dem Altertum stammend, wohl samt und sonders unecht. Echt sind dagegen, aus späterer Zeit, die Brief des Kaisers Julianus
Apostata, des Libanius, des BischofsSynesius, echt ferner, wenn auch der Inhalt reine Fiktion und die Briefform eine bloße
Geschmackssache der Verfasser ist, die des Alciphron, des Aristänetus und des Theophylaktus von Simocatta.
In Rom
[* 26] entwickelte sich die Epistolographie, durch den ältern Cato eigentlich erst zu einer selbständigen Stellung erhoben,
namentlich in polit.
Richtung (Cäsar, Cicero). Angesehene MännerRoms ließen ihre in Abschriften verbreiten, um sich zahlreiche Anhänger für polit.
Zwecke zu erwerben. Einen hohen Grad von feingebildetem Ton (Urbanität) und einen bei aller Natürlichkeit
sorgfältigen Stil zeigen Ciceros Brief. Nach dem Fall der röm. Republik diente die Briefform vielfach der Erörterung
allgemeiner Probleme in Leben und Wissenschaft. Hierher gehören die Brief des PhilosophenSeneca, Plinius des Jüngern u. a., von
spätern die des Symmachus, Ausonius, Eidonius, Cassiodor.
Christliche Schriftsteller erörterten Glaubenslehren (Hieronymus, Augustin, Innocentius, Zosimus, Bonifacius, Cölestin, Sixtus,
Leo I., Gregor I.), Alkuin und Lupus zu Karls d. Gr. Zeit wissenschaftliche Gegenstände in Brief. Auch poet. Episteln (s. d.) waren
beliebt (Paulinus, Fortunatus). In der folgenden Blütezeit der klösterlichen Gelehrsamkeit ward auch die Briefschreibung
viel gepflegt und zur Kunst erhoben. Eine berühmte lat. Briefsammlung des 13. Jahrh.
war die des Kanzlers Friedrichs II., Petrus de Vinea (s. d.). Mit der Wiederbelebung der Wissenschaften durch
den Humanismus nahm die Behandlung wissenschaftlicher Fragen in Briefform neuen Aufschwung. Anfangs schrieb man noch lateinisch
(Vives, J. Lipsius, Reuchlin, Erasmus, Celtis, Mutian, Morhof u. a.). In absichtlich barbarischem Latein
sind die satir. Epistolae obscurorum vivorum" (s. d.) abgefaßt.
In der Muttersprache schrieben zuerst die Italiener Brief von litterar. Wert, namentlich Annibale Caro, Mauritius, Dolce, Pietro
Aretino, BernardoTasso, denen unter den Neuern besonders Gasp. Gozzi, Algarotti, Metastasio und Foscolo würdig zur Seite
traten. Vortreffliches leisteten vor allen die Franzosen im eleganten und leichten Briefstil, so Pascal, Frau von Sévigné,
Racine, Rousseau, Montesquieu («Lettres persanes»),
P. L. Courier, Merimeé («Lettres à une inconnue») und Madame de Rémusat.
Unter der englischen Brieflitteratur ragen hervor die Brief von Swift, Pope, Hughes, William Temple, Addison, Locke,
Bolingbroke, Lord Chesterfield, Shaftesbury, der Lady Montague, Richardson, SterneundMoore; aus polit. Gründen machten großes
Aufsehen
die sog. Juniusbriefe. Deutschland kannte im 13. und 14. Jahrh. nur gereimte in deutscher Sprache;
[* 27] die einzige erwähnenswerte
Ausnahme bildet der Briefwechsel der Mystiker (Heinr. von Nördlingen,
[* 28] Margarete Ebner).
Das deutsche Wort im Prosabrief tritt zuerst als Protest gegen das Latein der Fürstenhöfe im geschäftlichen
Wechselverkehr der Städte auf, die ihre Handelsbriefe, gegenseitigen Verträge u. s. w. stets deutsch abfaßten. Im 15. und 16. Jahrh.
nimmt der deutsche Brief großen Aufschwung (Luther), aber zumeist der Privat- und Geschäftsbrief ohne litterar. Anspruch; die
Gelehrten bevorzugen noch bis ins 17. Jahrh. das Latein. Die Freien Reichsstädte senden seit der Reformation
auch dem Kaiser und den Fürsten keine lateinischen Brief mehr, ja, die Mächtigern verlangen von erstern geradezu «das
deutsche Wort».
Mit den Wappenzeichen verschiedener niederdeutscher Städte geschmückt sind die mannigfachen Briefbogen, die Nikolaus Glockendon
in der von ihm um 1524 gemalten Bibel
[* 29] (Bibliothek Wolfenbüttel)
[* 30] nach zeitgenössischen Originalen dargestellt
hat. Das Abzeichen von Basel
[* 31] trägt an Hut
[* 32] und Kleid der Bote, der in einem Holzschnitt zu S. Brant die närrische Botschaft in Gestalt
eines versiegelten Brief bringt. Das Wachstum des Exporthandels und die Zunahme der Geschäftsreisen bilden
den Briefstil weiter; zugleich wird das Briefwechseln unter den Gebildeten immer allgemeiner.
Freilich ringen die meisten noch arg mit dem Ausdruck; auch hinderte die Mode des franz. Briefschreibens lange die Entwicklung
eines gewandten deutschen Briefstils. Erst um 1700 begann auch in Deutschland eine wirkliche nationale Brieflitteratur. Die
Zopfzeit mit ihrem unnatürlichen und namentlich durch die schwerfälligen Titulaturen steifen Briefstil,
dem sich freilich gesunde Naturen, wie die Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans,
[* 33] glücklich entzogen, wurde zuerst von
Gottscheds Gattin, dann von Gellert bekämpft.
J. Grimm («Sendschreiben
an K. Lachmann, über Reinhart Fuchs»),
[* 34]
H. von Friesen («Shakspeare-Studien») u. a.
in Briefform Beiträge zur litterar. Kritik, Liebig «chemische», Vogt «physiologische»
und «zoologische», Lessing, Raumer und Böckh «antiquarische», Erdmann «psychologische»
Brief. Die vielen Briefsammlungen aus dem 18. Jahrh. dienen ähnlich
wie die Memoiren (s. d.) des 17. dem Forscher auf den Gebieten der Litteratur-
und der Kulturgeschichte, namentlich bei monogr. Betrachtungen, oft als erste und zuverlässigste Quelle.
[* 35] Als Sammlungen obgenannter
Art, die für die Litteraturgeschichte wichtig sind, seien z. B. genannt: die Brief von
und an Goethe undSchiller, die G. A. Bürgers (hg. von Strodtmann), die an Tieck (hg. von Holtei), namentlich
auch «Aus klassischer Zeit. Wieland und Reinhold. Beiträge zur Geschichte des deutschen Geisteslebens im 18. Jahrh.,
hg. von R. Keil» (2. Aufl., Lpz. 1890).
¶