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Einquartierung. Trotzdem ging Handel und Wohlstand im 17. Jahrh. allgemach abwärts, die alte Verfassung verknöcherte und die Bürgerschaft verlor das Vertrauen zu der Weisheit der regierenden Geschlechter. Unter diesen Umständen vollzog sich der Übergang von der fast reichsstädtischen Selbständigkeit unter Österreichs Scepter zur Abhängigkeit einer preuß. Provinzialhauptstadt im ersten Schlesischen Kriege verhältnismäßig leicht. Bei Beginn des Krieges erlangte die Stadt von Friedrich II. die Neutralität zugesichert, doch ließ er sie nach der Schlacht bei Mollwitz besetzen und nötigte sie zur Huldigung.
Der den ersten Krieg beendigende Friede wurde hier abgeschlossen. Vom zweiten Kriege wurde sie weniger berührt. Im Siebenjährigen Kriege siegten hier die Österreicher unter Karl von Lothringen über die schwächern Preußen [* 2] unter dem Herzog von Braunschweig-Bevern,sodaß sich Breslau [* 3] 24. Nov. dem Sieger ergab, doch ward es schon 29. Dez. nach Friedrichs Siege bei Leuthen [* 4] von diesem zurückgewonnen. 1760 versuchte Laudon es durch einen unvermuteten Angriff und ein Bombardement zu erobern, allein Tauenzien zwang die Feinde, von der Belagerung abzustehen.
Nach dem Kriege erweiterte der König die Befestigungen sehr bedeutend, namentlich auf der rechten Oderseite, ohne doch die Stadt zu einer starken Festung [* 5] machen zu können. Prinz Jérôme Bonaparte zwang sie nach einer vom bis dauernden, vom General Vandamme geleiteten Belagerung zur Übergabe, worauf Napoleon die Festungswerke schleifen ließ. Fast das ganze Gebiet derselben schenkte König Friedrich Wilhelm III. hochherzig der schwer mitgenommenen Stadt, die dadurch später ihre schönen Promenaden gewann.
Zweimal hat sie im 19. Jahrh. die Blicke der polit. Welt auf sich gelenkt. Am erließ Friedrich Wilhelm III. von hier aus den bekannten «Aufruf an mein Volk», der die Erhebung des preuß. Volks gegen Napoleon zur Folge hatte, und erließen die städtischen Behörden von Breslau jene patriotische Adresse an König Wilhelm I., die zuerst den seit der Konfliktszeit auf dem Volke lastenden Bann der Vertrauenslosigkeit gegenüber der deutschen Politik Bismarcks durchbrach. Zum Dank dafür hielt der König 18. Sept. mit seinen siegreichen Truppen einen feierlichen Einzug in die Stadt.
Breslau ist noch bis heute der Sitz eines Fürstbischofs. Derselbe führt den Fürstentitel von der Herrschaft über das Fürstentum Grottkau-Neisse. Das neissesche vermachte Bischof Jaroslaw 1201 dem bischöfl. Stuhl, das grottkauische erwarb Bischof Preczlaw 1345 durch Kauf. Als geistliche Fürsten hatten die Bischöfe früher den ersten Rang unter den schles. Herzögen und führten lange Zeit die Oberhauptmannschaft über Schlesien [* 6] nebst dem Vorsitz auf den schles. Fürstentagen.
Bei der Säkularisation der Kirchengüter in Preußen 1810 verblieben dem Bischof doch noch diejenigen Güter, die in dem 1742 bei Österreich [* 7] belassenen Teil seiner schles. Diöcese lagen, mit der schönen Sommerresidenz Johannisberg. Nach des Bischofs Schimonski Tode ward 1835 der Graf Leopold Sedlnitzki zum Bischof erwählt, der 1840 seine Würde niederlegte und später zum Protestantismus übertrat. An seine Stelle wurde Aug. 1841 der Dechant Jos. Knauer erwählt, dessen wirklicher Antritt aber infolge seiner von Rom [* 8] aus verzögerten Bestätigung erst im April 1843 stattfand.
Diesem folgte 1845 der Fürstbischof Melchior, Freiherr von Diepenbrock (s. d.), früher Domdechant zu Regensburg. [* 9] Nach dessen Tode 1853 ward der Domkapitular Heinrich Förster (s. d.) erwählt, welcher aber wegen Widersetzlichkeit gegen die neuen Kirchengesetze im Herbst 1875 vom Kirchlichen Gerichtshof seines Amtes entsetzt wurde. Vom bis war Robert Herzog, seit ist Kardinal Dr. Kopp Fürstbischof. Das Bistum bildet eine exemte Diöcese und umfaßt Preußisch-Schlesien mit Ausnahme des Kommissariatsdistrikts Katscher (zu Olmütz [* 10] gehörig) und der Grafschaft Glatz [* 11] (zu Prag [* 12] gehörig), ferner Österreichisch-Schlesien mit 4 Archipresbyteriaten im Troppauer und 8 im Teschener Kreise. [* 13] Dazu kommt der Delegaturbezirk für die Mark Brandenburg und Pommern [* 14] mit 6 Archipresbyteriaten.
Litteratur. Klose, Dokumentierte Geschichte (bis 1526) und Beschreibung der Stadt Breslau (3 Bde., Bresl. 1781-83);
Fortsetzung in Stenzels «Scriptores rerum Silesiacarum», Bd. 3 (ebd. 1847);
Pols Jahrbücher der Stadt Breslau, hg. von Büsching und Kunisch (5 Bde., ebd. 1813-24);
Menzel, Topogr. Chronik von Breslau (ebd. 1805-8);
Grünhagen, Breslau unter den Piasten (bis 1356; ebd. 1861);
von Ysselstein, Lokalstatistik der Stadt Breslau (ebd. 1866);
Heyne, Dokumentierte Geschichte des Bistums Breslau (3 Bde., ebd. 1860 -68);
Korn, Breslauer Urkundenbuch (Bd. 1, ebd. 1870);
Breslauer Statistik (Serie I-XIII, 1876-91), hg. vom städtischen statist.
Amt; Luchs, Breslau. Ein Führer durch die Stadt Breslau (10. Aufl., ebd. 1888);
Markgraf und Frenzel, Breslauer Stadtbuch (ebd. 1882);
Stein, Geschichte der Stadt Breslau im 19. Jahrh. (ebd. 1884);
Lutsch, Die Kunstdenkmäler der Stadt Breslau (ebd. 1886);
Adolf Weiß, Chronik der Stadt Breslau (ebd. 1888);
Markgraf, Geschichte B.s in kurzer Übersicht (ebd. 1888);
Städtebilder: und Umgebung, von Markgraf (Zürich [* 15] 1889);
Neese, Statist. Jahrbuch deutscher Städte, 1. Jahrg. (Bresl. 1890);
Wörl, Führer durch und Umgebung (1891).