Maria, so «Satiren und poet.
Spiele», Bd. 1, «Gustav
Wasa» (Lpz. 1800; Neudruck von Minor, Heilbr. 1863) und
«Godwi, oder das steinerne
Bild der
Mutter» (2 Bde.,
Brem. 1801-2),
die er auf dem
Titel selbst einen verwilderten
Roman nannte.
Gleich originell and bizarr, zum
Teil mit eigenartigem Witz und schönen lyrischen
Klängen ausgestattet,
sind B.s dramat. Erzeugnisse: «Die lustigen Musikanten» (Frankf. 1803),
das Festspiel «Victoria
[* 2] und ihre
Geschwister, mit fliegenden Fahnen und brennender
Lunte» (Berl. 1817).
Hoher poet.
Geist spricht sich in der umfassenden
dramat.
Komposition «Die Gründung
Prags»
(Pest 1815) aus. Am gelungensten erscheinen die kleinern Novellen,
besonders die ergreifende «Geschichte vom braven Kasperl und der schönen Annerl»
(zuerst Berl. 1817; oft neu gedruckt, z. B. in Heyses «Novellenschatz»),
nach einer
Ballade im «Wunderhorn», und der launige Scherz «Die
mehreren Wehmüller» (ebd. 1817). Das Bruchstück der «Chronika eines fahrenden
Schülers» («Gesammelte
Schriften», Bd. 4) hat
A. von der
Elbe geschickt fortgesetzt und vollendet (6. Aufl.,
Heidelb. 1888). B.s letztes Werk war das allerliebste
Märchen «Gockel, Hinkel und Gackeleia» (Frankf. 1838; hg. von Grisebach,
Berl. 1872).
Großes Verdienst erwarb sich Brentano durch die mit seinem Schwager
Ludwig Joachim
(Achim) von
Arnim (s. d.) u. d. T.
«Des
Knaben Wunderhorn» veranstaltete Sammlung deutscher
Volkslieder; auch an
Arnims «Einsiedlerzeitung»
(1808) war er beteiligt. Erst nach seinem
Tode erschienen B.s prächtige
«Märchen» (hg. von G. Görres, 2 Bde., Stuttg.
1847; 3. Aufl. 1879) und eine Auswahl der «Gedichte»
(Frankf. 1854; zuletzt Paderb. 1882). Eine
Ausgabe der «Gesammelten
Schriften» (9 Bde., 1852-55) besorgte
sein
BruderChristian Brentano (geb. gest.
der auch selbst mehrere mystisch-spekulative Werke veröffentlichte. «Ausgewählte
Schriften» gab heraus
Diel (2 Bde., Freib. i. Br.
1873),
«B.s Werke» in Auswahl Dohmke (1 Bd.,
Lpz. 1893). Brentano besaß sprudelnde Laune und große
Einbildungskraft.
Daß seine warme Empfindung, seine reiche
poet. Kraft
[* 3] an größern
Aufgaben stets scheiterte, verschuldete sein
Mangel an Gestaltungsfähigkeit und Ausdauer. -
Vgl.
(Bettina) C. B.s Frühlingskranz, aus Jugendbriefen ihm geflochten (Bd.
1, Charlottenb. 1844; Neudruck, Berl. 1891);
Diel und Kreiten, C. Brentano (2 Bde., Freib. i. Br.
1877-78);
Clemens B.s Gattin (seit 1803),
Sophie, geborene
Schubart, bekannter unter dem
Namen ihres ersten
Mannes,
des Professors und Justizamtmanns Mereau, geb. zu
Altenburg,
[* 5] gest. zu
Heidelberg,
[* 6] verfaßte romantische
«Gedichte» (2 Bde.,
Berl. 1800-2) und
Romane, wie «Kalathiskos» (2 Bde.,
ebd. 1801-2).
Franz, Sohn von
Christian und Neffe von Clemens Brentano,
Philosoph, geb. zu Marienberg
bei Boppart, widmete sich theol. und philos.
Studien und wurde 1864 zum Priester geweiht, habilitierte sich 1866 als Privatdocent
der
Philosophie in
Würzburg,
[* 7] wurde 1872 daselbst zum Professor ernannt, legte aber im folgenden Jahre als Gegner des Vatikanums,
sein
Amt nieder. 1874 als ord. Professor an die
WienerUniversität berufen, verzichtete er 1880 auf seine
Professur und lehrt seitdem dort als Privatdocent.
In der
Metaphysik entschiedener
Theist, billigt er die Evolutionslehre, bestreitet
aber die Zulänglichkeit der Darwinschen
Hypothese. In der
Psychologie dringt er auf genaue
Beschreibung der Erscheinungen, deren Klassifikation er
von
Grund auf berichtigen will. Von einer eigenartigen Bestimmung des
Urteils strebt er eine
Reform der
Logik selbst in ihren
elementarsten
Teilen an. Ein
Analogon der Evidenz, welches gewisse Gemütsbewegungen auszeichnet, bietet nach ihm für die
Ethik den letzten
Anhalt.
[* 8] Brentano schrieb: «Von der mannigfachen Bedeutung des Seienden nachAristoteles» (Freiburg
[* 9] 1862),
Lorenz, republikanischer Politiker, geb. in
Mannheim,
[* 11] studierte in
Heidelberg und Freiburg die
Rechte, wurde 1837
Advokat in
Mannheim und kam 1846 als Abgeordneter in die bad. Kammer, wo er sich bald als eins der hervorragendsten
Mitglieder der Opposition zeigte. 1848 in die deutsche Nationalversammlung nach
Frankfurt
[* 12] gewählt, schloß er sich auch hier
der demokratischen Linken an und verteidigte mit kühnem Freimut die bad.
Revolutionäre, besonders Hecker,
Blind und
Struve, vor dem
Geschworenengericht zu Freiburg.
Wiederholt zum
Bürgermeister von
Mannheim
gewählt, aber von der Regierung nicht bestätigt, wurde er nach der Flucht des
Großherzogs im Mai 1849 mit diktatorischer
Gewalt an die
Spitze der provisorischen Regierung gestellt, die er aber mit solcher Mäßigung leitete,
daß
Struve in der konstituierenden Versammlung den Beschluß durchsetzte, jeden, der mit dem Feinde unterhandle, als einen
Verräter zu erklären.
Sofort legte Brentano seine
Stelle nieder, floh in die
Schweiz
[* 13] (Schaffhausen),
[* 14] wurde daheim in contumatiam zum
Tode verurteilt, und ging 1850, als
ihm auch die
Schweiz das
Asyl verweigerte, nach
Amerika.
[* 15] Hier gründete er zu Pottsville
(Pennsylvanien)
eine deutsche
Zeitung: «Der
Leuchtturm», in der er heftig gegen die
Sklaverei und die dortigen Demokraten auftrat. Dann erwarb
er sich eine Farm in Michigan, die er mehrere Jahre selbst bestellte, bis er 1859 als Redacteur der «Illinois-Staatszeitung»
nach
Chicago berufen wurde.
Von 1862 bis 1867 leitete er dies
Blatt
[* 16] als erster Redacteur und Mitbesitzer, leistete während des Bürgerkrieges der Sache
der
Union große Dienste
[* 17] und trug als Präsident des
Chicagoer Schulrats viel zur Einführung des deutschen Unterrichts in
den öffentlichen Schulen bei. 1869 siedelte er wieder nach Europa
[* 18] über, nahm sich in der
Alabamafrage
(s. d.) lebhaft der
Vereinigten Staaten
[* 19] an und wurde 1872 amerik. Konsul in
Dresden.
[* 20] Nach seiner Rückkehr, im Nov. 1876, wurde
er als Abgeordneter in den
Kongreß gewählt, trennte sich aber später von der republikanischen Partei und war 1884 für
die
ErwählungClevelands zum Präsidenten thätig. Er starb in
Chicago.
Lujo, Brudervon
Franz Brentano, Nationalökonom, geb. zu
Aschaffenburg,
[* 21] ging 1861 nach Dublin,
[* 22] wo er
ein Jahr Vorlesungen an der dortigen
Universität hörte, widmete sich dann zu
Heidelberg,
München,
[* 23]
Würzburg und Göttingen
[* 24] jurist., histor. und nationalökonomischen
Studien und war ein Jahr lang Mitglied des von Ernst Engel
geleiteten
Statistischen Seminars zu
Berlin.
[* 25]
¶
mehr
Diesen begleitete Brentano 1868 auf einer Studienreise in England, wo er die engl. Arbeiterverhältnisse,
namentlich die Gewerkvereine kennen lernte. Eine Frucht dieser Reise ist sein Werk: «Die Arbeitergilden der Gegenwart» (2 Bde.,
Lpz. 1871-73). Nachdem Brentano sich 1871 als Privatdocent an der Berliner
[* 27] Universität habilitiert hatte, begab er sich 1872 wieder
nach England, folgte noch in demselben Jahre einem Rufe als außerord. Professor der Staatswissenschaften an die Universität
zu Breslau
[* 28] und ward 1873 zum ord.
Professor daselbst ernannt. 1882 ward er Professor der Staatswissenschaften in Straßburg,
[* 29] 1888 in Wien,
[* 30] 1889 in Leipzig,
[* 31] 1891 in
München. Bei Ausbruch des Streites zwischen der sog. deutschen Freihandelsschule
und den Kathedersocialisten war Brentano einer der eifrigsten Wortführer der letztern. (Vgl. seine Streitschriften:
«Über Einigungsämter. Eine Polemik mit Dr. Alex. Meyer», Lpz. 1873, und «Die wissenschaftliche
Leistung des HerrnL.Bamberger», ebd. 1873.) Indes bestand von Anfang an ein weitgehender Unterschied zwischen seinen Anschauungen
und denen der zum Staatssocialismus neigenden Kathedersocialisten. Von B.s Schriften sind noch hervorzuheben:
«Das Arbeitsverhältnis gemäß dem heutigen Recht» (Lpz. 1877),
«Der Arbeiter-Versicherungszwang, seine Voraussetzungen und seine Folgen» (Berl. 1881). Außerdem veröffentlichte
er histor. und nationalökonomische Aufsätze in den «Preuß. Jahrbüchern», in Hildebrands und Conrads
«Jahrbüchern für Nationalökonomie und Statistik», worunter besonders der über die engl. Chartistenbewegung zu nennen ist,
und in Schmollers «Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im DeutschenReiche». Auch ist der Abschnitt über
«Die gewerbliche Arbeiterfrage» in der 1. Aufl. des von Schönberg herausgegebenen «Handbuchs
der polit. Ökonomie» (Tüb. 1882) von Brentano bearbeitet.