mehr
namentlich bei den
Städten
[* 2] und Wolfenbüttel
[* 3] in größerm
Umfange statt, feldmäßiger Gemüsebau zu Konservezwecken bei Braunschweig.
Die
Obstbaumzucht hat sich besonders durch die thätige Mitwirkung der in der Stadt Braunschweig
auf Staatskosten
unterhaltenen Landesbaumschule sehr gehoben, auch sind die
Staats- und Landstraßen großenteils mit wertvollen Obstsorten
besetzt. Die Viehzucht
[* 4] wird meist in
Verbindung mit dem
Ackerbau betrieben und tritt nur ausnahmsweise
auf dem Harze und im
Amte
Thedinghausen in den Vordergrund.
Pferde [* 5] werden vornehmlich noch in den Ämtern Thedinghausen, Vorsfelde und Calvörde gezüchtet. Von größerer Bedeutung ist die Rindviehzucht, welche vorzugsweise auf dem Harze betrieben wird. Auch in den mittlern und kleinern Bauernwirtschaften des Landes wird das Jungvieh meist aufgezogen. Zur Hebung [* 6] und Veredelung der Pferdezucht [* 7] ist ein herzogl. Landgestüt mit 35 auf 12 Beschälstationen des Landes verteilten Hengsten vorhanden. In Harzburg befindet sich ein Privatgestüt der herzogl. Hofhaltung, welches durch Züchtung hochedler Rasse- und Rennpferde in neuerer Zeit Hervorragendes geleistet und sich einen weitverbreiteten Ruf erworben hat. 1892 zählte man 31 682 Pferde, 113 798 Stück Rindvieh, 178 552 Schafe, [* 8] 141 215 Schweine, [* 9] 52 388 Ziegen und 7429 Bienenstöcke.
Der Verkaufswert aller Viehstücke ist zu 66⅔ Mill. M. berechnet, wovon etwa 24 102000 M. auf Pferde, 29 603000 M. auf Rindvieh, 3 673000 M. auf Schafe und 9 263000 M. auf Schweine entfallen. Das Lebendgewicht des gesamten Rindviehes wurde zu 45 Mill. kg, das des (über 1 J. alten) Schweineviehes auf 6,063 Mill. kg geschätzt. Seit 1883 hat eine Zunahme der Pferde um 18 Proz., des Rindviehes um 25,4 Proz., der Schweine um 40,8 Proz. und der Ziegen um 10,9 Proz. stattgefunden, wogegen das Schafvieh um 26,8 Proz. abgenommen hat.
Zur Förderung der
Landwirtschaft ist ein
Landwirtschaftlicher Centralverein zu Braunschweig
mit 22 Zweigvereinen im
Lande thätig, der
eine agronomisch-chem. Versuchsstation in Braunschweig
unterhält. Eine
Landwirtschaftliche Lehranstalt befindet sich
zu
Helmstedt. Von der gesamten Waldfläche gehören dem
Staate 72,4 Proz., Gemeinden und Genossenschaften 18 Proz. und
Privaten 9,6 Proz.; im ganzen sind 64 Proz. Laubholz (darunter 48 Proz.
Buchen-) und 36 Proz. Nadelholzwald. Die Staatsforsten befinden sich in vortrefflichem
Kulturzustand; deren technische
Verwaltung
erfolgt (1892) in 7 Forstmeister- mit 46 Oberförsterbezirken. Im Betriebsjahre 1890/91 betrug die geerntete
Holzmasse von 83 363 ha.
Fläche 430 992 Festmeter; die Roheinnahme belief sich auf 45,30 M. und die Reineinnahme auf 21,54
M. durchschnittlich für den
Hektar.
Industrie und Gewerbe. Der Bergbau [* 10] wird nebst der Hüttenindustrie (mit Ausnahme der Kommunionwerke am Harze, s. S. 460 a) nur von Privaten betrieben. Die Ausbeute betrug 1892 in Tonnen à 1000 kg: Braunkohlen 593 849, Asphalt 38 190, Steinsalz 5480, andere (Kali-)Salze 54 697, Eisenerze 120 910, Bleierze 842, Kochsalz 4858, Chlorkalium 8636, Roheisen 28 735, Blockblei 4264, elektrolytisches Kupfer [* 11] 1081, engl. Schwefelsäure [* 12] 18 057, Kupfer- und Zinkvitriol 4363, ferner 56,40 kg Gold [* 13] und 7054 kg Silber.
Der Gesamtwert aller Produkte betrug 11 925000 M. Die Zahl der Arbeiter belief sich auf 2988. Nächst etwas Torf findet sich vortreffliches Baumaterial, und zwar bei Rübeland (Marmor), im Okerthale (Granit), bei Hüttenrode (Porphyr), bei Mankenburg, Velpke und im Solling (Sandstein), bei Königslutter (Tuffstein) und bei Lutter am Barenberge (Syenit u. s. w.). Vorzügliches Material zu Straßenpflasterungen liefern die großen Gabbro-Steinbrüche bei Harzburg sowie die Diabas-Steinbrüche bei Neuwerk.
Sonstige Industriezweige: Rübenzuckerfabriken und
-Raffinerien,
Tabak-, Cigarren-,
Cichorien-,
Tapeten-, Seifen-,
Cement-,
Asphalt-,
Kanalstein-,
Stroh-, Filz- und Seidenhut-, Wagen-,
Maschinen- und Schokoladefabriken, ferner Fabriken von
Chemikalien (in und Schöningen),
Vanillin (in Holzminden), von Holzwaren, Zündhölzern und zur Vereitung von Holzstoff
[* 14] zur
Papierfabrikation
[* 15] (am Harze), Kalisalzwerk (in Thiede),
Glashütten (am Harze und
Solling),
Steinschleifereien (am
Solling),
Ziegeleien, Schießpulverfabriken (in Rübeland), Flachs- und Jutespinnereien (in Wolfenbüttel, und
Vechelde), Porzellanfabrik
(in Fürstenberg), Fabriken von
Pianoforten, Nähmaschinen,
[* 16] feuerfesten Geldschränken,
Glacéhandschuhen,
Konserven (insbesondere
Spargel), Würsten (in der Stadt Braunschweig
). In der Rübenzuckerfabrikation verarbeiteten 32 Fabriken im
Betriebsjahre 1891/92: 5 947 598 Doppelcentner Rüben mit einer
Ausbeute von 677 097 Doppelcentner Rohzucker und 144 648 Doppelcentner
Melasse. An Rübenzuckersteuer wurden 4 758 078 M. und Verbrauchsabgabe 3 828 560 M. erhoben.
Branntweinbrennereien
gab es 1891/92 36, wovon 30 im Betriebe; die
Branntweinsteuer und Verbrauchsabgabe betrug 1112 363 M. Die Zahl der
Brauereien
betrug 1891/92: 77, wovon 72 im Betriebe mit einer Produktion von 483 779 hl
Bier und einem Brausteuerertrage von 381 666 M.
Handel und Geldwesen. Der ansehnliche
Handel wird namentlich sehr begünstigt durch die
Lage des
Landes,
die es von alters herzu einem Vermittelungspunkte der Nord- und Ostseeküsten mit dem
Adriatischen
Meere (über
Leipzig),
[* 17] zwischen
dem
Osten und Westen
(Preußen),
[* 18] wie zwischen Nord- und Süddeutschland (über
Frankfurt
[* 19] a. M.) erhob. In der Stadt Braunschweig
finden
alljährlich zwei
Messen statt, deren Bedeutung in jüngerer Zeit sehr nachgelassen hat. Die wichtigern
Ausfuhrartikel des
Landes sind: Jutegespinste,
Cichorien,
Tapeten, Filz- und Seidenhüte, Zucker,
[* 20]
Bier, Konserven,
Blei,
[* 21]
Eisen
[* 22] und Eisenwaren, Verblendziegel und roter
Thon (aus
Helmstedt),
Tafelglas,
Braunkohlen, Dampfmaschinen
[* 23] und
Kessel, Nähmaschinen,
Holz
[* 24] und Holzwaren,
Bausteine,
Cement,
Asphalt, Schwefelsäure und andere chem. Fabrikate, Würste, Honigkuchen
u. s. w. In der Stadt Braunschweig
bestehen eine Handelskammer für das gesamte Herzogtum,
eine (1876 errichtete) Reichsbankstelle, welche letztere ihren Geschäftsbetrieb auch auf die in der preuß.
Provinz Hannover
[* 25] belegene Stadt Goslar
[* 26] mit erstreckt (Gesamtumsatz 1891: 654,843 Mill. M.), ferner die
Braunschweigische
Bank
(Gesamtumsatz 1891: 939,43 Mill.
M.), eine (Braunschwe
igisch-Hannoversche) Hypothekenbank (1891: 95,54
Mill. M. Hypothekforderungen und 89 Mill. M. begebene Pfandbriefe), eine Kreditanstalt (Gesamtumsatz 1891: 420 Mill. M.)
und eine herzogl. Leihhausanstalt mit fünf Zweiganstalten in den Kreisstädten. Die Landeskreditanstalt
(herzogl. Leihhaus) vermittelte seit 1842 (Gesetz vom die Kontrahierung der
Staatsanleihen und ist
vorzugsweise eine Hypothekenbank, macht daneben aber auch Lombardgeschäfte. Ein Zubehör derselben sind die über das Land
verteilten 22 öffentlichen
Sparkassen. Die
Braunschweigische
Bank (gegründet 1853), mit
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einem Grundkapital von 3½ Mill. Thlrn., kann bis 4½ Mill. Thlr. Banknoten ausgeben und muß behufs deren Einlösung stets
für 3½ Mill. Thlr. umlaufende Noten den vierten Teil, darüber hinaus aber den dritten Teil des umlaufenden Mehrbetrags bar
vorrätig halten. Nach dem Reichsbankgesetze vom beläuft sich die Summe der ungedeckten Noten
der Bank, welche ohne Besteuerung in Umlauf gesetzt werden kann, auf 2 829000 M. Da sich die Bank dem Reichsbankgesetz nicht
unterworfen hat, dürfen ihre Noten nur in Braunschweig
cirkulieren. Seit 1862 besteht im Herzogtum als Hypothekenbank für ländlichen
Grundbesitz ein Ritterschaftlicher Kreditverein mit der Befugnis der Aufnahme von Anlehen gegen Schuldverschreibungen.
Verkehrswesen. Das Land besitzt ein vorzügliches Straßennetz in einer Gesamtlänge von 3114 km (worunter 752 km Staatsstraßen). (Über Eisenbahnen s. Braunschweigische Eisenbahnen und Deutsche Eisenbahnen.) [* 28] Die Privateisenbahnen unterstehen der Oberaufsicht des herzogl. Eisenbahnkommissariats in Braunschweig. In postalischer Beziehung bildet das Herzogtum (mit Ausnahme des zu dem Oberpostdirektionsbezirk Bremen [* 29] gehörigen Amtsgerichtsbezirks Thedinghausen) einen Teil des Bezirks der Kaiserl.
Oberpostdirektion Braunschweig. Letzterer umfaßt einschließlich der damit verbundenen preuß. Gebietsteile eine Gesamtfläche von 7449 qkm mit 730000 E. Im Herzogtum waren Ende 1892: 125 Post- und Telegraphenanstalten und 341 Posthilfsstellen vorhanden;
befördert wurden 44 020 094 Briefe, 2 103 794 Pakete, 223 849 aufgegebene und 224 315 eingegangene Telegramme. An Porto- und Telegrammgebühren wurden 2 278 756 M. vereinnahmt;
die Summe der ein- und ausgezahlten Postanweisungen belief sich auf 98 346 963 M. An Stadt-Fernsprecheinrichtungen bestanden in Braunschweig 536, in Wolfenbüttel 37, in Schöningen 24, in Helmstedt 14 und in Blankenburg 17. Die Zahl der (1892) ausgeführten Verbindungen betrug in Braunschweig 2 740 161, Blankenburg 27 364, Heimstest 7250, Wolfenbüttel 48 114 und in Schöningen 20 639.
Verfassung und Verwaltung. Die Verfassung des Staates ist nach der Umwälzung des J. 1830 im konstitutionell-monarchischen Sinne gestaltet und durch das Landesgrundgesetz oder die «Neue Landschaftsordnung» vom welche später durch die Gesetze vom und vom mehrere Änderungen erfahren hat, näher bestimmt. Der Landesversammlung, welche die Gesamtheit der Landesbewohner vertritt, steht das Steuerbewilligungsrecht, die Mitaufsicht über das vom Privatgute des Herzogs geschiedene Kammergut, aus dessen Einkünften dem Landesfürsten eine bestimmte Jahressumme (1 125 322 M.) ausgesetzt ist, und das Recht der Beratung und Zustimmung zu allen Landesgesetzen zu. Sie muß von der Landesregierung regelmäßig alle 2 Jahre berufen werden, kann sich aber auch in gewissen Fällen ohne landesherrliche Anordnung versammeln und ist stets durch einen aus sieben Mitgliedern bestehenden Ausschuß vertreten.
Der Landtag besteht seit 1851 aus 46 Abgeordneten, von denen 10 die Stadt-, 12 die Landgemeinden, 21 die Höchstbesteuerten der Hausbesitzer und der Gewerbetreibenden und 3 die evang.-luth. Geistlichkeit entsendet. Die Wahlperioden haben eine Dauer von 4 Jahren. Die höchste Verwaltungsbehörde bildet das Staatsministerium, dem eine in 5 Sektionen gegliederte Ministerialkommission beratend zur Seite steht. Die obere Leitung des Landesfinanzwesens und die Führung der allgemeinen Finanzkontrolle wird durch das Finanzkollegium ausgeübt, während der Kammer mit den drei Direktionen der Domänen, der Forsten und der Bergwerke die Verwaltung des gesamten Kammer- und Klostergutes obliegt; das öffentliche Bauwesen untersteht der Baudirektion. Die Verwaltung der direkten Steuern führt das Steuer-Kollegium, die der indirekten Abgaben u.s.w. die Zoll- und Steuerdirektion. An direkten Steuern werden Grund-, Gewerbe- und Personalsteuern erhoben. - Das Herzogtum zerfällt (1891) in folgende 6 Kreise: [* 30]
Kreise | qkm | Wohnhäuser | Haushaltungen | Einwohner | pro qkm |
---|---|---|---|---|---|
Braunschweig | 543,08 | 11535 | 31699 | 141632 | 260 |
Wolfenbüttel | 734,57 | 8859 | 16834 | 75168 | 102 |
Helmstedt | 797,81 | 7475 | 14680 | 65501 | 82 |
Gandersheim | 548,15 | 5699 | 10163 | 45021 | 82 |
Holzminden | 573,87 | 5719 | 9839 | 47095 | 82 |
Blankenburg | 474,70 | 3782 | 6921 | 29356 | 61 |
--------------------------------------------------------------
Herzogtum | 3672,18 | 43069 | 90136 | 403773 | 111,5 |
---|---|---|---|---|---|
An ihrer Spitze stehen Kreisdirektoren als Verwaltungs- und Polizeibehörden. Die Kreise zerfallen in Amtsgerichtsbezirke.
Ortspolizeibehörden sind in den Städten die Magistrate (in der Hauptstadt Braunschweig die Polizeidirektion), in den Landgemeinden die Gemeindevorsteher. Durch die Kreisordnung vom ist das Land zu Zwecken der Selbstverwaltung in acht mit Korporationsrechten versehene Kreiskommunalverbände eingeteilt, welchen insgesamt 15 Mill. M. Dotationsgelder durch den Staat überwiesen sind. Für das Herzogtum bestehen ein Oberlandesgericht in und, nachdem 1890 das zu Holzminden aufgehoben wurde, ein Landgericht in und 24 Amtsgerichte. Im Bundesrate führt Braunschweig zwei Stimmen. Braunschweig zerfällt in drei Reichstagswahlkreise: Braunschweig-Blankenburg (Abgeordneter Blos, Socialdemokrat), Helmstedt-Wolfenbüttel (Schwerdtfeger, Hospitant bei den Nationalliberalen) und Holzminden-Gandersheim (Krüger, nationalliberal).
Landeskirche ist die evangelisch-lutherische. Dieselbe enthält (1891) 228 Pfarrbezirke mit 331 Kirchen, 70 Kapellen und 26 Betsälen. Die Zahl der Geistlichen beträgt 256. Die Kirchengewalt steht dem Landesfürsten zu und wird unter Beirat und Mitwirkung des Konsistoriums zu Wolfenbüttel sowie der durch Gesetz vom errichteten Landessynode ausgeübt. Letztere besteht aus 14 geistlichen und 18 weltlichen Abgeordneten, von denen je 2 der Landesherr als Summus episcopus ernennt. Die Landessynode tritt jedes vierte Jahr zu ordentlicher Versammlung zusammen und ist ständig durch einen aus 5 Mitgliedern bestehenden Synodalausschuß vertreten. Neben der luth. Kirche ist nur eine reform. Gemeinde in Braunschweig. Die Katholiken gehören zum Sprengel des Bischofs von Hildesheim. [* 31] Für den israel. Kultus besteht ein Landesrabbinat zu Braunschweig.
An Orden [* 32] und Ehrenzeichen hat Braunschweig den Orden Heinrichs des Löwen [* 33] mit fünf Klassen und das Verdienstkreuz mit zwei Klassen, mehrere militär. Dienstauszeichnungen und eine Rettungsmedaille.
Das Wappen des Herzogs zeigt in vertikal geteiltem Schilde rechts übereinander zwei schreitende goldene Leoparden in rotem Felde, links einen blauen Löwen in goldenem mit roten Herzen besäten Felde. Als Landeswappen wird ein springendes weißes Pferd [* 34] in rotem Felde geführt. Auf dem um ¶