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Verbindungen B.s sind ziemlich zahlreich; regelmäßige Postdampfschifflinien bestehen zwischen [* 2] und engl., deutschen (hamburgischen), belg., franz. und ital. Häfen in Europa. [* 3] Dieselben berühren meist mehrere europ. Häfen und die Kap Verdischen Inseln und legen dann in den brasil. Häfen Pernambuco, [* 4] Bahia, [* 5] Rio [* 6] de Janeiro und Santos an, und gehen bis Montevideo [* 7] und Buenos-Aires. Einige derselben setzen ihre Fahrten durch die Magalhãesstraße fort und berühren die Häfen von Chile [* 8] und Peru. [* 9]
Außerdem besteht eine Dampfschiffahrtsverbindung zwischen Rio und Neuyork. [* 10] Die Zahl der Postbureaus betrug 1890 nur 2733. Zur Hebung [* 11] des Handels in den Küstenprovinzen haben die Telegraphenlinien beigetragen, mit deren Erbauung man 1863 begann und deren im J. 1890 25 898 km bestanden mit 2324 Stationen. Da diese Linien teilweise durch ganz unbewohnte Gebiete ziehen, so macht ihre Unterhaltung nicht geringe Schwierigkeit. Mit Europa besteht eine direkte Kabelverbindung, die sich bei St. Thomas an das von den Vereinigten Staaten [* 12] kommende Kabel anschließt.
Finanzen. Trotz einer sehr schlechten Kolonialregierung war Brasilien wegen seines unermeßlichen natürlichen Reichtums ehemals ein finanziell reiches Land. Die Bedürfnisse des von Lissabon [* 13] geflohenen Hofs Johanns VI. erzeugten jedoch Finanzspekulationen, und diese hatten die Folge, daß bei Rückkehr des Hofs nach Europa 1822 Gold [* 14] und Silber verschwanden, Papier- und Kupfergeld, dem man durch nachträgliche Stempelung doppelten Wert geben wollte, allein vorhanden waren.
Die Finanzen B.s stellten lange Zeit ein jährliches Deficit von mehrern Millionen Milreïs heraus. Die Ursachen dieses Zustandes sind zahlreich. Die wesentlichsten sind die Kriege mit den Platastaaten und den aufständischen Provinzen, das Aufhören einträglicher Zölle auf die jetzt verbotene Einführung afrik. Sklaven, der frühere verderbliche Handelsvertrag mit England und die 1823 abgeschlossene Anleihe von ursprünglich 2½ Mill. Pfd. St. Erst seit Aufhören des Krieges hat sich das Verhältnis gebessert und ist alljährlich ein Überschuß herausgekommen.
Nach dem Voranschlag beliefen sich die Gesamteinnahmen für 1890 auf 378 049 300 Frs. (à 400 Reïs), die ordentlichen Ausgaben auf ebensoviel. Seit der Gründung der Republik ist aber infolge argen Gründungsschwindels ein Rückschlag eingetreten, sodaß für 1892 der Voranschlag betrug: 180 440000 Milreïs Einnahmen gegen 240 724 558 Milreïs Ausgaben. Die Einnahmen setzten sich zusammen aus: Eingangszölle 98 829000 Milreïs, Ausgangszölle 25 020000 Milreïs, Hafenabgaben ½ Mill. Milreïs, innere Einnahmen (Eisenbahnen, Posten, Besitzübertragung, Gebäudesteuer) 51 984000 Milreïs, außerordentliche Einnahmen 4 120000 Milreïs.
Die Ausgaben verteilen sich folgendermaßen: Ministerium des Innern 7 790 072, Finanzen 62 661 315, Justiz 5 031 197, Äußeres 1 809 725, Marine 15 131 351, Krieg 33 231 478, Ackerbau 99 100 875, Unterricht 15 968 545 Milreïs. Die Staatsschuld betrug am 1 146 512 926 Frs., davon äußere Schuld 184 663 176 Frs., innere 961 849 750 Frs. Dazu kommen noch Schulden der frühern Provinzen im Betrage von (1888) 55 Mill. Milreïs. Es giebt nur in 8 Staaten Bankanstalten, Rio de Janeiro zählt 13, außerdem bestehen 3 englische und eine deutsche Bank mit mehrern Filialen, sowie 14 Versicherungsanstalten.
Die Münzeinheit bildet der Real (Plural Reïs), eine nominelle Münze, deren zehnfacher Wert durch die kleinste Scheidemünze des Landes, das 10-Reïsstück, auch Halber Vintem genannt, dargestellt wird. 20 Reis in Kupfer [* 15] ausgeprägt nennt man einen Vintem, 100 Reis in Nickel ausgeprägt einen Tustão, 1000 Reis in Silber ausgeprägt oder als Staatsschuld oder Bankschein in Umlauf einen Milreïs. Auch Silbermünzen von 2 Milreïs, welche man Patacães nennt, sind im Verkehr.
Daneben laufen aber auch noch immer kleine ausländische Münzen [* 16] um, deren Werte bedeutenden Schwankungen unterworfen sind, z. B. der Boliviano im ungefähren Werte von 720 und der Balastraca im ungefähren Werte von 440 Reis. 1000 Milreïs bilden ein Conto de Reïs. An einheimischen Goldmünzen sind in Umlauf Münzen von 20 Milreïs und 10 Milreïs neben verschiedenen fremden Münzen, z. B. alten span. Unzen, franz. 20-Franksstücken und engl. Sovereigns. An Papiergeld giebt es Scheine von 1, 2, 5, 10, 50, 100, 200, 500 und 1000 Milreïs Wert. hat eigentlich Goldwährung, wenn auch thatsächlich gegenwärtig Papiervaluta herrscht. Für Maße und Gewichte ist seit 1874 das metrische System gesetzlich eingeführt.
Heerwesen. Die Kriegsmacht mußte früher infolge der häufigen Feindseligkeiten, besonders mit den Platastaaten und in den eigenen Provinzen, und wegen der vielfach nötigen Militärkordons gegen die uncivilisierten Indianerstämme und die Grenzen [* 17] stets gut gerüstet sein. 1891 zählt die aktive Armee auf dem Friedensfuße nur 1600 Offiziere und 28 877 Mann;
und zwar besteht dieselbe an Infanterie aus 36 Bataillonen, 1 Transportcompagnie, 1 Instruktions-Depotcompagnie;
an Kavallerie aus 12 Regimentern, 2 Kavalleriekorps zu 4 Compagnien, 5 Garnisoncompagnien und 1 Garnisonschwadron;
an Artillerie aus 5 Regimentern reitender Artillerie und 5 Bataillonen Fußartillerie;
an Genie aus 2 Bataillonen Pionieren.
Hierzu kommt ein Gendarmeriekorps von 15000 Mann, wovon 2000 in Rio de Janeiro. Durch das Gesetz vom ist die allgemeine Wehrpflicht eingeführt worden. Die Dienstzeit beläuft sich auf drei Jahre bei der Fahne und drei Jahre in der Reserve. Die Nationalgarde ist in Neubildung begriffen.
Die Flotte zählte 1891 55 Schiffe [* 18] (10 Panzerschiffe, [* 19] 5 Kreuzer, 18 Kanonenboote, 2 Dampfer, 5 Schulschiffe, 13 Hilfsfahrzeuge, Torpedofahrzeuge und 2 Schleppdampfer, von 37 180 Pferdekräften mit 232 Kanonen). An Personal der Marine waren darauf 13 Offiziere vom Generalstab, 443 Offiziere, 79 vom Sanitätskorps, 86 Beamte, 300 Maschinisten, 4012 Mann, 990 Seesoldaten, 3000 Kadetten und Schiffsjungen, zusammen 8923 Mann.
Verfassung und Verwaltung. Bis 1808 war Brasilien ganz und gar als portug. Kolonie verwaltet. Nachdem König Johann VI. nach Brasilien übergesiedelt war, wurde das Land durch Dekret vom zu einem mit Portugal [* 20] verbundenen Königreiche, zu einem selbständigen konstitutionellen Kaisertum erhoben. Die beschworene Verfassung vom mit Zusatzakten vom und war bis in Wirksamkeit.
Seit Annahme der neuen Verfassung durch den außerordentlichen Kongreß ist ein Staatenbund von 20 Staaten und einem Bundesdistrikt Rio de Janeiro (mit der gleichnamigen ¶
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Bundeshauptstadt), letzterer jedoch nur bis zur Errichtung der künftigen Bundeshauptstadt auf einem 14 400 qkm großen, auf dem Hochlande auszuwählenden Gebiete, das sich dann als Bundesdistrikt konstituieren soll. Den Einzelstaaten bleibt das Recht freier Selbstbestimmung, sie sind berechtigt, sich zu teilen und aneinander anzuschließen; nur in Ausnahmefällen (zur Durchführung der Bundesgesetze, bei feindlichen Einfällen, zum Schutze der republikanischen Verfassung, bei Enteignungen im Interesse der föderativen Posten und Telegraphen [* 22] u. a.) ist die Einmischung der Bundesregierung erlaubt. Nur der Bundesregierung steht die Festsetzung von Einfuhrzöllen auf fremde Waren, von Abgaben des Küstenhandels, die Errichtung von Notenbanken und Zollhäusern zu.
Die gesetzgebende Gewalt, insbesondere die Feststellung des Budgets, die Verteilung der Einkünfte unter die Staaten, die Entscheidung über Krieg und Frieden, über Verträge sowie über die Präsenzstärke von Heer und Marine, ruht bei dem Nationalkongreß. Dieser tagt alljährlich vom 3. Mai an 3 Monate lang und zerfällt in die Kammer der Abgeordneten und den Senat. Erstere (1892: 205 Abgeordnete) geht hervor aus direkten alle 3 Jahre stattfindenden Wahlen, in der Weise, daß auf 70000 E. ein, auf jeden Staat aber mindestens vier Abgeordnete kommen sollen und zwar «unter Gewährleistung der Vertretung der Minoritäten».
Der Senat besteht aus 63 ebenfalls direkt gewählten Mitgliedern (je 3 von jedem Staat),
von denen alle 3 Jahre ein Drittel zu erneuern ist. Er bildet zugleich den Gerichtshof für «Verantwortlichkeitsvergehen» des Präsidenten, der Minister und aller andern Bundesbeamten und ernennt auf Lebenszeit die 15 Mitglieder des höchsten Bundesgerichtshofs. Letzterer entscheidet über gemeine Verbrechen der Beamten, über Streitigkeiten der Staaten untereinander oder mit der Bundesregierung und legt die Gesetze aus. Die Legislaturperiode ist dreijährig. Abgeordnete und Senatoren erhalten Diäten. Wähler ist jeder Brasilianer von 21 Jahren mit Ausnahme der Analphabeten, Soldaten und Angehörigen der Kongregationen, denen die freie Willensäußerung unmöglich ist.
Die Exekutive liegt in der Hand [* 23] des Präsidenten, bez. des Vicepräsidenten, der zugleich Vicepräsident des Senates ist. Beide werden mit absoluter Mehrheit von der Nation auf 4 Jahre gewählt und im Falle des Abgangs vor Ablauf [* 24] dieses Termins in den beiden ersten Jahren durch Neuwahl, später durch die Präsidenten des Kongresses und den des Obersten Gerichtshofs ersetzt. Die Wiederwahl des Präsidenten und die Wahl des Vicepräsidenten zum Präsidenten für die unmittelbar folgende Periode ist verboten.
Der Präsident vertritt Brasilien nach außen, ernennt die Minister, Bundesbeamten und Gesandten, ist Oberbefehlshaber der bewaffneten Macht, die aber auch verpflichtet ist, die konstitutionellen Einrichtungen zu schützen; ferner erläßt er alljährlich eine Botschaft an den Kongreß, sanktioniert und verkündet die Beschlüsse desselben, solche Beschlüsse aber, denen er als verfassungswidrig seine Zustimmung versagt, erhalten nach nochmaliger Annahme durch beide Kammern mit zwei Drittel Mehrheit unter bestimmten Förmlichkeiten gleichwohl Gesetzeskraft. Die Minister dürfen keiner Kammer angehören und können persönlich nur mit den Ausschüssen verhandeln.
Von Einzelbestimmungen sind folgende hervorzuheben: Errichtung eines Oberrechnungshofs;
obligatorische Civilehe;
Gewährleistung des Petitions- und Vereinsrechts und der Preßfreiheit.
Ferner Weltlichkeit des Unterrichts, Schutz für alle Konfessionen [* 25] und Kulte, Beibehaltung der Geschwornengerichte, Abschaffung der Todesstrafe sowie des Adels und der Orden. [* 26] Änderungen der Verfassung sind nur möglich auf Antrag von zwei Dritteln der Staaten auf Grund eines Mehrheitsbeschlusses ihrer Einzelparlamente, oder auf Antrag eines Viertels der Mitglieder einer der Kammern des Kongresses und nach Annahme der Vorschläge durch Zweidrittel-Majorität in beiden.
Die richterliche Gewalt ist unabhängig und wird bei Kriminalfällen in erster Instanz von unbesoldeten Polizeirichtern (Delegados und Subdelegados de Policia) und bei Civilsachen von gewählten Friedensrichtern (Juizes de paz), in zweiter Instanz aber von juristisch gebildeten und staatlich besoldeten Richtern ausgeübt. Daneben existiert das Institut der Jury zur Verhängung der Strafen in schweren Kriminalfällen.
Zum Behuf der Verwaltung wurde das Reich 1829 in 18 Provinzen geteilt; später sind aber zwei neue hinzugekommen, nämlich Amazonas (1850) und Parana (1853), erstere aus Teilen der Provinz Para, letztere aus Teilen der Provinz São Paulo gebildet. Die 20 jetzigen Staaten der Vereinigten Staaten von Brasilien sind wieder in Municipios eingeteilt.
Das alte (kaiserl.) Reichswappen (s. beistehende [* 21] Figur) zeigte in grünem Felde die Weltkugel, die durch das rote, silbern eingefaßte Kreuz [* 27] des Christusordens in vier Teile geteilt und von einem blauen Reifen umgeben ist. Letzterer ist mit 19 silbernen Sternen belegt und hat auf beiden leiten eine silberne Einfassung. Den von einem Tabak- und Kaffeezweige umgebenen Schild [* 28] deckte die Kaiserkrone. Das jetzige Wappen, [* 29] oder richtiger Emblem, der Republik der Vereinigten Staaten von Brasilien (s. untenstehende [* 21] Figur) ist ein fünfstrahliger goldener Stern, facettiert und die Strahlen mit schmalem roten innern Bord. Auf dem Stern liegt eine blaue Scheibe, die innerhalb eines silberbordierten blauen, mit 20 fünfstrahligen silbernen Sternen belegten Reifens das Sternbild des «südlichen Kreuzes» zeigt. Der beschriebene große Stern hat in den Winkeln goldene Strahlen, die überdeckt werden durch einen Kranz aus Lorbeer- und Tabakszweigen, unten zusammengehalten durch eine Schleife, die der Griff eines aufrechten Schwertes halb verdeckt. Unter dem Ganzen ein Band [* 30]
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