In der Form des Handelsmonopols bestand das Branntweinmonopol schon seit dem 17. Jahrh, in
Rußland (anfangs für Großrußland, seit 1849 auch
für
Kleinrußland,
Polen und die balt.
Provinzen, jedoch nicht für
Finland). Die Ausnutzung des
Monopols erfolgte seit der Mitte
des 18. Jahrh. anfangs vorübergehend, seit 1795 dauernd in der Form der
Verpachtung, die im Durchschnitt von 1811 bis 1815 10,5 Mill. Rubel einbrachte, aber 1817 infolge des schnellen Umsichgreifens
der
Trunksucht und des Schmuggels durch Staatsregie ersetzt wurde. 1827 wurde die Verpachtung an den Meistbietenden wieder
eingeführt. Dieselbe erfolgte in der Regel auf 4 Jahre für die einzelnen Gouvernements und brachte 1858 etwa
57,7 und 1862 etwa 126 Mill. Rubel ein. Durch einen
Ukas vom wurde das Branntweinmonopol vom ab durch eine Fabrikatsteuer
ersetzt und die Fabrikation im übrigen freigegeben.
Durch Gesetz vom wurde in der
Schweiz
[* 2] ein Branntweinmonopol eingeführt, welches dem
Bunde formell das alleinige
Recht zur Branntweinerzeugung und zur Branntweineinfuhr zuerkennt und die Pflicht auferlegt, für genügende
Reinigung des
Trinkbranntweins zu sorgen. Etwa ein Viertel des Bedarfs wird zur Erzeugung an die inländischen
Brennereien abgegeben. Der
Bund giebt den
Branntwein zu 120-150
Frs. für 1 hl in Mengen von mindestens 150 l ab; der genaue Preis
wird vom
Bundesrat periodisch festgesetzt.
Die Einfuhr von Qualitätsspirituosen wird gegen eine Monopolgebühr von 80
Frs. für 100 kg nebst Eingangszoll Privatpersonen
freigegeben. Die Brennereibesitzer werden für den Minderwert entschädigt, den ihre zur
Brennerei benutzten
Gebäude und Einrichtungen
durch die Einführung des
Monopols erleiden. Der Rohertrag des
Monopols, welches den
Verbrauch wesentlich
vermindert hat, war 1890: 14 386 516
Frs., die Unkosten 7 724 399
Frs., also der
Reinertrag 6 662 117
Frs., von welchem nach
Abzug der Einlagen in den
Amortisations- und Reservefonds 6 306 668
Frs. unter die Kantone verteilt werden.
Letztere haben 10 Proz. der Einnahmen zur Bekämpfung des
Alkoholismus zu verwenden. Der Zollertrag für den eingeführten
Branntwein (1890: 1 328000
Frs.) fließt dem
Bunde zu.
Der
Branntwein unterliegt in allen
Ländern, welche eine ausgedehnte
Brennerei-Industrie haben, einer
mehr oder minder hohen
Besteuerung, die darin begründet ist, daß der
Branntwein weniger ein notwendiges,
unentbehrliches Lebensmittel, als vielmehr ein bei übermäßigem Gebrauch sogar schädliches Genußmittel ist, durch dessen
ausgedehnten
Verbrauch ein großes finanzielles Erträgnis der
Steuer gewährleistet ist; sodann darin, daß der
Branntwein
im allgemeinen von dem einzelnen nur in geringen Mengen verbraucht wird, sodaß die den einzelnen treffende
Steuerlast nur gering ist; endlich ist auch nicht zu verkennen, daß eine hohe Branntweinsteuer durch Einschränkung
des
Konsums auch in ethischer
Beziehung nicht ohne Bedeutung ist.
Die Schwierigkeiten einer allen Interessen genügenden Branntweinsteuer liegen in der Verschiedenheit der verarbeiteten
Rohmaterialien und der aus denselben zu erzielenden Branntweinerträge, in der Verschiedenheit der Herstellungsweise
und namentlich in dem verschiedenen
Umfange der Brennereibetriebe, welche teils kleinste Hausbetriebe, teils landwirtschaftliches
Kleingewerbe, teils industrielle Großbetriebe darstellen. Namentlich die Wahrung der landwirtschaftlichen und
Landeskultur-Interessen
(s.
Brennerei), wie sie in
Deutschland
[* 3] in den landwirtschaftlichen Kartoffelbrennereien besonders vertreten sind, gegenüber
den gewerblichen Großbetrieben, bietet große Schwierigkeiten.
Dazu kommt noch die
Notwendigkeit, zu Gunsten der
Industrie für den im Inlande zu gewerblichen und häuslichen
Zwecken verbrauchten und den zur Ausfuhr gelangenden
BranntweinSteuerfreiheit,
bez.
Steuerrückvergütungen
(Bonifikationen,
Exportprämien), zu schaffen. Infolge dieser Schwierigkeiten sind die zur Anwendung gelangten
Steuersysteme sehr verschieden.
Es findet sich, abgesehen vom
Branntweinmonopol (s. d.), zunächst die Form der Rohstoffsteuer,
die unter Zugrundelegung bestimmter Ausbeuteannahmen erhoben wird (Materialsteuer).
Wird der Rauminhalt der
Maisch- und Gärgefäße und die Anzahl der Füllungen der
Besteuerung zu
Grunde gelegt, so entsteht
die Form der Maischraum- oder Maischbüttensteuer. Wird die
Steuer nach der Leistungsfähigkeit der Brennapparate während
eines gewissen Zeitraums ohne Rücksicht auf die wirklich erfolgte Zahl der Füllungen und die gewonnenen
Alkoholmengen bemessen, so spricht man von Pauschalierungssteuer, auch
Blasensteuer oder
Blasenzins. Wird für die Berechnung
des Ertrags die
Würze zu
Grunde gelegt, so liegt eine Würzesteuer oder
Würzeertragsteuer vor.
Eine reine Fabrikatsteuer ist vorhanden, wenn das gewonnene Erzeugnis unmittelbar (durch Messung in den
Behältern [Sammelgefäßen] oder durch Spiritusmeßapparate) festgestellt wird; diese Fabrikatsteuer wird entweder beim
Erzeuger oder beim letzten Empfänger in größeren Mengen erhoben.
Endlich findet sich die
Abfindung
(Fixation), bei der eine
bestimmte Erzeugungs-
bez. Ausschanksmenge mit dem
Brenner oder Ausschänker als Grundlage der Steuerberechnung vereinbart
wird. Außerdem kommen noch die Licenzgebühren in Betracht. Nach der
Stelle, an der die
Steuer erhoben
wird, unterscheidet man Produktions-, Lager- und
Verbrauchssteuern.
Unter den einzelnen Steuerformen sind die Pauschalierungssteuern am wenigsten zu billigen, da sie lediglich nach dem Rauminhalt
der Brennapparate und der Zeit des Betriebes ohne Rücksicht auf die
Dauer der Gärungsperiode erhoben
werden und die
Brennereien zu übermäßiger
Beschleunigung der
Arbeit ohne rationelle Ausnutzung des Materials veranlassen.
Die
Maischraumsteuer bedingt zwar eine lästige
Kontrolle des Betriebes und belastet ungleich, weil die verschiedene
Ausbeute
und die abweichende Leistungsfähigkeit der Betriebseinrichtung außer acht bleibt.
Doch liegt gerade in diesem
Steuersystem, wieDeutschland und
Belgien
[* 4] beweisen, ein ungemeiner
Antrieb zur
technischen
Hebung
[* 5] des
Gewerbes, da mit der
Hebung der
Ausbeute aus dem Maischraum die auf dem Produkt ruhende
Steuer entsprechend
vermindert wird; selbstverständlich darf die erzielte Steuerersparnis nicht durch schlechtere Ausnutzung der Rohstoffe aufgehoben
werden. Die Bemessung der
Steuerrückvergütung und die Auffindung angemessener
Zoll- und Übergangsabgabensätze
ist hier besonders schwer. Gleichmäßiger wirkt schon die Materialertragsteuer, ohne indes die Verschiedenartigkeit der
Ausbeute und der
Apparate berücksichtigen zu können. Die reine Fabrikatsteuer belästigt bei Anwendung selbstthätiger Meßapparate
den eigentlich technischen Betrieb weniger, erfordert dafür aber eine um so schwerere
¶
mehr
Kontrolle des Produktes sowohl an der Erzeugungsstelle, wie im Vertriebe. Die Kontrolle ist naturgemäß um so schärfer, je
höher die Steuer ist.
Die thatsächlichen Steuerverhältnisse waren in Deutschland bis 1887 verschieden. Norddeutschland hatte die Maischraumsteuer
neben der Materialsteuer und der Abfindung für Fruchtbrennereien, Bayern
[* 7] bis 1880 die Malzsteuer, die dann
durch Maischraum- und fakultative Fabrikatsteuer für die Brennerei aus mehligen Stoffen und durch Materialsteuer und Abfindung
für die sonstigen Brennereien ersetzt wurde. In Württemberg
[* 8] lag bis 1852 der Schwerpunkt
[* 9] in der Schanksteuer («Umgeld»); später
bestand neben dem Umgeld erst die Maischraumsteuer, dann die Malzsteuer, die 1885 durch eine dem norddeutschen
System ähnliche Regelung ersetzt wurde.
Baden
[* 10] hatte seit jeher den Blasenzins. Alle diese Verschiedenartigkeiten wurden nach mehrfachen Ansätzen durch das Reichsgesetz
vom beseitigt, das für das Reichsgebiet in Kraft
[* 11] trat. Gleichzeitig traten die wesentlichen Bestimmungen
des bisher nur für die norddeutsche Steuergemeinschaft gültigen Gesetzes vom für die gesamte
Reichssteuergemeinschaft in Kraft. Einzelne Bestimmungen sind noch durch die Novelle vom abgeändert worden.
Nach diesem Gesetz wird von den landwirtschaftlichen Brennereien (s. Brennerei) sowie von den Brennereien, die Melasse, Rüben
oder Rübensaft verarbeiten, eine Maischraumsteuer mit 1,31 M. für 11 hl Maischraum entrichtet, während
die gewerblichen Brennereien einen Zuschlag von 20 M. für 1 hl absoluten Alkohols zur Verbrauchsabgabe zu zahlen haben. Die
Verbrauchsabgabe trifft allen in den freien Verkehr gebrachten Branntwein und beträgt von einer Gesamtjahresmenge, die 4,5
l (in Süddeutschland 3 l) Alkohol auf den Kopf der bei der jedesmaligen letzten Volkszählung ermittelten
Bevölkerung
[* 12] gleichkommt, 50 M. für 1 hl, von der darüber hinaus hergestellten Menge 70 M. für 1 hl reinen Alkohols.
Für die einzelnen Brennereien ist diejenige Jahresmenge Branntwein, welche sie zum niedrigern Abgabensatze herstellen dürfen
(das sog. Kontingent), nach Maßgabe der von ihnen im Durchschnitt der letzten
Jahre vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes gezahlten Maischraumsteuer festgesetzt worden, wobei jedoch die von den Hefebrennereien
gezahlten Beträge nur zur Hälfte, die von den sonstigen Getreidebrennereien gezahlten Beträge zu sieben Achtel in Ansatz
kamen; auf je 1 M. durchschnittlich gezahlter Maischraumsteuer entfielen 2,8237 l Kontingent.
Alle 3 Jahre findet eine Neuveranlagung der bereits kontingentierten, der neu entstandenen landwirtschaftlichen
und Materialbrennereien zum Kontingent statt. Neu entstandene gewerbliche und Melasse- oder Rübenbrennereien sind nicht kontingentierungsfähig.
Die Gesamtjahresmenge, von der der niedrigere Abgabensatz zu entrichten ist, sowie der Betrag des niedrigern Abgabensatzes
selbst unterliegt alle 3 Jahre der Revision. Branntwein, welcher ausgeführt oder zu gewerblichen Zwecken
(einschließlich der Essigbereitung), zu Heil-, wissenschaftlichen, Putz-, Heizungs-, Koch- oder Beleuchtungszwecken verwandt
wird, ist von der Verbrauchsabgabe und den Zuschlägen zu derselben befreit und erhält eine Rückvergütung der Material-
bez. Maischraumsteuer in Höhe von 16,10 M. pro 10000 Literprozent.
Die Verbrauchsabgabe und die Zuschläge zu derselben werden entrichtet,
sobald der Branntwein aus der
steuerlichen Kontrolle in den freien Verkehr tritt, und zwar seitens desjenigen, der den Branntwein zur freien Verfügung erhält.
Der Branntwein kann von dem Brennereitreibenden entweder versteuert oder unversteuert abgefertigt werden; da aber eine Rückvergütung
der Verbrauchsabgabe nicht stattfindet, ist der versteuert abgefertigte Branntwein zum Export oder zur
Denaturierung nicht geeignet. Es findet daher in den Brennereien meistens eine Abfertigung von unversteuertem Branntwein statt,
soweit es sich nicht direkt um Trinkbranntwein handelt.
Der Brennereitreibende kann seine ganze Produktion als mit 70 M. Verbrauchsabgabe belastet abfertigen lassen, er erhält
dann innerhalb des ihm zugewiesenen Kontingents sog. Berechtigungsscheine,
die, der jedesmal abgefertigten Alkoholmenge entsprechend, auf den Geldbetrag der Differenz zwischen dem höhern und niedern
Abgabensatz (20 M. pro Hektoliter) lauten und von jedem Inhaber statt barer Zahlung für Branntweinsteuer aller Art in Anrechnung
gegeben werden können.
Behufs Ermittelung der steuerpflichtigen Branntweinmenge sind in den Brennereien Sammelgefäße oder Siemenssche
automatische Spiritus-Meßapparate aufgestellt. Die landwirtschaftlichen Brennereien, deren Durchschnittsmaischung in einem
Kalendermonat 3000 bez. 1500 bez. 1050 l täglich nicht überschreitet, genießen für den betreffenden Kalendermonat einen
Erlaß von 1/10 bez. 2/10 bez. 4/10 der Maischraumsteuer, unter der Voraussetzung, daß sie in der Zeit vom 1. Sept. bis 15. Juni höchstens
8½ Monate betrieben werden.
Für längere Betriebszeit, oder wenn der Betrieb in der Zeit vom 16. Juni bis 31. Aug. stattfindet, zahlen landwirtschaftliche
Brennereien mit über 1500 l täglicher Bemaischung den Zuschlag der gewerblichen Brennereien zur Verbrauchsabgabe. Für kleine
gewerbliche Brennereien (mit Ausschluß der Preßhefebrennereien) bis zu 10000 bez. 20000 l Tagesmaischung
ermäßigt sich der Zuschlag zur Verbrauchsabgabe um 4 bez. 2 M. für 1 hl Alkohol. Die Fruchtbrennereien entrichten neben
der Verbrauchsabgabe, die ihnen für ihre ganze Erzeugung zum niedrigern Satze von 50 M. berechnet wird, eine Materialsteuer,
die sich auf 0,25 M. für eingestampfte Weintreber und Treber von Kernobst, auf 0,35 M. für Kernobst, auf
0,15 M. für Beerenfrüchte, auf 0,50 M. für Brauereiabfälle, gepreßte Weinhefe, Wurzeln, Hefenbrühe und 0,85 M. für Trauben
und Obstwein, flüssige Weinhefe und Steinobst für je 1 hl stellt; die Maischraum- und Materialsteuer ist von dem Brennereitreibenden
zu zahlen. Ein gegen Ende 1892 dem Reichstag vorgelegter Gesetzentwurf betreffend die Erhöhung der Branntweinsteuer ist
nicht zur Erledigung gekommen. Die Zollsätze bei der Einfuhr von Branntwein in das deutsche Zollgebiet betragen 180 M. für 100 kg
Liqueure, 125 M. für 100 kg sonstigen Branntweins in Fässern und 180 M. für 100 kg sonstigen Branntweins
in Flaschen, Krugen und andern Umschließungen.
Österreich-Ungarn
[* 13] hat mit dem in Kraft getretenen Branntweinsteuergesetz vom das in der deutschen
Gesetzgebung ausgebildete System der doppelten Verbrauchsabgabesätze und der Kontingentierung teilweise nachgebildet. Es
wird eine Verbrauchsabgabe von 35 bez. 45 Fl. für 1 hl Alkohol erhoben; jeder Brennerei wird von drei zu
drei Jahren das Kontingent, d. h. die Menge Alkohol, welche sie zum niedrigern
¶