Urkunde, datiert Ofen zu «einem rechten obersten und allgemeinen
Verweser und Hauptmann» in den brandenb.
Landen ein und übertrug ihm alle markgräfl. Gewalt mit Ausnahme der Kur. (Vgl.
Riedel, Zehn Jahre aus der Geschichte des Ahnherrn des preuß. Königshauses, Berl.
1851.) Durch
Urkunde, datiert Konstanz
[* 2] wurde dem
Burggrafen auch die brandenb. Kurwürde und
das Erzkämmereramt erblich mit dem
Vorbehalt der Wiedereinlösung gegen 400000
Goldgulden verliehen, und erhielt
er auf dem
Konzil zu Konstanz die feierliche
Belehnung, ohne daß von dem kaiserl. Wiederkaufsrecht weiter die Rede war, worauf
er sich als Kurfürst von Brandenburg
[* 3]
Friedrich I. nannte. Von hier an beginnt die eigentliche Entstehung und
Entwicklung
des preuß.
Staates. (S.
Preußen
[* 4] [Königreich], Geschichte.)
Litteratur.Küster, Bibliotheca historica Brandenburgensis (Bresl. 1743), nebst
Accessiones (2 Bde., Berl. 1766),
und dessen Collectio opusculorum historiam marchicam illustrantium (2 Bde.,
ebd. 1731-33);
Raumer,Codex diplomaticus Brandenburgensis (2 Bde.,
ebd. 1831 - 33) und dessen Regesta historiae Brandenburgensis (Bd.
1, ebd. 1836);
Über die älteste Geschichte und
Verfassung der Kurmark Brandenburg, insbesondere der
Altmark und Mittelmark (von Raumer;
Zerbst
[* 5] 1830);
Riedel,
Diplomat. Beiträge zur Geschichte der
Mark Brandenburg (Berl. 1833); Zimmermann, Beitrag zur Geschichte
der märkischen
Städte (ebd. 1837);
Bassewitz' zum
Teil anonym erschienene Werke: Die Kurmark Brandenburg, ihr Zustand und ihre
Verwaltung
unmittelbar vor dem
Ausbruch des
Krieges im Okt. 1806 (Lpz. 1847), Die Kurmark Brandenburg im Zusammenhang mit den
Schicksalen des Gesamtstaates
während der Zeit vom bis zu Ende des J. 1808 (2 Bde.,
ebd. 1851 - 52) und Die Kurmark Brandenburg im Zusammenhang mit den
Schicksalen des Gesamtstaates
Preußen während der J. 1809 und 1810 (hg.
von Reinhard, ebd. 1860); F. Voigt, Geschichte des brandenb.-preuß.
Staates (3. Aufl., Berl. 1878); Scholz, Die
Erwerbung der
Mark Brandenburg durch
Karl IV. (Bresl. 1874);
Fontane, Wanderungen durch die
Mark Brandenburg (Bd. 1, 4. Aufl.,
Berl. 1883; Bd. 2, 3. Aufl.
1880; Bd. 3, 2. Aufl. 1880; Bd.
4, 2. Aufl. 1886; neue wohlfeile Ausg. Berl.
1892). Eine vollständige geogr.-histor.-statist.
Beschreibung gab
Berghaus im «Landbuch der
Mark Brandenburg» (3
Bde., Brandenb. 1853 - 56). Im
«Gemeindelexikon für das Königreich
Preußen» wurde als 3. Heft:
StadtkreisBerlin
[* 6] und
Provinz Brandenburg (Berl. 1888) vom königl.
StatistischenBureau veröffentlicht. Der
Verein für die Geschichte der
Mark Brandenburg giebt die
«Märkischen Forschungen» (20 Bde.,
Berl. 1841 - 87),
seit 1888 u. d. T. «Forschungen
zur
Brandenburgischen und
Preußischen Geschichte», Bd. 1 - 5 (Lpz. 1888 -
92), heraus.
[* 3] an der
Havel, das alte Brennaburg oder Brendanburg, später verderbt Brennaborch oder
Brennabor, Stadt und
Stadtkreis (78,11 qkm) im preuß. Reg.-Bez.
Potsdam,
[* 7] in 35 m Höhe, an der Linie
Berlin-Magdeburg der
Preuß. Staatsbahnen,
[* 8] wird durch die
Havel, die 4 km unterhalb den Plaueschen See bildet, in die
Alt- und Neustadt
[* 9] geteilt; einen dritten
Teil bildet
der sog.
Dom oder
Burg Brandenburg auf einer
Insel des
Flusses.
Alt- und Neustadt waren früher getrennte
Städte, wurden aber 1715 unter
einen Magistrat vereinigt.
Unmittelbar neben der
Altstadt erhebt sich, etwa 63 m über der
Havel, der Marien- oder Harlungerberg, auf
dessen Gipfel einst ein heidn.
Tempel
[* 10] des Triglaff, später die berühmte Marienkirche mit dem zugehörigen
Kloster stand und
seit 1880 ein 30 m hohes
Denkmal für die in den
Kriegen 1864, 1866 und 1870/71 gefallenen Kurmärker sich
erhebt. Die Stadt ist Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht
Potsdam), einer
Strafanstalt, zweier Superintendenturen, eines Hauptsteueramtes,
eines
Katasteramtes, der Kommandos der 6. Division, der 11. und 12. Infanterie- und der 6. Kavalleriebrigade, sowie einer
Reichsbanknebenstelle und hat (1890) 37817 (19863 männl., 17954 weibl.) E., darunter 1978 Katholiken, 288 andere
Christen und 243 Israeliten, in Garnison (3202 Mann) das 35. Füsilierregiment Prinz
Heinrich von
Preußen,
das 6. Kürassierregiment
KaiserNikolaus I. von
Rußland und die 2. und reitende
Abteilung des 3. Feldartillerieregiments
General-Feldzeugmeister;
2407
Wohnhäuser,
[* 11] 8654 Haushaltungen
und 36 Anstalten, ferner einen Oberbürgermeister,
Bürgermeister, 16 Magistratskollegiumsmitglieder, 45 Stadtverordnete;
Post ersterKlasse mit zwei Zweigstellen,
Telegraph,
[* 12] Fernsprecheinrichtung;
eine königl. Ritterakademie, 1705 eröffnet
(Direktor Dr. Heine, 11
Lehrer, 7
Klassen, 99
Schüler), ein städtisches und königl. Gymnasium, 1797 eröffnet (Direktor Dr.
Rasmus, 12
Lehrer, 8
Klassen, 141
Schüler), ein städtisches von Saldernsches Realgymnasium, 1589 gegründet (Direktor Dr.
Hochheim, 20
Lehrer, 11
Klassen, 290
Schüler, 3 Vorklassen, 96
Schüler), je eine städtische und private
höhere Mädchenschule, ein städtisches
Krankenhaus;
[* 13]
Gasbeleuchtung. Unter den
Gebäuden sind bemerkenswert die Katharinenkirche
in der Neustadt, ein got. Backsteinhallenbau, Langhaus 1381 - 1401,
Chor um 1410,
Turm
[* 14] der Westseite 1583 - 85 erbaut, mit
einer Fronleichnamskapelle an der Nordseite, einem Holzschnitzaltar (1410), einem ehernen Taufbecken
(1440) und mehrern Denkmälern;
die frühgot. Petrikirche (14. Jahrh.);
die Domkirche, ursprünglich roman. Pfeilerbasilika,
um 1170 erbaut, mit einer vor 1235 vollendeten
Krypta im Übergangsstil, im 14. Jahrh. in einen got. Gewölbebau
umgewandelt, 1834 von Schinkel neu eingerichtet, mit gutem Altarbild (1465) auf
Goldgrund, an den
Wänden
aufgestellten Grabsteinen, u. a. dem des
BischofsTheodorich von Schulenburg (gest. 1393), Altarleuchtern (Engelsstatuen) von 1441 und
einer großen Sammlung mittelalterlicher Meßgewänder;
die Gothardskirche, halb romanisch um 1160 erbaut, halb gotisch von
1348;
die nicht mehr benutzte roman. Nikolaikirche (12. und 13. Jahrh.);
ferner das ehemalige
Altstadt-Rathaus (13. und 14. Jahrh.), in dem sich jetzt das
Bezirkskommando befindet,
das neue Realgymnasium, das Rathaus in der Neustadt, davor eine Rolandssäule (5,6 m hoch).
Die Industrie erstreckt sich auf
die Fabrikation von Woll-und Seidenwaren, Öl,
Goldleisten,
Tuch, Korbwaren, Stärkezucker, Leder und
Sirup; ferner bestehen
Loh- und
Weißgerbereien, Schneide-,
Mahl- undÖlmühlen. Die Schiffahrt und die Fischerei
[* 15] in der
Havel und
dem nahe gelegenen Plauer- und Beetzsee sind beträchtlich; auch der
Gartenbau steht auf hoher
Stufe.
Geschichtliches. Die
Burg Brennaburg wurde im Winter 927 auf 928 von König
Heinrich I.
den Hevellern abgenommen. Otto I. stiftete hier 948 ein Bistum, das zuerst dem Erzbischof von Mainz
[* 18] untergeordnet, 968 dem
neuerrichteten Erzbistum Magdeburg
[* 19] zugeteilt, aber schon 983 durch die heidn. Wenden wieder vernichtet und dann durch Albrecht
den Bären 1153 von neuem hergestellt wurde. Nachdem 1539 der Bischof Matthias von Jagow zur evang. Kirche
übergetreten und 1544 der kath. Gottesdienst im Dom eingestellt worden war, wurde das Bistum bis 1598 vom Kurfürsten administriert,
dann aufgehoben und die Stiftsgüter teils in kurfürstl. Domänen verwandelt, teils an Adlige veräußert. Doch blieb das
Domkapitel, welches erst 1810 gesetzlich aufgehoben, aber 1826 wieder erneuert wurde. Von den zwölf
Domherrenstellen, welche sämtlich vom Könige verliehen werden, gehören seitdem neun dem Adels- und drei dem geistlichen
Stande. Im Nov. 1848 wurde der Sitz der preuß. Nationalversammlung nach Brandenburg verlegt,
wo sie 27. Nov. eröffnet und aufgelöst wurde. -
Vgl. Heffter, Geschichte der Kur- und Hauptstadt
Brandenburg (Potsd. 1839);
Jork, in der Vergangenheit und Gegenwart, ein Wegweiser durch die Stadt und ihre Altertümer (Brandenb. 1880);
Schillmann, Geschichte der Stadt an der Havel (ebd. 1874 - 82).
Friedr. Wilh., Graf von, preuß. General der Kavallerie und Staatsmann, geb. zu Berlin,
war der Sohn König Friedrich Wilhelms II. aus dessen morganatischer Ehe mit der Gräfin Sophie von Dönhof (s. d.). Er wurde (gleich
seiner Schwester Julie, die als Herzogin von Anhalt-Cöthen 1848 starb) in den Grafenstand unter dem Namen eines Grafen von
Brandenburg erhoben. 1807 trat er in die Armee, war 1812 als Rittmeister dem GeneralYork im russ. Feldzuge beigegeben,
zeichnete sich in den Feldzügen 1813 - 15 vielfach durch persönliche Tapferkeit aus, wurde 1839 commandierender General
des 6. Armeekorps und 1848 General der Kavallerie.
Nach dem Rücktritt des Ministeriums Pfuel erfolgte seine Ernennung zum Chef des neuen Ministeriums,
das mit dem Namen des Ministeriums Brandenburg-Manteuffel bezeichnet ward, die preuß. Nationalversammlung von Berlin nach Brandenburg
verlegte, später auflöste und die Truppen unter General Wrangel in Berlin einrücken ließ. (S. Preußen.) Mit Wärme
[* 20] und Überzeugung
förderte er die bundesstaatliche Politik Preußens
[* 21] 1849. Im Okt. 1850 wurde Graf Brandenburg nach Warschau
[* 22] gesandt,
um sich in dem österr.-preuß. Konflikt über die Haltung Rußlands zu vergewissern. Er nahm den entschiedenen Eindruck mit
nach Berlin, daß Preußen es gegenüber der russ.-österr.
Koalition nicht zum Kriege kommen lassen dürfe, und stimmte 1. und 2. Nov. gegen die von Radowitz beantragte Mobilmachung; 3. Nov. erkrankte
er plötzlich und starb Im J. 1862 wurde ihm ein Standbild (von Hagen)
[* 23] auf dem Leipziger Platze in Berlin errichtet.
Aus seiner 1818 mit Mathilde, geborenen von Massenbach, geschlossenen Ehe gingen fünf Töchter und drei Söhne hervor. Von den
beiden ältern SöhnenFriedrich und Wilhelm (geb. als Zwillingsbrüder Generalen der Kavallerie
und Generaladjutanten des Kaisers Wilhelm I., starb Wilhelm Friedrich Der dritte Sohn,Graf Gustav von
Brandenburg, geb. kaiserl. Wirkl. Geheimrat,
war bis 1888 Gesandter in Brüssel.
[* 24]