Bezirkshauptmannschaft Karolinenthal in
Böhmen,
[* 2] in einer fruchtbaren Ebene an der Linie Ćelakowitz-Brandeis (8 km) der
Böhm. Kommerzialbahnen,
hat (1890) 3859, als Gemeinde 4002 E., in Garnison (182 Mann) die 4. Eskadron des 7. böhm.
Dragonerregiments
«Karl V.,
Herzog von Lothringen und
Bar»,
Bezirksgericht (305 qkm, 52 Gemeinden, 77 Ortschaften, 34 733 czech.
E.), ein Piaristenkloster und ein altertümliches Schloß des Erzherzogs
LudwigSalvator mit Herrschaft (74,74 qkm),
das der
böhm.
HerzogBoleslaw der Grimmige 941 gebaut haben soll. Das Schloß hat zahlreiche turmartige Erker, einen langen gedeckten
Gang
[* 3] auf großen Pfeilern, den «Josephsgang»,
Park und Schloßgraben (jetzt
Obstgarten) und gewährt von
der
Terrasse eine schöne Aussicht auf die
Elbe mit der neuen
Brücke.
[* 4] Später war Brandeis zuweilen der Aufenthaltsort des
KaisersRudolf II., der das 1552 eingeäscherte Schloß wiederherstellte,
Leopolds I. und
Karls IV. 1631 wurde Brandeis von den
Sachsen
[* 5] besetzt
und 1639 von den
Schweden,
[* 6] nachdem sie 30. Mai die Kaiserlichen besiegt hatten. 1775 wurde die Stadt durch
einen
Brand zerstört.
2)
a. d.
Adler,
[* 7] czech.
Brandýs nad Orlicí, Stadt in der österr. Bezirkshauptmannschaft und dem Gerichtsbezirk Hohenmauth,
bei Chotzen, in 317 m Höhe, in einem waldreichen romantischen
Thale des
StillenAdler, an der Linie
Wien-Brünn-Prag-Bodenbach
der Österr.-Ungar. Staatsbahn, hat (1890) 1167 czech. E., Post,
Telegraph,
[* 8] Schloß, Leinweberei,
Brennerei,
Brauerei, Dampfmühle, Kunstmühlen und bedeutenden Obstbau. Nordöstlich die Ruinen der
Burg Brandeis, einst Hauptsitz der
Böhmischen Brüder.
In der Nähe ein 1865 errichtetes
Denkmal (Sandsteinpyramide) ihres
BischofsAmosComenius, der hier 1622-25 Zuflucht fand.
Außerdem enthält die
Provinz von
Schlesien den Schwiebuser
Kreis,
[* 19] von Hinterpommern einige Ortschaften des
Pyritzer Kreises,
vom Großherzogtum
Posen die Orte Schermeißel und Grochow; ferner den 1815 wieder in
Besitz genommenen
KreisCottbus,
[* 20] sowie einen
Teil der vom Königreich
Sachsen abgetretenen
Länder, besonders die Markgrafschaft Niederlausitz und
einige Ortschaften der Oberlausitz westlich der
Spree, die meißnischen
Ämter Senftenberg und Fürstenwalde,
[* 21] die HerrschaftenSonnenwalde,
Baruth und Dobrilugk, die Querfurter
Ämter Jüterbog
[* 22] und Dahme, vom Kurkreise das
Amt Velzig
und einige andere Ortschaften.
Oberflächengestaltung. Zwei Höhenzüge und zwei Bodensenkungen treten besonders deutlich hervor, welche letztere größtenteils
von sumpfigen oder moorigen, aber zum
Teil in Kulturboden verwandelten oder zu Torfstichen benutzten Flußniederungen, hier
Bruch oder Luch genannt, eingenommen werden. Der nördl. oder baltische
Höhenzug der pommerisch-mecklenb. Seenplatte sendet nur unbedeutende Zweige nach Brandenburg aus. Der etwa 225 km
lange südl. Höhenzug längs der Südgrenze der
Provinz beginnt mit den
LausitzerHöhen, und zwar mit den
Sorauer Sandbergen,
unter denen der Rückenberg 228 m erreicht, zieht westwärts über
Triebel undSpremberg,
[* 23] dann mehr nach
NW. über
Calau und schließt sich an den kahlen, dürren und unfruchtbaren Fläming (s. d.).
Die südl. Bodensenkung, ziemlich am nördl. Fuße dieses Höhenzugs,
tritt am schärfsten hervor durch die Sumpfniederungen des
Spreewaldes, von
Baruth und der Plaue. Die nördliche, fast unmittelbar
am Südfuße der baltischen Landhöhe, wird bezeichnet durch die Niederungen des
Netze- und Warthebruchs,
des Oderbruchs, die Linie des
Finowkanals, das Havelländische Luch und die Stromfurche der
Elbe.
Zwischen beiden Einsenkungen liegt eine breite Bodenerhebung (Platte), die sich vom Posenschen her westwärts in die
Mark
erstreckt, das
Sternberger Land, die Spreeplatte und die Mittelmark. Sie wird durchschnitten von SO.
gegen NW. durch die Niederung der Faulen
Obra und der Oder bis zur Neissemündung, den Müllroser
Kanal,
[* 24] das untere
Spree- und
Havelthal und den Plauenschen
Kanal; von S. gegen N. durch die Oder von der
Neisse- bis zur Wartemündung, den
Bober, die
Neisse,
[* 25] die obere
Spree, die Dahme, Nuthe und Plaue, sowie namentlich im S. der
Spree von überaus zahlreichen
kleinern Flußläufen, Sumpfstrecken und tiefer gelegenen Seen.
Zwischen diesen Furchen erheben sich eine Menge einzelner Höhengruppen und Höhenzüge, wie der Semmelberg bei Freienwalde 157 m,
die Müggelberge bei Cöpenick
[* 26] 120 m, die
Havelberge im Grunewald 97 m, die
Rauenschen Berge im S. von
Fürstenwalde 112-152 m. Im ganzen ist auf dieser Platte, wie in der Niederlausitz und anderwärts,
der Sandboden vorherrschend und hat auf weiten, mit
Kiefern und
Heidekraut bestandenen
Strecken ein dürres Ansehen. Aber selbst
auf den
Höhen ist er lehmig, wechselnd mit mehr oder weniger humusreichem
Thon- und
Lehmboden, und durch
treffliche Kultur zum Anbau der meisten Feldfrüchte tauglich gemacht. Außerdem sind auch die besten Bodengattungen in ausgedehnten
Flächen vertreten, namentlich in den entwässerten Bruchgegenden der Flußniederungen, und die fleißige
Bestellung des
Bodens,
wobei das Fruchtwechselsystem vorherrscht, in
Verbindung mit den großen Kapitalien, die zur Erlangung
gesicherter Erträge den Grundstücken zugeführt werden, hat die
Provinz zu einem kornreichen
Lande gemacht.
Gewässer. Der Hauptstrom ist die Oder, die hier rechts die Warte mit der
Netze, links die
GörlitzerNeisse, den schles.
Bober,
die
Finow und Welse aufnimmt. Sie bildet zwischen Wriezen und Oderberg einen großenBogen,
[* 27] der durch den 22 km
langen Oderkanal 1755 abgeschnitten wurde. Im nordwestl.
Teile ist die
Elbe zum
Teil Grenzfluß zwischen der
Provinz und den
ProvinzenSachsen und Hannover. Dieselbe nimmt die schiffbare
Havel (links mit der
Spree, Nuthe und Plaue, rechts mit Rhin und
Dosse) und die
Stepenitz auf. Die aus mecklenb. Seen kommende
Havel bildet besonders nach
Aufnahme der
Spree
eine große Zahl Seen. Die wichtigsten
¶
mehr
unter den übrigen zahlreichen stehenden Gewässern sind der Schwieloch-, der Scharmützel-, Müggel-, Ucker- und Ruppinersee,
im ganzen etwa 600 Seen mit einer Wasserfläche von 580 qkm. Der Wasserreichtum begünstigte
und erforderte Kanalanlagen. Unter diesen sind die vorzüglichsten der Finowkanal (57,85 km) zwischen Havel und Oder, der Friedrich-Wilhelms-
oder Müllroser Kanal (22,75 km) zwischen Spree und Oder, der Ruppiner Kanal (15,4 km) zwischen Havel und
Ruppinersee, der Fehrbelliner oder Linumer Rhin (16,5 km), der große Hauptgraben oder Havelländische Hauptkanal, der Templiner
(13,2 km), der Wentow (9,4 km), der Werbelliner (10,47 km), der Storkower (23,35 km), der Nottekanal (21,84 km), die Rüdersdorfer
Schiffahrtsstraße (9 km) und der Neue Oderkanal, welcher letztere jetzt zum eigentlichen Bett
[* 29] der Oder geworden ist, sowie
verschiedene Kanäle durch und bei Berlin
[* 30] (s. d., Bd.
2, S. 794 b). Im ganzen beträgt die Länge der schiffbaren Wasserstraßen 1586 km, darunter 304 km Kanäle, ist also bedeutender
als in jeder andern preuß. Provinz.
Bevölkerung. Die Provinz hat (1890) 2 541 783 (1 256 712 männl., 1 285 071 weibl.) E., 256 140 bewohnte, 3576 unbewohnte
Wohnhäuser,
[* 35] 4803 andere bewohnte Baulichkeiten, 567 274 Haushaltungen und 2151 Anstalten für gemeinsamen Aufenthalt
mit 68 825 Insassen; davon entfallen auf die 135 Städte 978 664 (485 236 männl., 493 428 weibl.) E., 71 067 bewohnte, 937 unbewohnte
Wohnhäuser, 2150 andere bewohnte Baulichkeiten, 230 522 Haushaltungen und 1150 Anstalten; auf die 3153 Landgemeinden 1 343 020 (662 432 männl., 680 588 weibl.)
E., 165 690 bewohnte, 2054 unbewohnte Wohnhäuser, 1896 andere bewohnte Baulichkeiten, 294 225 Haushaltungen und 804 Anstalten,
und auf die 2016 Gutsbezirke 220 099 (109 044 männl., 111 055 weibl.) E., 19 383 bewohnte, 585 unbewohnte
Wohnhäuser, 757 andere bewohnte Baulichkeiten, 42 527 Haushaltungen und 197 Anstalten. Der Konfession
nach waren 2 431 307 Evangelische, 89 910 Katholiken, 6572 sonstige Christen, 13 775 Israeliten und 219 andere. Der Staatsangehörigkeit
nach waren (1890) 2 536 527 Reichsangehörige, 5213 Reichsausländer und 43 andere. Der Nationalität nach sind die
Bewohner deutsch, mit Ausnahme von 38 245 Wenden in der Niederlausitz und 15 508 Polen.
Land- und Forstwirtschaft. Von der Gesamtfläche kommen (1883) auf Ackerland, Gartenland und
Weinberge 1 839 878, auf Wiesen 402 847, auf Weiden, Hutungen, Öd- und Unland 199 481, auf Haus- und Hofräume, Wege, Gewässer
u. s. w. 246 443 und auf Forsten und Holzungen 1 294 660 ha. Die Hauptprodukte
des Ackerbaues sind Gerste
[* 36] und Roggen; daneben zeichnen sich durch Weizenbau vorzüglich die Ukermark, der Oderbruch, die Gegenden
von Cüstrin,
[* 37] Landsberg
[* 38] a. d. Warthe, Sonnenburg u. s. w. aus.
Der schlechte
Sandboden, wie bei Beeskow, Storkow u. s. w., liefert Buchweizen und Teltower Rüben. Hafer,
[* 39] Hirse,
[* 40] Hülsenfrüchte, namentlich Erbsen, werden zur Genüge, von Futterkräutern Luzerne und Lupine mehr als in den andern
Provinzen gewonnen. Kartoffeln baut man viel zur Nahrung und zur Branntweinbrennerei, desgleichen Runkelrüben, namentlich
im Oderbruch, zur Versorgung der Zuckersiedereien. Ferner wird erzeugt Hanf und Flachs, Krapp und Waid, sowie,
besonders auf den größern Gütern, Raps und Rübsaat. Hopfen
[* 41] wird produziert bei Buckow und anderwärts in der Mittelmark
sowie in der Priegnitz und Neumark; Tabak
[* 42] besonders in der Ukermark, die am meisten im ganzen Staate liefert, den besten bei
Vierraden. Obst wird namentlich in Werder und Guben
[* 43] gewonnen; die Gartenkultur steht sehr hoch. Der Ernteertrag
belief sich 1890/91 auf 476 767 t (zu 1000 kg) Roggen, 72 676 t Weizen, 80 638 t Gerste, 2 231 313 t Kartoffeln, 219 848 t
Hafer und 832 378 t Wiesenheu.
Der Viehstand ist nicht unbedeutend. Er umfaßte nach der Zählung vom 240 463 Pferde,
[* 44] 691 636 Stück
Rindvieh, 1 709 897 Schafe
[* 45] (darunter 642 114 feine Wollschafe [Merinos] und 197 648 veredelte Fleischschafe). Bemerkenswert
ist das Friedrich-Wilhelms-Gestüt zu Neustadt
[* 46] a. d. Dosse mit dem Landbeschälerdepot zu Lindenau. Schafwolle liefert Brandenburg unter
allen preuß. Provinzen am meisten zur Ausfuhr, und die feinere zählt zu den besten der Welt. Zur Hebung
[* 47] aller Zweige der Landwirtschaft und zur Bildung der Landwirte ist in Brandenburg außerordentlich viel geschehen.
Die von Thaer zu Mögelin gegründete Akademie des Landbaues ist nach 25jährigem Bestehen mit Rücksicht auf die
Errichtung einer landwirtschaftlichen Hochschule in Berlin aufgegeben worden. Ackerbauschulen bestehen
auf Glichow bei Calau (seit 1845), zu Hansenfeld im Kreise
[* 48] Lebus (seit 1847), eine königl. Gärtnerlehranstalt zu Potsdam,
[* 49] eine
landwirtschaftliche Schule zu Dahme. Erfolgreich wirken auch die landwirtschaftlichen Vereine. Landwirtschaftliche Centralvereine
sind der Provinzialverein für die Mark und die Niederlausitz zu Potsdam, die Märkische ökonomische Gesellschaft
daselbst und der Centralverein zu Frankfurta. O. Die Waldungen, in deren Ausdehnung
[* 50] Brandenburg keiner Provinz nachsteht und die vorherrschend
aus Kiefern, doch vielfach auch, wie in der Ukermark und Priegnitz, aus Laubholz bestehen, liefern reichlich Holz,
[* 51] auch als
Handelsartikel.
Von Jagdwild sind besonders Dam- und Rothirsche, Rehe, Hasen, Wildschweine, Rebhühner, Wald- und andere
Schnepfen, wilde Enten;
[* 52] von zahmem Geflügel Gänfe, Enten, Truthühner und Tauben
[* 53] zu nennen. Die Fischerei
[* 54] war in der Zeit der
Wenden und im Mittelalter eins der erheblichsten Gewerbe im Lande, und noch jetzt ist bei der großen Menge stehender und fließender
Gewässer der Fischreichtum und der Fischfang von Wichtigkeit für die Bevölkerung. Bienenstöcke gab es 105 243 Stück,
namentlich zeichnet sich durch deren Zucht die Stadt Sorau
[* 55] nebst Umgebung aus, deren Wachslichte einen weiten Absatz haben.
Die Seidenzucht, schon unter Friedrich d. Gr. durch Anlage von Maulbeerpflanzungen befördert, dann aber gänzlich verfallen,
hat besonders durch den 1845 gegründeten Verein zurBeförderung des Seidenbaues in der Mark und Niederlausitz
den ersten Anstoß zu einem
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