Boulay de la Meurthe (Henri, Graf) - Boulogner Holz
mehr
Lpz. 1830, ein für die Geschichte Napoleons I. wichtiges Werk, in dem er die Irrtümer in Bourriennes «Mémoires sur Napoléon»
(10 Bde., Par. 1829) zu berichtigen
sucht. Seine Memoiren erschienen noch nicht, ein Bruchstück hat er 1836 als «Théorie constitutionelle de Sieyès, Constitution
de l'an VIII, Extrait des Mémoires de M. Boulay de la Meurthe» veröffentlicht.
de la Meurthe (spr. bulä dě la möhrt), Henri, Graf, franz. Staatsmann, Sohn des vorigen, geb. 15. Juli 1797 zu
Paris, studierte die Rechte und beteiligte sich lebhaft am Kampfe während der Julitage 1830. Von 1837 bis 1848 Kammermitglied,
gehörte er zur Linken. Die Gründung der Zufluchtshäuser (salles d'asile), die Erweiterung des Elementarunterrichts,
manche Verbesserung in der Lage der arbeitenden Klassen ward von ihm angeregt und unterstützt. 1848 trat er in die Nationalversammlung,
wo er sich zu den gemäßigten Republikanern hielt, und wurde 20. Jan. 1849 von der Versammlung zum Vicepräsidenten der Republik
erwählt. Boulay de la Meurthe fügte sich widerstandlos Napoleons Staatsstreich vom 2. Dez. 1851, der ihm seine Stellung kostete,
und nahm an der sog. Konsultativkommission teil, aus der er 26. Jan. 1852 in den neuen Senat trat.
Er starb 24. Nov. 1858 zu Paris.
oder Boulevarts (spr. bul'wahr, abgeleitet vom deutschen Bollwerk) hießen in Frankreich die Walllinien der
befestigten Städte. Mit der Zeit wurden die Wälle abgetragen, die Gräben ausgefüllt und die geebneten Räume zur Anlegung
öffentlicher Spaziergänge benutzt. Berühmt sind die Boulevards von Paris, besonders die ältesten, die zur
Zeit Ludwigs XIV. auf der nördl. Seite der Stadt an die Stelle der Befestigungen traten und erst Spaziergang, dann Straße
wurden.
Sie erstreckten sich von der Madeleine-Kirche nach dem Bastilleplatz, von wo Napoleon I. sie mit einer neuen Boulevardanlage
bis zur Seine verlängerte. Dieser Verlängerung begegnen die Boulevards gegenüber in dem jenseitigen
Paris bei der Salpêtriere und dem Jardin des Plantes, und laufen von da nach dem Invalidenhause und der Militärschule
hin. Die Zeit ihrer Gründung fällt in die Regierung Ludwigs XV. Unter Calonnes Ministerium (1786) entstanden die sog. Äußern
Boulevards, die aber auch zum Innern der Stadt gehören, seitdem 1860 die Zollmauer niedergerissen
ist und die jenseit derselben liegenden Vorstädte und Dörfer durch die gemeinschaftliche Ringmauer der neuen Befestigungswerke
mit Paris verbunden sind. In jüngster Zeit wurde die Benennung Boulevards auf viele Straßen übertragen, die durch alte Häusermassen
durchgebrochen oder in neuen Stadtvierteln angelegt wurden.
Alle diese Boulevards haben jedoch mit den ältesten Boulevards nur so viel gemein,
daß sie breite, mit Bäumen bepflanzte Straßen sind. Sie liegen meistens entfernt von den großen Verkehrsadern und werden
weniger besucht als die ältesten eigentlichen Boulevards, die ihre stattlichen Häuser, breiten Fußwege, ihre prächtigen
Kaufläden, Kaffee- und Speisesäle, ihre Theater und Schaubühnen aller Art, ihr Menschengewimmel zum
Glanz- und Mittelpunkt des Pariser Lebens machen. Die belebtesten und elegantesten Boulevards sind die auf der nördlichen, von der
Madeleine-Kirche nach dem Bastilleplatz hinlaufenden Linie, die Boulevards de la Madeleine, des Cavucines, des
Italiens und Montmartre.
oder Boule (spr. buhl), André Charles, franz. Kunsttischler, geb. 11. Nov. 1642 zu Paris, erlernte das Tischlerhandwerk
und entwickelte bald sein künstlerisches Talent. Mit farbigen Holzarten aus Indien und Brasilien, mit Metallen
und Schildpatt ahmte er Blumen, Früchte, Tiere nach, komponierte daraus Gemälde mit Stillleben, Jagden, Schlachten u. s. w.,
die er mit geschmackvollen Verzierungen einfaßte. Er war in Entwurf und Ausführung seiner vergoldeten, gravierten, polierten
und lackierten Arbeiten durchaus selbständig, wenn er gleich seine große Sammlung von Kupferstichen
und Handzeichnungen alter Meister vielfach zu Rate zog. Später trat er seine Werkstätte seinen vier Söhnen ab, die in seinem
Geschmack fortarbeiteten. Boulle starb 29. Febr. 1732 zu Paris.
nennt man diejenigen Erzeugnisse, die noch heute in der Weise Boulles (s. d.) fabriziert werden, nämlich
Marqueterie in Metall, Schildkrot und verschiedenfarbigem Holze. Das Genre ist in Paris mit dem Geschmack
und der Vorliebe für die Kunstweisen und den Stil des 17. und 18. Jahrh. wieder aufgelebt und wird jetzt sehr gut gearbeitet
und viel zu denselben Gegenständen wie sonst verwendet. Auch in Wien und Dresden fertigt man gegenwärtig
Boullearbeiten. Die Technik der Boullearbeiten ist durch eine bemerkenswerte Ökonomie der verwendeten Materialien charakterisiert.
Soll z. B. ein Ornament durch den Kontrast von Messing und Schildkrot zum Ausdruck kommen, so wird zunächst der Entwurf der
Zeichnung in solcher Art ausgeführt, daß es für die Wirkung ungefähr gleichgültig ist, ob man das
Ornament in Schildkrot auf Messinggrund, oder in Messing auf Schildkrotgrund erscheinen läßt. Man legt nun auf ein Stück
Messingblech von erforderlicher Größe ein dünnes Blatt von Schildkrot (das in der Regel durch Zusammenkitten mehrerer kleiner
Stücke gebildet ist) und darüber den Zeichnungsentwurf und zerschneidet auf einer Sägemaschine mit
recht dünnem Blatt nach Maßgabe der Zeichnungslinien beide Materialschichten, worauf man auf zwei Papierblättern die erhaltenen
Teilstücke so zusammenordnet und festleimt, daß das eine Blatt die
Figuren in Schildkrot auf Messinggrund, das andere in
Messing auf Schildkrotgrund darbietet.
Diese erlangten beiden Gebilde werden nun mit der Papierseite nach außen auf das zu verzierende Blindholz
aufgeleimt und nachher durch Abwaschen von der Papierschicht befreit, endlich durch Feinschleifen spiegelglänzend gemacht.
Man erhält so das entworfene Ornament in zwei Ausführungen, die nur in der Verteilung der Materialien auf Grund und
Figur
sich unterscheiden, unter vollständiger Verwendung des zerschnittenen Schildkrots und Metalls. -
Vgl.
Scherer, Technik und Geschichte der Intarsiaarbeit (Lpz. 1891).
Holz (Bois de Boulogne), so benannt nach der Stadt Boulogne-sur-Seine, ein
mehr
Gehölz auf der westl. Seite von Paris, außer der Ringmauer, zwischen der Porte de Neuilly und der Porte d'Auteuil. Das mit
Wegen in einer Gesamtlänge von 160 485 m durchschnittene Gehölz (848 ha), vormals königl.
Jagdpark, erhielt in der ersten Französischen Revolution die Bestimmung eines Lustwaldes, verwilderte aber bei gänzlich
mangelnder Fürsorge, bis Napoleon I. ihn neu herrichten ließ. Von alters her Krondomäne, wurde das Gehölz 1853 an die
Stadt Paris abgetreten, unter der Bedingung, daß sie Verschönerungen in großem Maßstabe damit vornehmen solle.
Die sandige, wasserarme, kaum bewachsene Fläche wurde in einen Park nach engl. Stil verwandelt, große Seebecken
und ein ansehnliches Flußbett wurden ausgegraben und Hügel für Aussichten ins Freie aufgeworfen. Dazu kamen Inseln und Wiesengründe, 8 Wasserfälle,
Felsenpartien, schattige Gänge, Weideplätze für Hirsche und Rehe, Tümpel mit Trauerweiden, Sennhütten mit Eß- und Trinkanstalten,
ein Zoologischer Garten (Jardin d'acclimatation mit Aquarium), ein Feld für Truppenmanöver und eine Rennbahn
(Hippodrome de Longchamp).
Die Länge der Wasserläufe beträgt 12 268 m, es existieren 30 Brücken, 44 Springbrunnen. Die Gesamtausgaben beliefen sich 1887 auf 573 180 Frs.
Die Stadt Paris besitzt im Bois de Boulogne 2 Baumschulen. Die eine (32 088 qm) nahe bei der Porte d'Auteuil zur Zucht von immergrünen
Bäumen und Sträuchern, die zweite (45000 qm) in der Nähe der Porte St. Cloud für die Zucht von Laubhölzern. Eine dritte
nahe der Porte St. Cloud liefert neue Bäume jeder Art zur Unterhaltung des Gehölzes. Ringsum sind zahlreiche stattliche Villen
entstanden. Beim Bevorstehen der Belagerung Sept. 1870 ließ das Ingenieurkorps, um den Kanonen ihre ungehinderte
Wirksamkeiten verschaffen, den längs des Glacis zwischen der Porte d'Auteuil und der Porte Maillot befindlichen Teil des Holzes
abhauen, welchen man seitdem zu einer Rennbahn (Champ de courses d'Auteuil) benutzt hat. Sonst sind die Spuren der Verwüstungen
verschwunden.