Boulanger (Gust. Rod.) - Boulay de la Meurthe (Ant. Jacq. Cl. Jos., Graf)
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der Frau Bonnemain, die ihm bis dahin aus ihrem bedeutenden Vermögen große
Summen zur
Verfügung gestellt hatte, auch seine
finanzielle
Lage sehr mißlich geworden war, sodaß er das gewohnte prunkvolle Leben nicht weiter fortzuführen im stande
war, erschoß er sich am
Grabe seiner Geliebten auf dem Friedhof von
Ixelles bei
Brüssel.
[* 2] Zu
den
Mitteln, mit denen Boulanger um die Gunst des franz.
Volks gebuhlt hatte, gehört auch die von ihm beeinflußte, von manchen dem
berühmten Militärschriftsteller Hippolyte
Barthélemy (geb. 1840) zugeschriebene phantastische Veröffentlichung über den
Krieg 1870-71: «L'Invasion allemande» (3 Bde.,
Par. 1888-90; deutsch und erläutert von
Armand, Lpz. 1888; von
Singer, u. d. T.
«Deutschlands
[* 3] Feldzug gegen
Frankreich», und illustriert,
Wien
[* 4] 1888-92; zu dieser
Schrift vgl. auch Mahrenholtz, L'Invasion allemande [par le général
B.] in
«Unsere Zeit», 1889, II). Seine Reden «Les discours du général Boulanger (août 1887 à
sept. 1887)» wurden
Lyon
[* 5] 1888 veröffentlicht. -
(spr. bulangscheh),GustaveRodolphe, franz.
Maler, geb. zu
Paris,
[* 6] besuchte die dortige Kunstschule und war
Schüler von Delaroche und Jollivet. 1849 gewann er
den ersten Preis (Odysseus wird von der Eurykleia wiedererkannt) und damit das fünfjährige
Stipendium
für
Rom.
[* 7] Von da zurückgekehrt, versuchte er sich in mytholog. und histor. Gegenständen, wie:
Cäsars Ankunft am
Rubicon,
Herakles
[* 8] bei der
Omphale (1861),
Katharina I. unterhandelt mit
Mehemed Baltadji über den Frieden (1866). Seine im
Auftrag des
Prinzen Napoleon im
Atrium des Hotel Pompeïen und im Tanzsaal der
NeuenOper ausgeführten
Darstellungen
von Scenen oder Einzelfiguren des häuslichen oder gewerblichen altröm.
Lebens zeigen bei großer Genauigkeit des archäol. Beiwerks moderne
Auffassung. Die Ausführung ist akademisch streng und
sorgsam, kalt und nüchtern. Bekannt sind: Lesbia,
Horaz und
Lydia, Die Juwelenhändlerin, Die Blumenverkäuferin, Das
Tepidarium, Das Mamillare, Das Gynäceum u. s. w. (1860-75). Die
Früchte einer
Reise nach
Algerien
[* 9] waren mehrere treffliche
arab. Sittenbilder, wie: Arab. Hirten (1859), Versprengte
Kabylen, Arab. Märchenerzähler, Reiter der
Sahara 11864). Auch
das Gebiet der großen Historie betrat er, jedoch ohne Erfolg, mit seinem
Heil. Sebastian (1877). Ferner malte er: Die
Quelle
[* 10] des
Tiber (1883), Sklavenmarkt (1888) und eine
Kopie von
RaffaelsHochzeitAmors und
Psyches, im
PalastFarnese (Museum in
Rennes). Boulanger starb in
Paris.
(spr. bulangscheh),Louis, franz. Historienmaler
und Lithograph, geb. in
Vercelli (Piemont), war ein
Schüler von Guillon-Lethière und Dévéria.
Sein Mazeppa (1827, Museum zu Rouen)
[* 11] stellte ihn sofort an die
Spitze der damals noch jungen
Romantischen Schule. Auch die
folgenden
Arbeiten: Rinaldo und
Armida,
Hochzeit von Gamacho,
Triumph Petrarcas (1836,
Medaille erster
Klasse),
Tod der
Messalina,
Schmerz der Hekuba (1833-46), fanden großen Beifall.
Namentlich wurde Victor
Hugo, zu dessen Werken er zahlreiche
Illustrationen lieferte, sein
Gönner. Einige
seiner spätern Gemälde, wie: Sabbatsrunde (1864) und
Brand von
Sodom (1866), zeigen wieder die Vorzüge seiner ersten Leistungen,
namentlich eine reiche
Phantasie. Nach dem Wiederaufkommen der klassicistischen
Richtung verminderte
sich das Interesse fur
B.s
Bilder. Seit 1860 leitete er die Kunstschule in Dijon,
[* 12] wo er starb. Als Lithograph folgte
Boulanger anfangs der
Manier seines Lehrers A. Dévéria: Le
[* 13] feu du ciel (1831), Scène de la
Saint-Barthélemy (1829), La dernière
heure
(Allegorie auf die zerstörende Wirkung des
Dampfes, 1845).
(spr. bulangschi-) oder
Boulange nannte man die Partei, die sich 1888-90 um den franz.
GeneralBoulanger (s. d.) sammelte und als ihr Programm Verfassungsrevision mit Abschaffung
der Präsidentschaft, Einkammersystem und Bestätigungsrecht für das
Volk verkündete.
Nachdem
Boulanger seinen
Rücktritt als Parteiführer erklärt hatte, vereinigten sich die meisten seiner ehemaligen
Anhänger unter
Führung von Laguerre,
Laisant u. a. zu einer «republikanisch-socialistisch-revisionistischen
Allianz», die in
Paris ihr Gründungsbankett feierte.
delaMeurthe (spr. bulä dē la möhrt),
Antoine Jacques Claude
Joseph,
Graf, franz. Staatsmann, geb. zu
Chaumousey in den
Vogesen. Er ließ sich 1783 als
Advokat zu Nancy
[* 14] nieder, später zu
Paris.
BeimAusbruche
der Revolution machte er als Freiwilliger den Feldzug von 1792 mit, mußte aber wegen seiner gemäßigten Principien vor
den Schreckensmännern fliehen. Nach den Ereignissen vom 9.
Thermidor (1794) kehrte er nach Nancy zurück, wo er Präsident
am Civiltribunal, dann öffentlicher Ankläger im Departement war. 1797 in den
Rat der Fünfhundert gewählt,
erklärte er sich gegen den Jakobinismus und die
Despotie der Direktorialregierung und machte sich zum Mittelpunkte der sog.
konstitutionellen Partei. Er namentlich brachte 30. Prairial die Direktoren
Merlin und La Réveillère-Lépeaux
zu Fall. Dann ließ er sich von Sieyes für dessen Reformplan gewinnen und unterstützte Napoleons
Staatsstreich
vom 18.
Brumaire Unter dem
Konsulate übernahm er 1800 die Präsidentschaft der gesetzgebenden
Abteilung im
Staatsrate,
wo er sich wesentlich an der Redaktion des
Code civil beteiligte.
Von 1802 bis 1810 hatte er die Angelegenheiten der Nationalgüter zu ordnen und trat 1810 in seine frühere
Stellung zurück. Napoleon hielt ihn sehr hoch und ernannte ihn zum
Grafen und Großoffizier der Ehrenlegion. Nach der Rückkehr
Napoleons von Elba trat er als Minister wieder in den
Staatsrat und verwaltete mit
Cambacérès die Justiz. Als Abgeordneter
betrieb er nach der
Schlacht von Waterloo
[* 15] in der Kammer die
Anerkennung Napoleons II. als
Kaiser und übernahm
dann in der Regierungskommission die Justiz.
Nach der zweiten Restauration wurde er nach Nancy verwiesen, dort verhaftet und von den
Russen nach
Deutschland
[* 16] geschafft,
wo er sich in Halberstadt,
[* 17] dann in
Frankfurt
[* 18] a. M. aufhalten mußte. Erst 1819 durfte er zurückkehren,
lebte fortan zurückgezogen und starb zu
Paris. Im J. 1799 veröffentlichte Boulay de la Meurthe «Essai sur
les causes qui en 1649 amenèrent en Angleterre l'etablissement de la république» (Par.
1798),
der ungemeine
Verbreitung erhielt und die Gemüter wesentlich auf die Revolution vom 18.
Brumaire vorbereitete. In der
Verbannung schrieb er
«Tableau politique des règnes de Charles II et de Jacques II» (2 Bde.,
Haag
[* 19] 1818: 2. Aufl., Par. 1622): außerdem mit andern
«Bourrienne er ses erreurs volontaires et involontaires» (2 Bde.,
Par. 1830; deutsch, 2 Bde.,
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Lpz. 1830, ein für die Geschichte Napoleons I. wichtiges Werk, in dem er die Irrtümer in Bourriennes «Mémoires sur Napoléon»
(10 Bde., Par. 1829) zu berichtigen
sucht. Seine Memoiren erschienen noch nicht, ein Bruchstück hat er 1836 als «Théorie constitutionelle de Sieyès, Constitution
de l'an VIII, Extrait des Mémoires de M. Boulay de la Meurthe» veröffentlicht.
delaMeurthe (spr. bulä dě la möhrt), Henri, Graf, franz. Staatsmann, Sohn des vorigen, geb. zu
Paris, studierte die Rechte und beteiligte sich lebhaft am Kampfe während der Julitage 1830. Von 1837 bis 1848 Kammermitglied,
gehörte er zur Linken. Die Gründung der Zufluchtshäuser (salles d'asile), die Erweiterung des Elementarunterrichts,
manche Verbesserung in der Lage der arbeitenden Klassen ward von ihm angeregt und unterstützt. 1848 trat er in die Nationalversammlung,
wo er sich zu den gemäßigten Republikanern hielt, und wurde von der Versammlung zum Vicepräsidenten der Republik
erwählt. Boulay de la Meurthe fügte sich widerstandlos Napoleons Staatsstreich vom der ihm seine Stellung kostete,
und nahm an der sog. Konsultativkommission teil, aus der er in den neuen Senat trat.
Er starb zu Paris.