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Gonfaloniere (s. d.) der Kirche. Darauf setzte er sich in Besitz von Sermoneta, welches Alexander VI. Febr. 1500 an Stelle der verjagten Gaetani seiner Tochter Lucrezia Borgia verliehen, deren zweiten ihm unbequemen Gatten, Alfonso von Biseglia, Bastardsohn Alfons II. von Neapel, [* 2] Cesare im Aug. 1500 ermordet hatte. Durch Verkauf von Kardinalshüten mit neuen Mitteln versehen, ging Cesare hierauf an die weitere Eroberung der Romagna; Okt. 1500 bis April 1501 nahm er Pesaro, Rimini und Faenza, dessen Herrn Astorre Manfredi er ermorden ließ, und wurde nun von Alexander VI. zum Herzog der Romagna erhoben.
Von Frankreich an der Wegnahme Bolognas verhindert, wandte er sich, nachdem ein Versuch auf Florenz [* 3] fehlgeschlagen, mit Erfolg gegen Piombino, Elba und Pianosa. Aus Rom [* 4] wieder nach der Romagna abgezogen, bemächtigte sich Cesare durch Verrat Urbinos und Camerinos, machte hierauf einen erneuten Anschlag auf Florenz, dem jedoch Ludwig XII. entgegentrat. Auf des letztern Anwesenheit in Oberitalien [* 5] stützte sich auch der Aufruhr, den Cesares Condottieri Okt. 1502 gegen diesen anstifteten.
Sie schlossen Cesare in Imola ein, doch gelang es ihm sie bei ihrer Uneinigkeit einzeln zu gewinnen und dann zu vernichten (Dez. 1502). Während zugleich Alexander VI. die Orsini niederschlug und durch Hinrichtungen und Verkauf von Kardinalshüten Mittel schaffte, unterwarf Cesare den Rest von Umbrien und Siena, um dann den Blick auf Neapel zu richten, aus welchem der Papst die Franzosen durch die Spanier hatte wegjagen lassen. Indessen gleichzeitig mit seinem Vater Aug. 1503 erkrankt, wie vielfach angenommen wurde an Gift, das sie für andere bestimmt hatten, war Cesare bei dem 18. Aug. erfolgten Tode des Papstes nicht Herr der Lage. Zwar gelang es ihm, eine Verständigung der Colonna und Orsini zu verhindern und Frankreich für sich zu gewinnen; aber nach dem kurzen Pontifikat Pius' III. (s. d.) erfolgte dennoch die Aussöhnung dieser Familien. Er selbst ließ sich von seinem erbitterten Feinde Giuliano della Rovere täuschen und dazu gewinnen, dessen Erhebung zum Papst (s. Julius II.) zu fördern. Sobald letzterer (Okt. 1503) den päpstl.
Stuhl bestiegen hatte, zwang er Cesare an seine Hauptleute in den romagnolischen Citadellen den Befehl zu deren Auslieferung zu senden. Von aller Macht entblößt, wandte er sich nun an Gonsalvo de Córdova, um in die Dienste [* 6] Spaniens zu treten; dieser jedoch sandte ihn gefangen nach Spanien, [* 7] wo er 2 Jahre im Kerker zu Medina del Campo verbrachte. Dez. 1506 entfloh er zu seinem Schwager, dem König von Navarra, zog mit diesem nach Castilien und fiel bei der Belagerung des Schlosses von Viana.
Indem Cesare in Italien [* 8] die Feudalherrschaften und zahllosen kleinen Stadtherrschaften vernichtete, bereitete er nur den Boden für Julius' II. Werk, die Neuaufrichtung des Kirchenstaates, und verschaffte der Fremdherrschaft Eingang. Das Urteil der Nachwelt über ihn hat Machiavelli, welcher als Gesandter vielfach um ihn war, sehr beeinflußt durch die Schilderung, die er von ihm im «Principe» giebt; er feiert ihn als denjenigen, der auf Italiens [* 9] Einigung ausging, was ihn wohl bestimmte, über seine furchtbaren Thaten hinwegzusehen. -
Vgl. Leben des Cesare Borgia, Herzogs von Valentinois (Berl. 1782);
F. Alvisi, Cesare Borgia duca di Romagna (Imola 1878);
Ch. Yriarte, Cesare Borgia, sa vie, captivité, sa mort d'apés de nouveaux documents (2 Bde., Par. 1889);
eine blinde Verteidigung der Borgia bietet Ollivier, Le [* 10] pape Alexandre VI et les Borgia (1. Tl., ebd. 1870).
Lucrezia Borgia, geb. war von ausgezeichneter Schönheit und hoher geistiger Begabung. Nach dem Willen ihres Vaters verlobte sie sich zuerst mit Gasparo da Procida, heiratete dann Juni 1493 den Grafen Gian Francesco von Pesaro, einen Bastardabkömmling von Francesco Sforza. Diese Ehe, welche kinderlos blieb, löste Alexander VI. wieder Sept. 1497 und verheiratete Lucrezia Juli 1498 an Alfonso von Biseglia, den natürlichen Sohn Alfons II. von Neapel; 1499 machte sie Alexander VI. zur Regentin von Spoleto und Febr. 1500 zur Herrin von Sermoneta. Nachdem Cesare ihren zweiten Mann, den sie wirklich liebte, ermordet und ihr Sermoneta entrissen hatte, ward sie von Alexander VI. mehrmals mit der päpstl. Regierung betraut. Dann mit Alfonso von Este, nachmaligem Herzog von Ferrara, [* 11] vermählt, hat sie als dessen Gattin einen trefflichen Ruf hinterlassen. Im Kreise [* 12] von Dichtern und Gelehrten zu Ferrara lebend, starb sie als Mutter mehrerer Kinder
Von zeitgenössischen Dichtern, wie Ariosto, Bembo u. a., in Gedichten gepriesen, wurden ihr von ihren Feinden Ausschweifungen schuld gegeben, die sie während ihres Aufenthalts in Rom begangen haben soll, namentlich ein blutschänderischer Umgang mit ihrem Vater und ihrem Bruder Cesare. Ihre Geschichte nach der gewöhnlichen Überlieferung ward von Victor Hugo (1833) zu einem Trauerspiel, von Donizetti (1834) zu einer Oper benutzt. Eine Ehrenrettung Lucrezias hat zuerst W. Roscoe, der Geschichtschreiber Lorenzos de Medici und Leos X., versucht. Ihm folgte darin Gregorovius («Lucrezia Borgia. Nach Urkunden und Korrespondenzen ihrer eigenen Zeit», 1.-3. Aufl., 2 Bde., Stuttg. 1874-75);
doch geht er zu weit, wenn er nicht nur die Böswilligkeit der gegen Lucrezia erhobenen Beschuldigungen, sondern auch die Gewißheit ihrer Unschuld behauptet. -
Vgl. ferner Campori, Una vittima della storia, Lucrezia (in der «Nuova Antologia», 1866);
Antonelli, Lucrezia in Ferrara (Ferrara 1867);
Zucchetti, Lucrezia Borgia, duchessa di Ferrara (Mail. 1869);
Gilbert, Lucrezia Borgia, duchess of Ferrara (2 Bde., Lond. 1869; deutsch, Lpz. 1870);
Cerri, Borgia ossia Alessandro VI ed i suoi contemporanei (2. Aufl., 2 Bde., Tur. 1873-74).