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Schüler) und 4 höhere Privat-Mädchenschulen. Das Museum vaterländischer (namentlich röm.)
Altertümer siedelte 1892 in das neuerbaute Provinzialmuseum über. Das städtische Museum «Villa
Obernier», ein
Vermächtnis des 1882 verstorbenen Professor Obernier, enthält neuere
Bilder von
Düsseldorfer und
Münchener
Künstlern. Im Stadttheater (1000 Plätze, eröffnet) giebt die Direktion des Kölner
[* 2] Stadttheaters
im
Sommer
Vorstellungen. Von den
Vereinen seien erwähnt: der Naturhistorische
Verein der Rheinlande und Westfalens, der
Verein
von Altertumsfreunden im Rheinland, der
Landwirtschaftliche
Verein für Rheinpreußen, die Niederrheinische Gesellschaft für
Natur- und Heilkunde, der
Handels- und Gewerbeverein und der
Verein «Alt-Bonn»
für die Geschichte der Stadt Bonn
[* 3] (Sammlungen
im Oberniermuseum). Es erscheinen 4 tägliche
Zeitungen.
Wohlthätigkeitsanstalten. Städtische Irrenpflegeanstalt, 2 Privatirrenanstalten, 1 evang., 1 kath. Hospital, 2 Waisenhäuser und das Männerasyl Wilhelm-Augusta-Stiftung), evang. und kath. Mägdeherberge.
Industrie,
Handel.
Die Industrie erstreckt sich auf Fabrikation von
Maschinen,
Klavieren, Orgeln,
Tapeten,
Goldleisten, Porzellan-
und Drahtwaren, künstlichen
Blumen,
Bonbons,
Stühlen, Parkettböden, Strohhüten, Knöpfen, Fayence,
[* 4] Seife,
Kerzen, Senf,
Cement, Jute
[* 5] und
Chemikalien. Ferner bestehen die «Bonner
Fahnenfabrik», eine Fabrik
für Schreibwaren
(Soennecken), Kaffeebrennereien (Zuntz' sel.
Witwe und Inhoffen); die Wesselsche Porzellan- und Steingutfabrik
geht in ihren Anfängen auf die 1755 vom Kurfürsten Clemens
August gegründete Fabrik zurück. Gegenüber von Bonn
im Dorfe
Beuel bedeutende
Spinnereien (Westdeutsche
Jute-Spinnerei und
-Weberei), in
Kessenich die Mechanische
Jute-Spinnerei und
-Weberei.
Der Handel wird unterstützt durch eine Handelskammer, eine
Bank für Handel und
Gewerbe sowie die Bonner
und andere Privatbanken.
Bonn
ist Sitz der 2. Sektion der
Deutschen Buchdrucker-Berufsgenossenschaft.
Verkehrswesen. Bonn
liegt an den Linien Köln-Bingerbrück, Bonn-Euskirchen (34,20 km) und Bonn-Obercassel
(5,29 km) der
Preuß. Staatsbahnen,
[* 6] hat ein Postamt erster
Klasse mit Zweigstelle (in Bonn-Poppelsdorf),
Telegraphenamt, Pferdebahn
in der Stadt, Dampfstraßenbahn Bonn-Mehlem (im
Bau bis
Godesberg) und ist
Station für die Rheindampfer. Mit dem rechten Rheinufer
verbinden Bonn eine fliegende
Brücke,
[* 7] Personendampfer und etwas oberhalb der Stadt ein Eisenbahntrajekt
nach Obercassel. Von Königswinter aus gehen Zahnradbahnen auf den Drachenfels und den
Petersberg.
Umgebung. Über dem Dorfe Poppelsdorf erhebt sich der Kreuzberg (120 m) mit der weithin sichtbaren Weißen Kirche, dem Überrest des von Kurfürst Ferdinand von Bayern [* 8] 1627 erbauten Klosters, sehenswert wegen der Heiligen Treppe [* 9] (28 Stufen) hinter dem Altar, [* 10] die Kurfürst Clemens August (gest. 1761) erbauen ließ, und die nur mit den Knien berührt werden darf; sie ist eine Nachahmung der Scala santa beim Lateran in Rom. [* 11] Über dem Dorfe Kessenich (4 km) am Abhang des Vorgebirges die Rosenburg, ein Schlößchen mit Anlagen, und weiter oben auf dem Venusberg die Casselsruhe mit schöner Aussicht. Hier wird jetzt zum Andenken an Kaiser Wilhelm I. der sog. Kaiserpark (100 Morgen Waldfläche) von der Stadt angelegt. Weiter sind in der romantischen Umgebung Godesberg, Rolandseck, die Insel Nonnenwerth, der Drachenfels und Petersberg (Siebengebirge) vielbesuchte Punkte.
Geschichte. Bonn war eins der von den Römern in Deutschland [* 12] angelegten Kastelle und hieß Bonna oder Castra Bonnensia (von Tacitus erwähnt). 70 n. Chr. wurden hier die Römer [* 13] von den Batavern geschlagen. Nachdem das Lager [* 14] im 4. Jahrh. von den Franken zerstört und durch Kaiser Julian wieder aufgebaut worden war, litt es vorzüglich in den Kämpfen der Hunnen, Franken, Sachsen [* 15] und Normannen (869 von letztern zerstört). Zu Bonn ward 942 eine große Synode gehalten. 1273-1794 war es Residenz der Kurfürsten von Köln. [* 16]
Hier hielten sich 1673 die Franzosen gegen Holländer, Spanier und Österreicher. Nach einem heftigen Bombardement wurde die Stadt 1689 durch Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg [* 17] eingenommen, 1703 durch die Holländer unter Coehoorn. Erst 1715 kam sie wieder in den Besitz des Kurfürsten von Köln. Die Festungswerke wurden 1717 zum großen Teil geschleift. 1801 wurde die Stadt durch den Lunéviller Frieden französisch, 1814 durch den Wiener Kongreß preußisch.
Litteratur. Ritter, Entstehung der drei ältesten Städte am Rhein, oder Urgeschichte von Mainz, [* 18] und Köln (Bonn 1851);
Hesse, Geschichte der Stadt Bonn während der franz. Herrschaft (ebd. 1879);
Würst, und seine Umgebungen (2. Aufl., ebd. 1881);
Das röm. Lager in Bonn, hg. vom Verein von Altertumsfreunden im Rheinland (ebd. 1888);
Hesse, Erinnerung an Bonn (4. Aufl., ebd. 1889);
von Sybel, Gründung der Universität Bonn (ebd. 1869).