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südlichen von den nördl. Ausläufern des Etrurischen Apennin (Monte-Vigese, 1091 m) durchzogen. Zahlreiche kleine, meist zum Po gehende Flüsse, [* 2] Samoggia, Lavino, Reno mit Setta, Savena mit Idice Sillaro und Santerno, und Kanäle bewässern die Provinz. Es werden besonders angebaut Weizen, Mais, Reis, Flachs, Hanf, Hülsenfrüchte und Obst. An Mineralien [* 3] kommen vor Marmor, Gips, [* 4] Thon, Farberde, Kupfer [* 5] und Steinkohlen. Berühmt sind die Bologneser Hündchen, Seide, [* 6] Kreide [* 7] (Gresso di und Spat oder Bononischer Stein (Pietra di Monte Paderno). Die Bewohner treiben Ackerbau, Bienen- und Viehzucht [* 8] (besonders Ziegen- und Schweinezucht), Flußfischerei, Seidenweberei, Fabrikation von Leinenwaren und Tuch sowie Handel mit diesen Erzeugnissen. Die Provinz wird von NW. nach SO. von der Via Emilia und der Bahnlinie Piacenza-Rimini durchschnitten; von der Hauptstadt gehen vier Linien aus.
2) Hauptstadt der Provinz Bologna, eine der ältesten, größten und reichsten Städte in Italien, [* 9] liegt in 50 m Höhe am Fuße der Apenninen, zwischen den Flüssen Reno und Savena, an den Linien Verona-Mantua-Modena-Bologna-Ancona, Mailand-Bologna-Florenz-Rom und Padua-Ferrara-Bologna (123 km), Bologna-Portomaggiore (47 km), Bologna-San Felice (43 km) des Adriatischen Netzes, ferner an der Dampftrambahn Bologna-Imola der Venetianischen Baugesellschaft.
Anlage und Bauten. Bologna, schön gebaut, hat breite Straßen und Pferdebahnverbindung nach allen Richtungen; die Häuser, meist von drei Stockwerken, bilden im Untergeschoß nach der Straße zu Säulengänge, welche dem Fußgänger im Sommer Schutz gegen die Sonne [* 10] gewähren. Unter den öffentlichen Plätzen ragt besonders die Piazza del Nettuno hervor, die mit dem berühmten Neptunsbrunnen von Giovanni da Bologna (1564-66 ausgeführt; s. Tafel: Brunnen [* 11] I, [* 1] Fig. 6), einem Reiterstandbilde Victor Emanuels (1888, von Monteverde) geziert und von herrlichen Palästen umgeben ist, darunter der Palazzo Comunale und der Palazzo del Podestà.
Kirchen zählt Bologna 130, nächst der (1390-1659 erbauten) Domkirche San Petronio mit einem von Cassini auf einem Kupferstreifen des marmornen Fußbodens 1653 gezogenen Meridian, die prächtige Dominikanerkirche (aus dem 12. und 18. Jahrh.) mit den Grabmälern des Taddeo Pepoli und des Königs Enzio, ferner San Stefano, San Martino Maggiore, San Giovanni in Monte und San Giacomo Maggiore, die alle noch im Besitz reicher Kunstschätze der berühmtesten Meister sind.
Die schönste Aussicht hat man auf dem schiefen Turme Asinelli, der, 1109 begonnen, viereckig und in gefälliger Form sich bei einer Abweichung von 1,23 m zu einer Höhe von 97,6 m erhebt (447 Stufen). Ein zweiter zu jenem geneigter höchst merkwürdiger schiefer Turm [* 12] ist der Garisenda, der, 1110 erbaut und wie jener nach seinem Erbauer genannt, 49,6 m hoch, 0,5 m nach Osten und 2,14 m nach Süden überhängt. An Denkmalen hat Bologna ferner das Bronzestandbild Gregors XIII. und die Marmorstatue Galvanis.
Bevölkerung [* 13] und Behörden. hat (1881) mit den Vorstädten 123 274, (1891) 147000 E., ist Sitz des Präfekten, eines Erzbischofs (zur Kirchenprovinz Bologna gehören die Erzdiöcese und die Diöcesen Faenza und Imola) und eines Appellationshofs sowie des Kommandos des VI. Armeekorps und der 11. Division, ferner der Infanteriebrigade «Parma» [* 14] und der 6. Kavalleriebrigade. Die Garnison besteht aus dem 49. und 50. Infanterieregiment, 22. Kavallerieregiment (Stab [* 15] und 1., 2., 3. Eskadron), 3. Feldartillerieregiment (Stab und 1., 3., 4., 5., 6., 8. Batterie nebst 2 Traincompagnien), 10., 11., 12. Compagnie des 1. Sappeurregiments, 10., 11. Compagnie des Festungs-Artillerieregiments Nr. 29, 3. Artillerie-Arbeitercompagnie.
Bildungs- und Kunstanstalten. Den ausgebreitetsten Ruf verschaffte der Stadt, namentlich im Mittelalter, die Universität (seit 1803 im Palazzo Cellesi), die schon Theodosius der Jüngere 425 gestiftet haben soll. Zwar waren Ravenna und Pavia im 11. Jahrh. bedeutendere Sitze jurist. Gelehrsamkeit; aber seit dem 12. Jahrh. überstrahlte die Rechtsschule von Bologna alle andern, und in Bologna gewann die akademische Freiheit zuerst feste Formen. (Vgl. Fitting, Die Anfänge der Rechtsschule zu Bologna, Berl. 1888.) Die Universität zählte oft mehrere tausend Studierende und ist noch jetzt eine der bessern Hochschulen Italiens [* 16] (1892/93 mit der Ingenieurschule: 140 Docenten, 1449 Studierende).
Von Kaisern, namentlich von Friedrich I., wie von ital. Fürsten ausgestattet und mit Privilegien versehen, war sie der Stolz der Stadt, die deren Wahlspruch «Bononia docet» auf ihre Münzen [* 17] setzte. 1888 feierte die Universität ihr 800jähriges Bestehen. Ihre Bibliothek, bei welcher früher Mezzofanti angestellt war, zählt etwa 250000 Bände und 5000 Handschriften. Der Graf Luigi Fern. Marsigli (s. d.) stiftete 1690 das Instituto delle scienze, das 1714 eröffnet wurde, infolge der Wirren des 18. Jahrh. in gänzlichen Verfall geriet, von Pius VIII. aber im Mai 1829 wiederhergestellt ward, worauf es, wie schon früher von 1731 bis 1791, so wieder seit 1834 Schriften im Druck erscheinen ließ.
Außerdem hat Bologna eine Kommunalbibliothek (156 803 Bände, 69 505 Flugschriften, 2712 Handschriften), ein Geologisches Museum, eine Sternwarte, [* 18] ein Anatomisches Theater, [* 19] einen Botanischen Garten, [* 20] drei größere Theater; ferner eine Medizinisch-Chirurgische, Philharmonische, eine Ackerbaugesellschaft und eine Sokratische Gesellschaft zur Förderung gesellschaftlichen Glücks. Papst Clemens XIII. stiftete die Accademia delle Belle Arti, die im Besitze der schönsten Werke von Malern der sog. Bolognesischen Schule, wie den Carracci, Guido Reni, Domenichino, Franc. Albano und andern, ist und in Raffaels Heiliger Cäcilia ihr wertvollstes Bild besitzt.
Nächst der Sammlung Clemens' XIII. vereinigt sie auch die Kunstschätze, die aus den Kirchen und Klöstern von Bologna durch die Franzosen nach Paris [* 21] und Mailand [* 22] geführt, 1815 aber zurückgebracht wurden. Außerdem giebt es noch das Museo civico (seit 1871), eine Waffensammlung und mehrere reich ausgestattete Kunstsammlungen; so die Galerie von Marescalchi, Martinengo, Ercolani, Zambeccari, Lambertini, Tanari, Caprara und des verstorbenen Prinzen Bacciocchi. Auch der 1290 begonnene Palazzo Comunale enthält treffliche Kunstschätze.
Industrie und Handel. Von den gewerblichen Erzeugnissen stehen die bolognesischen Maccaroni, Salami, Mortadelli, Liqueure, eingemachten Früchte, künstlichen Blumen in großem Rufe. Außerdem ist die Fabrikation von Seiden-, Leinen- und Hanfgeweben, Papier, Stricken, Glas, [* 23] Juwelierarbeiten, Strohgeflechten, Leder, Tabak, [* 24] Nägeln und Maschinen bedeutend. B.s Fleisch- und Wurstwaren sind an Wohlgeschmack und Mannigfaltigkeit kaum zu übertreffen; ihretwegen könnte Bologna den Beinamen la grassa, die fette, tragen, obwohl man ¶
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denselben auf das fruchtbare Erdreich bezieht. Konsulate baden in Bologna: Argentinien, Deutsches Reich, Österreich-Ungarn, [* 26] Peru, [* 27] Spanien, [* 28] Türkei, [* 29] Uruguay [* 30] und Venezuela. Umgebung. Ungefähr 3 km südwestlich von Bologna liegt auf einer Anhöbe das Nonnenkloster Madonna di San Luca (von 1731), ein berühmter Wallfahrtsort, zu dem ein bedeckter Säulengang von 635 Bogen [* 31] eine halbe Stunde weit führt. Ein anderer, von dem ersten abzweigend, führt zu dem auf Napoleons I. Befehl erbauten Campo santo bei dem ehemaligen Kartäuserkloster Certosa, dessen helle, geräumige Bogenhallen mit zahlreichen Monumenten und frischgrünen Rasenplätzen den Friedhof, ein unvergleichliches Museum der neuern Skulptur bilden.
Vgl. Collezione scelta die monumenti sepolcrali del commune cimitero di Bologna percura di N. Salvardi (1825).
Geschichtliches. Die Stadt Bologna, als Felsina von den Etruskern oder Umbrern begründet, später im Besitze der Bojer und Bononia genannt, wurde nach der Schlacht bei Mutina (193 v.Chr.) Militärkolonie der Römer [* 32] (189) und spielte in der röm. Kaiserzeit eine sehr wichtige Rolle. Nachher kam sie zum Exarchat und wurde später von den Langobarden genommen. Ihre ersten Privilegien erhielt die während des 12. Jahrh. emporblühende Stadt von Kaiser Friedrich I. (1158); 1167 trat sie dem Lombardischen Städtebunde bei und war 1239 im Kampfe mit Kaiser Friedrich II. neben Mailand das Bollwerk der Guelfen in Oberitalien; [* 33] der glänzende Sieg der Bolognesen an der Fossalta über die Ghibellinen (1249) brachte den Sohn des Kaisers, Enzio, der hier bis an sein Ende (1272) gefangen gehalten wurde, in die Gewalt der Stadt.
Durch die innern Kämpfe zwischen den Adelsfraktionen der Geremei (Guelfen) und der Lambertazzi (Ghibellinen) zerrüttet, kam Bologna 1278 mit der ganzen Romagna unter die Oberhoheit des Papstes Nikolaus III. Abwechselnd stritten sich nun die Päpste, das Volk und die Familien Pepoli (1337–50 und Bentivoglio (1401–1506 [1512]) um die Herrschaft in Bologna; vorübergehend geboten hier auch die mailänd. Visconti (1350, 1402). Erst 1506 wurde die Stadt durch Julius II. dem Kirchenstaate als päpstl.
Delegation völlig einverleibt, wobei sie jedoch noch immer viele Freiheiten (eigene Münzprägung und selbständige Wahlen der städtischen Beamten) behielt, die erst infolge der franz. Occupation zum größten Teile verloren gingen. 1515 kam zu ein Konkordat zwischen Papst Leo X. und König Franz I. von Frankreich zu stande; fand im Dome San Petronio die letzte Kaiserkrönung auf ital. Boden statt, nämlich die Karls V. durch Papst Clemens VII., nachdem 1529 hier der Friede für Italien verhandelt und geschlossen worden war; von 1547 bis 1551 tagte das Tridentiner Konzil hierselbst.
Nach der Einnahme durch die Franzosen 1796 wurde Bologna mit Gebiet zunächst Bestandteil der Cispadanischen, dann der Cisalpinischen Republik, später als Dipartemento Reno Teil des Königreichs Italien, bis sie 1815 dank der Gewandtheit des Kardinals Consalvi wieder an den Papst kam. 1831 war sie als Mittelpunkt des «Vereinigten [* 34] Italiens», Hauptherd des republikanischen Aufstandes, der 4. Febr. ausbrach und die Einsetzung einer provisorischen Regierung zur Folge hatte.
Zwar ward derselbe infolge des schnellen Einrückens der Österreicher unter Frimont sehr bald unterdrückt und die päpstl. Regierung wieder aufgerichtet; doch brachen die Unruhen schon von neuem aus; allein auch diesmal stellten schon im Jan. 1832 die österr. Waffen [* 35] die alte Ordnung wieder her. Als 1843 unerträgliche Plackereien und Willkürlichkeiten der Zoll- und andern Beamten Unruhen in der Romagna verursacht hatten, wurde eine außerordentliche Militärkommission nach Bologna gesandt.
Eine Menge Bolognesen wurden ins Gefängnis geworfen, andere, zum Teil aus den besten Familien, flohen aus Furcht in die nahen Gebirge. Die dadurch erregte Unzufriedenheit hatte ihren Gipfel erreicht, als Pius IX. den päpstl. Stuhl bestieg. An den Bewegungen und Demonstrationen der nächsten Zeit nahm Bologna den lebhaftesten Anteil. Als ein österr. Korps Bologna durch einen Handstreich besetzen wollte, wurde dasselbe von dem erbitterten Volke gezwungen, mit Verlust von Toten und Gefangenen die Stadt zu verlassen.
Nach Abschluß des Friedens mit Sardinien [* 36] kehrten jedoch im Einverständnisse mit dem Papste die Österreicher zurück, und Bologna mußte sich nach achttägiger Gegenwehr und wiederholtem Bombardement 16. Mai ergeben und wurde von dem Korps des Generals Gorzkowski besetzt. Seitdem behielt die Stadt österr. Garnison bis zum ital. Kriege von 1859, infolgedessen sie vom Kirchenstaate abfiel und im März 1860 mit der Romagna ihren Beitritt zum Königreich Sardinien erklärte. –
Vgl. Savioli, Annali della città bolognese (3 Bde., Bassano 1788–95);
Gatti, Descrizione delle più rare cose di Bologna (Bologna 1813);
Muzzi, Annali della città di Bologna dalla sua origine al 1796 (ebd. 1840–46);
Guidicini, Cose notabili della città di Bologna (Bd. 1–5, ebd. 1869–74);
Muzzi, Compendio della storia di Bologna (ebd. 1875);
über die eigentümlich rauhe Mundart vgl. C. Coronet-Berti, Vocabolario bolognese-italiano (2 Bde., ebd. 1877).