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Spaniern besetzt und infolge der tapfern Verteidigung des Generals Oluñeta erst durch das Treffen von Tamasla, von denselben befreit. Die 4 Provinzen Charcas oder Potosi, La Paz, Cochabamba und Santa Cruz traten zu einer Repräsentativrepublik unter Simon Bolivars (s. d.) Schutz zusammen, worauf 11. Aug. der junge Freistaat den Namen Bolivia [* 2] annahm. Am nahm ein neuer Kongreß die von Bolivar entworfene Konstitution, den «Code Boliviano», an. Hiernach ward der columb.
General Sucre, der sich um die Befreiung Südamerikas besondere Verdienste erworben hatte, zum lebenslänglichen Präsidenten gewählt. Die Verfassung erregte aber wegen ihrer allzuwenig demokratischen Form bald große Unzufriedenheit, und nach wiederholten Aufständen in La Paz mußte der Präsident General Sucre im April 1828 mit seinen columb. Truppen Bolivia verlassen. Der zu Chuquisaca eröffnete Kongreß veränderte die Verfassung in wesentlichen Stücken und wählte den Großmarschall Santa-Cruz, der als Gesandter in Chile war, zum Präsidenten; dieser lehnte aber die Wahl ab. Nach einem Jahre revolutionärer Verwirrung, während welcher Zeit Velasco die Präsidentenwürde an sich gerissen hatte, trat eine provisorische Regierung an die Spitze, die dem Großmarschall Santa-Cruz nochmals die Präsidentenwürde übertrug. Im Mai 1829 kam er nach La Paz, beruhigte die Republik, gab 1831 ein neues Gesetzbuch, «Código Santa-Cruz», ordnete die Finanzen, verbesserte die Landstraßen und schloß einen Friedens- und Handelsvertrag mit Peru. [* 3]
Zur Schlichtung des Streits, der um die peruan. Präsidentenwürde entbrannt war, rückte Santa-Cruz 1835 in Peru ein, eroberte das Land und wurde zum Oberhaupt von Süd- und Nordperu (d. i. Bolivia und Peru) ausgerufen. Er erließ hierauf eine Verfassung, wonach jeder der beiden Staaten seine innern Angelegenheiten selbständig verwalten, der gesamte Bundesstaat aber einer Centralregierung unterworfen sein sollte, deren Leitung für 10 Jahre ihm selbst als Protektor übertragen wurde.
Allein die Fortschritte des neuen Eroberers weckten die Eifersucht der Nachbarstaaten, namentlich Chiles. Nachdem es schon seit 1836 zu Feindseligkeiten gekommen war, ward Santa-Cruz in einer mörderischen Schlacht bei Yungay von den Chilenen und dem General Gamarra geschlagen, worauf letzterer zum Präsidenten von Peru ernannt wurde. Der in Bolivia kommandierende General Velasco, der sich auch gegen Santa-Cruz und die Konföderation erklärt hatte, wurde nun von dem zu Chuquisaca versammelten Kongreß als provisorischer Präsident bestätigt, worauf er sogleich mit Chile Frieden schloß.
Bald darauf erlangte jedoch die Partei des Santa-Cruz wieder die Oberhand, Velasco wurde gefangen genommen und Santa-Cruz, der nach Ecuador geflohen war, wieder zum Präsidenten ausgerufen. Da er jedoch nicht alsbald zurückkehrte, vereinigten sich seine Anhänger mit denen des Generals Ballivian, der nun einstimmig als Präsident anerkannt wurde. Später wurde Velasco in Cochabamba von der Partei des Generals Santa-Cruz gefangen und zum Präsidenten ausgerufen. 1841 suchte Gamarra, der Präsident von Peru, die Provinz La Paz von Bolivia loszureißen, wurde aber 18. Nov. auf der Pampa von Ingavi bei Viacha von Ballivian geschlagen und fiel auf dem Schlachtfeld.
Hierauf wurde zu Pasco ein Friede abgeschlossen, der im wesentlichen das Verhältnis vor Beginn der Feindseligkeiten herstellte. Santa-Cruz fiel 1844 in ein, wurde aber gefangen und an Chile ausgeliefert, wo er lange in strenger Haft blieb. Auch Ballivian konnte sich nicht behaupten und zog sich 1848 nach Valparaiso [* 4] zurück. An Ballivians Stelle als Präsident trat wieder der General Velasco. Doch auch dieser vermochte die Ruhe und Zufriedenheit im Lande nicht herzustellen.
Bereits gegen Ende 1848 brach infolge der Militärrevolution des Generals Belzu ein Bürgerkrieg aus; auch machte Ballivian von Chile aus wieder Versuche zu seiner Erhebung und noch mehrere andere Prätendenten traten auf. Belzu wußte sich als Präsident zu behaupten, bis er 1855 genötigt wurde abzudanken; doch brachte er eine seiner Kreaturen, den General Córdova, auf den Präsidentenstuhl. Gegen letztern erhob sich Sept. 1857 in allen Provinzen ein Aufruhr, der Córdova zwang, das Land zu verlassen. An seine Stelle trat Nov. 1857 der Urheber der Revolution, Dr. José Maria Linares, der sich schließlich zum Diktator aufwarf.
Nachdem dieser abgesetzt und dafür José Maria de Acha zum Präsidenten erwählt war, trat gegen Acha im Dez. 1864 Maria Melgarejo auf, der nun fast vom ganzen Lande als Präsident anerkannt wurde. Verschiedene Revolutionsversuche, März 1865 seitens des frühern Präsidenten Belzu, Mai 1865 seitens Castro Arguedas, Okt. 1866 seitens der Demokraten, wurden unterdrückt. Im Febr. 1869 wurde die 1868 vereinbarte Konstitution von Melgarejo wieder aufgehoben, der seitdem bis 1871 thatsachlich als Diktator regierte. Im Febr. 1870 brach in den östl. Teilen des Landes ein Aufstand der Indianer aus, der erst nach längerer Zeit niedergeworfen wurde. Im Juni 1871 wurde Melgarejo von Morales vertrieben, der aber schon ermordet wurde. Hierauf folgte Adolf Ballivian als Präsident und nach dessen Tode Thomas Frias.
Infolge einer Revolution vom wurde General Hilarion Daza zum provisorischen Präsidenten ernannt. Unter diesem kam es zum Kriege mit Chile infolge von Streitigkeiten über den Besitz reicher Guano- und Salpeterlager, die längs des schmalen, zwischen dem 23. und 25.° südl. Br. liegenden Küstenstrichs, der von dem Stillen Ocean und den Anden begrenzt wird, sich befinden. Auf dieses Gebiet, das größtenteils von der Wüste von Atacama umschlossen wird, hatten Chile und Bolivia beiderseits lange Jahre hindurch Anspruch erhoben; aber durch Verträge vom und vereinbarten sie eine gemeinschaftliche Verwaltung. 1878 brachen neue Streitigkeiten über die Steuern und Zölle aus, die rasch zum Kriege führten; Chile blockierte die ganze boliv.
Küste; Peru aber, das ein geheimes Bündnis mit Bolivia geschlossen hatte, nahm nunmehr auch am Kriege teil. Im Mai 1879 wurde die peruan. Flotte vernichtet und die boliv. Küste blieb in der Gewalt der Chilenen. Ein langwieriger Landkrieg folgte. Am wurde Präsident Daza durch eine Revolution abgesetzt und General Campero trat an seine Stelle. Am wurden die vereinigten boliv. und peruan. Streitkräfte bei Tacna geschlagen. Seitdem nahmen die Bolivianer keinen thätigen Anteil mehr an dem Kampfe, der bis 1883 währte. (S. Chile.) Am wurde ein förmlicher Waffenstillstand und ein Friedensvertrag zwischen und Chile ¶
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geschlossen, wonach in die gänzliche Ausschließung von der Pacificküste willigte; jedoch wurde der Bau einer Eisenbahn von dem neuerworbenen chilen. Hafen Antofagasta nach Bolivia ausbedungen. hat Handelsbeziehungen mit seinen östl. Nachbarn angeknüpft, Grenzverträge geschlossen und Verkehrsstraßen eröffnet. Präsident von 1884 bis 1888 war Gregorio Pacheco. Ihm folgte Aniceto Arce, der eine im Sept. 1888 von dem aus dem Heer entlassenen Obersten Pacheco in Sucre hervorgerufene Militärrevolte in kurzer Zeit niederschlug und 1892 wieder gewählt wurde.
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Grandidier, Voyage dans l'Amérique du Sud (Par. 1861);
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C. Wiener, Pérou et Bolivie (Par. 1880);
C. R. Markham, The War between Peru and Chili (Lond. 1882);
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Bresson, Bolivia, Sept ans d'explorations (Par. 1886);
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Curtis, The capitals of Spanish America (Lond. 1889);
Memoria del Ministro de Relaciones Esteriores, Culto i Colonization (Santiago de Chile 1889; mit einem Berichte des chilen. Gesandten in Bolivia, mitgeteilt von H. Polakowsty in der «Deutschen Rundschau für Geographie und Statistik», Wien [* 10] 1891);
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Des Ingenieurs J. Bolivia Minchin Mapa de una parte de la República Boliviana, 1:3000000 (im «Boletin de la Sociedad geográfica de Madrid», [* 12] 1880), stellt die südl. Gebiete B.s zwischen dem Titicaca und dem Rio [* 13] Paraguay dar.