Bolivar-Eisenbahn,
s. Columbia. [* 2]
s. Columbia. [* 2]
[* 3] Republik in Südamerika, [* 4] so benannt zum Andenken an Simon Bolivar (s. d.), erstreckt sich von 8° bis 22° 50' südl. Br. und von 58° bis 73° 20' westl. L. von Greenwich, grenzt im N. und O. an Brasilien, [* 5] im S. an Paraguay und Argentinien, im SW. an Chile, im W. an Peru [* 6] und Chile, hat 1334 200 qkm und ist neben Paraguay der einzige Staat Südamerikas im Binnenlande. (S. Karte: Columbia, Venezuela, Ecuador, Peru und Bolivia.)
Oberflächengestaltung. Bolivia zeigt, wie wenige Länder, die stärksten Gegensätze in Höhe und Tiefe, üppigster Fruchtbarkeit und trostloser Wüste, glühendem Klima [* 7] der Tropen und eisiger Luft der andinen Steppe. Die westl. Hälfte des Landes wird erfüllt von den gewaltigen Massen der Cordilleras de los Andes, während sein östl. Teil gänzlich zum Gebiete der Tiefebenen des Amazonen- und La-Platastroms gehört. Das Gebirgsland ist durch parallele Züge gegliedert.
Das sind die westl. Cordillerenkette, die östliche oder Cordillera Real und das dazwischen liegende Hochland, welches wieder von zahlreichen Höhenzügen durchzogen wird. Die Cordillere ist die Fortsetzung des gewaltigen Zugs, der die Grenze zwischen Chile und Argentinien bildet. Aber schon lange bevor er die boliv. Grenze erreicht, verliert er unter 32° den bisherigen Charakter einer scharf ausgeprägten Meridiankette und löst sich in mehrere parallele Ketten auf, welche sich dann unter dem Wendekreise voneinander entfernen.
Die westl. Cordillere betritt unter dem Namen Cordillera de Silillica boliv. Gebiet und trägt auf ihrem Rücken den schneeigen Sajama (6415 m) sowie zahlreiche andere vulkanische Berge, z. B. Huallatiri (6000 m) und Isluga (5200 m), an dem der Pichuta-Paß von Oruro nach dem Hafen Pisagua hinabführt. Die Westkette besteht auf ihrem ganzen Zuge durch Bolivia aus Kreide [* 8] und Juraablagerungen, durchbrochen von den Trachyt- und Andesitvulkanen. In der östl. Hauptkette der boliv.
Anden breiten sich über eine altkrystallinische Unterlage sehr mächtige paläozoische Ablagerungen aus (Silur, Devon), [* 9] die am Titicacasee in Kohlenkalk übergehen. Sie zieht in großem, der Küste parallelen Bogen [* 10] bis nach Cuzco. In ihm erheben sich auf boliv. Gebiet viele der höchsten Gipfel des amerik. Kontinents; darunter: Pik von Sorata oder Illampu (6550 m), Illimani (6410 m), Huaina Potosi (6150 m), Tunari (4700 m). Die Schneegrenze liegt hier in einer mittlern Höhe von 5200 bis 5300 m, ist aber wegen der bedeutenden Unterschiede in der Verteilung der Niederschläge außerordentlich wechselnd. Im O. reicht sie bis 4850 m herab, während die Westcordillere erst über 5600 in Schnee [* 11] trägt. Im Durchschnitt liegt sie 500 m höher als unter dem Äquator. Die Pässe, die von dem boliv. Tafellande in die Flußthäler des Ostabhangs führen, übersteigen fast durchweg die Höhe von 4400 m.
Zwischen der östl. und westl. Hauptkette der Anden dehnt sich das Hochland von Bolivia aus, das (im einzelnen nur ungenau bekannt), zwischen 3680 und 4200 m hoch, 105 200 qkm umfaßt. Es wird von mehrern Bergketten in nordsüdl. Richtung durchzogen, deren Kämme 500-1500 m über denselben aufsteigen, wie die Sierra de Chichas, die Cordillera de los Frailes, die Cordillera de Livichuco, das Pabellongebirge u. a. Zwischen und über ihnen erheben sich einzelne Berge zu bedeutender Höhe, zum Teil isoliert auf der Hochebene stehend, wie der Lipez (6000 m), der Cerro de Todos Santos (5907 m), Guadalupe (5753 m) im äußersten Süden B.s, ferner der Cerro Cuzco (5454 m) und der Michaga (5300 m) in der Cordillera de los Frailes. Letztere teilt die Hochebene in zwei Teile, den östlichen, an Gebirgen reichern und zum Atlantischen Ocean abfließenden, und den westlichen ebenern abflußlosen Teil.
Gewässer. Im westl. Teil der Hochebene liegen, von Süden nach Norden [* 12] gestreckt, eine Reihe abflußloser Salzseen und Salzsteppen, wie die Pampa de Empeza oder de Salinas (7700 qkm) in 3682 m Höhe, ferner Cienaga de Coipasa (1850 qkm), in welche der Rio [* 13] Cosapa und der Abfluß der Laguna Pampa Aullagas, der Rio Laca-Ahuira, münden. Dann folgt dieser See selbst und, durch den Desaguadero mit ihm verbunden, der 3854 m hoch liegende Titicaca. Die Wasserscheide liegt nicht immer auf den höchsten Ketten, sondern z. B. südöstlich des Titicaca auf einem unbedeutenden Rücken von rotem Sandstein. Im O. von der östl. Cordillere, der Scheide gegen den Stillen Ocean, den größten Teil des Landes umfassend, sammeln sich die reichen Wassermassen in zwei Flüssen, dem Madeira [* 14] und dem Paraguay.
Zum letztern fließen der Rio Vermejo, der nur in seinen obersten Teilen (dem Quellflusse Rio Tarija u. a.) Bolivia angehört, und der Pilcomayo, welcher zwar bis zum 19. südl. Breitengrade nordwärts alle Gewässer des Ostabhangs der östl. Hauptkette der Cordilleren und ihrer östl. Ausläufer sammelt, aber nicht überall schiffbar ist, da er sich beim Erreichen der Ebene teilt und ausgedehnte Sümpfe (Bañados del Pilcomayo) bildet. Wichtiger ist der schiffbare Paraguay selbst, der zwischen 20 und 22° südl. Br. die Ostgrenze bildet.
Die Scheide dieses Gebietes gegen das des Amazonenstroms bildet nur ganz im W. ein hervorragender Gebirgszug, der in der Nähe der Stadt Mato Grosso die brasil. Grenze erreicht. An manchen Stellen ist diese Scheide so wenig hervortretend, daß zur Regenzeit die Gewässer beider Systeme sich mischen. Die bedeutendsten Quellflüsse des Madeira auf boliv. Gebiete sind: der Rio Beni mit (links) dem Rio Madre de Dios oder Amaru-mayu, Rio Mamore (in seinem obern Laufe Guapay oder Rio Grande genannt) mit (rechts) dem Rio Itenez oder Guapore;
die letztern beiden bilden von 10° 20' bis 14° südl. Br. die Ostgrenze B.s gegen Brasilien.
In den Rio Itenez oder Guapore fließen links der Rio Baures mit (links) Rio Blanco (oder Branco) und der Rio Itonamas (vom See Itonamas aufwärts unter dem Namen Rio San Miguel bekannt). In seinem Stromsystem besitzt ein reiches Netz von Wasserstraßen, dem aber die Verbindung mit dem Meere fehlt, da der Mamore-Madeira in der Nähe seines Austritts aus Bolivia eine Anzahl gefährlicher Stromschnellen besitzt. (S. Madeira.) Den nordwestl. Teil der Republik durchströmen noch auf kürzere Strecken der Rio Purus und Rio Jurua mit ihren Zuflüssen.
Klima und Pflanzenwelt. Obgleich Bolivia fast gänzlich innerhalb der Wendekreise liegt, so ist sein Klima außerordentlich reich an Abstufungen. Man teilt das Land nach Klima und Pflanzenwelt in bestimmte Regionen. Für ihr Verständnis ist zu beachten, daß die Doppelkette der Cordilleren um Potosi den weitesten Innenraum als trocknes Hochplateau von 3 bis 4000 m Höhe freigiebt, die Puna-Region, über welche die Gipfel mit alpiner Vegetation hinausragen. Die ¶
Ostkette fällt zu einem tropisch-feuchten Urwaldgebiete ab; die Westkette dagegen zu der dürren Wüste, an der ärmliche Gesträuche, Steppen, Kaktusgruppen vorherrschen. In der Puna-Region fehlen die Bäume gänzlich, nur Kräuter und Gräser [* 16] dienen dem Vieh zur Weide; [* 17] der spärliche Ackerbau beschränkt sich auf Kartoffeln, Gerste, [* 18] Oca (die Knolle von Oxalis tuberosa Molin) und Quinoa (Chenopodium Quinoa L.). Wesentlich verschieden von der Puna sind die Cabezeras de los valles (die obern Thalstufen), zwischen 3300 und 2900 m ü. d. M., in denen schon eine angenehme Wärme [* 19] und größere Feuchtigkeit herrscht und die gegen die heftigen Stürme der Puna geschützt sind.
Infolgedessen zeigt sich hier schon Baumwuchs, und man baut mit Erfolg Weizen, Mais, Gemüse, mehrere Obstsorten und in besonders günstigen Lagen sogar schon Wein und Feigen. In der nächsten Stufe, den Valles oder Medio Yungas (2900-1600 m), gedeihen alle Feld- und Gartenfrüchte der gemäßigten Zone, in vollster Üppigkeit schon vielfach untermischt mit denen der heißen Zone, wie Bananen und Bataten. Wälder finden sich in großer Ausdehnung, [* 20] reich an Chinarindenbäumen (Chincona calisaya Wedd. u. a.), welche aber nur in den tropischen Bergwäldern der Ostgehänge vorkommen und dort den Charakter geben. In den Yungas endlich, die alles Land des Ostabfalles unter 1600 m umfassen, findet sich die ganze Üppigkeit der Tropen. Hier erstreckt sich der Anbau auf alle Kulturgewächse der heißen Zone, namentlich Koka, Kakao, Kaffee, Zuckerrohr, Ananas, Bananen, Melonen, Reis, Pfeffer, und der Charakter dieser Region stimmt mit dem des brasil. obern Amazonasgebietes überein.
Tierwelt. Die Tierwelt ist außerordentlich reich, aber namentlich in senkrechter Richtung sehr abwechselnd. Im Hochgebirge treffen Formen des gemäßigten Nordens und Südens zusammen, wie Viscachas (Lagostomus), Vicuña, Guanaco, Wasseramseln (Cinclus), Insektenformen (Carabus) des nördl. Amerika [* 21] u. s. w. In den Yungas haben fast alle tropisch-amerik. Sippen ihre Vertreter, so die Sopajus (Cebui), Spinnenaffen (Ateles), Saimiris (Chrysotrix), Brüllaffen (Mycetes), Marmosets (Hapale), Vampyre, Puma, Jaguar, der merkwürdige Waldhund (Icticyon venaticus Lund), Pekaris, Wickelbären u. s. w. Kolibris [* 22] sind zahlreich von der tropischen Ebene bis an die Grenze des ewigen Schnees, auch Papageien sind häufig sowie Spechte, und beide gehen in einzelnen Formen hoch hinauf ins Gebirge. Höher aber als alle, bis über das Gebirge hinaus, erhebt sich der Kondor. Der Reichtum an Vögeln überhaupt, an Reptilien und schwanzlosen Amphibien ist ein großartiger, wundervolle Insekten [* 23] finden sich in zahlreichen Arten, aber in wenigen Individuen.
Mineralreich. Der Hauptreichtum des Landes beruht in seinen Mineralschätzen. Der größte Teil der Flüsse [* 24] führt Gold, [* 25] und an verschiedenen Stellen werden Goldwäschen betrieben, freilich meist noch in sehr roher Art. Das reichste Goldlager befindet sich im Depart. La Paz am Flusse Chuquiagallo, wo zur Zeit der span. Herrschaft ein Klumpen von 45 Pfd. gefunden wurde. In der östl. Hauptkette der Cordilleren, z. B. am Illimani, finden sich vielfach goldhaltige Quarzgänge.
Die bedeutendsten Goldwäschen liegen am Rio Tipuani, ebenfalls im Depart. La Paz. Neuerdings sind bedeutende Goldlager in der Quebrada de Sta. Rosa (Depart. Sta. Cruz) aufgefunden worden, doch verzinst der Goldbau die darauf verwandten Kapitalien nur sehr schwach. Weit wichtiger ist der Reichtum an Silber: die Minen von Potosi (s. d.) sind die reichsten Silberminen der Welt und liefern noch jetzt im Durchschnitt 3 Mill. M. trotz mangelhaften Betriebes; von den übrigen sind die wichtigsten die zu Porco, Aullagas, Portugalete, Chorolque, Oruro, Poopo, Antequero und Carguaycollo.
Die von Caracoles sind an Chile verloren gegangen. Die Gesamtproduktion an Silber erreicht jetzt fast noch einen Wert von 7 Mill. Pesos, ein großer Teil der Minen ist durch Raubbau betriebsunfähig geworden. In bedeutendem Maße hat der Bergbau [* 26] auf Kupfer [* 27] zugenommen; die Minen von Corocoro allein liefern jährlich 60-70000 Ctr. Kupfer, die von Chacarilla (56 km südlich von Corocoro) an 17-20000 Ctr. Es wird hauptsächlich als Barilla (Kupfersand mit einem Gehalt von 70-85 Proz. an gediegenem Kupfer) und Charque (in Blättern, Zweigen und krystallinischen Stücken von 85-95 Proz. Gehalt) in den Handel gebracht. Außerdem ist Bolivia noch reich an Zinn und Blei, [* 28] wovon nur ersteres bis jetzt in geringem Maße ausgebeutet wird. Bei der schwachen Bevölkerung [* 29] ist der Bergbau noch immer die einzige Industrie des Landes. Die Guanolager der Küste hat Chile erobert.
Bevölkerung. Bolivia hatte (1892) 1 192000 E., ohne die wilden Indianer (etwa 245000), d. i. im ganzen 1 auf 1 qkm. Sie zerfallen der Rasse nach in Weiße, Cholos und Indianer. Neger, Mulatten und Zambos finden sich fast gar nicht. Die Weißen gehören fast ausschließlich der span. Rasse an. Die Indianer zerfallen zunächst in civilisierte (ansässige) und wilde. Die erstern gehören fast ausschließlich den beiden Stämmen der Aymara und Quechua (Ketchua) an und hausen hauptsächlich in der Puna und den Valles; sie gehören zur andoperuan.
Familie der indian. Rasse und besitzen große geistige Anlagen. Ihre Sprachen sind noch jetzt sehr im Gebrauch. Großenteils zum Christentum bekehrt, aber fast ausschließlich von Jagd und Fischerei [* 30] lebend, sind die im Gebiete des Amazonas wohnenden und vielfach geteilten Familien der Mojo und Chiquito. Im Gebiete des Paraguay endlich wohnen in Bolivia eine Anzahl ganz wilder Stämme, der Familie der Guarani angehörig, darunter die tapfern Chiriguano und Toba. Der Vermischung von Weißen und Indianern entstammen die Cholos, die sich durch Intelligenz auszeichnen und denen Bolivia seine Befreiung von der span. Herrschaft verdankt, freilich auch die unaufhörlichen Unruhen, welche seitdem den Fortschritt des Landes verhindert haben.
Handel. Da Bolivia durch seine ungünstige Lage gezwungen ist, den größten Teil der Ein- und Ausfuhr über chilen. Gebiet zu führen, so ist der Handel nicht nur von den eigenen Revolutionen, sondern auch von den Zöllen des Nachbarstaates fortwährend abhängig. Der Wert der Ausfuhr wurde 1891 auf 1,8 Mill., der der Einfuhr auf 1,2 Mill. Pfd. St. geschätzt. Zu den Hauptgegenständen des erstern gehören: Chinarinde, Alpacawolle, Zinn, Wismut, Kupfer, Gold und vor allem Silber. An diesem Handelsverkehr haben Chile von Antofagasta und Peru von Arequipa aus den Hauptanteil.
Verkehrswesen. Es mangelt noch sehr an guten Fahrstraßen infolge technischer und finanzieller Schwierigkeiten. Bis jetzt giebt es gute Verbindungen nur zwischen La Paz-Oruro und dem ¶