246 Mailänder Konservatorium, an dem er jetzt als
Lehrer wirkt. Auf wiederholten
Reisen nach
Paris,
[* 2]
Deutschland
[* 3] und
Polen wurde
Boito mit der
Musik Richard
Wagners und mit St. Gobatti, einem der eifrigsten
Anhänger dieses
Meisters unter den ital. Musikern,
näher bekannt. Von seinen
Opern ist am bekanntesten «Mefistofele», das ital.
Seitenstück zu
Gounods «Margarete». Bei der ersten Aufführung in Mailand
[* 4] (1808) abgelehnt,
hat das musikalisch dürftige, aber charaktervolle Werk allmählich die bedeutendsten Opernbühnen der Welt erobert. Seine
einaktige musikalische Idylle
«Abenddämmerung» erzielte 1891 in
Hamburg
[* 5] einen guten Erfolg.
Großes Ansehen genießt Boito als
Textdichter. Die
Bücher zu Ponchiellis «Gioconda»,Bottesinis «Hero und Leander» und zu
Verdis«Othello»
sind von ihm.
Camillo, ital. Kunstschriftsteller, geb. zu
Rom,
[* 6] widmete sich zu
Venedig
[* 7] und
Padua
[* 8] der
Architektur und Litteratur, zog sich, von der österr. Regierung verbannt, 1856 nach
Toscana zurück und wurde 1860 Professor der
Architektur an derBrera zu Mailand, wo er seither, auch als
praktischer
Architekt thätig (Museum zu
Padua), wirkt. Er schrieb: «Storiellevane», Novellen (2 Bde., Mail.
1876–79),
1) Stadt im wend.
Kreis
[* 10] (Herzogtum Güstrow)
[* 11] des Großherzogtums
Mecklenburg-Schwerin, 56 km südöstlich von
Hamburg, an der
Mündung der Boize in die
Elbe und an der Linie
Wittenberge-Hamburg der
Preuß. Staatsbahnen,
[* 12] von der eine
Nebenbahn zum
Hafen führt, hat (1890) 3672 E., Post zweiter
Klasse,
Telegraph,
[* 13] Dampferstation,
Amtsgericht (Landgericht Schwerin),
[* 14] Domänen-,
Steuer- undAichamt, 1
Bürger-, 1
Gewerbe- und 1 Warteschule;
Branntweinbrennerei, Eisengießerei,
[* 15] 2 Schiffswerften, 1 Dampfmühle, 2 Seifensiedereien
sowie lebhaften
Handel, Schiffahrt und Fischerei.
[* 16] – 1255 durch den
Grafen Guncelin von Schwerin als Stadt
gegründet, 1267 mit Lübischem
Recht ausgestattet, war Boitzenburg von 1374 bis 1349 Residenz der
Grafen von Schwerin. Das fürstl.
Schloß wurde 1644 vom kaiserl.
GeneralGallas zerstört.
In denKriegen des 17. Jahrh. litt Boitzenburg vielfach durch Dänen undSchweden,
[* 17] und wurde 1709 durch eine Feuersbrunst fast gänzlich zerstört. Von 1734 bis 1763 war die Stadt Sitz des kurfürstlich hannov.
Oberaufsehers über das an Hannover
[* 18] verpfändete Domänenamt Boitzenburg 1768 gehörte Boitzenburg durch Verpfändung
zu Hannover. –
2) Marktflecken im
KreisTemplin des preuß. Reg.-Bez.
Potsdam,
[* 19] an dem Flüßchen Quillow und einem See
gelegen, hat (1890) 770 E. und schöne Parkanlagen, die von der gräfl. Familie
Arnim (s. d.) herrühren. Die
GrafschaftBoitzenburg des
Grafen von
Arnim-Boitzenburg umfaßt 165 qkm, wovon 110 hkm
Wald.
Kap,
Vorgebirge an der Nordwestküste
Afrikas unter 26°6'57'' nördl.
Br. und 14°28'21'' westl. L. von Greenwich,
ein von N. allmählich ansteigender, nach S. steil zum
Meere abfallender, 30 m hoher Sandsteinfels. Die
Umsegelung des
Kaps durch die Genuesen Vivaldi und Doria
1251, die Fahrten des Cataloniers Ferrer 1346 (bis 23°39') und andere
Leistungen waren vergessen und das
Kap Bojador galt lange Zeit als der südlichste erreichbare Punkt der Westküste
Afrikas; wegen der starken
Meeresströmung (bis 7½ Seemeile in der
Stunde) und der zahlreichen
Untiefen an der
Küste wagte man
nicht weiter vorzudringen. Der Portugiese
Gil Eanes
(Gilianes) umfuhr 1432 im
AuftrageHeinrichs des Seefahrers das
Kap zum erstenmal.
Jetzt bildet es die nördl. Grenze des von den
Spaniern in
Besitz genommenen Küstenstrichs.
Fluß in Oberalbanien, Abfluß des Skodrasees ins
Adriatische Meer, vereinigt sich mit einem
Arm des Drin (s. d.),
hat geringes Gefälle und so beträchtliche
Tiefe, daß es 1876 denTürken möglich war, zwei kleine Monitors
auf demselben in den Skodrasee zu bringen.
Stadt im
Kreis Isernia der ital.
ProvinzCampobasso, am rechten Ufer des
Biferno, in einer tiefen Schlucht am
Nordostabhange der Berggruppe Matese (2050 m), welche 4
Monate des Jahres hindurch dem
Sonnenlicht den Zugang zur Stadt
verwehrt, ist Sitz eines Suffraganbistums von
Benevent, hat (1881) 3728, als Gemeinde 5708 E., 1
Kathedrale, 5
Pfarrkirchen, 1 Seminar,
Post und
Telegraph. – Bojano,
das antikeBovianum oder Bojanum, ursprünglich Stadt der
SamnitesPentri, seit
KaiserAugustus röm.
Veteranenkolonie, wurde im 9. Jahrh. von sicil.
Arabern eingeäschert und hatte viel von
Erdbeben,
[* 20] zuletzt
1805, zu leiden. Reste eines
Theaters, eines
Tempels und beim Dorfe Civita auf hohem Felsen über der Stadt die mächtigen
Mauern der alten samnitischen
Burg sind erhalten.
Stadt im
Kreis Rawitsch des preuß. Reg.-Bez.
Posen,
[* 21] 21 km im
SW. von
Kröben an der schles. Grenze,
in sandiger Gegend an der Linie
Breslau-Lissa und der
Nebenlinie A.-Guhrau (15,10 km) der
Preuß. Staatsbahnen, hat (1890) 1918 E.,
darunter 258 Katholiken und 72 Israeliten, Post,
Telegraph,
Amtsgericht (Landgericht Lissa),
[* 22] evang.
Kirche,
Synagoge, höhere
Bürgerschule; 2 Maschinenfabriken, Spiritusbrennereien, Hornwaren- und Tuchfabriken, Flachsbereitungsanstalt und 25 Windmühlen.
– Bojanówo entstand 1638, als ein Herr von Bojanowsky luth. Flüchtlingen hier Aufenthalt gewährte. 1857 brannte
die Stadt fast völlig nieder; dem um ihren Wiederaufbau verdienten Generaldirektor Schmückert ist auf dem Marktplatze ein
Marmordenkmal errichtet worden.
russ. bojárin, in der ältesten Zeit in
Rußland Mitglied des
Standes der
Großen, Vornehmen, die zugleichKrieger
waren. Man unterschied Landesbojaren und fürstliche Bojar. Die erstern waren es kraft ihrer
Stellung unter ihren Landgenossen
als Großgrundbesitzer, die letztern als die vornehmsten
Mannen der Fürsten. Die erstern haben sich nur in Galizien und in
Nowgorod (s. Nowgorod-Weliki) längere Zeit erhalten und es zu größerer Bedeutung gebracht. In
Nowgorod hören sie mit der Vernichtung der Selbständigkeit auf (1478). Im übrigen
Rußland gab es vom 13. Jahrh.
an nur noch fürstliche Bojar In der ältesten Zeit standen die Bojar noch den fürstlichen, d. h.
von Rurik abstammenden Geschlechtern im Range nach, später verschmolzen sich die angesehensten fürstl. Familien mit dem
Bojarentum. Der Rang unter den
¶
mehr
Bojar ward nach dem Alter der Familien im Dienste
[* 24] des Staates bemessen. (S. Mestnitschestwo.) Die Stellung der Bojar war nie erblich,
wenn auch gewöhnlich nur Söhne von Bojar diese Stellung erlangten. In der Gefolgschaft (s. Drushina) der Fürsten im 10. bis 12. Jahrh.
spielen die Bojar eine sehr bedeutende Rolle. Als die Fürsten ansässig und Grundeigentümer
wurden, wurden ihre es auch. Ihre Besitzungen bilden die ausgeprägteste Form des Eigentums an Grund und Boden. Daher heißt
noch in späterer Zeit alles in Privatbesitz befindliche Land bojárskaja zemljá., selbst wenn es nicht Bojar, sondern
niedern Dienstleuten gehörte, und die Sklaven hießen bojárzkije ljúdi, auch wenn sie nicht Bojar gehörten.
In den einzelnen russ. Fürstentümern bildete die Gesamtheit der Bojar den Landesverwaltungsrat
des Fürsten. (S. Duma.) In Moskau
[* 25] leiteten unter den ersten Fürsten die erfahrenen Bojar die moskauische Politik. Da die moskauischen
Großfürsten als Oberstatthalter der Mongolenchane die führende Macht unter den russ.
Fürsten waren, so zogen sich die vornehmsten Bojarenfamilien aus den übrigen Fürstentümern nach Moskau und trugen dadurch
wesentlich zur Stärkung Moskaus bei.
Erst Iwan III. suchte sich vom Einfluß der Bojar unabhängig zu machen, ebenso sein Sohn Wassilij III. Während der Unmündigkeit
von dessen Sohn, IwanIV. dem Schrecklichen, wo die Regierung ganz in den Händen der Bojar war, überboten
sich diese gegenseitig in Kabale und Willkürwirtschaft und pflanzten in die Seele des jungen Zaren jene blutdürstigen Triebe,
die sich später so entsetzlich gegen sie kehrten, als er ihre Macht vernichtete und die reine Despotie durchführte.
Übrigens hatten die Bojar nie irgend ein festes bestimmtes Recht beansprucht, sondern stets die absolute
Macht des Großfürsten und Zaren in den Vordergrund gestellt, freilich sollte der absolute Zar nach ihrem Rat regieren. Nach
dem Sturze des ersten falschen Demetrius wurde der Bojar Fürst Wassilij Schuijskij von den und ihrem Anhange zum
Zaren ausgerufen. In seinem Manifest verpflichtete er sich eidlich, die Regierung nach gemeinsamem Rate zu führen. Nach seinem
Sturze übernahmen sieben Bojar die Regierung, ließen sich huldigen und boten Wladislaw, dem Sohne Sigismunds III. von Polen,
die Zarenwürde an. Die Wahlkapitulation kam zu stande, und Moskau erhielt eine poln. Besatzung.
Mit der Verjagung der Polen hatte auch das Bojarenregiment ein Ende; die Heerführer beriefen einen Landestag. Der von diesem
erwählte ZarMichaelRomanow soll den Bojar gegenüber die Verpflichtung übernommen haben, niemand ohne Urteil und Recht zum Tode
zu verurteilen oder seiner Güter zu berauben, die Regierung durch den Bojarenrat führen und nichts ohne
Wissen desselben vornehmen zu wollen. Seinem Sohne Alexei ist eine solche Verpflichtung bei seiner Thronbesteigung von niemand
abverlangt worden; er war eben geborener Zar. Unter ihm kam es auf, daß der Zar oft nur einzelne Bojar zu Beratungen berief und
die wichtigsten Sachen allein entschied, sodaß die Bojaren-Duma an Bedeutung verlor. Peter d. Gr. hob
mit den alten Dienstklassen (s. Dienstleute) die Bojarenwürde dadurch auf, daß er keine Bojar mehr
ernannte. Am starb der letzte russische Bojar, Fürst Iwan Jurjewitsch Trubezkoi.
Bei den Rumänen der Donaufürstentümer führte die Benennung Bojar im frühern Mittelalter eine
Art meist militär. Dienstadels, doch schon zu Anfang des
15. Jahrh. bedeutet dieser Titel ein bestimmtes Staatsamt. Eine Anzahl
von 14 bis 16 Bojar bildete den Rat der Regierung. Diese mußten den Fürsten überall begleiten und Stellvertreter auf ihren
Posten hinterlassen. Im Kriege waren die Bojar Anführer des Heers. Zur Zeit des militär. Verfalls der Fürstentümer
(17. und 18. Jahrh.) wurden die Civilbeamten ebenfalls Bojar genannt. Diese waren aber
Bojarensöhne, die als Großgrundbesitzer unentgeltlich Staatsdienste übernehmen mußten und dadurch auch den Adel in der
Familie erhielten; erblich war der Bojarentitel indessen nie.