1) Bezirkshauptmannschaft in Böhmen, hat 640,63 qkm und (1890) 71 996 (34 229 männl., 37 767 weibl.) E., darunter 439 Evangelische, 70 400 Römisch-Katholische
und 656 Israeliten; 11 547 Häuser, 17 922 Wohnparteien in 87 Gemeinden mit 149 Ortschaften und umfaßt
die Gerichtsbezirke Böhmisch-Leipa, Haida und Niemes. - 2) Böhmisch-Leipa, czech. Česká Lipa, Hauptstadt der Bezirkshauptmannschaft in 263 m Höhe,
links an dem Polzen und den Linien Prag-Georgswalde-Ebersbach und Bensen-Böhmisch-Leipa (20 km) der Böhm.
Nordbahn und der Nebenbahn Böhmisch-Niemes (18 km), ist Sitz der Bezirkshauptmannschaft, eines Kreis- und eines Bezirksgerichts
(219 qkm, 28 Gemeinden, 53 Ortschaften, 26 942 meist deutsche E.), sowie einer Notariatskammer und hat (1890) 9269, als Gemeinde 10 406 E.
(306 Czechen), 4 Kirchen, darunter 2 Pfarrkirchen, ein von Wallenstein 1626 gegründetes Augustinerkloster, eine Synagoge im
maur. Stil, ein Obergymnasium, eine Oberrealschule, gewerbliche Fortbildungs-, Handels-, Landesackerbauschule, Gewerbemuseum,
allgemeines Krankenhaus; ferner Kattundruckereien, eine Klavierfabrik, eine Dextrin- und Stärkefabrik, Glasraffinerie, Maschinenwerkstätte
der Böhm. Nordbahn, eine Steinnußknopf- und eine Kanditenfabrik, eine Zuckerraffinerie, Flachsgarnspinnerei, Rotgarnfärberei,
Sammetweberei, zwei Mühlen, eine Bierbrauerei, Ofenfabriken und Kürschnereien. -
czech. Česká Skalice, Stadt in der österr. Bezirkshauptmannschaft Neustadt an der Mettau in
Böhmen, in 293 m Höhe, links der Aupa, an der Zweiglinie Josephstadt-Königshan-Liebau der Süd-Norddeutschen Verbindungsbahn,
hat (1890) 2569 czech. E., Post, Telegraph, Bezirksgericht (101 qkm, 23 Gemeinden, 45 Ortschaften, 15 359 czech. E.), im Sitzungssaale
der Stadtvertretung eine Waffensammlung (319 Stück), den österr. Reichsadler darstellend, auf dem Ringplatze
das Denkmal der Schriftstellerin Božena Němcowá (s. Němec); ferner Baumwollspinnerei, mechan. Färberei, eine große Bierbrauerei,
eine Dampfbrettsäge, eine Kunstmühle, eine Leder- und Riemenfabrik.
Die uralte Pfarrkirche auf dem rechten Ufer der Aupa in Klein-Skalitz enthält ein 500 Jahre altes zinnernes
Taufbecken. Der Bahnhof auf der Anhöhe bietet einen Überblick über das Schlachtfeld vom an welchem Tage das
preuß. 5. Armeekorps unter General von Steinmetz siegreich gegen das 8. österr. Korps unter Erzherzog Leopold kämpfte; der
Bahnhof selbst bildete den letzten Verteidigungspunkt der Österreicher und fiel erst nach heißem Kampfe
in die Hände der Preußen. In dem 4 km westlich gelegenen Schweinschädel (Svinišfany, 1890: 242 E.) wütete an demselben
Tage ein erbitterter Kampf.
Třebová Česká, alte Stadt im
Gerichtsbezirk Wildenschwert der österr.
Bezirks Hauptmannschaft
Landskron in Böhmen, nahe der mähr. Grenze in waldreicher Umgebung und 387 m Höhe,
an der Trübau (Třebowka) und den Linien Wien-Brünn-Prag-Bodenbach und Böhmisch-Olmütz (87 km) der Österr.-Ungar.
Staatsbahn,
hat (1890) 4982 czech.
E., Post, Telegraph, eine altertümliche roman. Kapelle;
bedeutenden Flachsbau, Flachsspinnerei, Leinweberei,
Brauerei, Mälzerei, Leinwand- und Garnhandel.
In der Nähe der etwas vernachlässigte Wallfahrts- und Badeort Hory mit
weiter Rundsicht.
vonBawerk, Eugen, österr. Nationalökonom, geb. zu Brünn in Mähren, studierte Rechts- und Staatswissenschaften
an der Universität Wien, setzte später seine volkswirtschaftlichen Studien an den Universitäten Heidelberg, Leipzig und Jena
fort und habilitierte sich, nachdem er kurze Zeit im österr. Finanzdienst praktisch thätig gewesen
war, 1880 als Privatdocent der polit. Ökonomie an der Universität Wien. Darauf folgte er einem Rufe an die Universität Innsbruck
als außerord.
Professor; 1884 wurde er ord. Professor, gab aber Herbst 1889 seine Professur auf und trat als Ministerialrat in das österr.
Finanzministerium ein, dem er jetzt als Sektionschef angehört. Er veröffentlichte: «Rechte und Verhältnisse
vom Standpunkte der volkswirtschaftlichen Güterlehre» (Innsbr. 1881),
«Kapital und Kapitalzins» (2 Bde., ebd. 1884 u. 1889).
Außerdem schrieb er mehrere Aufsätze in Zeitschriften, vor allen in den «Jahrbüchern für Nationalökonomie
und Statistik».
Emil, Musikschriftsteller und Dirigent, geb. in Bielau bei Neisse, studierte in
Breslau erst Philologie, dann Musik, wurde 1868 daselbst Organist und begründete den durch histor.
Konzerte hervorragenden Bohnschen
Gesangverein. 1884 ernannte ihn die dortige Universität zum Ehrendoktor.
Vortrefflich sind seine bibliogr.
Veröffentlichungen:
«Bibliographie der Musikdruckwerke bis 1700 zu Breslau u. s. w.» (Berl. 1883) und «Die
musikalischen Handschriften des 16. und 17. Jahrh. in der Stadtbibliothek
zu Breslau» (Bresl. 1890).
Henry George, engl. Buchhändler, geb. zu London, stammt aus der deutschen Familie von Bohn zu Weinheim.
Bohn trat in die Buchhandlung seines Vaters John Bohn, bereiste seit 1814 wiederholt Frankreich, Belgien, Holland und Deutschland für
Einkäufe und gründete 1831 ein Geschäft, das sich rasch zum ersten Antiquariat und Sortiment Londons
(Lager von über eine halbe Million Bänden) entwickelte. Seine Lagerkataloge, der sog. Guineakatalog von 1841 und der Generalkatalog
von 1848 bis 1850, sind für bibliopolische Zwecke von hohem Wert.
Seit Mitte der vierziger Jahre widmete sich Bohn mit gleicher Hingabe dem Verlag, indem er in England zuerst
wertvolle ältere und neuere Werke in anziehender gleichmäßiger Form zu billigen Preisen herausgab. Diese volkstümlichen
Standard, Classical Scientific, Antiquarian, Artists', Illustrated, Philological, Philosophical, Historical, Ecclesiastical,
Economic, Reference, Novelists' etc. Libraries umfassen mehr als 600 Bände. Bohn übersetzte dafür selbst, z. B.
Schillers «Räuber», «Fiesco», «Kabale und Liebe», einzelnes von Goethe, Schlegel und A. von Humboldt, Martial, Petrarca, Machiavellis
«Il Principe» und eine griech. Anthologie. Er gab Grammonts «Memoirs» heraus
mehr
und fügte ein «Leben Karls II.» hinzu, besorgte mit Anmerkungen Ausgaben von Gibbons «Rome», Butlers «Hudibras», J. Waltons
«Angler» (s. Angelfischerei),
stellte ein «Handbook of English proverbs», eine sechssprachige «Polyglott
of foreign proverbs» zusammen und bearbeitete «The handbook of games»
(1847; neue Ausg. 1884) und «A guide to the knowledge
of pottery, porcelain etc.» (1849). Wertvoll ist B.s Neubearbeitung von Lowndes' «Bibliographical
manual of English literature» (11 Tle., Lond. 1857-64; 6 Bde., 1868),
woraus als Sonderabdruck «A bibliographical account of the works of Shakespeare, including every known edition, translation
and commentary» (1864) «with some additions» erschien. Bohn war
Mitglied zahlreicher litterar. und gelehrter Gesellschaften, z. B. der
Philobiblion Society, für die er «Origin and progress of printing» (1857) und «A
dictionary of quotations from the English poets» (1867; neue Ausg. 1881-82; erweitert als
«A dictionary of quotations from English and American poets», Neuyork 1883) schrieb. Bei der Londoner Weltausstellung von 1851 war
Bohn Vorsitzender der Bücherabteilung, 1856 Vicepräsident des in Brüssel tagenden Congrès international des réformes douanières.
Bohn verkaufte 1867 und 1874 sein Geschäft, lebte inmitten seiner reichen Kunstsammlungen in Twickenham und starb zu
London.