Evangelische, 64 302
Römisch-Katholische und 1151 Israeliten; 9013 Häuser, 14 270 Wohnparteien in 104 Gemeinden mit 179 Ortschaften
und umfaßt die Gerichtsbezirke Böhmisch-Brod, Řičan und
Schwarz-Kosteletz. - 2) Böhmisch-Brod, czech. Český
Brod, Hauptstadt der Bezirkshauptmannschaft
Böhmisch-Brod, 32 km östlich von
Prag
[* 2] am
Bache Schembera und an der Linie
Wien-Brünn-Prag-Bodenbach der Österr.-Ungar.
Staatsbahn, ist Sitz der Bezirkshauptmannschaft, eines Bezirksgerichts (271 qkm, 43 Gemeinden, 62 Ortschaften, 28 472 czech.
E.) und
Dekanats sowie
Standort des 49. böhm. Landwehrbataillons und hat (1890) 4087 czech. E., Post,
Telegraph,
[* 3] eine schöne
im Renaissancestil erbaute Turnhalle, zwei Zuckerfabriken, je eine
Brauerei und Dampfmühle. - Bis zur
Besetzung durch die
Hussiten (1421) gehörte Böhmisch-Brod den Erzbischöfen von
Prag. In der Nähe fand die große Hussitenschlacht
statt, in der die
Taboriten von den
Calixtinern und Katholiken eine völlige
Niederlage erlitten und deren Anführer, Prokop
d. Gr. und der
Kleine, fielen. Mit dieser
Schlacht endete der 15jährige
Hussitenkrieg. 1638 wurde Böhmisch-Brod von
den
Schweden
[* 4] verwüstet und lag seitdem viele Jahre hindurch verödet.
Bäder.Böhmen
[* 5] ist reich an kohlensäurehaltigen, durch Auslaugung der Gesteine
[* 6] mehr oder weniger reichlich
mit Salzlösungen geschwängerten
Quellen von warmer oder kalter
Temperatur. Man zählt deren mehrere
Hunderte, von denen aber
nur einTeil als Heilquellen benutzt wird. Unter letztern befinden sich mehrere der berühmtesten Kurorte
«Europas. Die wichtigsten der sog. Böhmische sind:
1) Karlsbad, heiße alkalische Glaubersalzquelle; 2) Marienbad, kalte desgleichen; 3) Franzensbad, desgleichen
kalt und eisenreich; 4)
Teplitz, warme und laue alkalische (Natron-)Quelle; 5) Wartenberg, ein Kaltwasserbad von steigendem
Rufe; 6) Johannisbad, am Südfuße der Schneekoppe. Ferner: die
Stahlquellen von
Stecknitz,
Sternberg,
Tetschen,
Mariaschein u. s. w., der zum Sudetengebirge gehörige alkalisch-salinische Eisensäuerling
von Liebwerda, der dem Selterser Wasser ähnliche alkalische Säuerling von
Gießhübel bei Karlsbad, der natronreiche Säuerling
von
Bilin bei
Teplitz, die mehr künstlich durch
Auslaugen der verwitterten
Basalte erzeugtenBitterwässer
von Seidschütz, Sedlitz und
Püllna. -
Vgl. Kisch, Die Heilquellen und Kurorte
Böhmens
(Wien
[* 7] 1879) und die einzelnen
Artikel.
König
Georg Podiebrad wies den
Brüdern 1457 auf dem Lititzer Gute Kunwald bei Senftenberg Wohnsitze an.
Trotz Verfolgungen wuchs ihre Zahl immer mehr und 1467 entschlossen sich die
Brüder auf einer Versammlung zu Lhotka bei Reichenau,
nach apostolischem
Muster eine Ordnung der Einrichtung der ersten
Kirche herzustellen. Durchs Los bestimmten sie drei aus ihrer
Mitte zu Priestern und von diesen wiederum einen alsBischof; diese ordinierte ein
Bischof der
Waldenser.
Gegen die anfangs herrschenden strengern
Grundsätze erhob sich bald eine mildere Partei. Diese gelangte 1494 auf der
Synode
zu Reichenau zur Herrschaft unter Lukas von
Prag, der als zweiter Begründer der Brüderunität bis an seinen
Tod
großen Einfluß hatte, obgleich auf seinen
Antrieb die oberste Leitung statt einem
Bischof einem engern
Rat von vier
Senioren übertragen ward.
Die strengere Partei bestand noch etwa 50 Jahre lang neben der Brüderunität
(Unitas fratrum) unter dem
Namen der
Amositen
oder
«Kleinern Partei». Weder die friedlichen Bekehrungsversuche der
Dominikaner (um 1500), noch die blutigen Verfolgungen
unter König Wladislaw II. (1503-16) führten die
Brüder zur kath.
Kirche zurück. Auch
Luther gegenüber, mit dem sie mehrfach
verhandelten, bewahrten die
Brüder, solange Lukas an ihrer
Spitze stand, ihre Eigentümlichkeit in Beibehaltung des
Cölibats,
der Siebenzahl der
Sakramente, der kath. Abendmahlslehre, in Verwerfung der
Rechtfertigung allein aus demGlauben
und Forderung apostolischer Lebenszucht.
Nach Lukas'
Tod (1528) verloren die
Brüder immer mehr ihren eigentümlichen Charakter und wandten sich, um Duldung zu gewinnen,
erst der luth., später mehr der reform. Lehrweise zu. So schlossen die aus
Anlaß erneuerter Verfolgung 1548 nach
Polen ausgewanderten
Brüder 1570 mit den
Lutheranern undReformierten den
Vergleich von Sandomir, auf
Grund dessen ihnen in dem
Dissidentenfrieden 1572 Duldung zugesichert ward. Demselben Zweck diente in
Böhmen die
Confessio Bohemica (1575), ein
Vergleich
der
Brüder mit den
Lutheranern,
Reformierten und
Calixtinern, auf
Grund dessen
KaiserRudolf II. 1609 den Majestätsbrief ausstellte.
Der Dreißigjährige
Krieg (1618-48) hatte die fast gänzliche Vernichtung der
Brüder in
Böhmen zur Folge.
Nur im stillen konnten sie sich sammeln und ihr
BischofAmosComenius (s. d.) mußte 1627 sein Vaterland verlassen; doch erlebten
sie in der
Stiftung der erneuerten
Brüdergemeine (s. d.) unter
Zinzendorf eine zweite
Blüte.
[* 8] Vereinzelte Überreste der alten
Böhmische kamen auch unter
Joseph II. wieder zum Vorschein, mußten sich aber zu einer der beiden allein geduldeten
evang. Konfessionen,
[* 9] der
Augsburgischen oder
Helvetischen, bekennen.
Die Eigentümlichkeit der
Brüder liegt weniger auf dem Gebiete der
Lehre
[* 10] als darin, daß sie in Nachahmung apostolischer Kirchenverfassung
und Kirchenzucht eine Erneuerung des ganzen Lebens imGeiste des
Christentums erstrebten; und wirklich
gelang es ihnen wie kaum einer andern Gemeinschaft, die Grundsätze des
Christentums im Leben zur Durchführung zu bringen;
eigentümlich blieb ihnen das Verbot des
Eides, des Kriegsdienstes und der Übernahme von Staatsämtern.