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unter dem Namen der Donauberge, Karlsberge u. s. w. eine vielfach gespaltene Bergmasse von 630 bis 720 m Höhe und fällt mit steilen Wänden zur Donau ab. Der weite Sattel des nur noch 700 m hohen Passes von Kerschbaum, durch den die Linz-Budweiser Eisenbahn führt, trennt dieselbe von einer andern ähnlich gestalteten Bergmasse, welche die südöstliche bis 1137 m hohe Vorstufe des Böhmerwald bildet und unter dem Namen Greinerwald, Gfällerwald und Manhartsberg als steiler Rand die Donau begleitet. Eine bedeutende westl. Vorstufe des Hauptwalls des Böhmerwald ist der Bayrische Wald oder Bayerwald, der, durch die Thäler des Regen und der Ilz von der Hauptmasse geschieden, steil zur Donau abfällt und im Predigtstuhl 1026 m, im Hirschenstein 1091 m, im Dreitannenriegel 1216 m aufsteigt. Der Bayrische Wald ist der schönste Teil des Böhmerwald, ausgezeichnet durch malerische Donauufer, runde Kuppen, Schlösser und obstreiche Thäler (Winkel). [* 2]
Geologisch betrachtet besteht der nördl. Teil des Böhmerwald vom Czerkow bis zum Regenflusse aus Glimmerschiefer, in dem häufig Granaten [* 3] vorkommen. Der Hauptbestandteil des eigentlichen Böhmerwald ist Gneis mit einzelnen großen Granitlagern. Die Richtung der Gneisschichten geht nach Nordwesten. Der Gneis ist auf der böhm. Seite der Hercyner, auf der bayrischen der rötliche Bojer. Granitgebirgszüge, die sich sehr deutlich vom Gneis unterscheiden, sind das Plöcklstein- und das Salnauergebirge, welche, besonders der Dreisesselberg, durch seine großen tafeligen Granitblöcke das Ansehen riesiger Ruinen haben.
Der Granulit tritt am meisten im Blanskerwalde, besonders beim Schöninger (1080 m) hervor. Reiche Graphitlager finden sich bei Schwarzbach und Mugrau. Am Kubany finden sich noch weite Bestände jungfräulich erhaltener Urwälder aus Buchen, Fichten und Tannen, welche geschützt werden. Der Waldreichtum ist im ganzen Gebirge bedeutend und die Tanne [* 4] zeigt sich überall in Riesenformen. Die obern mit Triften bedeckten Kuppen stehen in ihren Alpenpflanzen dem Riesengebirge weit nach, sind am Arber und Rachel am reichlichsten. Berühmt ist die Region der «Filze» in 1000 m Höhe, in denen Knieholz von der Bergkiefer oder Sumpfbirke dichte Gebüsche bildet und die hochnordische Zwergbirke vorkommt.
Der Böhmerwald ist ungemein reich an Niederschlägen. Stubenbach hat eine jährliche Regenmenge von 2199 mm (Budweis 636, Prag [* 5] nur 389 mm). Das Maximum liegt im Februar, April und Oktober, das Minimum im August und September. Das Klima des bayrischen Böhmerwald ist milder als das des böhmischen. Der Böhmerwald ist reich an schönen und tiefen Seen, insbesondere sind zu nennen der Schwarze See (1185 m hoch, 19 ha groß, 90 m tief), der Teufelssee (990 m hoch, 9 ha groß, 34 m tief), der Große Arbersee (934 m hoch, 10 ha groß, 34 m tief), der Rachelsee (1054 m hoch, 15 ha groß, 90 m tief) und der Plöcklsteinsee (1058 m hoch, 13 ha groß, 58 m tief). Die bedeutendsten Städte des eigentlichen Gebirges sind Cham am Einfluß des Cham in den Regen, 370 m ü. d. M.; Furth, Waldmünchen, Zwiesel in Bayern, [* 6] Wallern (741 m), Winterberg, Bergreichenstein, Neuern in Böhmen. [* 7]
Der rauhe und unzugängliche Charakter hat dem Böhmerwald stets eine wichtige histor. Bedeutung verliehen, und sein scheidender Einfluß machte sich mehr geltend als bei manchen höhern Gebirgen. Die Slawen fanden in ihm eine natürliche Grenze westl. Vorschreitens, und seine düstern Wälder und versteckten Schluchten boten in den kriegbewegten Zeiten Deutschlands [* 8] dem Flüchtlinge Zuflucht, aber auch von Zeit zu Zeit dem Verbrecher sichere Räuberhöhlen. Die eigentliche Gebirgsnatur gewährt dem Bewohner nur karge Spenden.
Sie liefert an Getreide [* 9] bloß Hafer, [* 10] Flachs, wenig Obst an den Abhängen, aber schöne Weiden zur Viehzucht [* 11] und einen reichen Holzvorrat, der unmittelbar verarbeitet, roh verflößt oder im Verein mit nutzbaren Mineralien [* 12] in den Glashütten, Eisenhämmern und verschiedenen Industriewerkstätten verwendet wird. Der Waldreichtum des hat jedoch in der neuesten Zeit durch verheerende Orkane und die darauf folgende Verwüstung des Borkenkäfers eine empfindliche Einbuße erlitten.
Die Bewohner sind kräftig, genügsam, kühn, aber roh, verschlagen und starrsinnig und bewahren Sitte und Brauch der Vorfahren. Die Sprache [* 13] der Wäldler ist mit dem Überwiegen deutscher Elemente auch vorherrschend deutsch, aber im volltönigen, vokalreichen, eigentümlichen Dialekte sehr von der bayr. Mundart verschieden. Die Sprachgrenze zwischen Deutschen (im W.) und Czechen (im O.) läuft von Kaplitz im S. über Krumau, Kalsching, Prachatitz, Winterberg, Hartmanitz im Kreise [* 14] um Schüttenhofen (czechisch) herum, nähert sich bei Neugedein, Taus und Klentsch hart der bayr. Grenze, weicht sodann über Bischofteinitz, Staab bis nahezu Pilsen [* 15] (czechisch) zurück, um bei Manetin (czechisch) nach Osten umzubiegen. Zur Hebung [* 16] des Deutschtums im südwestl. Böhmen wurde 1884 der Deutsche [* 17] Böhmerwaldbund gegründet, der Ende 1889 in 179 Ortsgruppen über 22000 Mitglieder zählte.
Vgl. Jahrbuch der k. k. Geolog.
Reichsanstalt, Bd. 6 u. 7 (Wien [* 18] 1855-56);
Wenzig und Krejczi, Der Böhmerwald (Prag 1860);
Exner, Die Industrie des Böhmerwald (Wien 1872);
Mayenberg, Führer durch den Bayr. Wald (6. Aufl., Passau [* 19] 1887);
Willkomm, Der Böhmerwald (Prag 1878);
Borowsky, Führer durch den Böhmerwald (ebd. 1883);
Führer durch den Böhmerwald, hg. vom Deutschen Böhmerwaldbunde (Budw. 1888);
Bernau, Der Böhmerwald. Mit 200 Originalillustrationen (Prag 1889-90).
Schilderungen des Volkslebens im Gebirge gewähren die Bilder und Erzählungen Joseph Ranks: Aus dem Böhmerwald (3 Bde., Lpz. 1851). Karten: Wagner, Generalkarte vom südwestl. Böhmen [1:220000] (2. Aufl., Prag 1891); Waltenberger, Karte des bayrischen und des Böhmerwalds [1:250000] (3. Aufl., Passau 1892); ders., Routenkarte des bayrischen und des Böhmerwalds [1:300000] ebd. 1891).