zwischen den
Vertretern der verschiedenen Religionsparteien. Bodin sucht darin zu zeigen, daß jede
Religion das
Recht habe, anerkannt
zu werden, wenn sie nichts enthalte, was gegen den
Staat, die Sittlichkeit und Gottesfurcht gerichtet sei. -
Heinr., praktischer Zoolog, geb. zu Drewelow bei
Anklam
[* 2] in
Pommern,
[* 3] studierte in Greifswald
[* 4] und
Berlin
[* 5]
Medizin und Naturwissenschaften und ließ sich dann in
Bergen
[* 6] auf
Rügen als praktischer
Arzt nieder. Um sich ausschließlich
naturwissenschaftlichen
Arbeiten hinzugeben, siedelte er 1852 nach Greifswald über und wurde 1859 nach
Köln
[* 7] berufen, um daselbst den Zoologischen
Garten
[* 8] ins Leben zu rufen. Hier wirkte er so glücklich, daß er 1869 einen Ruf
nach
Berlin zur Reorganisation des dortigen Zoologischen
Gartens erhielt. Bodinus unterzog sich dieser
Aufgabe mit vielem Erfolge,
sodaß dieses
Institut in
Bezug auf wissenschaftliche
Anordnung und äußere Einrichtung für mustergültig
angesehen wird. Als Direktor des Zoologischen
Gartens erreichte Bodinus dann in
Bezug auf
Acclimatisation und Züchtung Resultate,
wie man sie unter deutschem Himmel
[* 9] bisher nicht für möglich gehalten hatte. Er starb in
Berlin.
Luigi, ital.
Statistiker, geb. zu Mailand,
[* 10] studierte in Pavia und Pisa
[* 11] die
Rechte, reiste 1861 mit Unterstützung des Unterrichtsministeriums nach
Frankreich behufs statist.
Studien, ward 1864 Professor
der Nationalökonomie am
TechnischenInstitut in Livorno,
[* 12] 1867 nach Mailand, 1868 nach
Venedig
[* 13] als Professor der
Statistik und
Geographie an der
Handelsakademie, 1872 als Direktor des
StatistischenBureaus des Königreichs nach
Rom
[* 14] versetzt. Er schrieb: «Saggio sul commercio esterno terrestre e marittimo del regno d'
Italia» (Flor. 1865),
«Sui documenti
statistici del regno d'
Italia» (ebd. 1867),
«Dei rapporti della statistica coll' economia politica e colle altre scienze
affini» (Mail. 1869). Mit Correnti, Messedaglia u. a. redigierte
er 1877 - 82 die in
Rom erscheinende Vierteljahrsschrift «Archivio di statistica», seit 1886 das
«Bulletinde l'
InstitutInternational de Statistique». Seitdem an der
Spitze der ital.
Statistik steht, sind zahlreiche
Abhandlungen
von ihm in den offiziellen statist. Veröffentlichungen zum
Abdruck gebracht.
(spr. boddlĭ),SirThomas, engl. Staatsmann und Gelehrter, geb. zu
Exeter, begann nach längerm Aufenthalte in
Deutschland,
[* 15] wohin er mit seiner Familie im 12. Jahre wegen der Verfolgungen der
kath. Königin Maria geflohen war, seine
Studien auf der
Universität zu Genf,
[* 16] kehrte nach Elisabeths Thronbesteigung zurück und
vollendete seine
Studien in Oxford.
[* 17] 1576 - 80 unternahm er eine
Reise durch Europa
[* 18] und kam dann an den
Hof
[* 19] Elisabeths, die ihn zu diplomat.
Missionen in
Dänemark,
[* 20]
Frankreich und
Holland benutzte. 1597 zurückgekehrt, entsagte er dem
Staatsdienste und wandte in Oxford
seine Sorgfalt vorzüglich der Universitätsbibliothek zu, die nach ihm den
NamenBodleianische Bibliothek führt.
Er sandte Sachverständige zum Behuf von Bücherankäufen nach
Deutschland,
Holland,
Frankreich,
Spanien
[* 21] und
Italien
[* 22] und soll
auf die Erwerbung von 24000 größtenteils sehr seltenen Werten, die er der
Bibliothek schenkte, gegen
200000 Pfd. St. verwendet
haben. Bodley starb zu
London,
[* 23] wo er zuletzt lebte.
Sein
Testament setzte ansehnliche Legate zur Fortsetzung der
Bibliothek sowie zur
Besoldung der Bibliothekare
aus. Die
Universität Oxford feiert alljährlich am 8. Nov. durch eine öffentliche Rede sein Andenken. Die
Bibliothek enthält
nach der Zählung von 1867 rund 350000 (1893 etwa 530000) Druckwerke und 27000 Handschriften, darunter das älteste gedruckte
engl.
Buch (s.
Caxton), Gutenbergs erste
Bibel,
[* 24] auch Wycliffes
Neues Testament (1380), einen Psalter von 1430 mit
Miniaturen, eine angeblich dem
Augustin gehörige Handschrift des 7. Jahrh.; ferner zahlreiche Handzeichnungen, eine
Sammlung von 50000 Münzen,
[* 25] eine von Modellen antiker
Tempel
[* 26] und anderer
Gebäude, eine
Galerie von Bildnissen und Merkwürdigkeiten
(darunter B.s «chest»). Im Lesesaal stehen Glaskästen
mit
Autographen, alten Handschriften, bibliogr.
Seltenheiten und kostbaren
Bucheinbänden.
Bücher dürfen aus der
Bibliothek nicht entliehen werden. Sie kann von jedem in
England gedruckten
Buche ein Exemplar verlangen. Mit der
Bodleianischen Bibliothek verbunden ist die sog. Ratcliffe Library
oder
Camera,
[* 27] welche die meisten neuen Erwerbungen derBodleianischen Bibliothek seit 1850 enthält. Eine
bis 1609 reichende
Autobiographie B.s ist enthalten in
Thom. Hearnes «Reliquiae Bodleianae» (Lond.
1703); auch erschien sie zu Oxford (1647). -
Vgl. Macray, Annals of the Bodleian Library (Oxf. 1868; 2. Aufl. 1890);
Dorf und Schloß im
AmtStockach des bad. Kreises Konstanz,
[* 28] 8 km im SSO. von
Stockach am Überlingersee, dem
nordwestl.
Arme des
Bodensees, der ursprünglich Bodmannsee hieß, hat (1890) 947 kath. E.,
Dampf- und Fernsprechverbindung
mit
Ludwigshafen
[* 29] und
Überlingen, Schloß der
Freiherren von Bodmann mit Sammlung alter Familienbilder, Pfahlbautenresten und
Hirschpark, Dampfziegelei,
Wein-, Obst-, Getreidebau und Holzhandel. Der
Weingarten, genannt der Königsgarten, angeblich von
Karl dem
Dicken gepflanzt, liefert den Königswein, einen der besten Seeweine.
Über dem langgestreckten Dorfe der Frauenberg
mit besuchter Wallfahrtskapelle; das auf diesem stehende Stammschloß der Edlen von Bodmann brannte 1307 ab. Gegenüber
die Ruine der
BurgAlt-Bodmann, 1646 von den
Schweden
[* 30] zerstört.
Georg, Mechaniker, geb. zu Zürich,
[* 31] kam im 16. Jahre zu einem Mechaniker zu Hauptweil im Kanton Thurgau
[* 32] in die
Lehre.
[* 33] Hier machte er bereits 1803 die Erfindung der Schraubenräder; 1805 erwarb er sich große Verdienste um die
Vervollkommnung der Baumwollspinnereimaschinen.
Bald darauf legte er zu
Küßnacht im Kanton Zürich
eine mechan. Werkstätte
an und verfertigte daselbst 1808 das erste einpfündige, gezogene Hinterladungsgeschütz für Granaten
[* 34] mit Perkussionszündern.
Bodmer (Joh. Jak.) - B
* 37 Seite 53.203.
In der Folge beschäftigte er sich noch mit der
Ausdehnung
[* 35] seines verbesserten
Systems auf alle
Arten von Schußwaffen, konnte
sich jedoch nicht entschließen, seine Erfindungen der franz. Regierung
zu überlassen. Seit 1806 zu St.
Blasien in
Baden
[* 36] ansässig, wurde er 1816 als
Kapitän der
Artillerie angestellt und mit der
technischen Leitung der großherzogl. Eisenwerke beauftragt, während er gleichzeitig,
wie schon früher, der Gewehrfabrik an dem genannten Orte sowie einer
Spinnerei und mechan.
¶
mehr
Werkstätte vorstand. In dieser Zeit bis 1822 war er erfolgreich thätig für die Einführung von Ersparnissen und neuen
Erfindungen zur Verbesserung des Materials des bad. Militärs, sowie für die Vervollkommnung
der Spinnmaschinen.
[* 38] Doch 1822 verließ er den bad. Dienst und gründete 1824 zu Manchester
[* 39] eine
Werkstätte für den Bau von Maschinen und die Verbesserung der gebräuchlichen Werkzeuge.
[* 40] 1850 übernahm
er in Lanzendorf bei Wien
[* 41] eine Maschinenbauwerkstatt, die er mehrere Jahre verwaltete. Er starb in Zürich.
Joh. Jak., Gelehrter, Kritiker und Schriftsteller,
geb. zu Greifensee bei Zürich,
studierte anfangs Theologie ohne Neigung und Erfolg. Noch weniger glückte
ein Versuch als Kaufmann. Seine früh entwickelten und durch emsiges Studium aller ihm erreichbaren Dichter und Ästhetiker
älterer und neuerer Zeit geförderten litterar. Interessen drängten ihn auf schönwissenschaftlich litterar. Thätigkeit,
die 1725 durch die Ernennung zum Professor der helvet.
Geschichte in Zürich
(bis 1775) einen amtlichen Stempel erhielt. 1737 ward er Mitglied des GroßenRats. Ähnlich
wie Gottsched knüpfte er in den mit seinem Freunde Breitinger herausgegebenen «Discoursen der Mahlern» (4 Tle., 1721‒23;
Neudruck von Vetter, 2 Bde., Frauenf.
1891),
einer moralisch-ästhetischen Wochenschrift nach dem Muster des «Spectator», seine Reformbestrebungen an Opitz’Person
und Namen an und übte seine Kritik an dessen litterar. Antipoden, den Vertretern der sog. zweiten Schlesischen
Schule. Wie in dieser begegnete er sich anfangs auch in andern Neigungen mit Gottsched (s. d.).
Bald jedoch machte sie Verschiedenheit in Temperament und Methode zu erbitterten Gegnern. Die in die Tiefe gehende Gedankenarbeit
der Schweizer Ästhetiker, wie sie besonders in B.s Abhandlung «Vom Wunderbaren in der Poesie» und Breitingers
«Kritischer Dichtkunst» zu Tage trat, war Gottsched ebenso unsympathisch und unverständlich, wie jenen der seichte Schematismus
in Gottscheds systematischen und kritischen Arbeiten verächtlich erschien.
Mit freierm Blick als dieser, begeisterten sich und seine Freunde für Milton und Homer, verteidigten besonders
den erstern mit Nachdruck gegen die hämischen Angriffe Gottscheds. Bodmer vor allem, begünstigt durch seine umfassende Belesenheit,
erwarb sich das Verdienst, eine unbefangenere Würdigung der nichtfranz., insbesondere der engl.
Litteratur in Deutschland anzubahnen und dadurch Klopstock und Lessing den Weg zu bereiten. Seine erfolgreichste Thätigkeit
fällt in die J. 1740‒50. B.s eigene dichterische Versuche, auch in seinen besten Jahren künstlerisch
unbedeutend, arteten in seiner spätern Periode, wo er als Epiker («Syndflut», 1751; «Noah», 1752, umgearbeitet 1781) Klopstock
zu übertrumpfen suchte und auch mit zahllosen unbedeutenden Dramen (z. B. «Karl von Burgund, nach Äschylus»; Neudruck Heilbr.
1883) hervortrat, in schrullenhafte Manier, seine satir. Parodien Lessings, Klopstocks, Gerstenbergs u. s. w.
geradezu in Albernheit aus. Besondere Erwähnung verdienen seine litterarhistor. Bestrebungen (Opitz-Ausgabe), von denen auch
seine «Vier kritischen Gedichte» (Neudruck Heilbr.
1883) zeugen und die vor allem den Dichtungen des Mittelalters zugute kamen («Chrimhildens Rache», 1757; «Samlung von Minnesängern
aus dem schwäb. Zeitpunkte», 2 Bde.,
Zür. 1758‒59). Bodmer starb in Zürich.
–
Vgl. Danzel, Gottsched und
seine Zeit (Lpz. 1848): Mörikofer, Die schweiz. Litteratur
des 18. Jahrh. (ebd. 1861);
Servaes, Die Poetik Gottscheds und der Schweizer (Straßb. 1887);
Braitmaier, Geschichte der poet.
Theorie
und Kritik von den Discoursen der Mahler bis auf Lessing (2 Bde., Frauenf.
1888‒89); J. J. Bodmer als Geschichtschreiber (im «Neujahrsblatt, hg.
von der Stadtbibliothek auf das J. 1891», Zür. u. Lpz. 1891).