(Bocksbeutelzopf) das Festhalten an alten Gebräuchen, altväterische Denkart, Schlendrian, nach heutigem Ausdruck überhaupt
das Beharren auf einem überwundenen Standpunkte. Mit Bocksbeutel wurde schon im 17. Jahrh.,
insbesondere in Hamburg, das pedantische Bewahren veralteter Sitte lächerlich gemacht. Ein bedeutendes Hamburger Lokalstück,
«Der Bookesbeutel», schrieb in Platt 1746 Heinrich Borkenstein: vgl. Heitmüller, Hamburgische Dramatiker
zur Zeit Gottscheds (Dresd. 1891), S. 68 fg.
heißen die kurzhalsigen, bauchigrunden, etwas breitgedrückten Glasflaschen, auf welche die besten Frankenweine
(s. d.), besonders Leisten- und Steinwein, von der Schloßkellerei in Würzburg gezogen werden.
Auf dem Verschluß tragen sie
das Siegel des Hauses, den heil. Geist, daher man den Stein- auch «Heiligen Geistwein» nennt.
(Trillo caprino), von den alten ital. Gesanglehrern gebrauchter Spottname für einen nicht
mit der nötigen Rundung und Fertigkeit, sondern steif und meckernd ausgeführten Triller;
heute, in Deutschland wenigstens,
die gewöhnliche Form des Trillers bei Sängern und Sängerinnen.
Florens Heinr. Gottfr. von, liberaler Politiker,
geb. in Soest, studierte zu Heidelberg und Berlin Jurisprudenz und Mathematik, trat dann in den Staatsdienst und war
Landrat des Kreises Soest, als er 1847 in den Vereinigten Landtag gewählt wurde. 1849–51 war er Mitglied der Ersten Kammer,
1852–85 als Vertreter des Wahlkreises Hamm-Soest Mitglied des Abgeordnetenhauses, wo er anfangs der Fraktion
Vincke angehörte, nach deren Auflösung aber mit polit.
Freunden die Fraktion des linken Centrums bildete. Wegen seiner liberalen Richtung wurde er vom Ministerium Manteuffel 1852 zur
Disposition gestellt, in der neuen Ära 1859 als Oberregierungsrat nach Koblenz berufen, 1862 aber nach
Gumbinnen versetzt, wodurch er sich 1865 veranlaßt fand, den Staatsdienst zu verlassen. Als zweiter Vicepräsident des Abgeordnetenhauses
hatte Bockum-Dolffs einen verhängnisvollen Konflikt mit dem Kriegsminister von Roon. Seit 1867 gehörte er auch für denselben
Wahlkreis dem Norddeutschen und darauf bis 1884 dem Deutschen Reichstag an, wo er keiner Fraktion beitrat.
Dorf in der sächs. Amts- und Kreishauptmannschaft Zwickau, an der westl. Mulde, 2 km von Zwickau, im Steinkohlenrevier,
hat (1890) 2156 E. und ist mit Zwickau durch eine Industriebahn verbunden.
Die im reinsten got. Stil erbaute Kirche gilt für
die schönste Dorfkirche Sachsens.
(spr. bockijóng), Guillaume Louis, genannt Wilhem, franz. Musiker, geb. zu Paris, wurde nach Studien
am dortigen Konservatorium 1803 Musiklehrer an der Militärschule von St. Cyr, 1810 am Lycée Napoléon
(dem spätern Collège Henri Ⅳ.), war bald ein gesuchter Privatlehrer und pflegte mit größtem Erfolg den Schul- und Männergesang.
Seit 1819 mit der Organisation des Musikunterrichts in sämtlichen Pariser Elementarschulen betraut, wurde er 1839 Generaldirektor
für den Musikunterricht und starb zu Chaillot bei Paris.
B.s Verdienst ist die Einführung und Verbreitung der Methode des gegenseitigen Unterrichts in der Musik, sowie die Begründung
der Orphéons (s. d.). Er schrieb viele Gesangswerke und gab eine große Sammlung
von a-capella-Gesängen, «Orphéon» (5 Bde.,
1837–40 u. ö.; zuletzt 1847, 10 Bde.)
heraus. Von seinen pädagogischen Schriften sind «Guide de la méthode élémentaire et analytique de musique
et de chant» (1821–24) und «Manuel musical à l'usage des collèges etc.»
(2 Bde., 1836 u. ö.) hervorzuheben.
–
Vgl. Jomard, Discours sur la vie et sur les travaux de G.L. Bocquillon Wilhelm (Par. 1842);
Niboyet, Notice historique sur la vie et sur les ouvrages de G.L. Bocquillon Wilhelm (ebd. 1843);
(spr. bótschkai), Stephan, Fürst von Siebenbürgen, geb. 1556, kam an den ihm verwandten Fürstenhof der
Báthory, wo er bald zu großem Einflusse gelangte und 1594 Oberkapitän von Großwardein und der
siebenbürg. Teile von Ungarn wurde. Bocskay war in wiederholten Gesandtschaften am kaiserl. Hofe zu Prag, neigte überhaupt zu Österreich,
von dem ihn jedoch die Nichterfüllung ehrgeiziger Hoffnungen sowie die Wahrnehmung entfernte, daß die Räte des Kaisers die
Freiheiten Ungarns und Siebenbürgens beseitigen wollten.
Ebenso wurde seine prot. Überzeugung durch die Schrecken der Gegenreformation schwer getroffen. Er zog
sich deshalb auf seine ungar.-siebenbürg. Güter zurück, wo er die günstige Gelegenheit zum Aufstande abwartete. Diese fand
sich, als Kaiser Rudolf Ⅱ. 1604 den 21 Gesetzartikeln des Landtags eigenmächtig einen 22. zufügte, der die Religionsfreiheit
der ungar. Protestanten schwer bedrohte. Da trat Bocskay mit Bethlen Gabor und andern ungar. und siebenbürg.
Unzufriedenen in Verbindung und stellte sich im Okt. 1604 an die Spitze der Erhebung. Der Aufstand war erfolgreich; Bocskay wurde
vom Sultan als Fürst von Siebenbürgen bestätigt (Nov. 1604); im April wählten ihn auch die
oberungar. Stände zum Fürsten. Die kaiserl. Truppen mußten Siebenbürgen räumen, hier und in Nord-
und Westungarn fiel ein fester Platz nach dem andern in B.s Hände. Diese siegreiche Erhebung führte schließlich zum Wiener
Frieden der bis auf die neueste Zeit eine Grundlage des öffentlichen Rechts in Ungarn bildete. In diesem Frieden
ward der eigenmächtige 22. Artikel vom J. 1604 aufgehoben und neben der Erneuerung der Rechte des Landes insbesondere die freie
Religionsübung der Protestanten zugestanden, allerdings mit dem Zusatze «ohne Nachteil der kath.
Kirche». Das Fürstentum B.s wurde anerkannt, er überdies zum «Fürsten
des Heiligen Römischen Reichs» erhoben und ihm außer Siebenbürgen und Teilen Ungarns noch die Gespanschaften
Bereg,
mehr
Ugocsa und Szatmár und das Schloß Tokay auf Lebenszeit verliehen. Er starb (angeblich an Gift). –
Vgl. Szilagyi,
Monumenta Comitalia regni Transsylvaniae, Bd. 5 (Budapest 1879).