verschiedensten Organe zur Folge haben könnten (Lehre der sog. Humoralpathologie). So sollte es z. B. eine
zu Entzündungen disponierende krankhafte Blutmischung oder Krase (die hyperinotische), eine Krebskrase, d. h.
eine die Entwicklung von Krebsgeschwülsten veranlassende Blutmischung u. s. w. geben. Es ist
das unbestrittene Verdienst Virchows, durch die Begründung der Cellularpathologie (s. d.) nachgewiesen zu
haben, daß es höchst wahrscheinlich keinerlei selbständige Blutkrankheit giebt, sondern daß dieselben lediglich
die Folge anderweiter Krankheiten, insbesondere gewisser primärer Veränderungen der Gewebe und Organe sind (Lehre der sog.
Solidarpathologie).
Demgemäß sind sog. Dyskrasien entweder 1) die Folge von Störungen der blutbereitenden oder blutreinigenden Organe, d. h.
eines mangelhaften Ersatzes der im Laufe des Stoffwechsels verbrauchten Blutbestandteile, oder einer mangelhaften
Ausscheidung der durch das Blut wandernden Auswurfsstoffe des Stoffwechsels der verschiedenen Organe. So erklärt sich z. B.
die Anämie und Hydrämie aus ungenügendem Ersatz des verbrauchten Blutplasmas und der zu Grunde gegangenen Blutkörperchen,
die Leukämie aus der mangelhaften Neubildung roter Blutkörperchen, während die weißen übermäßig
an Zahl zunehmen, die Urämie aus mangelhafter Ausscheidung und Anhäufung von Harnbestandteilen im Blute wegen Krankheiten
des Harnapparats u. s. w.;
2) sind die Dyskrasien die Folge davon, daß von außen oder von einem bestimmten kranken Teile her Stoffe ins Blut geführt
werden, welche auf andere Organe nachteilig wirken. So hat die Aufnahme des Pockenkontagiums ins Blut einen
Pockenausschlag, die Aufnahme von Krebssaft aus einer Krebsgeschwulst krebsige Neubildung in entfernten Organen, die Resorption
von Eiter und faulenden Substanzen aus einem an der Oberfläche oder im Innern des Körpers gelegenen Eiter- oder Jaucheherd
die sog. Eitervergiftung des Blutes mit ihren gefahrdrohenden Einwirkungen auf lebenswichtige Organe zur
Folge u. a. m. Endlich 3) entsteht die Dyskrasie durch Aufnahme von Stoffen ins Blut, die die roten Blutkörperchen unfähig machen,
dem Organismus die nötigen Dienste zu leisten, d. h. insbesondere die Aufnahme und Verwendung des Sauerstoffs zu besorgen,
wie z. B. bei Einatmung von Kohlenoxydgas und andern irrespirabeln Gasen. In allen Fällen also zeigt sich,
daß das Blut nicht ursprünglich und selbständig aus sich selbst erkrankt, sondern erst durch Krankheit anderer Organe und
Gewebe des Körpers oder durch Aufnahme schädlicher Stoffe abnorm verändert wird. (S. Krankheit.)
gelbes, Ferrocyankalium, Kaliumeisencyanür, gelb-blausaures Kali, Blausalz, K4Fe(CN)6 ^[K4Fe(CN)6]
+ 3 H2O , ein technisch sehr wichtiges Salz, das zuerst beim Auslaugen von Blutkohle gewonnen wurde. Im Großen stellt
man es dar, indem man verkohlte tierische Abfälle, wie Horn, Blut, Klauen, Wollstaub, Lederabfälle u. s. w.,
mit Pottasche und Eisenfeilspänen in eisernen Schmelzgefäßen in einem Flammofen erhitzt. Die tierischen Abfälle enthalten
Stickstoff, der die Bildung von Cyankalium veranlaßt nach der Gleichung:
K2CO3 + 4 C +2 N = 3 CO +
2 KCN.
Zugleich bildet sich aus den der Pottasche beigemengten schwefelsauren Salzen und dem Eisen Schwefeleisen.
Wenn dann die erkaltete Schmelze mit Wasser ausgekocht wird, entsteht das Blutlaugensalz neben Schwefelkalium nach
der Gleichung:
6 KCN + FeS = K2S + K4Fe(CN)6 ^[K4Fe(CN)6]
und krystallisiert beim Eindampfen der Laugen aus. Man hat auch versucht, durch die Einwirkung von Ammoniak auf glühendes
Kaliumcarbonat sowie unter Mitwirkung des Stickstoffs der atmosphärischen Luft Cyanverbindungen zu erzeugen,
doch scheint der Erfolg zweifelhaft zu sein. Fabrikmäßig wird zur Darstellung des Blutlaugensalz neuerdings auch ein anderer Prozeß
- das Glühen von Schwefelcyankalium mit Eisen - benutzt, wobei sich als Nebenprodukt ebenfalls Schwefelkalium und Schwefeleisen
bildet:
Auch aus der sog. Gasreinigungsmasse wird Blutlaugensalz gewonnen. - Das Blutlaugensalz krystallisiert
in luftbeständigen großen, blaß citronengelben, quadratischen Pyramiden. Es löst sich in 4 Teilen kaltem und 2 Teilen siedendem
Wasser, aber nicht in Alkohol. In der Wärme verlieren die Krystalle ihr Krystallwasser leicht und werden
dabei weiß und undurchsichtig, bei stärkerm Erhitzen (schwache Rotglut) schmelzen sie unter Zersetzung in Cyankalium, Eisen,
Kohlenstoff und Stickstoff. Blutlaugensalz dient in der Technik zur Darstellung von rotem Blutlaugensalz, von Berlinerblau, von Cyankalium, zur Erzeugung
von Blau und Braunrot in der Färberei, außerdem hat man es zum Härten von Eisen (oberflächliche Umwandlung
in Stahl) und zur Herstellung von weißem Schießpulver (Blutlaugensalz, chlorsaures Kali und Rohrzucker) verwandt. - Wert etwa 150 M.
der Doppelcentner.
Bei der fabrikmäßigen Darstellung wird gelbes Blutlaugensalz durch scharfes Trocknen teilweise entwässert, fein gepulvert und in dünnen
Schichten, auf hölzernen Hürden ausgebreitet, in einen kastenförmigen Raum gebracht, in den Chlorgas geleitet wird. Das
Salz absorbiert das Chlor und wird auf angegebene Weise zersetzt. Man unterbricht die Einwirkung des Chlors, sobald eine Probe,
in Wasser gelöst, auf Zusatz eines Eisenoxydsalzes keinen blauen Niederschlag, sondern eine braune Färbung zeigt.
Dieser Moment ist genau zu beachten, da bei längerer Chlorwirkung Zersetzungsprodukte gebildet werden. Das entstandene Gemenge
von Ferricyankalium und Chlorkalium wird entweder unter dem Namen Blaupulver in den Handel gebracht oder auf reines Salz verarbeitet.
Zu letzterm Behufe wird das Blaupulver in siedendes Wasser eingetragen, bis eine heiß gesättigte Lösung entstanden ist,
diese wird sofort filtriert und in bleierne Kübel gefüllt, worin beim Erkalten das Salz in schönen,
großen, granatroten rhombischen Prismen anschießt. Die Mutterlauge verwertet man auf Berlinerblau, indem man sie mit der
Lösung eines Eisenoxydulsalzes versetzt. Das Salz löst sich beim Sieden in 1 ½ Teilen, bei gewöhnlicher Temperatur in 2 ½
Teilen Wasser. Es dient zum Blaufärben von Wolle und Seide