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des sächs. Generalpächters Mehling in Polen. Er verwaltete zuerst eins von dessen Gütern und kaufte dann Groß-Raddow in Pommern [* 2] an, wo er eine wahre Musterwirtschaft führte und Land- und Ritterschaftsrat wurde. Erst 1787 von Friedrich Wilhelm Ⅱ. als Major in seinem alten Regiment wieder angestellt, wohnte er dem Feldzuge nach Holland bei, wo er den Orden [* 3] pour le mérite erwarb, und wurde 1790 Oberst. In dem folgenden Kriege gegen Frankreich bewährte er großes Talent als Reiterführer, namentlich bei Kaiserslautern [* 4] 1793 und Kirrweiler 1794, führte auch viele glückliche Handstreiche aus, worüber sein «Campagne-Tagebuch» Rechenschaft giebt.
Seit dem Gefecht von Kirrweiler, wo er 6 Geschütze [* 5] nahm, Generalmajor, stand Blücher 1795 bei dem Beobachtungskorps am Niederrhein, nach dem Baseler Frieden in Ostfriesland, vermählte sich zum zweitenmal mit der Tochter des Präsidenten von Colomb, wurde 1801 zum Generallieutenant befördert, nahm 1802 Erfurt [* 6] und Mühlhausen [* 7] für Preußen [* 8] in Besitz und war 1803 Gouverneur von Münster. [* 9] Beim Ausbruch des Krieges von 1806 stieß er mit den westfäl. Truppen in Thüringen zum Herzog von Braunschweig [* 10] und führte bei Auerstädt [* 11] den ersten Kavallerieangriff aus, der aber mißglückte. Blücher sammelte die Kavallerie und führte auf dem Rückzuge des Fürsten von Hohenlohe die Nachhut.
Von dem Rückzug nach Preußen abgedrängt, hoffte Blücher bei Lübeck [* 12] noch mit Hilfe engl. Schiffe [* 13] zu entkommen, mußte aber, von den Franzosen umstellt, die Kapitulation von Ratkau mit 6000 Mann 7. Nov. abschließen, allerdings unter dem ihm zugestandenen Zusatz, «daß ihm vom Prinzen von Pontecorvo (Bernadotte) die Kapitulation angetragen und von ihm nur wegen Mangels an Munition, Proviant und Fourage eingegangen worden sei». Am ward er gegen den Marschall Victor-Perrin ausgewechselt und nach Schwedisch-Pommern gesandt, um die Schweden [* 14] zu unterstützen. Blücher erhielt schon damals den Schwarzen Adlerorden.
Nach dem Tilsiter Frieden arbeitete er in Königsberg [* 15] und Berlin [* 16] im Kriegsdepartement und wurde 1809 General der Kavallerie sowie kommandierender General in Pommern. Er war damals der Mittelpunkt aller auf die Befreiung des Vaterlandes gerichteten Bestrebungen und hielt in weiten Kreisen die Hoffnung auf Preußens [* 17] Erhebung durch seinen ungebeugten Mut, seinen offen zur Schau getragenen Haß gegen alles Französische aufrecht. Scharnhorst erkannte B.s Bedeutung und verteidigte ihn stets gegen die Angriffe der Ängstlichen am Hofe; doch mußte Blücher 1812 den aktiven Dienst verlassen, worauf er in Kunzendorf bei Neisse [* 18] lebte. Diese Zeit der Unthätigkeit hat er selbst die schrecklichste seines Lebens genannt.
Bei Ausbruch des Krieges 1813 erhielt Blücher den Oberbefehl über die in Schlesien [* 19] gebildete Armee, die durch das russ. Korps von Winzingerode verstärkt wurde. Bei der Vereinigung der verbündeten Armeen übernahm jedoch der jüngere Wittgenstein das Oberkommando. Unter ihm befehligte Blücher bei Lützen [* 20] und Bautzen [* 21] die Preußen; auf dem Rückzuge gelang ihm der hauptsächlich mit Kavallerie unternommene Überfall der franz. Division Maison bei Haynau (26. Mai). Nach dem Waffenstillstande erhielt er den Oberbefehl über das fast 100000 Mann starke schlesische Heer, zu dem zwei russ. Korps gehörten. Er hatte sich in dem Operationsplane von Trachenberg, der seine Thatkraft hemmte, eine geheime Ermächtigung zu freiem Handeln verschafft und errang dadurch den glänzenden Sieg an der Katzbach, wo er Macdonalds Heer vernichtete. Dann rückte er gegen Dresden [* 22] vor, wich aber einer Schlacht gegen Napoleons Übermacht aus und erzwang endlich, nach einem geschickten Flankenmarsch, 3. Okt. den Elbübergang bei Wartenburg, wodurch er auch den bisher fast ganz unthätigen Kronprinzen von Schweden (Bernadotte) veranlaßte, die Elbe zu überschreiten.
Als Napoleon sich wiederum gegen ihn wandte, ging er nicht über die Elbe zurück, sondern vorwärts hinter die Saale, von wo er dann auf Leipzig [* 23] marschierte. In der Völkerschlacht schlug er 16. Okt. Marmont vollständig bei Möckern, und gab, nachdem er am 17. seinen Angriff auf Befehl hatte einstellen müssen, am 18. ein Korps an den Kronprinzen von Schweden ab, um diesen zur Teilnahme am Angriff zu bewegen; am 19. drang Blücher zuerst in Leipzig ein. Nach der Schlacht wurde er zum Feldmarschall ernannt.
Seine Schnelligkeit und die Art seiner Angriffe hatten ihm bei den Russen den Beinamen «Marschall Vorwärts» erworben, der sein Ehrenname im ganzen deutschen Volke ward. Blücher war es dann auch, der der zaudernden Diplomatie Österreichs gegenüber unablässig die Notwendigkeit, Paris [* 24] zu besetzen, betonte. Am ging er mit dem schlesischen Heere bei Caub über den Rhein, besetzte 17. Jan. Nancy, [* 25] schlug 1. Febr., durch Teile der Hauptarmee verstärkt, Napoleon bei La Rothière und drang längs der Marne gegen Paris vor.
Allein B.s getrennte Korps wurden von Napoleon 9. bis 14. Febr. bei Champeaubert und Etoges geschlagen, und nur mit großem Verlust erkämpfte er sich den Rückzug nach Chalons. Die Diplomatie verhandelte noch immer mit Napoleon, und die Hauptarmee mußte sogar den Rückzug antreten, da sich Napoleon gegen sie gewendet hatte. Blücher dagegen rückte wieder vor, ging bei Soissons über die Aisne und vereinigte sich mit dem aus Belgien [* 26] kommenden Bülowschen Korps. Am 9. März siegte er über Napoleon bei Laon und drang, nachdem auch Schwarzenberg gesiegt, gemeinsam mit diesem abermals gegen Paris vor. Am 29. März trafen beide Heere vor den Thoren von Paris zusammen, und tags darauf krönte die Schlacht von Paris, in ihr wiederum der Schluß, die Erstürmung des Montmartre, die Großthaten dieses Feldzugs, worauf 31. März die verbündeten Monarchen in die Hauptstadt Frankreichs einzogen. Blücher konnte eines Augenleidens wegen am Einzug nicht teilnehmen.
Friedrich Wilhelm Ⅲ. ernannte Blücher zur Erinnerung des Sieges an der Katzbach zum Fürsten von Wahlstatt und schenkte ihm die Güter des Stifts Trebnitz in Schlesien (Krieblowitz u. s. w.). In England, wohin Blücher im Juni desselben Jahres den verbündeten Monarchen folgte, empfing ihn das Volk mit größter Begeisterung; die Universität zu Oxford [* 27] ernannte ihn zum Doktor der Rechte. Ebenso wurde er in Preußen und namentlich in Berlin mit Ehren aller Art ausgezeichnet und als volkstümlichster Held gefeiert. Nach der Rückkehr Napoleons übernahm Blücher den Oberbefehl über das 150000 Mann starke preuß. Heer in Belgien; auf die Zusagen Wellingtons bauend, nahm Blücher den Angriff Napoleons bei Ligny an, verlor die Schlacht aber, als die Engländer nicht eintrafen. In eine Kavallerieattacke verwickelt, gerieth Blücher durch den Sturz seines getöteten Pferdes, unter welches er zu liegen kam, persönlich in große Gefahr, aus der er nur durch seinen ¶
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Adjutanten (von Nostitz) gerettet wurde. In B.s Abwesenheit hatte Gneisenau, sein Generalstabschef, den Rückzug anstatt auf die bisherigen Verbindungen, auf Wavre, d. h. in Richtung auf die Armee Wellingtons angesetzt. Hierdurch war es möglich, daß Blücher auf dem Schlachtfelde von Waterloo [* 29] 18. Juni rechtzeitig eintraf und die Schlacht entschied. Blücher rückte hierauf in Eilmärschen gegen Paris vor und besetzte dasselbe 7. Juli. Auch diesmal verhehlte er keineswegs sein Mißtrauen in die Diplomatie und trat der noch immer bestehenden Neigung, das franz. Selbstgefühl ungebührlich zu berücksichtigen, nach Möglichkeit entgegen.
Auf einem Feste, das der Herzog von Wellington gab, brachte er, gegen Castlereagh gewandt, den berühmten Toast aus: «Was die Schwerter [* 30] uns erwerben, laßt die Federn nicht verderben!» Um B.s hohe Verdienste um Preußen und Deutschland [* 31] zu ehren, stiftete Friedrich Wilhelm Ⅲ. ein Ordenszeichen, das in einem von goldenen Strahlen umgebenen Eisernen Kreuze bestand und ausschließlich Blücher verliehen wurde. Chef von B.s Generalstab war anfangs Scharnhorst, nach dessen Tode Gneisenau, dessen Verdiensten er stets unumwunden volle Anerkennung zollte.
Nach dem zweiten Pariser Frieden lebte Blücher meist in Krieblowitz und besuchte jährlich Karlsbad. Noch bei seinem Leben, dem Jahrestage der Schlacht an der Katzbach, wurde ihm in seinem Geburtsorte Rostock [* 32] ein von Schadow zu Berlin ausgeführtes Standbild errichtet, welches folgende charakteristische Inschrift (von Goethe) trägt: «In Harren und Krieg, in Sturz und Sieg bewußt und groß – so riß er uns vom Feinde los.» Blücher starb nach kurzem Krankenlager zu Krieblowitz in Schlesien. In Berlin ward ihm eine von Rauch modellierte Bronzestatue in Breslau [* 33] eine andere ebenfalls von Rauch gearbeitete 1827 errichtet.
Seinen Namen führt das preuß. 5. (Pommersche) Husarenregiment. –
Vgl. Schöning, Geschichte des preuß. 5. Husarenregiments mit besonderer Rücksicht auf Blücher (Berl. 1843);
Bieske (Leibarzt des Fürsten), Der Feldmarschall Fürst G. L. Blücher von Wahlstadt (ebd. 1862);
Scherr, Blücher, seine Zeit und sein Leben (4. Aufl., 3 Abteil., Lpz. 1887);
Varnhagen von Ense, Fürst Blücher von Wahlstadt (Bd. 3 der «Biograph. Denkmale», 3. Aufl., ebd. 1872);
von Colomb, in Briefen aus den Feldzügen 1813‒15 (Stuttg. 1876);
Wigger, Feldmarschall Fürst Blücher von Wahlstatt (Schwerin [* 34] 1878);
Blasendorff, Gebhard Leberecht von Blücher (Berl. 1887).