«Wallenstein», Scheffels «Trompeter»,
eine Auswahl deutscher Gedichte in zwei
Bänden, eine deutsche Litteraturgeschichte; die
Bibel
[* 2] (das
Neue Testament) ist 1890 in
Angriff genommen. Auch eine Monatsschrift: «Das Blinden-Daheim», erscheint
seit 1888 in
Berlin
[* 3] in der
Brailleschrift und zwar in dem für diese
Schrift neuerdings hergestellten Kurzschriftsystem.
In früherer Zeit hat man die
Blinden entweder nur dem allgemeinen
Mitleid überlassen,
oder man hat für sie
Asyle errichtet, wie es an einzelnen Orten bereits zu der Zeit der Kreuzzüge geschehen ist. Erst als
die Überzeugung von der Bildungsfähigkeit der Blindgeborenen oder der im frühesten
Alter Blindgewordenen (s.
Blindheit)
sich
Bahn gebrochen hatte, fing man an, sei es mit privater, sei es mit staatlicher Hilfe
Blindenanstalten
(s. d.) zu errichten, in denen nicht nur die in den sonstigen Schulen zu erlernenden
Kenntnisse, sondern auch solche technische Fertigkeiten von den
Blinden erworben werden konnten, welche zu ihrem Broterwerb
dienten.
Nach und nach lehrte aber die Erfahrung, daß die Mehrzahl der in dieser
Weise unterrichteten
Blinden nach
ihrer Entlassung doch ins Elend gerieten. Auch die Bevorzugung der
Musik in den Anstalten erwies sich als eine Maßregel zweifelhaften
Wertes, da durch dieselbe nur die Zahl der blinden musizierenden Bettler vermehrt wurde. Anfänglich versuchte man es mit
Errichtung von Werkstätten für blinde
Arbeiter. Aber auch in England, wo solche Werkstätten noch bestehen, ist man zu der
Überzeugung gelangt, daß das in
Sachsen
[* 4] bestehende
System der Fürsorge für die entlassenen
Blinden das einzig richtige sei.
Dieses sächs.
System der Blindenfürsorge im engern
Sinne besteht darin, daß denBlinden vor ihrer Entlassung ein Unterkommen
vermittelt wird, daß sie nach ihrer Rückkehr in das bürgerliche Leben aus der Anstalt nicht nur das Arbeitsmaterial, sondern
auch je nach ihren Bedürfnissen fortdauernde Unterstützung erhalten und nur erst, wenn sie alt und gebrechlich werden,
in einem
AsyleVerpflegung finden. Im Durchschnitt rechnet man an jährlicher Beisteuer für den einzelnen
Blinden 100 M. Der 1844 vom Direktor
Georgi der
Dresdener Anstalt mit 150 M. gegründete
Fonds ist bereits auf mehr als 1 Million
angewachsen. Diese Einrichtung besteht ohne staatliche Unterstützung, nur daß dem Anstaltsdirektor die
Reisen zu den entlassenen
Blinden vergütet werden.
jede aus Reliefzeichen bestehende
Schrift, die von
Blinden durch das Tastgefühl
gelesen werden kann. Im Gebrauch ist besonders die
Brailleschrift (s. d.) und in England das
Alphabet nach Moon, bei welchem
die
Buchstaben durch gerade oder schrägliegende oder rund oder winkelförmig gebogene Charaktere ausgedrückt sind. Ähnlich
ist auch der stenographische Reliefdruck nach Lukas. Das
Lesen der Blindenschrift geschieht mit dem Zeigefinger
der rechten
Hand,
[* 5] während der Zeigefinger der linken
Hand am Anfang der jedesmaligen
Zeile liegen bleibt, um das Auffinden
der folgenden
Zeile zu erleichtern. Ein einfacherer Schreibapparat zur Herstellung der röm. Uncialen ist
die Heboldtafel, die allgemein im
Blindenunterricht gebraucht wird und leicht zu handhaben ist. Blindenschreibtafeln
liefert der Mechaniker J.
Bürger in
Dresden.
[* 6] (S.
Blindendruck.)
Bei dem Unterricht der
Blinden wird in erster
Stelle der
Tast- und der Gehörsinn ausgebildet. Namentlich
der
Tastsinn dient den
Blinden zur Vermittelung der
Vorstellungen, und Erfahrungen haben gezeigt, daß es mit seiner Hilfe
sogar gelingt, taubstummen
Blinden das Sprechen zu lehren.
ÜberLesen und Schreiben der
Blinden s.
Blindendruck,
Blindenschrift
und
Brailleschrift. Für den geogr. Unterricht existieren für
Blinde besonders hergestellte Reliefgloben und Karten von Direktor
Kunz in Illzach bei
Mülhausen
[* 7] im Elsaß.
Ein höchst einfacher und praktischer Rechenapparat für
Blinde ist die Taylorsche Rechentafel, eine engl.
Erfindung, eine mit vielen achteckigen Vertiefungen versehene
Tafel, in welche kleine vierkantige Metalltypen, deren Kopfende
anders geformt ist als das Fußende, eingesetzt werden. Es sind mit jeder
Type 16 verschiedene
Stellungen möglich. Durch Modellierübungen
wird der Formensinn und die Geschicklichkeit der
Hand geübt. Unter den Handfertigkeiten, welche dem
Blinden
später als Hausgewerbe zum Erwerb dienen, werden vornehmlich Bürstenbinderei, Korbmacherei, Seilerei, Schnitzerei, Strohflechterei
und die mannigfachsten weiblichen
Handarbeiten geübt; auch im Klavierstimmen wird in manchen Anstalten Unterricht erteilt.
Selbst solche Thätigkeiten, die anscheinend für den
Blinden mit besonderer Gefahr verbunden sind, wie das Feueranzünden,
das
Kochen u. a., werden von ihnen geübt. Turnübungen, Gesellschaftsspiele
werden wie von Vollsinnigen fleißig betrieben. Um auch dem Erblindeten Gelegenheit zur Zerstreuung durch
Spiel zu verschaffen,
sind die bekanntesten
Spiele, wie
Schach,
Domino, Dambrett, Mühle, allerhand Würfelspiele, ebenso die gebräuchlichsten
Kartenspiele
für
Blinde besonders hergestellt.
Die
Blinden sollen nie müßig sein, um nicht über ihr
Schicksal nachzudenken. In zahlreichen Anstalten
sind sowohl vollsinnige als auch blinde
Lehrer und Lehrerinnen thätig. –
Vgl. Moldenhawer, Fremstilling af Blindeforholdene
i Danmark (Kopenh. 1879);
Das wichtigste Werk für den Blindenunterricht ist die Zeitschrift «Der
Blindenfreund», redigiert von Mecker
(Düren 1881 fg.); für
Frankreich die Monatsschrift «Le
[* 17]
Valentin Hauy», redigiert von
Maurice de la Sizeranne.
Heide, eine verächtliche Bezeichnung eines geistig tief stehenden
Menschen, stammt wohl
aus
Paulus’Römerbrief 11, 25:
«Blindheit ist Israel einesteils widerfahren, so lange, bis die Fülle der
Heiden eingegangen
sei».
Hesse, eine sprichwortähnliche Redensart, die nicht erst, wie irrtümlich angenommen wurde, im vorigen
Jahrhundert entstand, als der Landgraf
Friedrich Ⅱ. von
Hessen-Cassel 17000 seiner Landeskinder als
Soldaten für über 20 Mill.
Thlr. an England überließ und jene diese
Verfügung ruhig über sich ergehen liehen. In Wahrheit ist sie viel älter und
bedeutet wohl, daß nach Volkswitz die Hessen
[* 19]
(Chatten oder
Katten) blind zur Welt kommen wie die jungen
Katzen.
[* 20] Man sagt danach
¶