nicht, allenfalls kann man durch den länger fortgesetzten Gebrauch des Jodkaliums die Ausscheidung des in den Körper eingeführten
Bleies etwas beschleunigen. Daher muß das Hauptgewicht auf die Verhütung der
Krankheit gelegt werden. Die Verhütungsmaßregeln
ergeben sich aus den oben angeführten
Ursachen der Bleivergiftung von selbst.
Alle, welche mit
Blei
[* 2] zu thun haben,
sollen mit besonderer Sorgfalt auf Reinlichkeit, guten Luftwechsel des Arbeitslokals, möglichst häufigen Wechsel der Beschäftigung,
Vermeidung aller
Excesse, Erkältungen und Überanstrengungen halten.
Alle Bleiarbeiten sollen in hohen, luftigen
Lokalen ausgeführt und die Arbeitszeit der einzelnen
Arbeiter möglichst gekürzt
werden. Sobald sich die ersten
Spuren der
Krankheit zeigen, muß aller Umgang mit bleihaltigen
Stoffen absolut
aufhören und der
Kranke unter möglichst günstige Lebensverhältnisse gebracht werden, d. h. gesunde, leichte
Kost, gute Luft haben, fleißig baden u. s. w. Bei der akuten Form der Bleivergiftung reicht
man am zweckmäßigsten schwefelsaures Natron und schwefelsaure
Magnesia, welche das
Bleioxyd in eine unlösliche und daher
unschädliche schwefelsaure
Verbindung überführen. Die einzelnen
Symptome der chronischen Bleivergiftung erfordern
ihre besondere Behandlung. Gegen die Kolik und die
Gliederschmerzen werden
schmerzstillende Mittel, namentlich die
Opiate, gegen
die Verstopfung Abführmittel, besonders
Ricinusöl, gegen die
Lähmungen Elektricität, gegen die allgemeinen Ernährungsstörungen
Chinarinde und
Eisen
[* 3] nötig u. s. w. Von großem Nutzen sind warmeBäder, besonders Schwefelbäder. -
Vgl.
Tanquerel des Planches,
Traité des maladies de plomb (2 Bde., Par.
1839);
Kühlwasser,Aqua plumbi s. saturnina, ist offizinell und eine Mischung aus 1
TeilBleiessig
und 49
Teilen destilliertem Wasser. Das Goulardsche Bleiwasser,
Aqua Plumbi Goulardi, welches noch in
die ersteAusgabe der Pharmacopoea
Germanica (von 1872) aufgenommen war, sich aber schon in der zweiten
Ausgabe (von 1882) nicht mehr findet, besteht aus 1
TeileBleiessig, 4
TeilenWeingeist und 45
Teilen Brunnenwasser. Beide finden Anwendung zu äußerlichen Zwecken
als Verbandwasser, als kühlender
Umschlag bei Quetschungen, entzündlichen Anschwellungen der
Haut,
[* 4] bei
Verbrennungenu. dgl.
[* 5]
Cerussa, Plumbum carbonicum s. hydro-carbonicum s. subcarbonicum, basisches
Bleicarbonat von der Zusammensetzung Pb(OH)2 2PbCO3, eine seit den ältesten
Zeiten bekannte weiße
Maler- und
Deckfarbe, deren sich auch schon die griech. Frauen als Schminke bedienten. Seine im Großbetriebe
ausgeführte
Darstellung beruht auf der
Thatsache, daß metallisches
Blei bei Gegenwart von Sauerstoff, Feuchtigkeit und
Essigsäure
mit Leichtigkeit in basisches
Bleiacetat verwandelt, und daß aus diesem durch
Kohlensäure Bleiweiß gefällt wird. Je nachdem
diese
Operationen auf verschiedene
Weise geleitet werden, unterscheidet man folgende Methoden:
1)
Holländische
[* 6] Methode. Zu losen Rollen
[* 7] aufgewickeltes Walzblei wird nebst etwas Essig in Töpfe von
Steinzeug gebracht,
die lose mit einer Bleiplatte bedeckt und zu
Hunderten schichtenweise neben- und übereinander in
eine gemauerte Grube so
eingesetzt werden, daß der
Boden zunächst mit einer Schicht frischen Pferdedüngers belegt wird, hierauf
kommt eine Schicht von Töpfen, die von den Wandungen der Grube durch eine Düngerschicht getrennt ist, und so folgen abwechselnd
Schichten von Töpfen und
Dünger, bis die ganze Grube gefüllt und schließlich mit einem Düngerhaufen überdeckt ist.
Durch die bald eintretende Gärung des
Düngers wird die ganze
Masse erwärmt,
Essigsäure und Wasserdampf
treten mit dem
Blei in Berührung, wodurch unter der Mitwirkung des Sauerstoffs der in den Töpfen eingeschlossenen und auch
von außen zugeführten Luft die
Bildung des basischen Acetats eingeleitet wird, während gleichzeitig in dem Gärungsprozeß
die zurZersetzung nötige
Kohlensäure entsteht. Nach etwa 4-6 Wochen ist der größere
Teil des
Bleies
in Bleiweiß verwandelt, worauf die Grube geräumt und die Töpfe entleert werden.
Dieses älteste
Verfahren hat den Übelstand, daß die Umwandlung des
Bleies in Bleiweiß nicht überwacht werden kann, und daß bei
der Gärung des
Düngers außer
Kohlensäure auch Schwefelwasserstoff gebildet wird, wodurch das Bleiweiß eine
gelbe
Farbe annehmen kann. Dies vermeidet man durch die 2) Deutsche
[* 8] Methode. Bei dieser werden die Bleiplatten in der
Mitte zusammengebogen und in Holzgestellen auf
Trägern in einem gemauerten Raume möglichst dicht aneinander aufgehängt.
In diesen Raum werden
Dämpfe vonEssigsäure geleitet, und gleichzeitig wird
Kohlensäure zugeführt.
Letztere wird erzeugt, indem man Holzkohlen oder Koks in einem offenen Ofen in dem
Lokal selbst verbrennt, oder indem man
gärende
Substanzen, Weintreber, Weingeläger u. s. w. hineinbringt, oder indem man das aus Mineralwasserquellen
entströmende
Gas durch zweckmäßige Fassung der
Quellen abfängt und in den Raum treten läßt. Die Umwandlung
des
Bleies in Bleiweiß verläuft hier auf gleiche
Weise wie beim holländ.
Verfahren; nach
Ablauf
[* 9] einiger Wochen sind die Platten bis
auf einen geringen Rest gänzlich in Bleiweiß verwandelt.
Holländisches und deutsches Bleiweiß muß unter möglichster Vermeidung des Stäubens und
Einatmens weiter bearbeitet werden. Es
existieren eigene vom datierte Vorschriften über die Einrichtung und den Betrieb der Bleifarbenfabriken.
Beim Auseinanderbiegen der Bleiplatten löst sich ein
Teil des ab, dieses wird in den
Stücken, so wie es abfällt, verpackt
und kommt als
Schieferweiß in den
Handel. Der Rest des Bleiweiß hängt fest an dem Bleirückstand und wird durch
Pressen zwischen kannelierten Holzwalzen hiervon getrennt.
Dem so gewonnenen Bleiweiß ist dann noch durch
Mahlen auf Naß- oder Trockenmühlen der hohe
Grad von Feinheit zu geben, den es zu
seiner Verwendung als
Farbe bedarf. 3)Französische Methode von
Thenard. Bei diesem, zuerst in der Fabrik zu
Clichy angewandten
Verfahren erfolgt die
Darstellung des Bleiweiß, indem man in eine Lösung von basisch essigsaurem
Blei direkt
Kohlensäure
einleitet. Die
Kohlensäure erhält man durch Verbrennen von Koks in geeigneten Öfen,
[* 10] oder nach Ozouf, indem man abgekühlte
Schornsteinluft auf Sodalösung wirken läßt und das gebildete
Bicarbonat durch Erhitzen zersetzt, wobei
man die
Kohlensäure in einem Gasbehälter sammelt. Der zur
Darstellung des Bleiweiß dienende
Apparat der Fabrik zu
Saint
[* 11]
Denis ist
in umstehender
[* 1]
Figur abgebildet. Die Lösung des basisch essigsauren
Bleies wird in dem hölzernen, mit
¶
mehr
Rührwerk Y versehenen Bottich X durch innige Mengung von Bleiglätte mit Essig dargestellt und fließt von hier nach W, von
wo sie durch die Pumpe
[* 13] V in den liegenden Cylinder T gefördert wird. In letztern wird durch U die im Gasbehälter Q gesammelte
Kohlensäure geleitet und die Flüssigkeit mit dem Gase
[* 14] durch ein Rührwerk in innige Berührung gebracht.
Nach beendigter Zersetzung fließt das Ganze in den Bottich b; hat sich hier das Bleiweiß zu Boden gesetzt, so wird das in Lösung
bleibende neutrale Acetat durch das Rohr c und die Pumpe d abgezogen und nach X gebracht, wo es wieder
mit Glätte gesättigt wird.
Das in b verbleibende Bleiweiß wird mit Wasser angerührt und durch Dekantation so lange gewaschen, bis es keine Bleilösung mehr
abgiebt; alsdann läßt man den Brei in den Rumpf g fliehen, von wo die nasse Farbe in dünner Schicht auf den rotierenden
Dampfcylinder f verteilt und bei der Umdrehung getrocknet wird. Die trocknen Schuppen werden durch einen
Abstreicher vom Cylinder abgenommen, fallen auf den Boden des Raums und werden von hier einer Trockenmühle zugeführt. Das
französische Bleiweiß ist lockerer als das deutsche und holländische, erfordert daher eine größere Menge Öl
bei seiner Verwendung als Anstrichfarbe und besitzt eine geringere Deckkraft.
Dem Bleiweiß werden häufig andere Stoffe zugefügt, teils um seine weiße Farbe zu nuancieren, teils um es billiger zu machen. So
z. B. ist das Kremserweiß und Perlweiß durch eine Spur Indigo
[* 15] ins Bläuliche abgetönt, Venetianerweiß hat gleiche Teile
und Schwerspat oder Blanc fixe, Hamburgerweiß 1 Teil und 2 Teile Schwerspat, Holländerweiß ein Teil und 3 Teile
Schwerspat. Pattinsons Bleiweiß ist ein durch große Deckkraft ausgezeichneter Ersatz für gewöhnliches Bleiweiß (s.
Bleioxychlorid).
In Deutschland
[* 16] betrug 1891 die Ausfuhr von Bleiweiß 117 538, die Einfuhr nur 7155 Doppelcentner.