Betrieb der luth. Eiferer aus dem württemb. Kirchendienste entlassen. Von Konstanz
[* 2] aus machte er sich noch um die Kirchenverbesserung
in mehrern oberdeutschen
Städten, wie Isny,
Lindau
[* 3] und
Augsburg
[* 4] verdient. Die
Not des Interims zwang ihn, eine Zufluchtsstätte
in der
Schweiz
[* 5] zu suchen, wo er als Prediger in Winterthur starb.
Außer sehr zahlreichen, historisch
wichtigen
Briefen ist eine Anzahl kleinerer reformatorischer
Schriften von ihm vorhanden. -
Vgl. die
Biographien B.s von
Keim
(Stuttg. 1860) und Pressel (Elberf. 1861).
Cyanwasserstoffsäure, Formonitril
(Acidum hydrocyanicum oder borussicum), ist im wasserfreien Zustande
eine farblose, sehr bewegliche Flüssigkeit von starkem bittermandelartigem
Geruch, die schon bei 26,5°
C. siedet und bei -15° erstarrt. Die
Dichte der flüssigen Säure ist 0,705 bei +7°. Sie brennt mit schwach violett gefärbter
Flamme
[* 6] und ist in jedem Verhältnis mit Wasser und
Weingeist mischbar. Sie besteht aus
Wasserstoff, verbunden mit dem Radikal
Cyan (s. d.), ihre chem.
Formel ist HCN oder HCy.
Zur
Darstellung der wasserfreien Säure versetzt man in einem Destillationsgefäße 10
Teilegelbes Blutlaugensalz (s. d.) mit
einer erkalteten Mischung von 7
Teilen Schwefelsäure
[* 7] und 14
Teilen Wasser, verbindet den
Apparat mit einem größern, mit geschmolzenem
Chlorcalcium gefüllten
Gefäß,
[* 8] das in Wasser von 30° C. eingesenkt ist, und läßt die hieraus entweichenden
Dämpfe in einen mit einer Kältemischung umgebenen Cylinder treten.
In dem Chlorcalciumgefäße werden die Wasserdämpfe zurückgehalten,
die Blausäure verdichtet sich in dem abgekühlten Cylinder.
Die wässerige Säure erhält man durch
Destillation
[* 9] obiger Mischung mit größerm Wasserzusatz, ohne Einschaltung des Chlorcalciumgefäßes.
Bei der
Darstellung der Blausäure, namentlich der wasserfreien, muß die größte Vorsicht angewendet werden,
weil sie unter die stärksten
Gifte gehört. Die heftige Wirkung zeigt sich nicht nur, wenn in den
Magen
[* 10] gelangt, sondern auch
wenn sie durch eine Wunde in unmittelbare Berührung mit dem
Blute kommt, oder die
Dämpfe derselben eingeatmet
werden.
Der eigentümliche und übereinstimmende
Geschmack der bittern
Mandeln,
Pfirsich-, Pflaumen-, Kirsch- und andern Fruchtkerne
von
Pflanzen, die zu der Gattung Prunus und
Amygdalus gehören, rührt von der Blausäure her, die aus dem in den genannten Pflanzenteilen
enthaltenen
Amygdalin (s. d.) unter Einwirkung von Wasser und
Emulsin entsteht. Die Blausäure ist auch die
Ursache
der giftigen Wirkung der Maniokwurzel. Durch
Destillation jener Fruchtkerne und der Kirschlorbeerblätter mit Wasser erhält
man blausäurehaltige Wässer
(Aqua amygdalarum amararum,
Aqua laurocerasi,
Aqua cerasorum usw.); auch die über
Pfirsich-, Pflaumen-
und Kirschkerne abgezogenen
Branntweine, wie
Persico, Sliwowitz und
Kirschwasser, enthalten Blausäure. Von den genannten Wässern
hat das deutsche
ArzneibuchAqua amygdalarum amararum (s.
Bittermandelwasser) mit einem vorgeschriebenen Gehalt von 0,1 Proz.
Cyanwasserstoffsäure, an
Stelle der früher offizinell gewesenen Blausäure treten lassen,
Aqua laurocerasi wird durch
Aqua amygdalarum
amararum, und
Aqua cerasorum durch
Aqua amygdalarum amararum diluta (Verdünnung mit 19
Teilen Wasser, also 0,005 Proz.Cyanwasserstoffsäure
enthaltend) ersetzt.
IhrenNamen hat die Blausäure daher, weil sie mit eisenoxydhaltigen Eisenoxydulsalzlösungen einen blauen Niederschlag,
das sog. Berlinerblau, liefert. Diese Reaktion kann auch zur Erkennung der Anwesenheit der und
ihrer
Verbindungen in Flüssigkeiten benutzt werden. Wenige
Tropfen wasserfreier Blausäure reichen hin, ein
Tier oder einen
Menschen
sofort unter
Starrkrämpfen zu töten. Gegen geringere genossene Mengen wendet man
Erbrechen an.
Büchner
rät als Gegengift
Ammoniak an, Orfila schwache Einatmungen von
Chlor oder halbstündliche Einnahme von drei bis vier Theelöffeln
Terpentinöl. In sehr verdünnter Form wendet man sie an als
Arzneimittel gegen
Asthma,
Herzzufälle u. s. w. Man benutzt hierzu
dasKirschlorbeerwasser oder das
Bittermandelwasser.
BeimAufbewahren zersetzt sich die Blausäure leicht unter Abscheidung
von Azulmsäure.
Die Blausäure giebt ebenso wie die Halogenwasserstoffsäuren feste
Salze, die man
Cyanide nennt und in welchen der
Wasserstoff durch
Metallatome vertreten ist. Das Kalisalz der Blausäure ist z. B. das
Cyankalium (s. d.) oder Kaliumcyanid KCN. DasSilbercyanid
AgCN ist ebenso wie das
Chlorsilber ein weißer, in Wasser unlöslicher, in
Ammoniak löslicher Niederschlag. Die Blausäure geht unter
Aufnahme von Wasser leicht in
Ammoniak und
Ameisensäure über.
(ApaturaIrisL.), ein
Tagschmetterling, s.
Schillerfalter. ^[= (Apatura), schöne und ziemlich große Tagschmetterlinge mit schwarz und weißer Zeichnung und ...]
soviel wie Farbschreiber (s.
Elektrische Telegraphen). ^[= # Telegraphen (s. d.), welche durch elektrische Wirkungen am Empfangsorte wahrnehmbare, meistens ...]
[* 12]
(engl.
blue stocking; frz.
bas bleu), ein Spottname für gelehrte Frauen, die ihren schöngeistigen Neigungen
zuliebe die häuslichen Pflichten vernachlässigen und ihre gelehrten Kenntnisse selbstgefällig zur Schau tragen. Mit dem
Ausdruck blue stockings soll zuerst der holländ.
Admiral Boscawen während eines Aufenthalts in England (noch
nicht lange aufgekommene) Gesellschaften bezeichnet haben, an denen Herren und
Damen behufs geistvoller Unterhaltung teilnahmen,
und
Anlaß zu dieser Bezeichnung der Umstand gewesen sein, daß in solchen Gesellschaften der Geistliche Benj.
Stillingfleet (gest. 1771), der sich durch
Anmut des Gesprächs auszeichnete, seinen
Anzug vernachlässigend in blauen Kniestrümpfen
erschien; so berichtet Dorans
Buch über Lady Montague,
Kap. 11. Der
Name fand bald weite
Verbreitung; den
üblen Nebensinn hat das Wort erst allmählich erhalten. Einen ganz andern Ursprung besitzt die zweite, nicht mehr übliche
Bedeutung
«Spion, Angeber, Verleumder» (noch bei
Schiller,
«Räuber», II, 3). Diese soll entweder (nach
Grimm) eine Übertragung
vom
Teufel sein, der plötzlich den schwarzen Bocksfuß zeigt, oder vom blaustrümpfigen Polizisten herrühren.
(Cyanosis,
Morbus coeruleus) nennt man einen Krankheitszustand, bei welchem sich eine anhaltende bläuliche,
bisweilen selbst tiefblaue Färbung der äußern
Haut
[* 14] sowie der Lippen, der
Zunge und Mundschleimhaut zeigt, und welche entweder
von einer hochgradigen
Beschränkung des
¶
mehr
Gaswechsels in den Lungen oder von mechan. Störungen des Blutlaufs und dadurch bedingter Stauung des venösen (kohlensäurereichen)
Blutes in den Haargefäßen und Venen herrührt, daher die allgemeine Blausucht besonders organische Herzfehler begleitet. Bei angeborenen
oder in frühester Jugend erworbenen Fällen letzterer Art bildet sich auch der ganze Körper unvollkommen aus.
Die Knochen
[* 16] bleiben dünn, die Nagelglieder der Finger nehmen eine breite, dicke, kolbige Form an u. s. w.
Solche Individuen sind infolge der Überladung des Blutes mit Kohlensäure stets frostig, träge und verdrießlich, erkälten
sich leicht und leiden periodisch an Erstickungsanfällen, denen sie auch zuletzt erliegen.
Die Sektion zeigt Herz- und Lungenfehler verschiedener Art, bei angeborener Blausucht zuweilen Offenbleiben
der normalerweise nur der ungeborenen Frucht eigenen Blutbahnen, sodaß das Arterien- und Venenblut sich miteindander vermischt.
Die chronische Blausucht ist unheilbar. Man beschränkt sich hier auf eine symptomatische Behandlung der Anfälle und deren Vermeidung
durch höchste Ruhe und beständigen Aufenthalt in einer warmen, gleichmäßigen Temperatur. Die akuten
blausüchtigen Zufälle aber, welche sich im Gefolge der verschiedensten Krankheiten, besonders der Lungen- und Herzübel,
oder nach verschluckten festen Körpern, oder nach der Einatmung schädlicher (irrespirabler) Gasarten einstellen, fordern
große Aufmerksamkeit und energisches, dem drohenden Erstickungstode vorbeugendes Heilverfahren.