Entwicklung und Vervollkommnung es sich handelt, von Bildung des Gedächtnisses, der Phantasie, des Verstandes, des Charakters,
des Herzens u. s. w.
Sehr häufig bezeichnet man auch den Inbegriff dessen, was ein Individuum, ein Volk wie ein Zeitalter in diesen verschiedenen
Gebieten und Richtungen erreicht hat, als die Bildung desselben. Sucht man diesen Inbegriff zu einem System der
Bildung zu gliedern, so behauptet den obersten Rang die moralische Bildung. Während durch diese die allgemeinen
Grundfesten der Gesellschaft gestützt werden, erwirbt der Mensch durch intellektuelle Bildung die Mittel zur Herrschaft über die
Natur, und hiermit die Befähigung, seine Sorgen und Interessen von dem Kampfe um die nächsten Lebensbedürfnisse
hinweg der Anordnung jener moralischen Angelegenheiten zuzuwenden, in denen die Bestimmung des Menschenlebens besteht.
Und wie die intellektuelle Bildung sich zur moralischen als Mittel und Werkzeug verhält, so zu ihr wieder die Ausbildung in den
agrarischen, technischen, merkantilen, gymnastischen, militärischen und industriellen Geschicklichkeiten und Fertigkeiten.
Die harmonische Entfaltung aller Anlagen des Menschen aber ist nur durch ästhetische Bildung zu erreichen,
da diese teils durch Gewöhnung an das Verständnis des künstlerischen Lebens, teils durch Veredlung und Verfeinerung der
gesamten Gefühlsweise die Einseitigkeiten der einzelnen Bildungsrichtungen aufhebt. Die Untersuchung und Darstellung des
histor. Verlaufs, den die Bildung des Menschengeschlechts bei verschiedenen Völkern und zu verschiedenen
Zeiten genommen hat, ist Gegenstand der Kulturgeschichte. - Über die Bildungsanstalten (Volksschulen, Seminare, Gymnasien, Universitäten
u. s. w.) s. die Einzelartikel.
militärärztliche. Die unter dem Namen militärärztliche in Berlin bestehenden Anstalten haben
den Zweck, für das deutsche Heer und die deutsche Marine wissenschaftlich und technisch leistungsfähige
Sanitätsoffiziere heranzubilden. Aufgenommen werden nur Staatsangehörige des Deutschen Reichs außer Bayern. Die Studierenden
dieser Anstalten gehören teils dem Medizinisch-Chirurgischen Friedrich-Wilhelms-Institut, teils der Medizinisch-Chirurgischen
Akademie für das Militärwesen an. Ersteres wurde infolge der Bemühungen Goerckes (s. d.) unter dem Namen Pepinière
errichtet, der 1818 mit der jetzigen Bezeichnung vertauscht ward.
Die Akademie wurde an Stelle des 1809 aufgelösten Collegium medico-chirurgicum durch Kabinettsorder vom gegründet
und im Nov. 1811 eröffnet. Die Studierenden beider militärärztlichen Bildungsanstalten sind bei der «Akademie» immatrikuliert. Die Ausbildung
und die spätern Rechte der Studierenden beider Anstalten sind völlig gleich, der einzige Unterschied
besteht in einer Verschiedenheit der während der Studienzeit gewährten Vergünstigungen und der daraus hervorgehenden besondern
Dienstverpflichtung, die für die Studierenden des Friedrich-Wilhelms-Institutes eine doppelt so lange ist als für diejenigen
der Akademie.
Die Anstalten gewähren nach einem bestimmten, alljährlich zeitgemäß vervollkommneten Studienplan den umfassendsten Unterricht
in allen Gebieten der ärztlichen Wissenschaft und ihrer Hilfszweige an der Universität zu Berlin, gemeinsam
mit den Studierenden der letztern, außerdem Wiederholungsunterricht in den wichtigsten Lehrfächern unter Benutzung reichhaltiger
Sammlungen und
die für den Heeres-Sanitätsdienst erforderliche besondere Ausbildung. Die Studienzeit umfaßt 9 Halbjahre,
von denen das erste Sommerhalbjahr der Ausbildung mit der Waffe bei einem Garderegiment gewidmet wird.
Nach Beendigung der Studien werden die Studierenden zunächst als Unterärzte in der Armee oder Marine angestellt, zum Teil als
solche behufs erhöhter Ausbildung im praktischen Krankendienste auf ein Jahr in das Charitékrankenhans zu Berlin kommandiert.
Beide Bildungsanstalten stehen unter dem preuß. Kriegsminister als Kurator, dem Generalstabsarzt der preuß. Armee als
Direktor und einem Generalarzt als Subdirektor; der Etat umfaßt 28 Stabsärzte (davon 2 der Marine) als Repetenten und ordinierende
Ärzte im Charitékrankenhause und 264 (einschließlich 18 der Marine) Studierende (darunter 57 der Akademie). Außer der Ausbildung
der Studierenden dienen die militärärztlichen Bildungsanstalten zugleich in hohem Maße der wissenschaftlichen und
praktischen Fortbildung der Sanitätsoffiziere durch die Verwendung solcher (mit meist dreijährigem Wechsel) als Repetitoren,
behandelnde Ärzte in der Charité und Assistenten klinischer Lehrer. Die militärärztlichen Bildungsanstalten haben eine große Bedeutung
nicht nur für das Militär-, sondern auch für das Civil-Medizinalwesen in Deutschland; viele berühmte Ärzte sind
aus ihnen hervorgegangen.
Die Heranbildung und Fortbildung der Militärärzte anderer großer Armeen geschieht gegenwärtig zum Teil in abweichend organisierten
Anstalten, zum Teil ganz ohne solche. Als erste bedeutende Bildungsanstalt für Militärärzte (und zwar an Stelle der seit 1768 in
Brüssel unterhaltenen «Schule der militär.
Wundarznei») wurde die Medizinisch-Chirurgische Josephsakademie zu Wien 1784 gegründet. Dieselbe gelangte
zu hohem Ruhme, verfiel jedoch später, wurde 1848 geschlossen und durch ein «Feldärztliches
Institut» ungenügend ersetzt, 1854 wieder eröffnet, nach kurzem neuen Glänze 1864 wesentlich umgestaltet, 1874 aber wiederum
aufgelöst. An ihre Stelle trat nunmehr bis auf weiteres der «Militärärztliche Kurs».
(S. Fortbildungskurse, militärärztliche.) Großbritannien besitzt gegenwärtig die «Army Medical School»
zu Netley im Fort Pitt zu Chatham eröffnet),
Frankreich die «École d'application de la médicine et pharmacie
militaire» zu Paris (durch Verfügung vom begründet und 1856 mit dem Val-de-Grâce, dem größten Militärlazarett
von Paris, organisch verbunden) sowie zwei Vorbereitungsanstalten für dieselbe zu Bordeaux und Nancy;
Italien seit die «Scuola d'applicazione di sanità militare»
zu Florenz, Rußland die (aus der allgemeinen Medizinisch-Chirurgischen Akademie durch Statut vom 10./22. Juli 1881 hervorgegangene)
«Militärmedizinische Akademie».
Litteratur. Bestimmungen über die Aufnahme in die königlich preuß. militärärztlichen Bildungsanstalten (Berl.
1890);
Knorr, Entwicklung und Gestaltung des Heeres-Sanitätswesens der europ. Staaten (2. Aufl., Hannov.
1883);
auch Volksbildungsvereine, zum Unterschied von Arbeiterbildungsvereinen (s. d.) Vereine, die sich die
Verbreitung und Hebung der Bildung des Volks im
mehr
allge-1017 meinen, nicht bloß der arbeitenden Masse im engern Sinne, zum Ziel setzen. Die Mittel dazu sind: Bibliotheken, Lesezimmer,
Wanderlehren, Unterrichtskurse, Vorträge, Herausgabe von Druckwerken u.s.w. Ein Verein solcher Art ist die «Gesellschaft znr
Verbreitung von Volksbildung» in Berlin, gegründet 1871, mit (1891) 818 Vereinen und 2792 persönlichen Mitgliedern; Summe
der Jahresbeiträge 26694 M. und 3103 M. außerordentliche Beiträge. Der Wirkungskreis der Gesellschaft erstreckt sich über
das ganze Deutsche Reich, Sie giebt die Monatsschrift «Der Bildungsverein» (seit
1871) sowie Volksbücher, Broschüren u.s.w. heraus; sie wirkt für die Begründung von Pfennigsparkassen, Arbeiterkolonien, Kinderheimen,
Ferienkolonien, Volksbädern, Koch- und Wirtschaftsschulen, Volkskaffeeschenken u.s.w.; auch sorgt sie
für öffentliche Vorträge, Bibliotheken und Fortbildungsschulen.
Ein anderer Bildungsverein ist der Verein für Massenverbreitung guter Schriften (für den Buchhandel unter der Firma «Schriftenvertriebsanstalt»)
in Weimar, gegründet 1889, unter dem Protektorat des Großherzogs, mit (1892) 5650 Mitgliedern, 31 Zweigvereinen und 10 großen
Vertretungen; Vermögen 34000 M. Von den Volksschriftenvereinen (s. Volksschriften) unterscheidet er sich
dadurch, daß er bisher nur Schriften erzählenden und unterhaltenden Inhalts herausgab (22) und sie mit Hilfe des Fachbuchhandels
und der bestehenden Colportage (bis Anfang 1892 etwa 1 Mill. Hefte und 5000 Bände) verbreitete. – 1889 zur Zeit der Weltausstellung
fand in Paris ein internationaler Kongreß für Volksbildung statt, auf dem die Gründung eines internationalen
Vereins für freies Volksbildungswesen beschlossen wurde.