mehr
welche, wenn sie bis zu einem gewissen Grade vollendet ist, eine langsamere Gärung, die Nachgärung, folgt, deren Thätigkeit im Lagerkeller und bis zum Konsum stattfindet. Bei der Hauptgärung werden in verhältnismäßig kurzer Zeit beträchtliche Mengen von Zucker [* 2] zersetzt; sie verläuft in 7-14 Tagen; bei der Nachgärung wird das Bier durch vollständiges Absetzen der Hefe [* 3] blank. Die sich in der Nachgärung auf Kosten des Extrakts stetig entwickelnde Kohlensäure wird zum Teil chemisch und mechanisch gebunden. Die Nachgärung kann Wochen und Monate hindurch fortgeführt werden.
Es giebt zwei Arten von Gärungen, eine Unter- und eine Obergärung. Erstere verläuft bei einer Temperatur von 5 bis 10,5° C. und findet Anwendung bei Würzen für die Erzeugung von bayrischen und diesen verwandten Bieren; sie ist in Deutschland [* 4] und Österreich [* 5] vorherrschend. Die Obergärung verläuft bei einer Temperatur von 12,5 bis 25° C. und ist besonders in England, Belgien, [* 6] Frankreich, weniger in Deutschland und Österreich, dann nur für besondere Bierarten, wie das Weißbier, in Anwendung.
Die Gärung wird eingeleitet durch «Hefe», einen Sproßpilz, der eine Kulturpflanze geworden ist, und welcher Saccharomyces cerevisiae genannt wird. Die Bierhefe, Satz oder Zeug genannt, besteht, so wie sie in den meisten Brauereien verwendet wird, zum größten Teile aus den Zellen dieses Pilzes; außerdem sind meist Spaltpilze und Zellen von andern Sproßpilzen als Verunreinigung vorhanden. 1883-84 wurde durch die Forschungen des Dänen Ch. Hansen die Reinhefe in den praktischen Betrieb eingeführt.
Die Reinhefe besteht nur aus einer einzigen Art von Kulturzellen und ist frei von Keimen anderer Mikroorganismen. Es giebt verschiedene Arten der Kulturhefe, Saccharomyces cerevisiae, deren Unterschiede morphologisch ebenso festgestellt werden können, wie sie in der verschiedenen Wirkung, die sie auf die Bestandteile der Bierwürze ausüben, und durch die dem Gärungsprodukte verliehenen Eigenschaften deutlich zu Tage treten. Die Reinhefe hat seit ihrer Einführung bedeutende Erfolge erzielt.
Das untergärige Bier erleidet in der Gärung folgende Behandlung. Nachdem die Würze auf dem Kühlschiff oder mittels Kühlapparats die zum Einleiten der Untergärung nötige Temperatur von 5 bis 7,5° C. erreicht hat, wird sie in den Gärkeller abgelassen. Derselbe ist ober- oder unterirdisch angelegt, hat eine Höhe von 3 bis 4 m und muß gut ventiliert werden können. Die Gärbottiche zur Aufnahme der Würze sind aus Eichen-, seltener Lärchenholz (vereinzelt sind sie auch aus Schieferplatten zusammengesetzt), mit einem Inhalt von 20 bis 30 hl. Sobald die Würze (jetzt Anstell- oder Stammwürze genannt) auf die Gärbottiche verteilt ist, wird die Hefe zugegeben: es wird angestellt oder Zeug gegeben.
Die Art des Anstellens geschieht entweder auf trocknem oder nassem Wege. Beim sog. Trockengeben wird das bestimmte Quantum Hefe (auf 1 hl Bier etwa ½ l flüssige dickbreiige Hefe) mit wenig Würze in einem separaten Gefäße angerührt und nach einem kräftigen Durchmengen der Flüssigkeit mittels Hand [* 7] oder Maschine, [* 8] dem Aufziehen, der Gesamtwürze in dem Gärbottiche zugegeben. Beim sog. Naßgeben oder Herführen giebt man das Gesamtquantum Hefe auf einen Bottich von 4 bis 6 hl Inhalt in Würze von etwa 12,5° C. und setzt die bereits nach wenigen Stunden in kräftiger Gärung befindliche Würze der Gesamtwürze zu. Letzteres Verfahren hat den Zweck, Hefe zu sparen und dieselbe zu kräftigen.
Nach dem Anstellen wird die Hefe mit der Würze durch kräftiges Durchkrücken, Aufziehen, mittels eines hölzernen Schöpfers innig vermengt und durchlüftet. Etwa 24-30 Stunden nach dem Anstellen bildet sich durch die entweichende Kohlensäure eine schwache, weiße Decke [* 9] (das Ankommen). Wenige Stunden später zeigt sich am Rande des Bottichs ein erhöhter Schaumkranz, der sich von Stunde zu Stunde gegen die Mitte des Bottichs zusammenzieht (das Wegschieben). Durch das heftige Entweichen der Kohlensäure wird der Schaum konsistenter, welcher bald auf der ganzen Oberfläche ein geträufeltes, zackiges Aussehen annimmt (niedere Krausen).
Die Periode der niedern Krausen dauert 2-3 Tage. Bei weiterm Verlaufe der Gärung werden die Krausen lockerer, steigen höher und nehmen eine schmutziggelbe bis bräunliche Färbung an (hohe Krausen). Nachdem Stadium der hohen Krausen wird die Gärung bedeutend schwächer, die Temperatur des Biers nimmt nach und nach ab, die Krausen gehen zurück und bilden nunmehr eine schaumige Masse, welche allmählich verschwindet und nur eine gleichmäßig braune, starke Decke von Ausscheidungen zurückläßt.
Diese braune Decke besteht hauptsächlich aus Hopfenharz und Eiweißkörpern mit eingeschlossener Hefe. In dem Maße, als die Gärung nachläßt, wird die getrübte Flüssigkeit immer klarer, und die Hefe setzt sich immer vollständiger zu Boden. Während der Periode der hohen Krausen ist die Gärthätigkeit der Hefe am stärksten, und es steigt die Temperatur der gärenden Würze bedeutend; ebenso findet die stärkste Abnahme (Vergärung) des Extraktes statt; dieselbe beträgt in je 24 Stunden 1-1,5 Proz. Die Temperatur läßt man bei dunklem Bier auf 10 bis 10,6° C., bei hellem auf 8 bis 9,5° C. steigen und kühlt die Flüssigkeit durch mit Eis [* 10] gefüllte Behälter aus Zinkblech (Schwimmer), welche in der gärenden Würze schwimmen, oder mittels Kühlvorrichtungen (Taschenkühler), in welchen durch Eismaschinen gekühltes Wasser cirkuliert, langsam herunter und schließlich auf die Temperatur, mit der das Bier im Lagerkeller aufbewahrt wird.
Die Beendigung der Hauptgärung wird bestimmt nach der Extraktabnahme und dem Aussehen der gegorenen Würze (des Biers). Beträgt die Extraktabnahme in 24 Stunden nur noch 0,1 Proz. und ist das Bier, im Schauglase gegen ein Kerzenlicht gehalten, zwischen den schwimmenden Hefeteilchen klar, so ist die Hauptgärung vollendet, das Bier ist zum Fassen reif. Je nachdem sich die Hefeteilchen weniger oder stärker zusammenballen, sagt man: der Bruch des Biers ist fein- oder grobgriesig.
Man unterscheidet zwischen grün und lauter fassen. Im erstern Falle enthält das Bier beim Fassen verhältnismäßig viel Hefe suspendiert, während im letztern Falle die meiste Hefe sich abgesetzt hat. Biere mit kurzer Lagerdauer werden grün, solche mit langer Lagerdauer lauter gefaßt. Die Zeit der Hauptgärung, die Gärdauer, ist je nach der Temperatur des Gärkellers und der Konzentration der Würze verschieden und beträgt bei einer Kellertemperatur von 6,3° C. für braune Biere mit 11-14 Proz. 7-10 Tage, für lichte und schwere Biere 12-14 Tage und länger. Der scheinbare Vergärungsgrad oder die scheinbare Attenuation, d. h. diejenige Zahl, welche angiebt, wie viele Gewichtsteile von 100 Gewichtsteilen ursprünglich in der Würze enthalten gewesenen ¶
mehr
Extrakts während der Hauptgärung, nach der Saccharimeteranzeige vor und nach derselben, in Alkohol und Kohlensäure zerlegt wurden, beträgt für vollmundige Biere 50-55 Proz., für weinige Biere 60-75 Proz. Beispiel: Angenommen, die Konzentration der Würze beim Einleiten der Gärung durch Zugabe von Hefe betrug 14,0 Proz., die Saccharimeteranzeige beim Fassen 7,0 Proz.;
während der Hauptgärung wurden also in Alkohol und Kohlensäure zerlegt 14,0-7,0 = 7,0 Proz., also 14,0:100 = 7,0:x; x = 50,0 Proz. scheinbarer Vergärungsgrad.
Der wirkliche Vergärungsgrad ist die Prozentangabe des thatsächlich vergorenen Extrakts, der nicht aus der Saccharimeteranzeige des Biers, sondern aus der des von Alkohol befreiten Biers ermittelt werden kann. Der Vergärungsgrad wird beeinflußt durch die Hefenrasse und durch den Charakter des Malzes und andere Ursachen (s. Attenuation). Ist das Bier zum Fassen (Schlauchen) reif, so entfernt man durch Abheben die braune Decke des Biers und zapft den Bottich an einer oberhalb der Hefenschicht befindlichen Öffnung an. Das Bier fließt durch Schläuche entweder direkt in den unterhalb des Gärkellers befindlichen Lagerkeller oder wird dahin gepumpt.
Ist der Lagerkeller weiter entfernt, so wird das Bier mittels sog. Fuhrfässer transportiert. Nachdem das Bier vollständig abgelaufen ist, wird die Hefe entfernt. Dieselbe lagert in drei Schichten auf dem Boden des Bottichs; die obere Schicht besteht aus leichten Hefen und Mikroorganismen sowie den während der Gärung ausgeschiedenen Substanzen, die mittlere aus den gut entwickelten Hefezellen, die untere aus mechan. Verunreinigungen und Gelägerbestandteilen der Bierwürze.
Zur Weiterverwendung, d. h. zum Anstellen neuer Gärungen wird nur die beste Hefe, also von der mittlern Schicht genommen, während die Hefe der beiden andern Schichten zur Verwendung in Brennereien z. B., als Abfallhefe verkauft wird. Die Bierhefe (der Satz) wird mit Wasser gewaschen und nach zweimaligem Wechsel des Wassers in hölzernen oder eisernen Wannen unter Wasser aufbewahrt, jedoch selten in flüssigem Zustande länger als 24 Stunden. Gepreßt und unter Luftabschluß an einem kühlen Orte aufbewahrt, kann Hefe längere Zeit hindurch konserviert werden.
Auch durch Gefrieren läßt sich dieselbe zweckmäßig konservieren. Die Hefe vermehrt sich während einer Gärungsperiode um das 10-20fache, sie soll beim Fassen des Biers auf dem Boden des Gärbottichs fest abgelagert sein. Dieselbe Hefe kann verschieden oft (gewöhnlich 10-15mal) angestellt (geführt) werden. Die Ursache des Unbrauchbarwerdens, des Degenerierens der Hefe, liegt besonders in der Verunreinigung der Würze und Hefe durch Bakterien und wilde Saccharomycesformen.
IV. Aufbewahrung und Behandlung des Biers. Das Bier, welches von den Gärbottichen abgezogen wird, heißt Grün- oder Jungbier. Dasselbe wird in dem Lagerkeller auf Fässer geschlaucht, in welchen es eine ruhige Gärung, die Nachgärung, durchmacht. Hierbei klärt sich das Bier durch Absetzen der Hefe. Bei der niedrigen Kellertemperatur wird die stetig langsam entwickelte Kohlensäure vom Bier gebunden. Das Bier reichert sich immer mehr mit Kohlensäure an. Biere mit einer Lagerdauer von 3 bis 6 Wochen heißen Schank-, Abzug-, Winterbiere, solche mit mehrmonatiger Lagerung Lager- oder Sommerbiere.
Die Winterbiere werden meist grün, die Lagerbiere lauter gefaßt; erstere lagern bei einer Temperatur von 2,5 bis 5° C., letztere bei einer solchen von 0,6 bis 1,9° C. Das Schankbier wird auf gepichte, d. h. mit Pech ausgekleidete Fässer von 10 bis 25 hl Inhalt verteilt, welche, damit die Klärung nicht allzusehr verzögert werde, nach mehrern Tagen bereits voll gemacht werden. An dem Spundloche der Fässer wird sich bald, nach 12-48 Stunden, eine Schaumhaube zeigen, die umso größer wird, je lebhafter die Nachgärung verläuft.
Nach einigen Tagen färbt sich die Schaumhaube dunkler und fällt mit dem Nachlassen der Gärung ganz zurück. Mit dem Zurückfallen der Haube soll das Bier klar und trinkbar sein. Hat es jedoch die erwünschte Reinheit noch nicht erreicht, so füllt man die Fässer mit Bier oder reinem Wasser ein bis zweimal nach, worauf wieder eine kleine Schaumhaube sichtbar wird. Die Klärung des Biers wird beschleunigt durch Zugabe von Spänen. Dieselben werden aus Haselnuß- oder Buchenholz gefertigt und etwa 40 cm lang, 5 cm breit, 2 mm dick geschnitten.
Vor ihrer Verwendung werden die Späne tüchtig ausgekocht und in kaltem Wasser ausgewaschen. Die Späne sind ein mechan. Klärmittel, denn sie nehmen auf ihrer Oberfläche die in dem Biere suspendierten festen Bestandteile wie Hefe, Hopfenharz u. s. w. auf. Außer den Klarspänen ist noch Hausenblase zur Klärung in Verwendung. Soll das Bier zum Verbrauche kommen, so schließt man gewöhnlich die Fässer, damit sich die entwickelnde Kohlensäure ansammle und das Bier schäumend werde, Mousseux erhalte, was man Spunden nennt. Man treibt zu dem Zwecke einen aus weichem Holz [* 12] gefertigten und mit Hanf umwickelten Spund in das Spundloch des Fasses, wodurch ein vollständig hermetischer Verschluß hergestellt wird. Die Dauer des Spundens richtet sich nach dem Zustande der mehr oder weniger starken Nachgärung und der Temperatur des Lagerkellers. Dieselbe schwankt zwischen 8-20 Tage. - Das Lagerbier wird auf Fässer von 30 bis 60 hl Inhalt verteilt. Um die Nachgärung für die mehrmonatige Lagerdauer möglichst in die Länge zu ziehen, und um ein in der Farbe und dem Geschmacke stets gleichmäßiges Produkt zu erhalten, werden die einzelnen Fässer sehr langsam eingeschlaucht, in der Weise nämlich, daß z. B. alle 8 Tage ein bestimmtes Quantum Bier auf jedes Faß [* 13] kommt.
Das gänzliche Vollfüllen der Fässer erfolgt erst dann, wenn die erste Periode der Nachgärung beendet ist. Über die Klärung und das Spunden des Lagerbiers gilt das bei Behandlung des Winterbiers Erwähnte. Ist das Bier zum Verkaufe reif, so wird es auf die sog. Transportfässer gefüllt (abgezogen). Die Haltbarkeit und der Wohlgeschmack des Biers hängt von der Hefereinheit und guten Beschaffenheit der ursprünglichen Würze ab. Bei längerer Aufbewahrung oder Transport des Biers ist indes die Haltbarkeit eine begrenzte und verringert sich besonders dann, wenn das Bier höhern und wechselnden Temperaturen ausgesetzt wird, weil auch in völlig klarem Biere noch Gärungserreger vorhanden sind, die nur einer Anregung bedürfen, um sich zu vermehren und Trübung und Absatz zu bilden. Um diese Einflüsse zu vermeiden wird das Bier auch auf dem Transport bei möglichst niedrigen Temperaturen erhalten und zu diesem Zweck in besondere Wagen, Biertransportwagen, untergebracht, die im Sommer mit Eis gekühlt werden. Man lagert das Bier bis zum Konsum ferner in Eiskellern. Auch zu große Kälte kann der Klarheit ¶