mehr
Gerstenmalz ein ausgedehnter Gebrauch gemacht und fast kein Bier erzeugt, das nicht Zusätze von derartigen Substanzen bekäme.
Die Erzeugung des Biers, das Bierbrauen aus Malz (Gersten-, Weizenmalz), zerfällt in folgende Fabrikationsteile: I. das Mälzen oder die Malzbereitung, II. die Würzebereitung, III. die Gärung, IV. die Aufbewahrung und Behandlung des Biers.
I. Das Mälzen, d. h. die Verwandlung der Gerste [* 2] in das nähere Ausgangsprodukt für die Biererzeugung, das Malz (s. d.), geschieht durch einen besondern Prozeß, welcher bezweckt, durch Keimung des Getreides besondere lösende Eigenschaften im lebensfähigen Korn zu erwecken. Dieser Keimungsvorgang wird künstlich hervorgerufen und dann unterbrochen, und es wird bei demselben u. a. durch Überführung von Proteinkörpern ein lösliches chem. Ferment, die Diastase (s. d.), erzeugt, die namentlich bei höherer Temperatur, bis etwa 70º C., in Gegenwart von Wasser das Stärkemehl in lösliche Kohlehydrate und zwar besonders in Maltose (eine Zuckerart), Dextrin (Stärkegummi) und denselben nahe stehende Zwischenprodukte verwandelt. Durch das Keimen der Gerste werden ferner gewisse Umwandlungsprodukte erzielt, durch die beim Darrprozeß jene aromatischen Stoffe geliefert werden, welche dem Bier besondern Wohlgeschmack verleihen.
Die Malzbereitung zerfällt in vier Operationen: a. das Putzen, Sortieren und Waschen der Gerste;
bier das Einweichen der Gerste;
c. das Keimenlassen der Gerste;
d. das Trocknen und Darren der geleimten Gerste (des Malzes).
Die zum Verarbeiten gelangende Gerste, die durch mehrmonatige Lagerung an einem luftigen Orte die Lagerreife erhalten haben soll, ohne welche die Gerste (wie auch anderes Getreide) [* 3] nur schlecht keimt, wird zunächst geputzt, event. sortiert und gewaschen. Durch das Putzen sollen Staub, Spreu, Unkrautsamen, Steinchen, zerschlagene Körnchen entfernt werden; durch das Sortieren will man die vollkommen ausgebildeten Körner von den schwachen trennen sowie auch die ungleich großen Körner nach Größe in besondere Partien teilen, deren gesonderte Verarbeitung viel leichter mit besserm Resultate erfolgt.
Durch das Waschen, neuerdings mit besondern Apparaten, werden die Schmutzteilchen und Pilzvegetationen an der Oberfläche der Körner entfernt. Die Gerste wird nun in steinernen oder eisernen Quell stocken, auch Weichen genannt, mit reinem und möglichst hartem Wasser eingeweicht, dessen Temperatur je nach der Jahreszeit schwankt, aber am besten nicht unter 10º C. und nicht über 15º C. ist. Weiches Wasser nimmt aus der Gerste erfahrungsgemäß viel nutzbare Substanz weg, während härteres und namentlich gipshaltiges Wasser diesen für das Mälzen ungünstigen Einfluß nicht haben soll.
Durch das Einweichen nimmt das Korn ein bestimmtes für das spätere Keimen erforderliches Quantum Wasser auf und giebt gewisse, meist unangenehm schmeckende Extraktivstoffe an dasselbe ab. Das Wasser im Quellstock wird alle 12 Stunden gewechselt, das erste, als Reinigungswasser, gleich nach Beendigung des Einweichens. Die Gewichtszunahme der «quellreifen» Gerste durch Wasseraufnahme beträgt 50-55 Proz., die Volumvermehrung etwa ⅓, der Gewichtsverlust an Trockensubstanz 1-2 Proz. Die Weichdauer beträgt je nach der Beschaffenheit des Wassers (kaltes Wasser weicht z. B. schlechter als warmes) und der Gerste 60-120 Stunden.
Sehr wichtig ist es, den richtigen Grad der Durchfeuchtung (Quellreife) zu treffen, da hierdurch die ganze Mälzungsarbeit, die Mürbheit des fertigen Darrmalzes, überhaupt dessen Qualität wesentlich beeinflußt wird. Als praktische Merkmale zur Erkennung der Quellreife gelten: das gequellte Korn zwischen Daumen und Zeigefinger zusammengedrückt, soll nicht stechen;
entzweigeschnitten, soll sich im Innersten des Korns noch eine trockne Zone zeigen u.s.w.
Man pflegt auch aus der Gewichtszunahme den Weichgrad zu bemessen, wozu neuerdings eine besondere Wage [* 4] konstruiert wurde (Bernreuthers patentierter Weicheprüfer). Die Wasseraufnahme durch das Weichen beträgt 48-52 Proz. Bei warmer Witterung ist es angezeigt, wenig Weiche zu geben und auf der Tenne «nachzuweichen», was dadurch erreicht wird, daß die noch viel anhängendes Wasser aus der Weiche bringende Gerste in dickerer Lage aufgeschichtet wird, wobei das anhängende Wasser in das Korn einzieht; durch das Nachweichen wird die bei übermäßiger Feuchtigkeit leicht auftretende Schimmelbildung verhindert.
Von dem Quellstock aus gelangt die quellreife Gerste auf die Malztenne, in welcher das Keimen vor sich geht. Die Malztennen sind geräumige luftige Keller oder auch oberirdische Räume, deren Pflasterung aus undurchlässigem Material, wie Solenhofener Platten, Cement oder Asphalt besteht. In alten Mälzereien wurde Ziegelpflaster verwendet, welches aber aus verschiedenen Gründen zu verwerfen ist. Die Temperatur in den Malztennen soll am besten 9-15º C. betragen.
Pro Centner zu vermälzender Gerste (1 hl Gerste wiegt durchschnittlich 65 kg) rechnet man 1,8 bis 2 qm Tennenfläche. Die quellreife Gerste wird auf dem Fußboden der Malztenne zu einem 15-30 cm hohen Haufen (Beet) gleichmäßig ausgebreitet. Man unterscheidet, je nachdem man die Temperatur der keimenden Gerste in den Beeten niedrig hält oder hoch steigen läßt, ein Haufenführen auf «kalten Schweiß» und auf «warmen Schweiß». Im erstern Fall fühlt sich der Haufen beim Einstechen der Hand [* 5] nicht so warm an der Oberfläche an, eher kühl und naß, im letztern warm und dämpfend. Eine zwischen diesen beiden Methoden liegende ist die am meisten verbreitete.
Der Haufen wird, bis die Gerste zu keimen beginnt, «Naßhaufen» genannt. Derselbe wird alle 8-10 Stunden umgeschaufelt, «gewendet», «gewiddert». Durch das Wenden und das mehr oder weniger dicke Legen der Beete wird die Temperatur reguliert und das Keimgut gelüftet und entwässert. Nach 20-36 Stunden wird am untern Ende des Korns die Wurzelscheide sichtbar, die Gerste «spitzt, äugelt». Einige Stunden später werden die Zellen der Wurzelscheide zersprengt und es treten 2-3 Würzelchen hervor, die Gerste «gabelt».
Sobald die Gerste sichtbar keimt, geht der Naßhaufen in das Stadium des «Junghaufens» über. Der Blattkeim, der mit beginnender Keimung die Samenfruchthaut durchbricht, schiebt sich unter der Hülse [* 6] zwischen Frucht- und Samenhaut durch. Mit zunehmender Keimung entwickeln sich sowohl Wurzel- als Blattkeim kräftiger. Das Stadium des Junghaufens dauert 2-3 Tage. Während dieser Periode ist die Keimungsenergie am stärksten, infolgedessen die Temperaturerhöhung bedeutend. Der Junghaufen wird nach Bedarf alle 5-8 Stunden gewendet, wobei man die Temperatur nicht über 23º C. steigen läßt, was man durch Dünnerlegen des Haufens ¶
[* 7] ^[Abb. 1. Malzquetsche.]
[* 7] ^[Abb. 2. Maischbott
[* 7] ^[Abb. 3. Vormaischapparat.]
[* 7] ^[Abb. 4. Maischbott
[* 7] ^[Abb. 5. Maischkess
[* 7] ^[Abb. 6. Abläuterungsapparat mit Wasserspritzrohr und Aufhackmaschine.] ¶
[* 8] ^[Abb. 1. Sudhaus (Vertikaldurchschnitt).]
[* 8] ^[Abb. 2. Lawrence-Kühler.]
[* 8] ^[Abb. 3. Bierkühlapparat nach H. Kämnitz.]
[* 8] ^[Abb. 4. Maischhöl
[* 8] ^[Abb. 5. Kühler für Bierwürze von F. Ergang.]
[* 8] ^[Abb. 6. Sudhaus (Grundriß).]
[* 8] ^[Abb. 7. Vormaischapparat.] ¶
mehr
erreicht. Ist die Keimungsenergie schwächer geworden, so ist der Haufen in das Stadium des «Althaufens» getreten. Dieser wird alle 8-10 Stunden gewendet. Der Keimungsvorgang ist ein Oxydationsprozeß, ein Atmungsprozeß, es wird neben dem Freiwerden von Wärme [* 10] viel Kohlensäure gebildet. Das Gerstenkorn selbst erleidet durch die Keimung tiefgehende Veränderungen. Die Diastase, die sich aus den stickstoffhaltigen organischen Verbindungen im Gerstenkorn während der Keimung bildete, ist um so reichlicher vorhanden, je weiter der Blattkeim unter der Hülse des Korns bis an das entgegengesetzte Ende desselben vorgeschoben ist.
Die Keimzeit, d. h. der Verbleib der Gerste vom «Ausweichen» aus dem Quellstock bis zum Auftragen der geleimten Gerste, des «Grünmalzes» auf die Darre, dauert für Malz mit Münchener Charakter 7-9 Tage, für Malz mit Wiener Charakter einige Tage länger. Das Ende der Keimzeit wird bestimmt aus der Zerreiblichkeit des Mehlkörpers (Auflösung genannt). Die Zellengewebe des Stärkemehls zerfallen während der Keimzeit in sehr kleine Partikel, welche bei richtig geführtem Mälzungsprozeh beim Zerreiben zwischen Daumen und Zeigefinger als Mehlstaub erscheinen.
Weitere Anhaltspunkte geben die Länge des Blattkeims und der Wurzelkeime. Der Blattkeim soll unter der Hülse fast bis zur Spitze des Korns (⅔-¾ der Kornlänge) vorgeschoben, die 3-5 Wurzelkeime sollen dick und gekräuselt sein und 1¼-1½ der Länge des Korns betragen. Der Gewichtsverlust, den das Korn während des Keimungsvorgangs durch Oxydation des Stärkemehls zu Kohlensäure und Wasser erleidet, beträgt 5-6 Proz.; 100 Teile Gerste erzeugen etwa 150 Teile Grünmalz.
Bereits Ende der fünfziger Jahre wurde die Idee angeregt, das Mälzen nicht mehr durch Handarbeit, sondern auf mechanisch-pneumat. Wege zu bewerkstelligen und so dasselbe auch während der warmen Jahreszeit zu ermöglichen. Seit etwa 20 Jahren findet die pneumatische Mälzerei praktisch im Betrieb Anwendung; es ist vor allem das Verdienst des Franzosen N. Galland, welcher 1874 die Idee der pneumat. Mälzerei praktisch verwertete, wenn auch seine ersten Versuche von wenig Erfolg begleitet waren.
Grundgedanke der pneumat. Mälzerei ist, einen reinen und konstanten Luftstrom von konstanter kühler Temperatur den Gersten- oder Malzhaufen durchziehen zu lassen. Entweder wird dieser Luftstrom, der mit Feuchtigkeit gesättigt ist, durch den Haufen hindurch von oben nach unten abgesaugt (Trommelsystem Galland-Freund), oder es wird die Luft von unten nach oben durch den Haufen gedrückt und die mit Kohlensäure beladene Luft des Tennenraums durch einen Ventilator nach außen abgeführt (Kastensystem Saladin). Beim Trommelsystem wird die geweichte Gerste in Trommeln gebracht, durch welche die Luft hindurchstreicht, und die um eine Achse drehbar sind, so daß das Keimgut gewendet wird; beim Kastensystem liegt das Malz auf durchbrochenen Böden und wird durch mechan. Wendeapparate bewegt. Verschiedene neue Apparate wurden in letzter Zeit ersonnen und zum Teil auch in Gebrauch genommen.
Um das Weiterschreiten der Keimung zu verhindern, wird das Grünmalz getrocknet und gedarrt. Durch das Darren (s. Malzdarren) werden dem Malz auch aromatische Eigenschaften verliehen, welche das Darrmalz vom Grünmalz oder Luftmalz (an der Luft getrocknetes Malz) unterscheiden. Das Grünmalz wird von der Tenne aus mittels Aufzug [* 11] entweder auf die «Schwelke» gebracht, einen luftigen Raum, in welchem es behufs Vortrocknung einige Stunden dünn ausgebreitet liegen bleibt, oder direkt auf die Darre gezogen. Auf der Darre wird das Malz unter Zufuhr von erwärmter Luft von steigender Temperatur und häufigem Umwenden getrocknet, wobei entweder die Bildung von Röstprodukten vermieden und dabei eine helle Farbe des Malzes beibehalten bleibt, oder unter Bildung von Röstprodukten die Farbe des Malzes mehr oder weniger dunkler wird. Die Dauer des Darrprozesses richtet sich nach der Beschaffenheit des Darrapparats und dem Produkt, welches man erzeugen will.
Bei der Erzeugung von Malz für lichte, weinige Biere ist es wichtig, daß das Malz bei niedriger Temperatur getrocknet und das Wasser aus dem Malz rasch entfernt wird, während die Herstellung dunkler, vollmundiger Biere ein langsames Trocknen des Malzes erfordert, so daß bei einer höhern Temperatur noch genügend viel Wasser vorhanden ist, ohne welches die für den Charakter des Malzes notwendigen aromatischen Körper nicht erzeugt werden könnten.
Das fertige Malz wird sofort nach dem Abräumen von der Darre mittels Putzvorrichtung vom Malzkeim, den trocknen Würzelchen befreit, «entkeimt», da die Malzkeime (s. d.) sehr hygroskopisch sind und das Malz beim Aufbewahren damit Schaden leiden würde. Ein gut bereitetes Malz soll seinen Physik. Eigenschaften nach Glanz besitzen und einen vollen gleichmäßigen Kern zeigen, beim Zerbeißen mürbe sein und beim Zerkauen keinen «grünen», sondern süßen, aromatischen Geschmack haben.
Der Blattkeim soll bei sämtlichen Körnern gut entwickelt sein; schimmelige und verletzte Körner sollen sich nicht vorfinden. 100 Teile Gerste geben etwa 80 Teile Darrmalz. Nach der Farbe und dem sonstigen Charakter unterscheidet man für die Biererzeugung drei Typen von Malz, böhmisches, Wiener und bayrisches Malz. Diese drei Kategorien von Malz für die Herstellung von böhmischen, Wiener und bayrischen Bieren unterscheiden sich wesentlich in Bezug auf ihre Physik, und chem. Eigenschaften. Böhm. Malz zeigt eine blasse, lichte Farbe und hat grünen, mehligen Geschmack;
beim Wiener Malz ist das Korn gleichmäßig blaßgelb gefärbt und schmeckt angenehm aromatisch;
bayr. Malz ist in der Farbe durchgehends schwach gelblich bis bräunlich;
das Malzaroma sowie der röstige Geschmack tritt kräftig hervor.
Beim Darrprozesse gehen wesentliche Umlagerungen im Korn vor sich; vor allem wird die spätere Bildung vergärbarer Substanzen bei den verschiedenen Temperaturen verschieden beeinflußt. Da die Diastase bei zunehmender und anhaltender höherer Temperatur immer mehr geschwächt wird, so werden aus den niedrig gedarrten Malzen bedeutend mehr vergärbare Substanzen erhalten als aus den höher abgedarrten, was bei der spätern Verwendung der Malze zur Bierbereitung zum Ausdruck kommt.
Das entkeimte Malz ist gut aufzubewahren und nach einer Lagerdauer von 6 bis 10 Wochen in Verwendung zu nehmen. Frisches Malz verbraut sich stets schlecht. Die Aufbewahrung geschieht zweckmäßig in solchen Räumen, welche möglichst vor feuchter Luft geschützt sind, am besten in den sog. Silos, geschlossenen Kästen aus Holz [* 12] oder Eisen. [* 13] Das abgelagerte Malz wird behufs Entfernung des Staubes kurz vor seiner weitern Verarbeitung mittels Maschine [* 14] gereinigt. ¶