Bielbrief wurde auch diejenige
Urkunde genannt, durch welche bei einem über ein Schiff
[* 2] geschlossenen
Kaufvertrag zur Sicherung der
künftigen
Zahlung des Kaufpreises das Schiff von dem neuen Eigentümer dem Verkäufer besonders verpfändet wurde.
Endlich versteht man unter Bielbrief die
Urkunde, welche über ein
Darlehn errichtet wird, welches zum
Bau eines
Schiffs oder zur
Ausrüstung eines solchen unter Verpfändung des Schiffs oder auch nur gegen die Zusicherung, daß das Schiff
nicht früher vom
Stapel laufen darf, als bis das
Darlehn zurückgezahlt sei, dem Eigentümer gegeben wird. Wenn ausgemacht
ist, daß im Falle Auslaufens des Schiffs
vor der Rückzahlung der Schuldner zu der Rückzahlung nur verpflichtet sein soll,
wenn das Schiff wohlbehalten ankommt, liegt ein Fall der uneigentlichen
Bodmerei (s. d.) vor. In diesem Falle wird der auch
Bodmereibrief genannt.
1)Landkreis, ohne die Stadt Bielefeld, im preuß. Reg.-Bez.
Minden,
[* 4] hat 261,47 qkm, (1890) 48 130 (23 825 männl., 24 305 weibl.) E. und 34 Landgemeinden.
- 2)
Stadtkreis (12,21 qkm) und Kreisstadt im Landkreis Bielefeld im preuß. Reg.-Bez.
Minden, in anmutiger Gegend am Nordfuße des
TeutoburgerWaldes, in 120 m Höhe, an der Linie Löhne-Hamm
der
Preuß. Staatsbahnen,
[* 5] durch den
BachLutter in die
Altstadt und Neustadt
[* 6] geteilt, hat (1890) 39 950 (19 070 männl., 20 874 weibl.)
E., darunter 4599 Katholiken und 681 Israeliten, in Garnison das 2.
Bataillon des Infanterieregiments
GrafBülow von
Dennewitz
Nr. 55; einen Oberbürgermeister,Bürgermeister, 8 Magistratsmitglieder und 36 Stadtverordnete.
Unter den 5 (4 evang., 1 kath.) in Bielefeld vorhandenen
Kirchen besitzt die Neustädter Marienkirche ein schönes Altarbild (14. Jahrh.) und das
Grabmal des
GrafenOtto III. von Ravensberg und seiner Gemahlin Hedwig, die
AltstädterKirche einen geschnitzten
Altar
[* 7] (1508).
Bielefeld ist Sitz des Landratsamtes für den Landkreis, eines Landgerichts (Oberlandesgericht
Hamm)
[* 8] mit 14
Amtsgerichten (Bielefeld,
Bünde, Gütersloh,
Halle,
[* 9]
Herford,
[* 10]
Lübbecke, Minden, Oeynhausen,
Petershagen,
Rahden, Rheda, Rietberg,
Vlotho, Wiedenbrück) und einer Kammer für Handelssachen, eines Amtsgerichts,
Zoll- und Steueramtes, einer Handelskammer,
Reichsbankstelle und der Westfälischen
Bank.
Ferner bestehen ein königl. und städtisches evang. Gymnasium
mit einem Realgymnasium, 1558 gegründet, 2 höhere Mädchenschulen, 7
Bürgerschulen, ein städtisches
Krankenhaus,
[* 11] Franciscushospital, Augenheilanstalt,
Gasanstalt, Schlachthof sowie in der nahen Vorstadt Gadderbaum (s. d.) das
Diakonissen-Mutterhaus für die
Provinz Westfalen,
[* 12] die Diakonenanstalt Nazareth und die Anstalt
Bethel für Epileptische der
Provinzen Westfalen und Rheinland (1500
Kranke) mit
Kirche, beide umgeben von zahlreichen Häusern und
Gehöften
für fast sämtliche Zweige der Innern Mission, alle durch freiwillige Gaben erbaut und unterhalten (Leiter: Pastor von
Bodelschwingh).
Ferner ist Bielefeld Sitz des deutschen
Vereins «Arbeiterheim» zur Beschaffung eigener Häuser für Fabrikarbeiter.
Bielefeld ist einer der wichtigsten Plätze
Deutschlands
[* 13] für Leinweberei und Flachsspinnerei. Die Leinenindustrie ward
im 16. Jahrh. durch Einwanderer aus den
Niederlanden begründet, die in und um Bielefeld die Fabrikation der Schleier, der sog.
klaren Leinwand, und die Flachsspinnerei einführten. Der neue Erwerbszweig blühte besonders seit den
Zeiten des
Großen Kurfürsten
rasch auf.
Die
Batist- und Damastweberei, worin Bielefeld ebenfalls einen vorzüglichen Ruf genießt, kam
seit dem Siebenjährigen
Kriege in
Aufnahme. Gegenwärtig liefert Bielefeld besonders feinere Sorten Leinen. Außerdem ist die Fabrikation
fertiger
Wäsche, in der 160 Firmen arbeiten (zum
Teil mit
Dampf
[* 14] getriebene Nähmaschinen)
[* 15] und 3500
Personen beschäftigt sind,
in schwunghaftem Betrieb. Von hervorragender Bedeutung sind die Ravensberger
Spinnerei mit der Filiale in
Wolfenbüttel
[* 16] (30 200
Spindeln), die
SpinnereiVorwärts (10850
Spindeln), die beide zusammen für 9 Mill. M. jährlich fertig
stellen, und die 1863 begründete mechan.
Weberei
[* 17] (950
Stühle und 200 009
Stück Jahresproduktion). Die großartigen
Bleichen
um Bielefeld sind meist nach irländ. und belg.
Systeme eingerichtet. In neuerer Zeit wird auch mit bestem Erfolge
Seiden-,
Sammet-und Plüschweberei betrieben.
Auch die Eisenindustrie (34
Anlagen, über 3000
Arbeiter) ist sehr bedeutend, darunter namentlich die Nähmaschinenfabrikation;
endlich noch Fabrikation von Cigarren,
Glas,
[* 18]
Asphalt, Filzpappe,
Cement, Leder und Ziegeln. Bielefeld ist Sitz der
Leinen-Berufsgenossenschaft
und deren 3. Sektion sowie der 8. Sektion der
Berufsgenossenschaft der Schornsteinfegermeister des
DeutschenReichs. Ganz nahe bei der Stadt der
Sparrenberg mit der nach dem
Brande von 1877 wieder aufgebauten alten Feste Sparrenburg,
die, 1177 vom
GrafenBernhard von der Lippe
[* 19] erbaut, jetzt der Stadt Bielefeld gehört. In derselben befinden sich Festsäle und ein
histor. Museum der
Grafschaft Ravensberg. Von ihr sowie von dem gegenüberliegenden, mit schönen
Anlagen
versehenen Johannisberge genießt man eine weite Aussicht. In der Nähe der zur
Erinnerung an das Dreikaiserjahr 1888 errichtete
Dreikaiserturm. - Bielefeld kam um die Mitte des 9. Jahrh. an das
Kloster Corvei, erhielt 1250 die ersten Stadtgesetze und trat 1270 der
Hansa bei. Die
Reformation fand 1541 Eingang; 1609 kam die Stadt mit der
Grafschaft Ravensberg an
Preußen.
[* 20] -
Vgl. Fricke, und Umgegend (Bielef. 1891);
ders., Geschichte der Stadt und der
Grafschaft Ravensberg (ebd. 1887);
August, lettischer Sprachforscher, geb. 4. März in Mitau,
[* 21] besuchte
das Gymnasium in Schulpforta, studierte in Dorpat
[* 22]
Theologie, ward 1852 Pfarrer in
Neu-Autz in
Kurland
[* 23] und 1867 Pastor der deutschen
Gemeinde in Doblén. Sein großes Werk «Die lettische
Sprache
[* 24] nach ihren
Lauten und Formen» (2
Tle., Berl. 1863-64) ist eine
der ausgezeichnetsten
Grammatiken innerhalb des Kreises der indogerman.
Sprachen. Eine kürzere Fassung
der
Sprachlehre enthält das «Handbuch der lettischen
Sprache. I.
Grammatik» (Mitau 1863),
und ein kurzer Leitfaden sind «Die
Elemente der lettischen
Sprache» (ebd. 1866). Bielenstein giebt außerdem eine große Sammlung lettischer
Volkslieder heraus und veröffentlichte
«Tausend lettische Rätsel, übersetzt und erklärt» (Mitau 1881).
Die von ihm revidierte lettische
Bibel
[* 25] erschien Mitau 1877; unter seiner Leitung erschien Ulmanns «Lettisches
Wörterbuch»
(Tl. 1: «Lettisch-deutsches
¶
cc Stachelscheiden, d Giftblase, e
Giftblasenstiel;
B Scheide. 12.
Dzierzonstock. 13. Geschlechtsorgan der Königin;
a Scheide, b Samentasche, cc Eierstöcke,
dd Trompeten, e unpaariger Eileiter, f Schmierdrüse, deren Inhalt den hornigen Stachel geschmeidig erhält, g Giftblase. 14. Mittelwand
oder Kunstwabe;
Wörterbuch", Riga
[* 31] 1872) nach des Verfassers Tode. Die KaiserlicheAkademie der Wissenschaften zu Petersburg
[* 32] ließ das neueste
Werk B.s auf ihre Kosten drucken: «Die Grenzen
[* 33] des lettischen Volksstammes und
der lettischen Sprache in der Gegenwart und im 13. Jahrh.» (Petersb.
1892, nebst einem Atlas
[* 34] der ethnolog. Geographie des heutigen und des prähistor. Lettenlandes in 7 Blättern).
Zahlreiche Abhandlungen zur lettischen Sprach- und Volkskunde enthält das «Magazin der lettisch-litterar. Gesellschaft», deren
Präsident Bielenstein seit 1864 ist, und die «Baltische Monatsschrift».