Nationalversammlung, wo er den sächs. Wahlbezirk
Zwickau
[* 2] vertrat, gehörte Biedermann zuerst dem linken Centrum
(WürttembergerHof),
[* 3] nach dem Septemberaufstande in
Frankfurt
[* 4] dem rechten
(AugsburgerHof) an. Später war er einer der Begründer und fast fortwährend
Vorsitzender des sog. Weidenbuschvereins oder der Erbkaiserpartei. Nach seinem
Austritt aus der Versammlung schrieb er
«Erinnerungen aus der Paulskirche» (Lpz. 1849), in denen er die Parteibestrebungen
treffend charakterisierte. Biedermann nahm hierauf am Nachparlament in Gotha
[* 5] teil (s. Gothaer)
und vertrat als Abgeordneter zur sächs.
Zweiten Kammer des Landtags 1849-50 den Anschluß an die Unionspolitik
Preußens.
[* 6]
Als Herausgeber der
«DeutschenAnnalen» (seit 1852) wurde er wegen eines gegen den franz.
Staatsstreich vom gerichteten
Aufsatzes, dessen VerfasserL. von Rochau war, in einen Preßprozeß verwickelt, in
dessen Folge er 1854 eine einmonatige Gefängnisstrafe zu verbüßen hatte und seiner Professur entsetzt wurde. Biedermann folgte 1855 einem
Rufe zur Leitung der halboffiziellen
«Weimar.
[* 7]
Zeitung», auch begann er die Herausgabe der «Staatengeschichte
der neuesten Zeit», von der er aber 1863 zurücktrat. Im Herbst 1863 siedelte Biedermann wieder nach
Leipzig
[* 8] über, um die Redaktion
der
«DeutschenAllgemeinenZeitung» zu übernehmen, die er bis zu ihrem Aufhören (Ende 1879) führte. 1866 trat an die
Spitze der
neugebildeten nationalliberalen Partei in
Sachsen,
[* 9] die er auch als Abgeordneter in der
Zweiten Kammer des
Landtags seit 1869 und im
DeutschenReichstage von 1870 bis 1873 vertrat.
Doch gab er seine Reichstagsthätigkeit 1874, die im Landtage 1876 auf. Als außerord. Professor war Biedermann 1865 wieder
angestellt worden; 1874 ward er zum ord. Honorarprofessor ernannt. Von seinen
Schriften sind hervorzuheben:
«Die
deutsche Philosophie von Kant bis auf unsere Zeit» (2 Bde.,
Lpz. 1842-43),
«Deutschland
[* 10] im 18. Jahrh.» (4 Bde.,
ebd. 1854-80; Bd. 1
u. 2 in 2. Aufl. 1881),
das ein allseitiges
Bild der materiellen, politischen, socialen, geistigen, sittlichen
und religiösen ZuständeDeutschlands
[* 11] im 18. Jahrh, giebt; ferner «Frauenbrevier» (ebd. 1856; 2. Aufl.
1881),
«Deutschlands trübste
Zeit oder der Dreißigjährige
Krieg in seinen Folgen für das deutsche Kulturleben» (Berl. 1862). 1864 verfaßte er
für das vomFreiherrn von Harthausen herausgegebene Werk: «Das konstitutionelle Princip, seine geschichtliche
Entwicklung», dessen ersten
Teil: «Die Repräsentativverfassungen mit Volkswahlen, geschichtlich entwickelt im Zusammenhange
mit den polit. und socialen Zuständen der
Völker» (Lpz. 1864). Als populäre Geschichtswerke schrieb Biedermann: «1840-1870.
Dreißig
Jahre deutscher Geschichte» (2 Bde., 2. Aufl.,
Mesl. 1883) und als Ergänzung dazu: «1815-40. Fünfundzwanzig Jahre deutscher Geschichte» (2 Bde.,
ebd. 1889-90);
«Fünfzig Jahre im Dienste
[* 13] des
nationalen
Gedankens» (Bresl. 1892),
«Geschichte des deutschen Einheitsgedankens» (Wiesb. 1894).
Auch gab er H. von
Kleists«Briefe an seine
Braut nach
den Originalhandschriften» mit Einleitung heraus (Bresl. 1884) und verfaßte
die vaterländischen
Dramen: «Heinrich IV.» (Weim. 1861),
Sein Sohn Richard Biedermann (geb. zu
Leipzig, gest. daselbst) begründete das «Centralblatt
für
Agrikulturchemie und rationellen Landwirtschaftsbetrieb».
(spr. bĭähf),Edouard de, belg. Historienmaler, geb. zu
Brüssel,
[* 19] besuchte seit 1831 dasAtelier des Bildhauers
David d'Angers in
Paris,
[* 20] wo er gleichzeitig
Statuen
und
Bilder arbeitete, beschränkte sich jedoch später auf die
Historienmalerei. Sein Hauptwerk ist der
Kompromiß des niederländ.
Adels in
Brüssel 1566 (1841; im
Brüsseler Museum und verkleinerte Wiederholung in der
Berliner
[* 21] Nationalgalerie), das durch
den dramat. Effekt der
Schilderung und lebendiges
Kolorit namentlich auf die deutschen Künstler vorbildlich
wirkte. In der Folge wurde er aber vollständig überholt, so daß seine spätern Werke ohne Einfluß blieben. Biéfve starb zu
Brüssel.
eine je nach der Art des der Formgebung zu unterwerfenden Materials verschieden
konstruierte mechan. Einrichtung zur Herstellung gekrümmter Arbeitsstücke.
Gott, dessen Götzenbild
Bonifacius 722 an der
Bielshöhle (s. d.)
vernichtet haben soll.
Weder von
Bonifacius' That noch von Biel ist etwas überliefert. Er gehört zu den erlogenen Gottheiten,
die nach dem Dreißigjährigen
Kriege überall auftauchten, ist aus
«Bielshöhle» erschlossen und von J.
Grimm als spätes Machwerk
entlarvt.
1)
Bezirk im schweiz. Kanton Bern,
[* 24] hat (1888) 18 633 E.,
darunter 2505 Katholiken und 225 Israeliten, in 4 Gemeinden. - 2) Biel, frz.
¶
mehr
Bienne, Hauptstadt des Bezirks Biel im Seeland des schweiz. Kantons Bern,
in 440 m Höhe, 26 km nordwestlich von
Bern,
[* 26] in freundlicher, wohl angebauter Gegend am Fuß des Jura und an den Linien Basel-Olten-Biel (100 km) der Centralbahn und Chaux-de-Fonds-Biel-Bern
(79 km) sowie Delsberg-Biel (52 km) der Jura-Simplonbahn, hat (1888) 15 407 E.,
darunter 2199 Katholiken, 225 Israeliten und 123 andere; 77 Proz. der Einwohner sprechen deutsch, 22 Proz.
französisch, 1 Proz. andere Sprachen.
Der Ort ist gut gebaut, hat breite Straßen und wird von der Schüß, die sich 1 km weiter südwestlich in den Bieler See ergießt,
in 2 Kanälen durchflossen; die bergwärts gelegenen Teile bieten mit ihren Türmen, ihren unregelmäßigen
Gassen und massiven Häusern einen ziemlich altertümlichen Anblick dar. Die neuen gegen den Bahnhof und den See sich ausdehnenden
Stadtviertel dagegen sind regelmäßig angelegt. Ein Kranz von Villen mit Gärten und Parkanlagen umgiebt die Stadt auf allen
Seiten und prächtige Alleen erstrecken sich fast bis zu dem 800 m entfernten See hinab.
Bemerkenswert sind von den 6 Kirchen die Stadtkirche und die neue kath. Kirche in der Juravorstadt, ferner die Synagoge, die
alte Burg (jetzt Rathaus), das Bürgerspital, die Waisen- und Pfrundanstalt, das Museum Schwab mit einer besonders
an Pfahlbaufunden, kelt. und röm. Waffen
[* 27] reichen Sammlung, das Schlachthaus,
das prächtige Schützenhaus und die großartige Wasserleitung.
[* 28] An Unterrichtsanstalten besitzt die Stadt außer den Primärschulen
ein Progymnasium, eine Mädchensekundärschule, Handwerker-, Handels- und Uhrmacherschule, ein Technikum mit Specialschule für
Eisenbahnangestellte.
Gewerbfleiß und Handel sind sehr lebhaft; wichtig ist besonders die Uhrenfabrikation, die Baumwollspinnerei,
die Cigarrenfabrikation, die Gerberei und Färberei, ferner besteht Fabrikation von elektrischen Apparaten, Bijouteriewaren,
Maschinen, Schrauben,
[* 29] Nägeln, künstlichen Blumen, Holzstoff
[* 30] und Papier, 7 Buchdruckereien und mehrere Banken. Eine Trambahn
führt vom Bahnhof durch die Stadt nach Nidau und dem 2 km im Norden
[* 31] liegenden Bözingen (frz.
Boujean).
Die Umgebung ist anmutig, reich an Reben und Waldungen; die schönsten Punkte sind die wilde Klus, genannt
die Taubenlochschlucht, durch welche die Schüß aus dem Jura hervorbricht, das Kurhaus Magglingen (frz. Macolin), 900 m ü.
d. M. auf einer aussichtsreichen Höhe des Jura westlich von der Stadt gelegen, zu dem eine Drahtseilbahn hinaufführt,
mit großem Waldpark und Alpenfernsicht vom Sentis bis zum Montblanc, und im Bieler See (s. d.) die durch Rousseaus Aufenthalt
(1765) bekannte St. Petersinsel mit Wein- und Obstgärten, prächtigem Eichenwald und gutem Kurhaus. - Biel, das schon im 9. Jahrh.
gegründet sein soll, kam 1264 unter Vorbehalt ihrer Rechte an den Bischof und schloß 1352 ein ewiges Bündnis
mit Bern.
Seit den Burgunderkriegen, in denen Biel auf der Seite der Eidgenossen focht, bildete die Stadt einen Freistaat unter sehr
eingeschränkter Herrschaft des Bischofs und gehörte zu den «zugewandten Orten». 1797 von Frankreich besetzt und seinem Depart.
Haut-Rhin einverleibt, kam die Stadt 1815 mit den leberbergischen Ämtern des Bischofs von Basel
[* 32] anBern.-
Vgl. Blösch, Geschichte der Stadt Biel (3 Tle., Biel 1855-56).