mehr
hätten alle beobachteten Staaten eine, und zwar zum Teil recht ansehnliche Volkszunahme gehabt. Ein Geburtenüberschuß, freilich von sehr verschiedener Größe, zeigt sich nämlich überall. Bemerkenswert ist, daß neben Finland es ausschließlich die german. Staaten sind, in denen die natürliche Volksvermehrung eine Höhe erreicht, an die dje übrigen nicht heranreichen. Auffallend gering ist der Überschuß in Frankreich, dessen äußerst schwache Geburtsfrequenz (s. Zweikindersystem) eine Zunahme verhindert.
Der letztern kommt dort aber der starke Zuzug vom
Auslande zu gute.
Frankreich gehört zu den wenigen europ.
Staaten, denen
die Wanderungen einen" Gewinn bringen. Sonst verringert fast überall die
Auswanderung mehr oder minder die
einheimische
[* 2] ohne genügenden Ersatz durch Zuzug von außen, besonderem
Irland, dessen trostlose agrarische Verhältnisse
eine massenhafte
Auswanderung der ländlichen Bevölkerung
verursachen. 1841 hatte dieses unglückliche Land 8 199 853 E., 1851 noch 6 514 473,
seitdem ist die Zahl beträchtlich gesunken, so daß nur hier das Gesamtergebnis ein ungünstiges ist.
In allen andern
Ländern hat die Bevölkerung
zugenommen, am meisten in
Finland und im industriereichen
Großbritannien,
[* 3] so daß im
Vereinigten
[* 4] Königreich die Wirkung der schärfsten wirtschaftlichen Gegensätze sichtbar wird. Die europ.
Auswanderung (s. d.) kommt in erster Linie den
Vereinigten Staaten von
Amerika
[* 5] zu gute, deren Bevölkerung
von 3 929 214 i. J. 1790 auf 62 622 250 i.
J. 1890, also um jährlich 3,17 Proz. anwuchs, womit dieses Land die europ.
Verhältnisse weit hinter sich läßt.
Diejenige Wissenschaft, welche sich die Erforschung der auf die Bevölkerung
als solche bezüglichen Fragen zur
Aufgabe macht, wird
als
Bevölkerungslehre bezeichnet. Sie zerfällt in drei
Teile:
1) Die
Bevölkerungsstatistik (s. oben), welche die thatsächlichen Bevölkerun
gszustände ermittelt
und beschreibt;
2) die Bevölkerungstheorie (s. d.);
3) die Bevölkerungspolitik (s. d.).
Litteratur. Quetelet, Sur l'homme on essai de physique sociale (2 Bde., Par. 1835; deutsch von Riecke, Stuttg. 1838; neu bearbeitet u. d. T. Physique sociale, 2 Bde., Brüss. und Par. 1869);
Bernoulli, Handbuch der Populationistik (Ulm [* 6] 1841; Nachtrag 1843);
Guillard, Eléments de statistique humaine on démographie comparée (Par. 1855);
Wappäus, Allgemeine Bevölkerungsstatistik (2 Bde., Lpz. 1859-61);
Gerstner, Bevölkerungslehre (Würzb. 1864);
Behm und Wagner, Die Bevölkerung der Erde (Ergänzungshefte zu Petermanns «Mitteilungen», Gotha [* 7] 1872 fg.);
Knapp, Theorie des Bevölkerungswechsels (Braunschw. 1873);
Lexis, Einleitung in die Theorie der Bevölkerungsstatistik (Straßb. 1875);
Block, Handbuch der Statistik (deutsche Ausgabe von Scheel, Lpz. 1879);
Rümelin, Reden und Aufsätze (Tüb. 1875; Neue Folge, Freib. i. Br. 1881);
Mayr, Die Gesetzmäßigkeit im Gesellschaftsleben (Münch. 1877);
Beloch, Histor. Beiträge zur Bevölkerungslehre, Bd. 1: Die Bevölkerung der griech.-röm. Welt (Lpz. 1886);
Roscher, Grundlagen der Nationalökonomie (19. Aufl., Stuttg. 1888);
«Die Volkszählung im Deutschen Reich am 1. Dez. 1890» (Statistik des Deutschen Reiches. Neue Folge, Bd. 68, Berl. 1894);
Censimento della popolazione del Regno d'Italia al 31 dic. 1881. Relazione generale e confronti internazionali (Rom [* 8] 1885);
Cheysson, La question de la population en France et à l'étranger (Par. 1885);
Levasseur, La population française (2 Bde., ebd. 1889-91);
Supan, Die Verschiebung der in den industriellen Großstaaten Westeuropas im letzten Jahrzehnt (1881-91) in Petermanns «Mitteilungen», Bd. 38, Heft III (1892).
(S. Statistik.)