mehr
871 mit den Mitteln und in den Grenzen [* 2] des Zeugniszwanges (s. d.) durchgeführt werden (Deutsche [* 3] Strafprozeßordn. §§. 94, 95; Österr. Strafprozeßordn. §. 143). Nach der Deutschen Strafprozeßordnung sind von der Beschlagnahme ausdrücklich ausgenommen Aktenstücke öffentlicher Behörden, wenn die oberste Dienstbehörde erklärt, daß ihr Bekanntwerden dem Wohl des Reichs oder eines Bundesstaates Nachteil bereiten würde (§. 96), und ferner schriftliche Mitteilungen zwischen dem Beschuldigten und denjenigen Personen, welche wegen ihres Verhältnisses zu ihm zur Zeugnisverweigerung (s. d.) berechtigt sind, falls diese Mitteilungen sich in den Händen der letztern befinden und diese nicht selbst der Teilnahme an der Strafthat verdächtig sind (§. 97). Nach der Deutschen Strafprozeßordnung (§. 99) unbedingt, nach der Österreichischen (§. 146) nur, falls der Beschuldigte sich bereits wegen eines Verbrechens oder Vergehens in Haft befindet oder doch Vorführungs- oder Verhaftbefehl gegen ihn erlassen ist, zulässig ist die an den Beschuldigten gerichteter, für ihn bestimmter oder von ihm herrührender Briefe, Sendungen und Telegramme auf den Post- und Telegraphenanstalten. (S. Briefgeheimnis.) Die Anordnung von Beschlagnahme steht grundsätzlich nur dem Richter, in Deutschland [* 4] bei Gefahr im Verzuge auch der Staatsanwaltschaft und, sofern es sich nicht um Postsendungen und Telegramme handelt, deren Hilfsbeamten zu; doch unterliegt auch in diesen Fällen die Beschlagnahme der gerichtlichen Bestätigung, welche vor Erhebung der öffentlichen Klage bei dem Amtsrichter des Bezirks, nach Erhebung derselben bei dem mit der Sache befaßten Gericht binnen drei Tagen nachzusuchen ist (Deutsche Strafprozeßordn. §§ 98, 100). Über Eröffnung der mit Beschlag belegten Postsendungen entscheidet überall der Richter, der zugleich die Aushändigung oder abschriftliche Mitteilung derjenigen Stücke anzuordnen hat, welche für die Untersuchung nicht von Bedeutung sind (Deutsche Strafprozeßordn. §§. 100, 101; Österr. Strafprozeßordn. ߧ. 147–149).
In dem Verfahren gegen Abwesende (s. auch Abwesenheit) findet nach der Deutschen Strafprozeßordnung, sofern es sich um das Ungehorsamsverfahren wegen nur mit Geldstrafe oder Einziehung bedrohter Strafthaten handelt, zur Deckung der Strafe und Kosten eine Beschlagnahme einzelner dem Angeschuldigten gehöriger Gegenstände, und falls diese nicht ausführbar, die Beschlagnahme des im Deutschen Reiche befindlichen Vermögens des Angeschuldigten statt; sofern es sich um die Beweissicherung in schwerern Fällen handelt und Verdachtsgründe vorliegen, welche die Erlassung eines Haftbefehls rechtfertigen würden, findet nur die Beschlagnahme des Vermögens statt. Letztere ist dabei als ein Mittel, den Angeschuldigten zur Gestellung zu veranlassen, gedacht (Strafprozeßordn. §§. 325, 326, 332). Vgl. auch Wehrpflichtige.
Bei Druckschriften findet unbeschadet der allgemeinen Vorschriften über Beschlagnahme (s. oben) eine vorläufige ohne richterliche Anordnung durch die Polizeibehörden statt, wenn entweder die Druckschriften den preßpolizeilichen Bestimmungen, insbesondere über Angabe des Namens und Wohnorts des Druckers, Verlegers, Redacteurs, nicht entsprechen, oder wenn ihre Verbreitung auf Grund gesetzlicher Ermächtigung verboten ist, oder wenn sie ihres Inhalts wegen im öffentlichen Interesse (im Deutschen Reich nur wegen Aufforderung zur Begehung strafbarer, insbesondere hochverräterischer Handlungen, wegen Majestätsbeleidigung, Anreizung zu Gewaltthätigkeiten und wegen unzüchtigen Inhalts) zu verfolgen sind.
Die Polizeibehörden haben die Verhandlungen ohne Verzug der Staatsanwaltschaft, diese, falls sie die Beschlagnahme nicht wieder aufhebt, dem Gericht zur Bestätigung oder Aufhebung der Beschlagnahme vorzulegen. Die dafür genau bestimmten Fristen sind so kurz bemessen, daß die Beschlagnahme erlischt, wenn der bestätigende Gerichtsbeschluß nicht bis zum Ablauf [* 5] des fünften Tags, in Österreich [* 6] binnen acht Tagen nach der Beschlagnahme ergeht. Auch die bestätigte Beschlagnahme ist aufzuheben, in Deutschland, wenn nicht binnen zwei Wochen nach der Bestätigung die Strafverfolgung in der Hauptsache eingeleitet ist, in Österreich, wenn nicht innerhalb acht Tagen der Staatsanwalt Voruntersuchung beantragt oder Anklageschrift eingereicht hat. Das österr. Gesetz gewährt bei Aufhebung oder Erlöschen der Beschlagnahme dem Beschädigten Ersatz des erweislichen Schadens aus der Staatskasse. (Deutsches Preßgesetz vom §§. 23 fg.; Österr. Strafprozeßordn. §§. 487–491.)