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Israeliten, Post, Telegraph, [* 2] evang. Kirche, Synagoge, ehemaliges Cistercienser-Nonnenkloster, Krankenhaus, [* 3] Hospital, Vorschußverein;
Mahl- und Schneidemühle, 4 Windmühlen sowie jährlich 6 bedeutende Viehmärkte.
Israeliten, Post, Telegraph, [* 2] evang. Kirche, Synagoge, ehemaliges Cistercienser-Nonnenkloster, Krankenhaus, [* 3] Hospital, Vorschußverein;
Mahl- und Schneidemühle, 4 Windmühlen sowie jährlich 6 bedeutende Viehmärkte.
[* 4] Burgruine bei Dambach (s. d.). ^[= s. Abendmahl.]
Aaron, polit. und naturwissenschaftlicher Schriftsteller, geb. 1812 zu Danzig, [* 5] wurde talmudistisch erzogen, eignete sich seit 1832 in Berlin [* 6] vielseitige sprachliche und naturwissenschaftliche Bildung an. Seine unter dem Namen A. Rebenstein veröffentlichte Bearbeitung des Hohen Liedes (Berl. 1834) und die litterarhistor. Arbeit «Das junge Deutschland» [* 7] führten ihn in die litterar. Kreise [* 8] Berlins ein. Die freien religiösen Bewegungen der vierziger Jahre regten 1845 an, mit Stern u. a. in Berlin die erste jüd. Reformgemeinde zu stiften (seine Thätigkeit in dieser Hinsicht behandelt die Schrift «Über die Principien der jüd. Reformgemeinde zu Berlin», Berl. 1865). 1849 begründete er das demokratische Volksblatt «Urwählerzeitung», das bald große Verbreitung gewann, ihm mehrere Preßprozesse, 1851 eine mehrmonatige Gefängnishaft zuzog, 1853 ganz unterdrückt wurde.
Hierauf rief er die «Volkszeitung» mit gleicher Tendenz ins Leben, für die er bis zum Tode zu Lichterfelde) die meisten Leitartikel lieferte (gesammelt als «Revolutions- und Reaktionsgeschichte Preußens [* 9] und Deutschlands [* 10] von den Märztagen bis zur neuesten Zeit», 3 Bde., Berl. 1883). Die naturwissenschaftlichen Aufsätze, die er hier veröffentlichte, gab er zuerst u. d. T. «Aus dem Reiche der Naturwissenschaft» (Berl. 1856),
später als «Naturwissenschaftliche Volksbücher» (4. Aufl., 21 Bde., ebd. 1880 u. ö.; Neue Folge, ebd. 1880-85) heraus; wegen ihrer Gediegenheit und ihres Formgeschicks wurden sie in fast alle europ. Sprachen übertragen; in diesen Kreis [* 11] gehört auch «Naturkraft und Geisteswalten» (2. Aufl., Berl. 1884) und «Natur und Kultur» (Lpz. 1880). Anziehende Schilderungen aus dem jüd. Volksleben lieferten die Novellen «Vögele der Maggid» (Berl. 1860 u. 1864) und «Mendel Gibbor» (ebd. 1860; neue Ausg. 1872; beide zusammen u. d. T. «Novellen», 7. Aufl., ebd. 1892). B.s geschichtliche Skizzen: «Die Märztage» (2. Aufl., Berl. 1873),
«Aus dem Jahre 1848» (ebd. 1873),
«1849. Verfassungskämpfe und Kabinettsintriguen» (ebd. 1873),
«Bis nach Olmütz» [* 12] (ebd. 1873 u. 1874),
«Die Jahre des Volkes» (2. Aufl., ebd. 1874) und «Die Jahre der Reaktion» (ebd. 1881), zeichnen sich durch lebhafte Schilderung aus.
[* 4] Georg Heinr., Orientalist, geb. zu Cospeda bei Jena, [* 13] studierte 1806-11 in Jena, Leipzig [* 14] und Göttingen [* 15] orient. Sprachen, habilitierte sich 1811 in Jena als Privatdocent, wurde Ostern 1812 als außerord. Professor der morgenländ. Litteratur nach Berlin und 1821 als ord. Professor nach Breslau [* 16] berufen und starb zu Lauban. Auf Forschungsreisen nach Leiden, [* 17] Cambridge, Oxford, [* 18] London, [* 19] Venedig, [* 20] Florenz, [* 21] Rom und [* 22] Neapel [* 23] sammelte er in den Bibliotheken ein gewaltiges litterar. Material namentlich für die syr. Litteratur und Sprache, [* 24] um deren Erforschung er sich bahnbrechende Verdienste erworben hat. Er gab heraus: «Gregorii Bar-Hebraei chronici syriaci e codd. mss. passim emendati specimen I» (Lpz. 1822) und «Ankündigung und Probe einer neuen Ausgabe der syr. Chronik des Gregorius Bar-Hebräus“ (Berl. 1847); ferner besorgte er eine zweite Auflage von Kirschs »Chrestomathia syriaca" unter völliger Erneuerung des Lexikons, Bd. 1 u. 2 (Lpz. 1832-36). Von seinem großen syr. Wörterbuche erschien nur das erste Heft (Berl. 1857). Er hat ferner Teile von dem großen exegetischen Werk des Gregorius Bar-Hebräus, dem «Horreum mysteriorum», teils selbst herausgegeben (zu Hiob, Bresl. 1858),
teils durch seine Schüler aus seinen sorgfältigen Abschriften bearbeiten lassen. Ferner gab er heraus «Das heilige Evangelium des Johannes. Syrisch in harklensischer Übersetzung» (Lpz. 1853),
die «Commentatio der Hharklensi Novi Testamenti translatione syriaca» (Bresl. 1837; 2. Ausg. 1854),
einen Teil des «Hitopadesa» (ebd. 1823),
das arab. Lobgedicht des Safi ed-din (Lpz. 1816) und das arab. Werk: «De initiis et originibus religionum in oriente dispersarum» (Berl. 1816).
[* 4] Julius, ältester Sohn von Aaron Bernstein, geb. in Berlin, wurde 1869 außerord.
Professor der Physiologie in Heidelberg, [* 25] 1871 in Berlin, 1872 ord.
Professor der Physiologie in Halle. [* 26] Bernstein studierte besonders Entstehungszeit und Verlauf der elektrischen Ströme in den Nerven [* 27] und schrieb: «Untersuchungen über den Erregungsvorgang im Nerven- und Muskelsystem» (Heidelb. 1871),
sowie «Die fünf Sinne des Menschen» (2. Aufl., Lpz. 1889),
«Lehrbuch der Physiologie des tierischen Organismus» (Stuttg. 1894).
Bernsteinbaum,
s. Pinites und Bernstein (S. 838 b).
eine Lösung von Bernsteinkolophonium (s. d.) in Terpentinöl.
Will man einen dickflüssigen, tiefschwarzen Firnis, so trägt man in schwach erwärmtes Terpentinöl so lange Bernsteinkolophonium ein, als dieses noch gelöst wird, und erteilt dem Firnis durch Zusatz von Terpentinöl jeden Grad von Flüssigkeit.
Mit Leinölfirnis gemischter Bernsteinfirnis wird als Bernsteinlack bezeichnet.
A. Gewinnung des Bernsteins. Das Hauptgebiet, in welchem der Bernstein gewonnen wird, sind die Provinzen Westpreußen [* 28] und namentlich Ostpreußen. Die ältesten noch heute gebräuchlichen Gewinnungsarten sind das Auflesen des Bernsteins am Strande, das Fischen mit Käschern und das sog. Stechen. Bei letzterm werden an klaren Tagen von Booten aus die Steine am Meeresgrund (namentlich bei Brüsterort) mit langen hakenförmigen Gabeln umgedreht, und der durch die Wasserbewegung ins Schwimmen gekommene Bernstein in kleinern Netzen aufgefangen.
Sehr alt ist auch das Graben des Bernsteins, sei es in den Uferbergen aus der blauen Erde (Groß-Hubnicken, Sassau, Kraxtepellen u. a. O.), oder aus jüngern Schichten im Binnenlande (Willenberg, Gluckau, Prökuls u. s. w.). Die ersten sichern Nachrichten über rationellen bergmännischen Abbau stammen aus dem Ende des 18. Jahrh. Doch wurde zu dieser Zeit nur der gestreifte Sand abgebaut. Einen großen Aufschwung erhielt die Bernsteingewinnung durch die Firma Stantien & Becker in Königsberg, [* 29] welche an Stelle der frühern einfachen Gewinnungsarten Taucher und Dampfbagger einführte. Doch ist diese Gewinnung des Bernsteins jetzt aufgegeben; dafür wird die blaue Erde bergmännisch in mehrern Anlagen bei Palmnicken und Kraxtepellen von dieser Firma abgebaut. Die jährliche Produktion beträgt etwa 5000 Ctr., zu deren Hebung [* 30] etwa 1650 Arbeiter und Beamte nötig sind. Die zu Tage geschaffte blaue Erde wird zerwaschen, durch ¶
Auslesen und Sieben der darin enthaltene Bernstein (Tiefbaustein) abgesondert und in größere Stücke, Dammstein, und feinere Stücke, Firnis, getrennt, die nach Größe, Form und Farbe sortiert werden. Die flachen Stücke führen die Namen Fliesen [* 32] und Platten; die dicken Stücke der Fliesen werden in 15 Sorten, die Platten in 6 Sorten geteilt. Die Preise der Fliesen schwanken von 6 bis 200 M. pro Kilogramm. Die rundlichen Stücke heißen im Handel Rund und dienen zur Perlfabrikation.
Die größer runden Stücke, etwa 10-16 Stück auf 1 kg, heißen Bodenstein. Die Bodensteine liefern die Mittelstücke der großporigen Schnüre für Ost- und Westafrika und die Saugkolben zu türk. Wasserpfeifen. Die kleineren, runden Sorten werden nach der Farbe in Klar, Bastard und knochiges Rund sortiert. Sind sie kleiner, so nennt man sie Knibbeln. Alle noch kleineren Bernsteinsorten führen den Namen Firnis und dienen zur Bereitung des Bernsteinlackes. Es gibt etwa 20 Sorten Bernsteinfirnisse, von denen die hauptsächlichsten Handelssorten sind: Gelbblank, hellgelbliche Stücke;
Rot blank, von rötlicher Farbe;
Plattfirnis, flache Stückchen;
Korallenbruch, die bei der Fabrikation zerbrochenen Stücke;
Hackfirnis, die Splitter, welche beim Sortieren des Bernsteins entstehen;
Rasur, das feinste, aus Hackfirnis Ab gesiebte;
Knochenfirnis, kleine knochige Stückchen;
Schwarzfirnis, große Stücke, die durch fremde Bestandteile, namentlich Holz [* 33] mulm verunreinigt sind.
Bernsteinindustrie. Die fabrikmäßige Verarbeitung der rohen Stücke beginnt mit der Entfernung der Verwitterungsrinde, was dadurch geschieht, dass man die Stücke mit Wasser und Sand zusammen in große rotierende Fässer bringt. Nach einer bestimmten Zeit hat sich die Rinde losgescheuert, und die Stücke werden nach den jetzt leicht sichtbaren Sprüngen geteilt und sortiert; hierauf werden sie mit der Säge [* 34] roh zugeschnitten, mit einem scharfen Hobeleisen «zugepackt» und entweder auf der Drehbank [* 35] oder mit der Feile [* 36] gerundet, mit Schmirgel abgerieben und endlich mit Kreide [* 37] und Seifenwasser (für ganz feinen Schliff mit Spiritus) [* 38] poliert.
Die Bernsteinperlen, die nach dem Zuhaken Kloben oder Klöven heißen, werden auf der Drehbank gebohrt, heißen so Schnesel und werden auf derselben Bohrnadel abgedreht und poliert. Nach der Form unterscheidet man die Perlen in Oliven (länglich mit elliptischem Querschnitt), Zotten (Oliven, die an der Längsachse beiderseits senkrecht abgeschnitten sind), Grecken (kurze Zotten), eigentliche Perlen (rund und kugelförmig); sind die Perlen an den Enden des Bohrloches senkrecht abgedreht, wodurch mehr Perlen auf eine Schnur gehen, so nennt man sie falsch gearbeitet, während man unter falsch gedrehten solche versteht, die mit einem elastischen, der Form des Stückes nachgebenden Messer [* 39] gedreht sind, wodurch zwar an Bernstein gespart wird, die Perlen aber unrund bleiben. Klare Perlen werden häufig facettenartig geschliffen und heißen dann Korallen, [* 40] deren beste Sorte man Pariser Schliff nennt, während mittelgute als ordinäre Korallen und die geringste Sorte als Pferdekorallen bezeichnet werden. - Zu Rauchrequisiten verarbeitet man die flachen Stücken, die großen zu ganzen Cigarrenspitzen, die kleineren zu Cigarettenspitzen oder Ansatzspitzen für Pfeifen oder Spitzen aus Meerschaum, Holz und Jet.
In neuester Zeit wird der kleine Bernstein sogleich geschmolzen, durch Exhaustoren von Bernsteinsäure und Bernsteinöl befreit und als geschmolzener Bernstein (s. Bernsteinkolophonium) in den Handel gebracht. Die bessern Nummern des geschmolzenen Bernsteins werden aus Korallenbruch und Gelbblank hergestellt und zu feinen Lacken für Möbel, [* 41] Kutschen u. s. w. verarbeitet. Aus der schlechtesten, zu welcher Schwarzfirnis verarbeitet wird, stellt man Eisen- und Schiffsbodenlacke her. Durch einfaches Auflösen des geschmolzenen Bernsteins in Terpentinöl unter Zusatz von Leinölfirnis wird ein den Kopallack an Härte übertreffender Lack hergestellt (s. Bernsteinfirnis). - Große Bedeutung hat der sog. Preßbernstein (s. d.) erhalten.
Cigarrenspitzen fabriziert in erster Reihe Wien, [* 42] und exportiert dieselben nach Schweden, [* 43] Norwegen, Italien [* 44] und der Türkei. [* 45] Ferner sind in Rußland Polangen, in Deutschland Danzig, Königsberg, Stolp, [* 46] Worms, [* 47] Ruhla, Lemgo, in Frankreich Paris, [* 48] in Nordamerika [* 49] Neuyork [* 50] als Fabrikationsorte für Cigarrenspitzen zu nennen. Rußland liebt die knochigen, Holland die klaren Varietäten, während sonst die sog. kumstfarbigen (s. Bernstein) begehrt werden. Die Holzpfeifenindustrie ist namentlich in Nürnberg [* 51] und auch in Wien entwickelt.
Nürnberg allein exportiert jährlich für über 900000 M. Holzpfeifen mit Bernsteinansätzen nach England, Amerika, [* 52] Canada und Australien [* 53] und beschäftigt bei 240 Arbeitern allein 90 mit Bernsteindrehen. Für die Perlfabrikation haben die größte Bedeutung Danzig, Stolp und Polangen. Die feinsten Fabrikate, besonders schöner Bastard, d. h. kumstfarbige, führen den Namen «englischer Bastard»; London versorgt damit Amerika und Westindien, [* 54] Marseille [* 55] den Westen Afrikas und Ostindien. [* 56]
Geringere kumstfarbige Fabrikate heißen Livorneser Bastard und gehen über Livorno
[* 57] und Marseille nach Afrika.
[* 58] Der Orient deckt seinen Bernsteinb
edarf durch die Häfen von Trieft und Genua
[* 59] und die Messen von Odessa
[* 60] und Nishnij Nowgorod.
Die feinsten Oliven verlangt Konstantinopel,
[* 61] große feine Zotten Sibirien, von kleineren Zotten finden die bessern Bastarde ihren
Verbrauch in Persien,
[* 62] die flomigen in Armenien, die ordinären (fehlerhafte, sog. «Brackware»)
im Kaukasus.
Kleinere Zotten werden zu 100 die Schnur geschnürt; es kostet ein russ. Pfund solcher Schnüre 5-8 Rubel. Feine Oliven kosten geschnürt im Großhandel 25-250 M., und feine Perlen 36-150 M. das Pfund. Die kleinen Perlen in den besten Qualitäten verbraucht die Tatarei, China [* 63] und Korea, kleine Korallen in den bessern Qualitäten Rußland. Die Armenier vermitteln von Moskau [* 64] oder von Odessa und Nishnij Nowgorod aus den Handel mit ordinären Korallen nach Arabien, Ägypten, [* 65] Nubien, Abessinien, Madagaskar [* 66] und Ostindien.
Persien und Afrika verbraucht viel klare Grecken. Einen großen Exportartikel bilden auch die Mohammed. Betkränze, die aus 3X33 Perlen in Klar oder Bastard in Verbindung mit 3 glockenförmigen Perlen geschnürt werden. Der jährliche Verbrauch beziffert sich auf über 70000 Schnüre, von denen Deutschland etwa 40000, Rußland etwa 30000 Stück herstellt. Der knochige Bernstein liefert den Hauptbestandteil des Livorneser Bastards, während die Schlauben zu den ordinären Korallen Verwendung finden. Im ganzen wird etwa für 2165000 M. Bernstein zur Spitzenfabrikation, für 145000 M. zu Perlen und für 190000 M. zu ¶