Steueramtes, hat (1890) 7725 E., darunter 306 Katholiken, Postamt zweiter
Klasse,
Telegraph,
[* 2] eine got. Marienkirche (1519;
mit dreifachem
Wandelaltar, Triumphkreuz und Epitaphien), got. St.
Georg-Hospitalkirche, kath. Schul- und Bethaus,
Volks- und
Privatschulen,
Krankenhaus,
[* 3] vier Privat-Irrenpflegeanstalten; ferner Forst- und
Landwirtschaft,
Baumwoll-,
Woll- und Seidenweberei,
Wickelei (8 Fabriken und bedeutende Hausindustrie), Sammetschneiderei, Posamenten, Korsett-, Handschuh-,
Tabak-, Apothekerwaren- und Petardenfabrikation, Drechslerei, Holzschnitzerei, Nagelschmiederei. Bernau besitzt
einen großen Forst
[* 4] am Liepnitzsee. –
In dem Kampfe auf dem sog. Rutenfelde und den roten
Ländern von Bernau wurden
die
Hussiten von den Brandenburgern so entscheidend geschlagen, daß sie nicht mehr in dieMark einfielen.
–
Agnes, war die schöne Tochter des
Baders Kaspar Bernauer zu
Augsburg.
[* 5]
HerzogAlbrecht, einziger Sohn des regierenden
Herzogs Ernst von
Bayern-München, vermählte sich 1432 heimlich mit ihr und führte sie auf seine Schlösser.Herzog Ernst,
erzürnt über die unebenbürtige Heirat seines
Sohnes und den Schimpf, der seinem Hause durch die Zurückweisung desselben
auf dem
RegensburgerTurnier der bayr. Ritterschaft 1434 angethan wurde, ließ
Agnes verhaften und als Zauberin in der
Donau ertränken.
Ergrimmt über diese Unthat griff
Albrecht zu den Waffen
[* 6] gegen seinen
Vater und verwüstete, mit den Feinden
desselben verbündet, weithin das Land. Den Mahnungen des
Kaisers Sigismund und den Bitten der Freunde gelang es spät erst,
Albrecht an den
Hof
[* 7] seines
Vaters zurückzuführen, wo er sich endlich auch mit
Anna von
Braunschweig
[* 8] vermählen ließ.
Herzog Ernst
selbst ließ über dem
Grabe der Ermordeten eine Betkapelle aufbauen, und
Albrecht ließ 1447 die Gebeine
der «ehrsamen Frau» in der von ihr ausersehenen Ruhestätte zu
Straubing
[* 9] begraben. –
so auch Jul.Körner
(Lpz. 1821), A.
Böttger (ebd. 1846), Hebbel
(Wien
[* 11] 1855), Melchior Meyr in seinem
«HerzogAlbrecht» (Stuttg. 1862) und Martin
Greif
[* 12] (Lpz. 1894).
1)
Arrondissement im franz. Depart. Eure, hat 1091,25 qkm,
(1891) 59232 E., 124 Gemeinden und zerfällt in die 6 Kantone Beaumesnil (176,17 qkm, 5853 E.),Beaumont-le-Roger
(213,30 qkm, 10084 E.), Bernay (164,55 qkm, 14804 E.),
Brionne (160,31 qkm, 10916 E.),
Broglie (217,13 qkm, 7963 E.), Thiberville
(159,79 qkm, 9612 E.). – Hauptstadt des
Arrondissements im franz. Depart. Eure
(Normandie), am linken Ufer der Charentonne
und an den Linien Mantes-Cherbourg und Echauffour-Bernay (41 km) derFranz.
Westbahn, hat (1891) 5788, als Gemeinde 8016 E., Post und
Telegraph, ein
Tribunal erster Instanz, ein Handelsgericht, ein Kommunal-Collège
(in den
Gebäuden eines alten
Klosters), eine
Bibliothek von 8000
Bänden, Mineralquellen, zahlreiche Mühlen,
[* 13]
Woll- und
Baumwollspinnereien,
Garnbleichen, Gerbereien, Eisengießereien, Papier- und
Glasfabrikation
[* 14] sowie
Handel mit Getreide,
[* 15] Vieh, Leder,
Wolle und
Manufakten. Wichtig ist die Leinwandmesse und die sog. Foire fleurie) in der fünften Fastenwoche,
wo die schönsten normann.
Pferde
[* 16] verkauft werden. Bemerkenswert sind
die
KirchenSte.
Croix und
Notre-Dame de la Couture, beide
aus dem 15. Jahrh. – Am drangen die deutschen
Truppen nach hartem Kampfe mit der Nationalgarde
in die Stadt ein und besetzten sie bis zum 10. März.
Jak.,Philolog, geb. zu
Hamburg,
[* 17] stammte von israel. Eltern, studierte 1844‒48 zu
Bonn
[* 18]
Philologie
und
Philosophie, habilitierte sich daselbst 1849, wurde 1853 als
Lehrer der klassischen Altertumsfächer an das Jüdisch-Theologische
Seminar zu
Breslau
[* 19] berufen, wo er gleichzeitig Vorlesungen an der
Universität hielt, und folgte 1866 einem
Rufe als außerord. Professor der
Philologie und Oberbibliothekar der Universitätsbibliothek nachBonn. Hier starb er Von
seinen
Arbeiten sind zu nennen: «Heraclitea»
(Tl. 1,
Bonn 1848),
«Phokion»
(ebd. 1881). Außerdem übersetzte er die drei ersten
Bücher der «Politik» des
Aristoteles (Berl. 1872) und die unter
Philons
Werken stehende
Schrift«Über die Unzerstörbarkeit des Weltalls» (ebd. 1876). Seine
Abhandlungen sind gesammelt herausgegeben
vonUsener (2 Bde., Berl. 1885).
Michael, Litteraturhistoriker,
Bruder des vorigen, geb. zu
Hamburg, studierte 1853‒56 zu
Bonn und
Heidelberg
[* 20]
Philologie und Litteraturgeschichte, habilitierte sich 1872 zu
Leipzig,
[* 21] wurde 1873 außerord., 1874 ord. Professor
der Litteraturgeschichte in
München.
[* 22] B.’ Lehrthätigkeit kam seine Vortragskunst zu statten. 1890 zog er
sich zur Vollendung lange zurückgestellter wissenschaftlicher
Arbeiten nach
Karlsruhe
[* 23] zurück. Von seinen formvollendeten
litterarhistor.
Arbeiten, die nächst
Goethe besonders
Shakespeare betreffen, sind zu erwähnen: «Über Kritik und Geschichte
des Goetheschen
Textes» (Berl. 1867),
«Zur Entstehungsgeschichte des Schlegelschen
Shakespeare» (ebd. 1872). Bernays besorgte eine
Ausgabe
der Schlegel-Tieckschen
ÜbersetzungShakespeares (Berl. 1871‒72; neue Ausg. 1891; dazu «Vor-
und Nachwort» in den
«Preuß. Jahrbüchern», Okt. 1891) und eine Säkularausgabe der ältesten
VoßschenÜbersetzung
von
«Homers Odyssee» (Stuttg. 1881); die aus S. Hirzels
Goethe-Bibliothek zusammengestellten Jugendwerke
Goethes «Der junge
Goethe» (2.Ausg.,Lpz.1887) leitete er ein.
1)
Kreis
[* 25] im Herzogtum
Anhalt,
[* 26] hat 396,91 qkm, (1890) 82444 (41264 männl., 41180 weibl.) E., darunter 77403
Evangelische, 4431 Katholiken
und 496 Israeliten; 8957 Wohnstätten, 16954 Familienhaushaltungen, 1203 einzeln lebende selbständige
Personen, 90 Anstalten, 4
Städte, 36 Dörfer und 27 Gutsbezirke. Der
Kreis entspricht dem Reichstagswahlkreise Bernburg-Ballenstedt
¶
mehr
(Abgeordneter Dr. Friedberg,
[* 28] nationalliberal). – 2) Kreisstadt im Kreis und bis 1863 Hauptstadt des Herzogtums Anhalt-Bernburg
(s. Anhalt), in 61‒95 m Höhe an der Saale und an den Linien Cöthen-Aschersleben und Cönnern-Bernburg-Calbe (26 km) der Preuß.
Staatsbahnen,
[* 29] hat (1890) 28326 (14375 männl., 13951 weibl.) E., darunter 1339 Katholiken und 335 Israeliten,
in Garnison (500 Mann) das 2. Bataillon des 93. Infanterieregiments; 2379 Wohngebäude mit 6393 Haushaltungen und zerfällt
in die Altstadt und die Neustadt
[* 30] mit der Vorstadt Waldau am linken Ufer und der Bergstadt am hohen rechten Ufer, verbunden
durch eine 1891 erbaute eiserne Brücke.
[* 31]
Die sechs Kirchen sind die im got. Stil erbaute Stadt- oder Marienkirche aus dem 11. Jahrh. (im 15. Jahrh.
umgebaut), mit schönen Bildhauerarbeiten und Turm
[* 32] (67 m), die Schloß- oder Ägidienkirche (1752 umgebaut, 1889 erneuert),
Nikolaikirche (14. bis 15. Jahrh.), St. Martinskirche (1884‒87 nach Plänen von Hase-Hannover in got. Stil erbaut) mit schönen
Glasfenstern und Turm (68 m), die kath. Bonifaciuskirche (1865 in got. Stil erbaut) und die alte Stephankirche
in der Vorstadt Waldau.
Ferner eine Synagoge. Von andern Gebäuden ist das zum Teil sehr altertümliche Schloß in der Bergstadt, jetzt Behördenhaus,
bemerkenswert;
es stammt aus dem 13. Jahrh. und wurde im 16. Jahrh. erweitert;
ein Rathaus mit Bildern der letzten BernburgerHerzöge und berühmter Kunstuhr.
– Bernburg ist Sitz der Kreisdirektion, der herzogl. Bau- und Forstverwaltung, eines Amtsgerichts (Landgericht Dessau)
[* 33] mit Strafkammer,
der Saalschleusenverwaltung und hat 1 Oberbürgermeister, 3 Stadträte (1 besoldet), 30 Stadtverordnete, Postamt erster
Klasse, Telegraph, Fernsprecheinrichtung, Zoll-, Untersteueramt, Aichamt;
Kreiskasse, Kreissparkasse, Reichsbanknebenstelle,
Karls-Gymnasium, früher Stadtschule (Direktor Dr. Hachtmann, 16 Lehrer, 249 Schüler), Realgymnasium, 1853 als städtische
höhere Bürgerschule gegründet (Direktor Dr. Hutt, 15 Lehrer, 99 Schüler), höhere Mädchenschule, Knabenmittel-, Mädchenbürger-,
Volks-, kath. und Industrie-Schule, Fachschule der Innungen, kaufmännische Unterrichtsschule;
Altertumsverein, Stadttheater,
Freimaurerloge «Alexius zur Beständigkeit», landwirtschaftliche Versuchsstation, Landesheil- und Pflegeanstalt
für Geisteskranke (1872‒75 erbaut), St. Johanneskrankenhaus, St. Johannes-Hospital, früher Augustinerkloster (1318),
Armen- und Siechenhaus, Johannisasyl, Anstalt für verwahrloste Knaben, Volksküche, Gasbeleuchtung, Wasserleitung
[* 34] und Schlachthaus
mit Viehhof.
Die Industrie erstreckt sich auf Fabrikation von Soda, Kali und Chlorkalium (Deutsche
[* 35] Solvaywerke), von Dampfkesseln,
Papier, Zucker,
[* 36] landwirtschaftlichen Maschinen, Kohlensteinen, Cement, Rohrwaren, Cigarren, Zuckerwaren,
Konditoreigerätschaften, auf elektrische Telegraphenanlagen, auf Herstellung von Korsetten, Sprit und Liqueuren, Seifen und
Federhaltern; außerdem bestehen noch Eisengießereien, Zinn- und Bleiwalzwerke, Färbereien, Spiritusbrennereien, Ziegeleien,
Stein- und Kalkbrüche, Mühlen, Wagenbauereien, Ölraffinerie, Dampfschneidemühlen, Buch-, Steindruckereien und lithographische
Anstalten. Von großer Bedeutung ist der Getreidehandel und das Bankgeschäft. ^[]