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dienen 99 Banken, Kreditvereine, Spar- und Leihkassen mit 140893748 Frs. Kapital und 5417919 Frs. Reserve, darunter die Kantonalbank mit 6 Filialen in Biel, Burgdorf, Langenthal, Pruntrut, St. Immer und Thun. 1884 waren in das Handelsregister eingetragen 79 Genossenschaften und 4151 Geschäftsfirmen, unter letztern 445 Kommandit- und Kollektivgenossenschaften und 348 Aktiengesellschaften.
Verkehrswesen. Das Straßen- und das Eisenbahnnetz sind reich entwickelt, dagegen kommen die Gewässer mit Ausnahme der von Dampfbooten und Segelkähnen befahrenen Seen als Verkehrswege kaum in Betracht. An Staatsstraßen besitzt der Kanton [* 2] 2010 km, für die jährlich ungefähr 1 Mill. Frs. aufgewendet wird. Von fahrbaren Alpenstrassen sind zu erwähnen die Paßstraßen über den Bruchberg (1506 m, Simmenthal-Jaunthal), die Saanenmöser (1283 m, Simmenthal-Saanenthal) und den Pillon (1552 m, Saanenthal-Ormontthal).
Das Eisenbahnnetz hat (1895) auf bernischem Gebiete eine Schienenlänge von ungefähr 560 km. Hierzu gehören die Linien der Centralbahn mit 132,3 km, der Emmenthalbahn (Burgdorf-Gerlafingen, Burgdorf-Langnau) mit 32 km, der Jura Simplonbahn mit 233 km, der Bödelibahn (Därligen-Bönigen) mit 8,4 km, der Bahnen Langenthal-Huttwil mit 13,9 km, Tramelan-Tavannes mit 8,8 km, der Thuner-See-Bahn (26,9 km), von der Brünigbahn die Strecke Brünigpaß-Brienz (18 km), von der Bahn Saignelégier-Chaux-de-Fonds 20 km; ferner die Berner Oberlandbahnen (Interlaken-Lauterbrunnen und Zweilütschinen-Grindelwald) mit 23,7 km, die Wengernalpbahn (Lauterbrunnen-Grindelwald) mit 18 km, die Bahn Grütschalp-Mürren (4,3 km), die Brienz-Rothhornbahn (7,7 km) und die Schynige Plattebahn (7,2 km). Von Drahtseilbahnen liegen im Kanton Bern: [* 3] die Beatenbergbahn (1,6 km), Biel-Magglingen (1,633 km), die Gießbachbahn (331 m), die Bahn Lauterbrunnen-Grütschalp (1,217 km) und die Marzilibahn in der Stadt Bern (105 m). Die beiden Hauptlinien der Jura-Simplonbahn und der Centralbahn sind durch 2 Längslinien verbunden, von denen die eine von Biel über Solothurn [* 4] und Wangen nach Olten, die andere von Lyß über Solothurn nach Herzogenbuchsee führt. Eine direkte Linie Bern-Neuenburg wurde von der Bundesversammlung genehmigt. (S. Schweizerische Eisenbahnen.)
Verfassung und Verwaltung. Die Verfassung (vom ist rein demokratisch. Auf Grund einer Motion [* 5] vom wurde ein neuer Verfassungsentwurf vom Regierungsrat ausgearbeitet, der wesentlich auf eine gründliche Reform des Armen-, Gemeinde-, Niederlassungs- und Steuerwesens mit Beseitigung der in diesen Dingen noch bestehenden Unterschiede zwischen altem und neuem Kantonsteil und Ausdehnung [* 6] der Volksrechte abzielt; derselbe wurde unterm vom Volke angenommen.
Der Große Rat, je 1 Mitglied auf 2500 E. vom Volke in 62 Wahlkreisen gewählt, ist gesetzgebende, der Regierungsrat, 9 Mitglieder vom Großen Rate gewählt, vollziehende Behörde. Ersterm steht die Gesetzgebung, die Oberaufsicht über die gesamte Staatsverwaltung sowie die Wahl gewisser Beamten und Behörden zu. Die Amtsdauer beträgt bei beiden 4 Jahre. Für Gesetze und Ausgaben über 500000 Frs. ist das Referendum obligatorisch. Alle Gesetze unterliegen der Volksabstimmung; außerdem ist 12000 stimmfähigen Bürgern das Vorschlagsrecht (Initiative) zuerkannt; eine Verfassungsrevision kann von 15000 stimmfähigen Bürgern verlangt werden. In administrativer Hinsicht zerfällt der Kanton in 30 meist nach den Hauptorten benannte Amtsbezirke (s. S. 823 a), von denen je 7 im Oberland, Mittelland und Jura, 5 im Seeland, je 2 im Emmenthal und Oberaargau liegen und an deren Spitze je ein Regierungsstatthalter steht, der vom Volke des betreffenden Bezirks gewählt wird.
Jede Einwohnergemeinde hat einen Gemeinderat. Den Einwohnergemeinden steht das Recht zu, einen Friedensrichter zu wählen; jeder Bezirk besitzt ein Amtsgericht, bestehend aus einem Präsidenten und 4 Beisitzern. Höchste Instanz ist das aus 15 Mitgliedern bestehende Obergericht in Bern, das sich in Appellations- und Kassationshof, die Anklage- und Polizeikammer und die Kriminalkammer gliedert, welche letztere unter Zuziehung von Geschworenen über strafrechtliche Fälle urteilt.
Das Obergericht wird durch den Großen Rat gewählt und nach je 4 Jahren zur Hälfte erneuert. Die Amtsgerichte werden durch die Volkswahl bezirksweise bestellt. Für Kriminal-, Preß- und polit. Vergehen giebt es Geschworenengerichte. In eidgenössischen Angelegenheiten bildet jede der 6 Landschaften einen besondern Wahlkreis. In kirchlicher Hinsicht ist der Kanton paritätisch;
die reform. Kirche steht unter einer vom Volke gewählten Synode mit einem Synodalrat an deren Spitze;
die christ- oder altkatholische unter dem schweiz. Nationalbischof;
die röm.-katholische gehört seit der Absetzung des Bischofs von Basel [* 7] (1873) durch die Diöcesankonferenz in Solothurn faktisch keinem Bistumsverbande mehr an.
Klöster giebt es noch 2 in Pruntrut. In militär. Hinsicht bilden das Oberland, Mittelland und Seeland den Stammbezirk der 3. Division, der Jura gehört zum Bezirke der 2., Oberaargau und Emmenthal zu dem der 4. Division. Die Staatseinnahmen betrugen (1890) 22262308 Frs. (darunter an direkten Steuern 3129753 Frs.), die Ausgaben 22262308 Frs., das reine Staatsvermögen 49561424 Frs., wovon jedoch nach Verkauf der Staatsbahn (19,6 Mill. Frs.) und der Jura-Simplonbahnaktien (18 Mill. Frs.) an den Bund noch 5380000 Frs. in Eisenbahnaktien angelegt sind.
Das Wappen ist ein schwarzer schreitender Bär auf goldenem Schrägbalken im roten Felde (wie das der Stadt Bern, s. S. 825 a).
Bildungswesen. Öffentliche Anstalten. Bei den Rekrutenprüfungen von 1890 nahm der Kanton den 18. Rang unter 25 ein. Der Unterricht ist obligatorisch und in den Primärschulen unentgeltlich. Außer der Universität mit Tierarzneischule in der Stadt Bern (s. d.) bestehen ein kantonales Technikum (Burgdorf) und das westschweiz. Technikum (Biel), 3 Gymnasien (Bern, Burgdorf, Pruntrut), 4 Progymnasien (Biel, Delsberg, Neuenstadt, Thun), je 2 Seminare für Lehrer (Münchenbuchsee, Pruntrut) und Lehrerinnen (Delsberg, Hindelbank) und 61 Sekundärschulen; ferner 12 Armenanstalten, 4 staatliche Rettungsanstalten, 1 großes Kantonsspital bei Bern, 2 Irrenanstalten (Waldau und Münsingen) und 1 kantonale Entbindungsanstalt (Bern). Außerdem bestehen auch Privatschulen und Seminare der evang. Richtung für Lehrer und Lehrerinnen. Über die Geschichte des Kantons s. S. 826 a.
2) Bezirk im Kanton Bern (s. S. 823 a, Tabelle).
3) Hauptstadt des Kantons und Bezirks Bern, seit 1848 Bundeshauptstadt der Schweiz, [* 8] liegt in 536 m Höhe (Münster-Plattform), größtenteils auf einer ¶
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Halbinsel links an der Aare, an den Linien Basel-Olten-Bern-Thun (138 km) der Schweiz. Centralbahn, Chaux-de-Fonds-Biel-Bern (77 km), Bern-Genf (157 km) und Bern-Luzern (95 km) der Jura-Simplonbahn und hat (1888) mit ihrer ausgedehnten Gemarkung 47151 E., darunter 42504 Evangelische, 3931 Katholiken, 358 Israeliten und 358 andere.
[* 9] ^[Abb: Wappen [* 10] von Bern]
Anlage, Brücken. [* 11] Bern ist die bestgebaute Stadt der Schweiz; die Straßen und Plätze sind breit, regelmäßig von O. nach W. und von N. nach S. angelegt und werden in zahlreichen Kanälen vom Stadtbach durchflossen. Die burgartige Lage auf dem von der Aare umspülten, 30-40 m hohen Felsplateau und die massive Bauart der Häuser, die meist aus Sandstein erbaut und mit Arkaden (Lauben) an der Straßenseite versehen sind, verleihen der Stadt ein ernstes Aussehen. Auf drei Seiten von der Aare eingeschlossen, hat sich die Stadt, seitdem ihr Schanzengürtel teils abgetragen, teils in Promenaden umgewandelt worden ist, hauptsächlich am westl. Ende ausgedehnt, wo 5 Vorstädte fächerförmig von der Altstadt auslaufen.
Charakteristisch ist die große Zahl laufender Brunnen, [* 12] meist aus dem 16. Jahrh., mit allerlei Standbildern (Simson, Gerechtigkeit, Anna Seiler, Schütze, Kindlifresser, Dudelsackpfeifer u. s. w.). Über die Aare führen 6 Brücken: eine Eisenbahngitterbrücke und eine Kettenbrücke (Altenbergbrücke) im N., eine Gitterbrücke (Dalmazibrücke) im SW. und die Nydeckbrücken im O. der Stadt. Die untere wurde 1461, die obere, die 3 Bogen [* 13] enthält, deren mittelster 30 m hoch und 50 m weit ist, 1841-44 erbaut; am östl. Ende der letztern liegt als Wahrzeichen von Bern, der Bärengraben, in dem von alters her das Wappentier der Stadt und des Kantons gehegt wird.
Die eiserne Kirchenfeldbrücke (229 m lang, 13 m breit, 34 m hoch) im S., 1882-83 für 1½ Mill. Frs. erbaut, führt in 2 Bogen von je 87 m Spannung zum Helvetiaplatz nach dem neuen Stadtteil Kirchenfeld (s. Tafel: Eisenbrücken [* 14] I, [* 9] Fig. 2). Der Bau einer neuen Brücke [* 15] (Kornhausbrücke) im N. der Stadt ist 1895 begonnen worden. Von mittelalterlichen Bauten hat Bern infolge des großen Brandes von 1405 wenig aufzuweisen; die meisten Gebäude der Altstadt gehören dem 17. und 18. Jahrh. an.
Bauwerke, Denkmäler. Obenan steht das 1421-1598 erbaute, 1850 wiederhergestellte Münster, [* 16] ein spätgot. Bau (85 m lang, 34 m breit, 23 m hoch) mit einem um das Dach [* 17] laufenden durchbrochenen Steingeländer, wertvollen Glasmalereien (15. und 16. Jahrh.), Chorstühlen von 1522, Wappentafel Bertholds von Zähringen, 1600 von der Stadt gestiftet, und berühmter Orgel. Der unvollendete Turm [* 18] (71 m) wurde 1894 nach Plänen des Ulmer Dombaumeisters Beyer ausgebaut. Die Münsterterrasse (in 536 m Höhe, Plattform, ehemals Kirchhof, 86 m lang, 67 m breit), auf 30 m hohen Stützmauern ruhend, mit Baumreihen bepflanzt und mit dem ehernen Standbild des Gründers der Stadt, Berthold V. von Zähringen (nach Tscharners Entwurf), geschmückt, dient jetzt als Promenade.
Vor dem reichen Westportal (Skulpturen, das Jüngste Gericht darstellend) der Kirche das Reiterstandbild des Siegers von Laupen (1339), Rudolf von Erlach. Das kantonale Rathaus, 1406 erbaut, 1868 erneuert, hat eine got. Treppe [* 19] und als Fries die Wappen der bernischen Ämter, der Zeitglockenturm (15. Jahrh.) ein künstliches Uhrwerk (1527). Aus dem 18. Jahrh. stammen die 1726-29 erbaute Heiliggeistkirche, das palastähnliche Bürgerspital, das Inselspital, die Münze, das Kornhaus mit Gewerbemuseum, großen Kellern und Lagerfässern, das Theater, [* 20] die Stadtbibliothek (75000 Bände, wertvolle Inkunabeln, 1500 Handschriften) mit einer histor. und ethnogr.
Sammlung, das Regierungsgebäude (Stift) und der Erlacherhof, jetzt Sitz der städtischen Behörden. Von den neuern Gebäuden sind zu erwähnen das alte Bundesrathaus, ein Sandsteinbau im florentin. Palaststil (122 m lang, 50 m tief), 1852-57 nach Plänen von Stadler und Studer erbaut, das Naturhistorische Museum und das Kunstmuseum, zwei reiche Renaissancebauten, jenes 1881, dieses 1879 vollendet, das Gesellschaftsmuseum, die Gebäude der Kantonal- und der Eidgenössischen Bank, das Verwaltungsgebäude der Jurabahn, die Entbindungsanstalt und zahlreiche andere Universitätsgebäude, die roman.-gotische (seit 1873) altkath.
Kirche, 1858-64 nach Plänen von Deperthes (Reims) [* 21] erbaut, das neue Bundesrathaus, 1888-92 von Auer erbaut, und das neue Bernische historische Museum im Stadtteil Kirchenfeld, nach Lamberts Plänen erbaut. Auf dem Beundenfeld im N. der Stadt erheben sich die neuen Militäranstalten des Kantons (1874-78 erbaut für 4½ Mill. Frs., Zeughaus, Verwaltungsgebäude, Reitbahnen, Kaserne), 3 km nordöstlich von Bern die Irrenanstalt Waldau. Jahrhundertelang Residenz einer mächtigen Aristokratie, ist Bern jetzt Sitz der Bundes- und Kantonsbehörden und der fremden Gesandtschaften.
Bildungs- und Vereinswesen. Obenan steht die 1834 reorganisierte Universität (1895: 630 Studierende, davon 82 weibliche) mit evang. und altkatholischer theol. Fakultät, Tierarzneischule, tellurischem Observatorium und botan. Garten. [* 22] Das städtische Gymnasium, bestehend aus Progymnasium (4 Jahrgänge mit je 2-3 Parallelklassen), Litteraturschule (4½ Jahrgänge), Realschule (4½ Jahrgänge) und Handelsschule (4 Jahrgänge), das Freie Gymnasium mit Elementarschule (3 Obergymnasialklassen, 6 Progymnasialklassen und Realabteilung, 4 Elementarklassen), 2 Knabensekundärschulen, eine höhere Mädchenschule mit Seminar- und Handelsklassen, neue Mädchenschule (Schupplischule), eine Handwerker-, eine Kunst- und eine Musikschule. An Bibliotheken bestehen die Eidgenössische Centralbibliothek (20000 Bde.), ferner die Stadtbibliothek (80000 Bde.), die Bibliothek der Lesegesellschaft (45000 Bde.) und die Universitätsbibliothek. Unter den wissenschaftlichen Vereinen sind hervorzuheben die Naturforschende, die Historische, die Geographische und die Ökonomische Gesellschaft. Die Pflege der Musik und des Gesanges (Berner Liedertafel) nehmen in Bern eine bedeutende Stellung ein.
Wohlthätigkeitsanstalten. Unter den zahlreichen Anstalten sind außer den erwähnten zu nennen die bürgerlichen Waisenhäuser, das Frauen- und das Kinderspital, das Gemeindespital, nach seinem Stifter gewöhnlich Zieglerspital genannt, das Greisenasyl, die Blindenanstalt in Schloß Könitz bei Bern, das Spital für Augenkranke und die Diakonissenanstalt. Bern steht in Bezug auf die Bestrebungen zur Erbauung von Arbeiterwohnungen, Versicherung gegen Arbeitslosigkeit und Arbeitsnachweis obenan; auch ist es der Hauptsitz der Thätigkeit des Blauen Kreuzes. ¶