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Bockbrauerei, Eiskeller, [* 2] und die in Weißensee («Zum Sternecker»),
in der Hasenheide («Neue Welt»),
in Treptow («Sperl»),
ferner im Grunewald und in Schöneberg, bieten Volksbelustigungen aller Art. Im Winter gewähren Rousseau-Insel, Neuer See, Müggelsee, die Wasserläufe der Spree sowie künstliche Eisbahnen Gelegenheit zum Schlittschuhlaufen. Große Anziehungskraft haben ferner die Frühjahrs- und Herbstparaden auf dem Tempelhofer Felde, die der Kaiser über das Gardekorps abnimmt, und die königl. Parforcejagden im Grunewald.
Die Umgebung, besonders im NW., W. und SO., ist zum Teil reich an Naturschönheiten, die man jetzt infolge Hebung [* 3] der Verkehrsmittel, wie Eisenbahn (Stadt- und Ringbahn), Pferde- und Dampfstraßenbahn und Dampfschiff, [* 4] bequem aufsuchen kann. Im W. liegt Charlottenburg [* 5] (s. d.) mit dem Schloß und dessen Park sowie der Villenkolonie Westend, weiterhin Spandau; [* 6] nördlich von der Spree von Moabit bis Tegel breitet sich die Jungfernheide aus, durchschnitten vom Spandauer Schiffahrtskanal (s. oben), mit dem Artillerieschießplatz, und südöstlich mit dem Plötzensee und unweit demselben die 1878 fertig gestellte Strafanstalt, eine der größten preuß. Gefängnisanstalten (für 1200 Gefangene).
Forssell - Forstabschä
![Bild 56.991: Forssell - Forstabschätzung [unkorrigiert] Bild 56.991: Forssell - Forstabschätzung [unkorrigiert]](/meyers/thumb/56/56_0991.jpeg)
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Forst.An der Havel Saatwinkel, die Insel Valentinswerder und am Tegeler See westlich der Tegeler Forst, [* 7] am Nordrande das Dorf Tegel mit dem ehemaligen Besitztum W. von Humboldts, in dessen Park sich auch das Familienbegräbnis der Humboldts befindet. Südlich von Spandau und Charlottenburg zieht sich der Spandauer Forst hin, mit Pichelswerder und Schildhorn an der Verbreiterung der Havel; an diesen schließt sich südwärts der Grunewald an, mit den Vergnügungsorten Halensee, Hubertus, Hundekehle, Jagdschloß Grunewald, Krumme Lanke, Schlachtensee, und am Wannsee, einer Ausbuchtung der Havel, die gleichnamige Villenkolonie. Im S. liegen Wilmersdorf an der Berlin-Potsdamer Eisenbahn, Schöneberg, Friedenau, Steglitz, Zehlendorf, an der Berlin-Anhaltischen Eisenbahn Lichterfelde mit der Hauptkadettenanstalt und der Kaserne des Gardeschützenbataillons; ferner die Hasenheide mit zahlreichen Vergnügungslokalen und dem 1872 errichteten Bronzestandbilde des Turnvaters Jahn (von Encke), der hier 1811 den ersten Turnplatz errichtete, sowie Rixdorf.
Südöstlich an der obern Spree liegen Rummelsburg, am gleichnamigen See einer nördl. Ausbuchtung der Spree;
Copa - Cöpenick [unkor
![Bild 54.500: Copa - Cöpenick [unkorrigiert] Bild 54.500: Copa - Cöpenick [unkorrigiert]](/meyers/thumb/54/54_0500.jpeg)
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Cöpenick.ferner Stralau, Treptow, Cöpenick; [* 8]
im O. Friedrichsfelde (s. d.) mit Schloß, in dem 1814 König Friedrich August von Sachsen [* 9] als Gefangener weilte;
im NO. Weißensee, im N. Gesundbrunnen, Pankow, Niederschönhausen mit Schloß und Park, Schönholz mit dem Schützenhaus der Berliner [* 10] Schützengilde und 2½ km östlich von Tegel Dalldorf (s.d.) mit Irrenanstalt.
Geschichte. Die günstigen Ortsverhältnisse an dem Spreeübergange lassen sicher darauf schließen, daß an jener Stelle schon von alters her wend. Ansiedelungen bestanden haben, die sich unter dem Vordringen der german. Bevölkerung [* 11] bereits gegen Ende des 12. Jahrh. zu einem wichtigen Handelsplatz herangebildet zu haben scheinen, obgleich der Ort, wie auch der daneben auf einer Spreeinsel gelegene, Colonia oder Kölln (vom Wendischen «Kollen», d. i. ein von Sumpf und Wasser umgebener Hügel), urkundlich erst unter den Markgrafen Johann Ⅰ. und Otto Ⅲ. 1244 (Kölln schon 1238) erwähnt wird, doch schon zwischen 1225 und 1232 das brandenb. Stadtrecht erhalten haben muß. Beide Städte waren nicht durch Thore geschieden und erledigten die wichtigsten Geschäfte gemeinsam, hatten aber im übrigen getrennte Verfassung und Verwaltung bis 1709. Einige Versuche zur Vereinigung, wie 1307 und 1432, schlugen fehl. ^[]
Berlin

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Berlin.Da Berlin [* 12] das Recht der Niederlage und andere Privilegien erhielt, so gedieh es mit Kölln schon unter den askan. Markgrafen rasch, so daß die bayr. Fürsten, die 1323 von Kaiser Ludwig Ⅳ., dem Bayer, mit der Mark belehnt wurden, in Berlin zu residieren pflegten, so oft sie in das Land kamen. Die polit. Gegensätze zwischen ihren Anhängern und denen des sächs.-askan. Hauses führten 1325 zur Tötung des Abtes Nikolaus von Bernau in Berlin, der zur letztern Partei gehört hatte. Der Kirchenbann, den dies Ereignis für die Stadt nach sich zog, konnte erst 1336 mit großen Geldopfern gelöst werden.
Dem falschen Waldemar schloß sich Berlin 1348 nur mit Widerstreben an, hielt aber dann am sächs.-anhalt. Hause, das mit Waldemar wieder im Lande Fuß zu fassen suchte, gegen Ludwig von Bayern [* 13] fest, weshalb König Waldemar von Dänemark, [* 14] Ludwigs Verbündeter, die Stadt 1349, obwohl vergeblich, belagerte. 1352 söhnte sich Berlin mit den bayr. Herren wieder aus. Die Stadt gewann auch während der bayr. Markgrafen beständig an Macht, galt als Hauptstadt der Landschaften Barnim und Teltow, wurde Versammlungsort der mittelmärk.
Pommern

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Pommern.Stände und gehörte zum Hansebunde. Unter den Luxemburgern, die 1373 die Mark erhielten, vervollständigte Berlin 1391 seine Selbständigkeit durch Erwerbung der Gerichtsgewalt von Markgraf Jobst (1388–1411). Dennoch zeigte es sich während der Anarchie in der Mark unter diesem Landesherrn zum Widerstande gegen den märk. Adel zu schwach. Besonders das Geschlecht der Quitzow und ihr Anhang wußte 1404–9 den Handelsverkehr der Stadt derart zu lähmen, daß sie bei einem auswärtigen Fürsten, dem Herzog Swantibor von Pommern, [* 15] Hilfe suchen mußte. Es war zu ihrem Vorteile, daß Friedrich Ⅰ. von Hohenzollern [* 16] (1415–40) geordnete Verhältnisse im Lande herbeiführte.
Als aber 1442 Friedrich Ⅱ. (1440–71) landesherrliches Eigentum, das sich im Besitze der Stadt befand, beanspruchte, ließen sich die Bürger im Verlaufe des bis 1448 währenden Rechtsstreites zu Gewaltthätigkeiten verleiten, die ihnen einen großen Teil ihres Vermögens und der städtischen Privilegien kosteten und den Bau einer neuen kurfürstl. Burg in Kölln (an Stelle des jetzigen königl. Schlosses) zur Folge hatten. Doch nahm Friedrich Ⅱ. hier seinen Wohnsitz, und von Johann Cicero (1486–99) an ist die Stadt beständig Residenz des Landesherrn geblieben. Im 16. Jahrh. machte ihre Entwicklung, wie die der Mark überhaupt, geringe Fortschritte.
Berlin (Litteratur)

* 18
Seite 52.815.Nur die kurfürstl. Hofhaltung gab der Stadt einiges Ansehen. 1544 gelangte die Stadt durch Kauf wieder in den Besitz der Gerichtsgewalt, die sie 1442 an Friedrich Ⅱ. hatte abtreten müssen. Die Kirchenreformation vollzog sich durch Einführung des luth. Gottesdienstes unter Joachim Ⅱ. Das Kirchenpatronat, das bisher der Landesherr gehabt hatte, erhielt die Stadtgemeinde. 1613 trat Johann Sigismund zur reform. Lehre [* 17] über, was solche Erregung in der Bürgerschaft hervorrief, daß es 1615 zu öffentlichen Tumulten kam. Im Dreißigjährigen Kriege war die ¶
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Befestigung der Stadt in sehr schlechtem Zustande und die Bürgerschaft nicht mehr zur Verteidigung geeignet. Doch wurde die Residenz im Vergleiche zu den andern Landesteilen sehr geschont. Nur 1636 und 1639 lief sie dreimal Gefahr, in die Hände der Schweden [* 19] zu fallen, konnte sich aber durch Abfindungssummen von zusammen 32000 Thlrn. von der Besetzung loskaufen. 1654 zählten und Kölln zusammen etwa 10000 E. Der Große Kurfürst erleichterte den Steuerdruck nach dem Kriege durch Einführung der Accise, gab der Stadt eine ständige Garnison und erweiterte sie durch Umgestaltung in eine Festung [* 20] neuern Systems. Er legte zwei neue Städte neben Kölln und an, Friedrichswerder und Dorotheenstadt, sorgte für Pflasterung und Beleuchtung [* 21] der Straßen in der ganzen Residenz und vermehrte die Bevölkerung durch Aufnahme von Waldensern, Holländern und hauptsächlich Hugenotten. 1699 gab es 5682 Franzosen in Berlin, sie betrugen etwa den fünften Teil der Bevölkerung.
Der Große Kurfürst hob auch durch den Ausbau des Müllroser Kanals den Handel und besonders die Schiffahrt in Berlin, so daß im Anfange des 18. Jahrh. das Schiffbaugewerbe Eingang fand und die Spandauer Vorstadt sich stark bevölkerte. Das Bestehen von vier besondern Städten erschwerte die Verwaltung, weshalb Friedrich Ⅰ. sie 1709 zu einer Gemeinde vereinigte. Durch die Anlage der Friedrichsstadt, durch großartige Bauten, worunter besonders die Hauptfront des Schlosses und das Zeughaus zu nennen sind, durch glanzvolles Hofleben und durch Heranziehung von Künstlern und Gelehrten gab er der Stadt den Charakter einer königl. Residenz. Er stiftete 1699 und 1700 die Akademien der Künste und der Wissenschaften.
Krankenhaus zu Stettin

* 22
Krankenhaus.Friedrich Wilhelm Ⅰ. vermehrte die Garnison ansehnlich, sie betrug 1730: 14265 Personen gegen 58122 Civilbevölkerung, begann die Auflösung der Festungswerke, betrieb eifrig den weitern Aufbau der Friedrichstadt und gab der Stadt in der Charité ein allgemeines Krankenhaus. [* 22] Sieben neue Kirchen wurden unter seiner Regierung gegründet. Friedrich d. Gr. setzte die Bauthätigkeit und die Niederlegung der Festungswerke fort. Er begünstigte den Zuzug durch Gewährung von Unterstützungsgeldern und siedelte namentlich in den Vorstädten Kolonisten an. Den Thiergarten, in dem schon Friedrich Ⅰ. Alleen angelegt hatte, schuf er zu einem Park für die Residenz um. Er errichtete die ersten Kasernen für das Militär.
Unter seinen Prachtbauten zeichnen sich besonders die 1784 vollendeten Türme auf dem Gensdarmenplatz
aus. Die städtische Verwaltung ordnete er durch die Verfassung von 1747. Im Siebenjährigen Kriege nahmen die Österreicher 1757 ein
und erhoben von der Stadtgemeinde 240000 Thlr. Drückender noch war die Besetzung durch die Russen 1760, die über 2 Mill.
eintrieben. Die Summe erstattete indessen später größtenteils der König. Gegen Ende des Jahrhunderts bildete sich Berlin infolge
der gewerblichen Unternehmungen, der Handelspolitik und der Kanalbauten Friedrichs Ⅱ. aus einer Militär- und Beamtenstadt
zu einem Industrie- und Handelsplatze aus.
Hof (meteorologisch) -

* 23
Hof (meteorologisch) - Hofburgwache.
Die Einwohnerzahl war von 55000 im J. 1707 auf 172132 im J. 1800 gestiegen. Vom Okt. 1806 bis Dez. 1808 stand
Berlin unter Herrschaft der Franzosen. Der königl. Hof
[* 23] hatte in demselben Monat verlassen und kehrte Dez. 1809 zurück. Napoleon
ließ die Stadt nach franz. Gemeindeverfassung verwalten, an deren Stelle 1809
die preuß. Städteordnung trat. Unter ihrer
Wirksamkeit sind im Laufe des Jahrhunderts alle für eine stetig wachsende Großstadt wünschenswerten
Einrichtungen geschaffen worden.
Aber auch die Landesherren trugen beständig bei, sie zu verschönern und durch Pflege von Kunst und Wissenschaft zu heben, Friedrich Wilhelm Ⅲ. gründete 1809 die Universität, ließ 1824-28 durch Schinkel das Alte Museum bauen. Friedrich Wilhelm Ⅳ. fügte das Neue mit seinen reichen Kunstsammlungen hinzu. Während seit 100 Jahren die Zahl der Kirchen in Berlin trotz der wachsenden Bevölkerung sich fast gar nicht vermehrt hatte, entstanden unter seiner Regierung acht größere und mehrere kleinere Kirchen.
Norddeutscher Lloyd -
![Bild 62.415: Norddeutscher Lloyd - Nordenberg [unkorrigiert] Bild 62.415: Norddeutscher Lloyd - Nordenberg [unkorrigiert]](/meyers/thumb/62/62_0415.jpeg)
* 24
Norden.Die ersten großen Eisenbahnlinien entstanden in schneller Folge 1838-46. wurde die Stadt Schauplatz von Straßenkämpfen, bei denen über 200 E. und etwa 20 Soldaten fielen. Gegen 1860 begann der gewaltige Aufschwung der gewerblichen Thätigkeit vorzüglich im Maschinenbau, der dem Norden [* 24] der Stadt für 2 Jahrzehnte den Charakter einer Fabrikstadt verlieh. Unter Wilhelm Ⅰ. fand 1861 die Erweiterung des Weichbildes statt. Seit 1871 entwickelte sich Berlin als Hauptstadt des Reichs, als Fabrik- und Handelsplatz ersten Ranges zu einem der Centren des Weltverkehrs. [* 25] ^[]
Litteratur.
Vgl. Spiker, und seine Umgebungen im 19. Jahrh. (26 Hefte, Berl. 1833-38, mit Stahlstichen);
Sebald, B.s Denkmäler der Bau- und Bildhauerkunst [* 26] (ebd. 1844);
Cotta, Die Heimatskunde für Berlin (2. Aufl., ebd. 1873);
Schasler, Die königl. Museen von Berlin (11. Aufl., ebd. 1875);
und seine Bauten (Prachtwerk, vom Architektenverein herausgegeben, ebd. 1877);
R. Fischer, Heimatkunde von Berlin (ebd. 1879);
Der richtige Berliner in Wörtern und Redensarten (4. Aufl., ebd. 1882);
Dominik, Quer durch und rings um Berlin (ebd. 1883);
Reuter, Das militärische Berlin Zusammenstellung der militär. Einrichtungen und Etablissements von in ihrer histor.
Entwicklung (ebd. 1873);
Rigler, Das medizinische Berlin (ebd. 1873);
Friedel, Die deutsche Kaiserstadt Berlin Stadtgeschichten, Sehens- und Wissenswertes aus der Reichshauptstadt und deren Umgebung (Lpz. 1882);
M. Ring, Die Kaiserstadt und ihre Umgebung (2 Bde., ebd. 1882-84);
ders., Berliner Leben.
Kulturstudien und Sittenbilder (ebd. 1882);
Pistor, Das öffentliche Gesundheitswesen und seine Überwachung in der Stadt Berlin während der J. 1886, 1887 und 1888 (Berl. 1890);
Festschrift zum X. Internationalen Medizinischen Kongreß in Berlin 1890, hg. von Kister (ebd. 1890);
Hellmann, Das Klima von Berlin (Bd. 1, ebd. 1891);
Berichte der Ältesten der Berliner Kaufmannschaft; Lindenberg, Berlin als Kleinstadt (ebd. 1893);
ders., in Wort und Bild (ebd. 1894);
Borrmann, Die Bau- und Kunstdenkmäler von Berlin (ebd.1893);
Lassar, das künstlerische Berlin (ebd. 1893);
Das medizinische Berlin (2. Aufl., ebd. 1894);
Fontanes Führer durch die Umgegend von Berlin (Tl. 1-4, ebd. 1893-94);
Führer von Baedeker (8. Aufl., Lpz. 1894), Grieben (39. Aufl., Berl. 1894), Kießling (19. Aufl., ebd. 1894) und Stangen (6. Aufl., ebd. 1888).
Zur Statistik vgl.: und seine Entwicklung. Städtisches Jahrbuch für Volkswirtschaft und Statistik (1867-72); seit 1874 unter dem Titel Statistisches Jahrbuch der Stadt Berlin, hg. vom Direktor des Städtischen Statistischen Amtes (Berl. 1874 fg.); Böckh, Die Bevölkerungs-, Gewerbe- und ¶