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Hochschulen und höhere Bildungsanstalten. Die 1810 errichtete Friedrich-Wilhelms-Universität hat (1892) 82 ord., 7 ord. Honorar-, 88 außerord. Professoren, 138 Privatdocenten, 2 Lektoren, 3 Lehrer der Zahnheilkunst und 3 Sprachlehrer. Immatrikuliert waren (1892) 5371 studierende (3764 Preußen, [* 2] 928 andere Deutsche, [* 3] 464 andere Europäer, 215 Nichteuropäer), davon 707 der theol., 1595 der jurist., 1410 der mediz. und 1659 der philos. Fakultät Angehörige.
Berechtigt zum Hören der Vorlesungen waren außerdem 320 Personen; auch sind dazu berechtigt die Studierenden der militärärztlichen Bildungsanstalten und der übrigen Hochschulen. An der Kriegsakademie lehrten (1892) 21 Militär- und 18 Civillehrer; kommandiert waren 302 studierende Offiziere; ferner bestehen die vereinigte Artillerie- und Ingenieurschule (21 militärische, 12 Civillehrer, 226 Offiziere) in Charlottenburg, [* 4] das Pädagogische Seminar für gelehrte Schulen, das kaiserl. Statistische Amt, das preuß. Statistische Bureau mit Seminar, die militärärztlichen Bildungsanstalten (Friedrich-Wilhelms-Institut und Medizinisch-Chirurgische Akademie mit 264 Studierenden), die königl. Technische Hochschule Berlin-Charlottenburg (133 Lehrer, 1380 Studierende), die Geologische Landesanstalt und Bergakademie (17 Lehrer, 104 Studierende), Landwirtschaftliche Hochschule (28 Lehrer, 318 Studierende), Hochschule für Musik (41 Lehrer, 232 Studierende), königl. akademische Hochschule für die bildenden Künste (24 Lehrer, 230 Studierende), die Tierärztliche Hochschule (18 Lehrer, 453 Studierende), das Seminar für orient.
Sprachen (101 Hörer, darunter 47 Studenten), das Physikalische, Zoologische, Pflanzenphysiologische, Pharmakologische, Pathologische, Physiologische, Geographische, Botanische, Technologische, sowie je 2 chem. und anatom. Institute, die Physikalisch-Technische Reichsanstalt, die Institute für theoretische Physik und Infektionskrankheiten sowie 14 Seminare mit fachwissenschaftlichen Lehrapparaten und Bibliotheken; die königl. Sternwarte, [* 5] wo Galle den von Leverrier in Paris [* 6] berechneten Neptun fand, das kaiserl. Deutsche Archäologische Institut, das Hygieine-Laboratorium, die mit dem Charitékrankenhause in Verbindung stehenden klinischen Institute, die vereinigten Universitätskliniken, die königl. Universitätsfrauenklinik, die Medizinische Klinik und Poliklinik der Universität, die königl. Chemisch-Technische Versuchsanstalt, die Praktische Unterrichtsanstalt für Staatsarzneikunde, das Zahnärztliche Institut der Universität, die Poliklinik für Hals- und Nasenkrankheiten, das königl. Pädagogische Seminar für höhere Schulen, das Meteorologische, Kartographische und das Geodätische Institut mit dem Centralbureau der Internationalen Erdmessung, das königl. Hebammeninstitut, das Domkandidatenstift, die Militär- (Central-) Turnanstalt, die königl. Turnlehrerbildungsanstalt, die von der Gesellschaft für das Studium der neuern Sprachen gegründete Akademie für moderne Philologie, die Hochschule für die Wissenschaft des Judentums, das Rabbinerseminar, das Theologische Seminar der franz. Kolonie, das Seminar für Missionare, das Victorialyceum für Damen.
Bibliotheken und andere wissenschaftliche Sammlungen. Die 1659 gegründete königl. Bibliothek (800000 Bände, 24000 Handschriften, darunter Luthers hebr. Bibel [* 7] mit Randbemerkungen, der «Codex Wittekindi», eine Evangelienhandschrift des 8. Jahrh., Beethovens Originalpartitur der 9. Symphonie, die Luftpumpe [* 8] Ottos von Guericke u. a.), weiter die Bibliotheken des Großen Generalstabs, des preuß. Statistischen Bureaus (100000 Bände), der Bergakademie, der Technischen Hochschule, des Reichstags, des kaiserl. Statistischen Amtes, des Magistrats, des Kammergerichts, der Polytechnischen Gesellschaft, der Gesellschaft für Erdkunde, [* 9] verschiedener Vereine u. s. w. Von Sammlungen sind zu erwähnen: die Sammlung physik.
Apparate, chirurg.-geburtshilflicher Instrumente und Bandagen, das Christliche Archäologische Kunstmuseum, das Botanische (über 100000 Pflanzenarten), das Anatomische Museum, die Pharmakologische, die Anatomische Sammlung, das Anatomische Theater, [* 10] das Herbarium, das Festungsmodellhaus, das Landwirtschaftliche, das Handelsgeographische Museum, das städtische Schulmuseum (mit Lehrerbibliothek), das 1869 gegründete Aquarium, die königl. Musikinstrumentensammlung, der Universitäts- und der Botanische Garten. [* 11]
Höhere Schulen. Über die Gymnasien giebt folgende Tabelle Auskunft:
Gymnasien | Jahr der Gründung | Lehrer | Klassen | Schüler der Gymnasialklassen | Vorklassen | Schüler der Vorklassen | Direktoren |
---|---|---|---|---|---|---|---|
Städtische:
Köllnisches | 1540 | 29 | 15 | 452 | 3 | 162 | F. Kern |
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Zum Grauen Kloster | 1574 | 31 | 15 | 559 | - | - | Dr. Bellermann |
Friedrich-Werdersches | 1681 | 29 | 15 | 405 | 3 | 121 | Dr. Büchsenschütz |
Friedrichs- | 1850 | 30 | 15 | 489 | 3 | 168 | Dr. Voigt |
Luisenstädtisches | 1864 | 34 | 15 | 502 | 3 | 175 | Dr. Müller |
Sophien- | 1865 | 29 | 15 | 461 | 3 | 152 | Dr. Dielitz |
Askanisches | 1875 | 30 | 15 | 593 | 3 | 176 | Dr. Ribbeck |
Humboldts- | 1875 | 31 | 15 | 418 | 3 | 126 | Dr. Lange |
Leibniz- | 1876 | 28 | 15 | 478 | 3 | 160 | Dr. Friedländer |
Königstädtisches | 1877 | 32 | 15 | 468 | 3 | 151 | Dr. Wellmann |
Lessing- | 1882 | 30 | 15 | 449 | 3 | 152 | Dr. Quaatz |
Königliche: [* 12]
Joachimsthalsches | 1607 | 33 | 15 | 531 | - | - | Dr. Bardt |
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Französisches | 1689 | 29 | 15 | 374 | 4 | 122 | Dr. Schulze |
Friedrich-Wilhelms- | 1747 | 32 | 18 | 802 | 6 | 240 | Dr. Nötel |
Wilhelms- | 1858 | 37 | 18 | 753 | 5 | 207 | Dr. Kübler |
Luisen- | 1882 | 33 | 18 | 725 | 6 | 277 | G. Kern |
Prinz Heinrichs- | 1890 | 16 | 8 | 266 | 3 | 160 | Dr. Richter |
Das Joachimsthalsche Gymnasium hat ein Alumnat mit 120 Alumnen und 40 Pensionären. Die Zöglinge des evang. Erziehungsinstituts Paulinum besuchen ein Gymnasium und erhalten Pflege und Erziehung in der Anstalt. Ferner bestehen: das königl. Realgymnasium, 1747 gestiftet (Direktor Dr. Simon, 30 Lehrer, 15 Klassen, 666 Schüler), das Königstädtische Realgymnasium (1832 eröffnet, Direktor Dr. Vogel, 31 Lehrer, 15 Klassen, 560 Schüler, 4 Vorklassen, 189 Schüler), das Friedrichs- (1850 eröffnet, Direktor Dr. Gerstenberg, 31 Lehrer, 14 Klassen, 430 Schüler, 3 Vorklassen, 112 Schüler), das Luisenstädtische (1836 eröffnet, Direktor Dr. Foß, 31 Lehrer, 14 Klassen, 493 Schüler, 4 Vorklassen, 211 Schüler), das Dorotheenstädtische (1836 eröffnet, Direktor Dr. Schwalbe, 35 Lehrer, 15 Klassen, 611 Schüler, 3 Vorklassen, 144 Schüler), das Sophien- (1868 eröffnet, Direktor Martus, 30 Lehrer, 15 Klassen, 516 Schüler, 3 Vorklassen, 178 Schüler), das Andreas- (1833 eröffnet, Direktor Dr. Bolze, 31 Lehrer, ¶
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15 Klassen, 608 Schüler, 3 Vorklassen, 178 Schüler) und das Falk-Realgymnasium (1880 eröffnet, Direktor Dr. Bach, 32 Lehrer, 15 Klassen, 647 Schüler, 3 Vorklassen, 177 Schüler); die Friedrich-Werdersche Gewerbeschule (Oberrealschule), die Luisenstädtische Oberrealschule, 11 städtische Realschulen und eine Handelsschule, die mit einer Vorschule für höhere Lehranstalten verbunden ist.
Andere Schulen und Anstalten. Ein Lehrerseminar, ein Lehrerinnenseminar, eine israel. Lehrerbildungsanstalt, eine Seminarpräparandenanstalt, 8 öffentliche (darunter 6 städtische) und 49 private höhere Mädchenschulen, 10 öffentliche und 11 private höhere Knabenschulen, je 6 Mittel- und Elementarknaben- und Mädchenschulen und 201 Gemeindeschulen mit 3271 Klassen, 87226 Knaben und 89203 Mädchen (die Gemeindeschulen erfordern einschließlich von 201 Schülerbibliotheken für 1893/94 eine Ausgabe von 9406077 M.), 2 städtische Waisenschulen, 1 städtische Schule für verwahrloste Kinder, je eine in der Idiotenanstalt zu Dalldorf und im städtischen Obdach, 17 anderweite, teilweise gemischte Schulen für Knaben und Mädchen; endlich noch 6 Stiftungsschulen, 1 städtische Taubstummenschule, 1 Blindenschule, 12 städtische Fortbildungsschulen für Jünglinge, 6 für Mädchen und 1 für Taubstumme, 16 städtische Fachschulen, je 1 Webeschule, Handwerker- und Baugewerkschule, je 1 israel. Knaben- und Mädchenschule. An Unterhaltungskosten für 1893/94 sind für die Blinden- und Taubstummenschule 80692 M., für das Fortbildungs-Unterrichtswesen und die Volksbibliotheken 359869 M., das gewerbliche Unterrichtswesen 281260 M., für die Turnhallen (mit Einschluß von 16940 M. für die Spielplätze der Jugend) 220704 M. veranschlagt.
Am wurden die Berliner [* 14] Schulen (mit Ausschluß der Hochschulen) von 115477 Knaben und 110446 Mädchen besucht; davon entfielen 207244 auf öffentliche und 18679 auf Privatschulen.
1893 wurde ein Frauengymnasium eröffnet.
Zu diesen Anstalten kommen hinzu 12 städtische Turnhallen, 6 öffentliche Spielplätze für die Jugend und 27 Volksbibliotheken.
Unter den von Vereinen geleiteten Anstalten wirken das Deutsche Gewerbemuseum und der Berliner Handwerkerverein besonders für wissenschaftliche und Kunstbildung der Gewerbetreibenden.
Kunstinstitute. Außer den oben (unter Weltliche Bauten) angeführten Museen sind noch hervorzuheben: das 1874 begründete Märkische Provinzialmuseum (Direktor Stadtrat Friedel), eine etwa 80000 Nummern umfassende Sammlung von Altertümern aller Art, wichtig für die Kulturgeschichte der Mark Brandenburg von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Das Beuth-Schinkel- und Architekturmuseum (in der Technischen Hochschule) enthält den künstlerischen Nachlaß Schinkels sowie die hinterlassene Sammlung Beuths;
das Rauch-Museum fast sämtliche Werke des Meisters in Modellen oder Gipsabgüssen;
ferner das Museum für deutsche Volkstrachten, 1889 aus Privatmitteln gegründet, das 1886 eröffnete Hygieinemuseum, dessen Grundstock die Sammlung der Berliner Ausstellung für Hygieine und Rettungswesen (1883) bilden;
beide in der ehemaligen Gewerbeakademie.
Die Akademie der Künste (300 Studierende), zum Teil in die Bauakademie übergesiedelt; die 1877–80 von Gropius und Schmieden gebaute Kunstgewerbeschule (Direktor Professor Ewald) mit mehrern Ateliers. Von Privatgalerien ist bedeutend die Ravenésche Gemäldegalerie, mit neuern deutschen und franz. Bildern. – Von den Ausstellungen, insbesondere Kunstausstellungen (s. d.), ist zunächst zu erwähnen, daß das von der Stadtbahn durchschnittene Gebiet westlich vom Lehrter Bahnhof 1879 der Berliner Gewerbeausstellung, 1883 der Hygieineausstellung, 1889 der Allgemeinen Deutschen Ausstellung für Unfallverhütung zum Schauplatz gedient hat. Das in Glas [* 15] und Eisen, [* 16] mit einer gewaltigen Hauptkuppel versehene Hauptgebäude (Konstruktion von Scharowsky, Architektur von Kyllmann und Heyden) ist 1884 vom Staat angekauft und zum Landesausstellungsgebäude (s. Tafel: Ausstellungsgebäude [* 17] Ⅱ, [* 13] Fig. 6) bestimmt; 1886 fand in demselben die Jubiläumsausstellung der Akademie der Künste, im Frühjahr 1890 eine Gartenbauausstellung, 1891 die Internationale Kunstausstellung statt.
Sonst finden dort alljährlich die Ausstellungen der Akademie der Künste statt. Den zugehörigen Ausstellungspark, im Sommer als Konzertgarten benutzt, schmückt auf der Westseite eine 1886 hergestellte Nachbildung der Ostfront des Zeustempels zu Olympia; das Innere desselben wird zur Aufstellung von Panoramen (s. unten) verwendet. Daneben das von der Gesellschaft Urania 1889 eröffnete Wissenschaftliche Theater, in dem Vorträge über Erd- und Himmelserscheinungen gehalten werden, mit einer dem Publikum zugänglichen Sternwarte.
Ausstellungen von Bildwerken finden außerdem statt im königl. Akademiegebäude, im 1876 vollendeten Architektenvereinshaus (seit 1887) vom Verein Berliner Künstler und in den verschiedenen Kunstsalons (namentlich Fr. Gurlitt und Ed. Schulte). Von Panoramen besitzt Berlin [* 18] mehrere: das 1881 eröffnete Nationalpanorama in der Nähe des Königsplatzes;
im Ausstellungspark ehedem das Panorama: Pergamon [* 19] (1883);
Brand von Rom [* 20] unter Kaiser Nero (1886);
dann: Kaiser Wilhelms Ⅱ. Ankunft in Konstantinopel; [* 21]
am Westrande des Thiergartens das Panorama: Jerusalem [* 22] und die Kreuzigung, von Piglheim, und dann (bis 1894): Neapel [* 23] mit dem Golf und dem Vesuv; [* 24]
am Alexanderplatz das Sedanpanorama, von A. von Werner und Bracht, und am Lehrter Bahnhof das Marinepanorama (1894).
Viel besucht werden auch Castans Panoptikum und das Passagepanoptikum. Von den der Musik gewidmeten Instituten, die in Berlin eine reiche Pflege findet, sind außer der königl. Hochschule für Musik zu erwähnen: der Konzertsaal im Opernhause, mit den Sinfoniesoireen der königl. Kapelle;
die von Fasch (gest. 1800) gestiftete Singakademie, unter Leitung Blumners, in der auch die Joachimschen Streichquartette stattfinden;
die Philharmonie, 1888 von Schwechten umgebaut, mit den Konzerten des philharmonischen Orchesters und den hervorragendsten Musikaufführungen überhaupt;
der «Saal Bechstein» und das Konzerthaus, mit den Konzerten der Meyderschen (früher Bilseschen) Kapelle. ^[]
Theater. hat 15 größere Theater für Schau- und Lustspiel, Oper und Operette: königl. Opernhaus (1650 Plätze, Oper und Ballett);
königl. Schauspielhaus (1120 Plätze);
Deutsches Theater (980 Plätze), 1883 neu eröffnet;
Berliner Theater (1600 Plätze; letztere drei für Trauer-, Schau- und Lustspiel);
Lessing-Theater (1200 Plätze, modernes Schau- und Lustspiel);
Schiller- (bis 1894 Wallner-) Theater (1300 Plätze, Schauspiel), 1868 erbaut; ¶