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dem vom alten Gebäude übernommenen Sandsteinfries von Schadow;
das Generalpostgebäude (Reichspostamt), 1871-73 von Schwatlo erbaut, mit dem Reichspostmuseum (das Modelle der Verkehrsmittel aller Zeiten, Zeichnungen und Modelle von neuen deutschen Postgebäuden sowie eine sehr reichhaltige Postwertzeichensammlung enthält);
an der Königsstraße das Hauptpostamt mit der Oberpostdirektion für Berlin, [* 2] dem Hofpost-, Stadtpost-, einem Rohrpost- und ein Telegraphenamt;
das Paketpostamt an der Ecke der Artillerie- und Oranienburger Straße von Tuckermann und Struve.
An der Südseite des Alexanderplatzes liegt das große, eröffnete königl. Polizeipräsidium von Blankenstein und Hesse; in der Leipzigerstraße das ehemalige Reichstagsgebäude, 1871 in einem Teil der ehemaligen königl. Porzellanmanufaktur nach Hitzigs Entwurf von Gropius und Schmieden angelegt. Das neue Reichstagsgebäude auf der Ostseite des Königsplatzes, von P. Wallot seit 1884 erbaut und eingeweiht, ist der vornehmste Monumentalbau B.s.
Der Grundriß besteht aus einem Rechteck (138 m : 97 m); an den Ecken 4 stumpfe Türme, in der Mitte eine Kuppel. Der Sitzungssaal und die 97 m lange Wandelhalle sind die Haupträume des Baues. (S. Parlamentsgebäude.) Unweit der Potsdamer Brücke [* 3] liegt das Ständehaus der Provinz Brandenburg [* 4] von Ende und Böckmann (1888 vollendet), das Kreishaus des Kreises Teltow von Schwechten und das Reichsversicherungsamt, nach den Entwürfen von Busse von Hückels ausgeführt.
Von den ungefähr 20 Theatern sind äußerlich bemerkenswert: das königl.Opernhaus (1650 Plätze), 1741-43 von Knobelsdorff erbaut, der Zuschauerraum 1787 von C. G. Langhans neu eingerichtet, dann nach dem Brande von 1843 von C. F. Langhans, in der Hauptsache im frühern Zustande, erneuert, mit Konzertsaal; das königl. Schauspielhaus (1120 Plätze) mit großem Konzertsaal, 77 m lang, im Mittelbau 50 m tief, 38 m hoch, von Schinkel an Stelle des 1802 erbauten, 1817 abgebrannten frühern 1819-21 aufgeführt (s. Tafel: Berliner [* 5] Bauten Ⅱ, [* 1] Fig. 2). Es hat eine von 6 ion. Säulen [* 6] getragene Vorhalle, zu welcher eine Freitreppe mit Bronzegruppen: Genien auf Panther und Löwen [* 7] reitend, von F. Tieck hinanführt;
davor das Schillerdenkmal (s. S. 797 a).
Ferner die Singakademie, 1825 im griech. Tempelstil von Öttmer errichtet, berühmt durch die vorzügliche Akustik des Konzertsaals;
das Lessing-Theater, 1888 von von der Hude und Hennicke erbaut;
Krolls Etablissement, 1852 von Titz erbaut;
das Theater [* 8] Unter den Linden (von Hellmer und Fellner, 1892) und das Neue Theater am Schiffbauerdamm (von Seeling, 1892).
Unter den Bahnhöfen ragen als schöne Bauwerke hervor: der 1869-71 errichtete große Lehrter Bahnhof, der 1870-72 erbaute Potsdamer Bahnhof und der 1875-80 in Terracotta-Architektur von Schwechten erbaute Anhalter Bahnhof (s. Tafel: Bahnhöfe [* 9] Ⅰ, [* 1] Fig. 3), mit der 35 m hohen, 61 m weiten Halle, [* 10] sowie die beiden großen Stadtbahnhöfe: Station Friedrichstraße (s. Tafel: Berliner Stadt- und Ringbahn, Fig. 2) und Alexanderplatz. Von den Hotels sind hervorzuheben: der 1873-75 von von der Hude und Hennicke erbaute Kaiserhof, das Hôtel de Rome, Hotel Bristol, im Renaissancestil vom Regierungsbaumeister Gerschke erbaut, das Central-Hotel, 1878-80 von von der Hude und Hennicke erbaut, in der Nähe das im Renaissancestil 1887-88 von Heim erbaute Monopol-Hotel, das Hôtel Continental und am Leipziger Platz Hôtel Bellevue, Hotel Ronacher und das Palast-Hotel.
Ferner das Café Bauer, von Ende und Böckmann, mit Wandgemälden von A. von Werner und Hertel; die Bierpaläste von Siechen, Sedlmayr (Seidl in München), [* 11] Tucher (Walther in Nürnberg) [* 12] und Pschorr (Kayser und von Großheim). Architektonisch wertvoll sind auch das Faberhaus (Griesebach), Schimmelpfengs Auskunftei, die Buchdruckerei von Sittenfeld, der Offizier- und der Beamtenverein und die Kaufhäuser von Rudolf Hertzog, J. A. Heese, V. Manheimer, Mey & Edlich, Gerson u. a. Vor der Stadt, im Norden, [* 13] liegen die mit großen Sommergärten versehenen Bierbrauereien, wie Bötzow, Aktienbrauerei Friedrichhain. Von Privatbauten, die namentlich in der letzten Zeit zahlreich erstanden sind und die Stadt ungemein verschönert haben, sind zu nennen: das Pringsheimsche Haus in der Wilhelmsstraße, von Ebe und Benda 1873;
gegenüber das Palais der engl. Botschaft (ehemals Strousbergsches Haus), von Orth erbaut;
das Borsigsche Palais (s. Tafel: Berliner Bauten Ⅱ, [* 1] Fig. 3) in der Voßstraße, von Lucä, und das Mossesche Haus am Leipziger Platz (Ebe und Benda) mit dem Sandsteinfries von Klein;
die Monumentalbauten der Lebensversicherungsgesellschaften Neuyork, [* 14] Germania [* 15] (Kayser und von Großheim) und Equitable, von Professor Schäfer entworfen, erbaut von Held und Francke im Renaissancestil;
das 1889 von Sehring erbaute, mit Kunstschätzen reich ausgestattete Künstlerheim.
Verwaltung. Berlin bildet unter der Bezeichnung «Stadtkreis Berlin» einen Verwaltungsbezirk für sich (preuß. Gesetz vom hat jedoch mit der Provinz Brandenburg, zu der es früher gehörte, noch einige Verwaltungsbehörden als höhere Instanz gemeinsam, so das Oberpräsidium, das Konsistorium, das Provinzialkollegium und das Medizinalkollegium. Die Stadt wird verwaltet von dem Polizeipräsidium als königl. und dem Magistrat als städtischer Behörde. Ersteres zerfallt in sechs Abteilungen:
1) Polizeiverwaltung und Beaufsichtigung öffentlicher Institute und gewerblicher Anlagen, Sanitätspolizei und Prüfung der Bauhandwerker;
2) Gewerbepolizei, Straßen- und Strompolizei, öffentliches Fuhrwesen;
3) Bauabteilung;
4) Kriminalabteilung und Kommission für Sittenpolizei;
5) Paß- und Fremdenwesen nebst Einwohnermeldeamt;
6) Abteilung für Übertretungen und Polizeianwaltschaft.
An der Spitze des Magistrats (34 Mitglieder, davon 18 besoldet) steht ein Oberbürgermeister (Zelle, [* 16] 30000 M.), ein Bürgermeister (Kirschner, 15000 M.); an der Spitze der Stadtverordneten (126) Dr. Langerhans. Nach Fraktionen besteht die Versammlung Anfang 1895 aus 50 Mitgliedern der Linken, 27 der Fraktion von 1886, 25 der Neuen Linken, 18 Socialdemokraten, 1 Bürgerparteiler und 3 Fraktionslosen. 80 gemischte Deputationen (Magistratsmitglieder und Stadtverordnete) beraten die Angelegenheiten vor. Die Stadt zerfällt in 18 Standesamtsbezirke (s. oben Bevölkerung), [* 17] in 4 Fachhauptmannschaften und Kommissariate, 11 Polizeibezirkshauptmannschaften und 90 Polizeireviere, zum Zwecke der städtischen Verwaltung in 326 Bezirke mit je einem von der Bürgerschaft gewählten Bezirksvorsteher (und einem Stellvertreter) an der Spitze, der als Organ des Magistrats und der Stadtverordneten die Gemeindeangelegenheiten besorgt. ¶
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An besoldeten Bureau- und Kassenbeamten ausschließlich der Hilfsarbeiter sind vorhanden 645, Unterbeamte 480 und etwa 5000 unbesoldete. Ferner sind für die Steuerveranlagung noch 153 Kommissionen mit etwa 3591 Mitgliedern thätig. Zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit dient die dem Polizeipräsidium unterstellte 3953 Mann, darunter 238 berittene, starke Schutzmannschaft und 564 vom Magistrat besoldete Nachtwächter. Die 1851 von Hinckeldey errichtete Feuerwehr wird von einem Branddirektor (Stude) und einem Oberbrandinspektor geleitet und verfügt über 800 Mann in 5 Compagnien und 118 Pferde. [* 19]
Die Zahl der Depots beträgt 5, der Dampfspritzen 9 und der andern Spritzen 21, der Feuerwachen 14, der Feuermelder [* 20] 306; die Kosten der Unterhaltung stellen sich auf jährlich etwa 1380000 M. Bei der Berliner Feuersocietät, einer auf Zwangsversicherung beruhenden Anstalt, waren (1843) 321, (1879) 1904 Mill. M. als Wert von 17937 Gebäuden, (1891) 21783 Grundstücke mit 3080048500 M. versichert; die Mobiliarversicherung bei Privatgesellschaften, die etwa drei Viertel des ganzen beweglichen Vermögens umfaßt, betrug (1853) 280, (1879) 1678, (1889) 2356, (1891) 2616154825 M.
Die 5 städtischen Gasanstalten (die 5. bei Schmargendorf ist seit Okt. 1893 im Betrieb) erzeugten (1893–94) aus 361230
t Kohle 102,859 Mill. cbm Gas und gaben davon ab 98,150 Mill. cbm (die Privatwerke lieferten 31,835 Mill. cbm), nämlich zur
öffentlichen Beleuchtung
[* 21] (23446 Flammen) 15,511 Mill. cbm (591754 cbm), zur privaten 81,736 Mill. (31,243 Mill.). Der eigene
Gasverbrauch der Gasanstalten bezifferte sich auf 947029 cbm. Der ganze Gasverbrauch für die Stadt stellt
sich einschließlich dem von der Englischen Gasgesellschaft gelieferten auf 130,029 Mill. cbm. Die vier Central
anlagen der
Berliner Elektricitätswerke versorgten (1894) 5673 Bogen- und 121262 Glühlampen, 306 Apparate und 361 Motoren
in 2380 Einrichtungen. Die Einzelanlagen zur Erzeugung des elektrischen Lichts zählten 4259 Bogen- und 79212 Glühlampen.
Vor dem Stralauer Thore befindet sich das große Druck- und Pumpwerk (mit 12 gewaltigen Dampfkesseln und einem Reservoir) der 1873 von der Gemeinde übernommenen, im Juli 1855 von den Engländern Fox und Crampton eröffneten Wasserleitung. [* 22] Dieses Werk ist aber seit Nov. 1893 außer Betrieb. Das große Pumpwerk bei Tegel treibt filtriertes Havelwasser in einer Röhrenleitung quer durch die Jungfernheide und unter der Spree hinweg nach dem Wasserturm bei Westend, der den Süden der Stadt versorgt. Ein drittes Wasserwerk östlich von am Müggelsee bei Friedrichshagen ist in seiner ersten Hälfte im Okt. 1893 dem Betriebe übergeben worden. Dieses Werk fördert das filtrierte Wasser des Müggelsees nach dem Verteilungswerk Lichtenberg, das es in das Rohrsystem der Stadt drückt. Von den auf etwa 59 Mill. M. geschätzten Wasserwerken wurden (1893/94) etwa 41,5 Mill. cbm filtriertes Wasser an die Stadt Berlin abgegeben.
Die Straßenreinigung [* 23] beschäftigte Anfang 1892: 748 Personen. Am betrug die zu reinigende Straßenfläche 8221855 qm, davon 4905130 qm Fahrdämme. Die Gesamtkosten betrugen (1891–92) 1936492 M. Für die Straßenkehrichtabfuhr waren 110824 Fuhren erforderlich. Die Besprengung der Straßen, zu der 820605 cbm Wasser erforderlich waren, verursachten eine Ausgabe von 230692 M. Die festen und flüssigen Abgangsstoffe werden durch ein großartiges Kanalisationssystem, von welchem April 1892 bereits 539150 m Thonrohrleitung und 139102 m gemauerte Kanäle vollendet waren, auf die städtischen Rieselfelder abgeleitet, wo nach Hobrechts Plane seit 1877 großartiger Gemüsebau eingerichtet ist.
Durch Anlage des Central
vieh- und Schlachthofs sind die Privatschlachthäuser (über 700) in der Stadt aufgehoben worden.
An dem Verkehr daselbst beteiligten sich 1200 selbständige Schlächter, 3000 Gehilfen, Kutscher, Fleischhändler, 700 Viehhändler, 60 Kommissionäre
mit 200 Angestellten, 600 Treiber, 300 Beamte der städtischen Fleischschau, 300 Beamte und Arbeiter der Verwaltung,
zusammen etwa 6450 Personen. Geschlachtet wurden daselbst (1891–92) 123834 Rinder,
[* 24] 126376 Kälber, 365926 Schafe
[* 25] und 530551
Schweine,
[* 26] zusammen 1146687 Tiere, darunter 7373 zur menschlichen Nahrung ungeeignet. Die mikroskopische Fleischschau wird von 182 Fleischbeschauern
und 48 Probenehmern auf dem Central
viehhof und von 39 Fleischbeschauern und 22 Probenehmern in den Markthallen
[* 27] ausgeführt. Von den städtischen Fleischuntersuchungsstationen wurden 125966 Rinderviertel, 138911 Kälber, 46027 Schafe
und 114904 Schweine untersucht.
Nahe dem Bahnhofe Alexanderplatz befindet sich die eröffnete städtische Central
markthalle, die 11000 qm Fläche
und 1586 Verkaufsstände besitzt, durch den Erweiterungsbau um 5300 qm mit 550 Ständen vergrößert wurde,
mit der Stadtbahn verbunden ist und die Ernährung der Bevölkerung der Hauptstadt durch eine Reihe zweckmäßiger Einrichtungen
(direkte Zufuhr aus allen Landesteilen, Auktionen durch städtische Beamte, wirksame Kontrolle der zum Verkauf gelangenden Lebensmittel)
wesentlich verbessert hat; namentlich hat der Verbrauch von Seefischen, die dort jederzeit zu haben sind,
bereits zugenommen.
Die Central
markthalle dient sowohl dem Engros- wie dem Detailgeschäft und versorgt die jetzt im Betriebe befindlichen 14 Markthallen
(mit etwa 6000 Verkaufsständen) in der Linden-, Zimmer- und Dorotheenstraße, am Magdeburger Platz, in der Acker-, Buckower-
und Andreasstraße, Pückler- und Eisenbahnstraße, Arminius- und Marheinekeplatz, Grünthaler-Wörtherstraße und
Weddingplatz, die jedoch einen großen Teil ihres Bedarfs direkt vom Lande oder durch Zwischenhändler beziehen. Die von auswärts
während der Nacht über Bahnhof Alexanderplatz eingehenden Güterzüge werden mittels Fahrstühlen schnell entladen, und
es werden in Zukunft die übrigen Hallen in den ersten Tagesstunden von der Central
markthalle aus mit einem Teile
dieser Sendungen versehen werden.
Armen- und Versorgungswesen. Behörde für diese Angelegenheiten ist die Armendirektion. Dieselbe besteht aus 10 Stadträten, 14 Stadtverordneten, 10 Bürgerdeputierten und 4 Assessoren; eine Abteilung sorgt für die Verwaltung des Arbeitshauses und des Arbeitshaushospitals mit 12–1500 Detinierten und 4–500 Hospitaliten, eine andere Abteilung für die Verwaltung des «Städtischen Obdachs» mit durchschnittlich jährlich 1200 obdachslosen Familien und 766 nächtlichen Obdachslosen auf den Tag, und noch eine andere für die ¶