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35000 römische) und die Gemäldegalerie (etwa 1300 Nummern; ausgenommen Bildwerke neuerer Zeit); ferner die nach Raffaelschen Kartons in Flandern gewebten Teppiche. Das Neue Museum, 1843–55 von Stüler erbaut, ist 105 m lang und 40 m tief. Der Mittelbau umschließt das 38 m lange, 15 m breite, 20 m hohe Treppenhaus; dessen obere Wandflächen schmücken die berühmten, stereochromisch ausgeführten 6 Wandgemälde W. von Kaulbachs (1847–66), darstellend die Hauptmomente der Geschichte der Menschheit. Es enthält die Sammlung der Gipsabgüsse, die ägypt. Altertümer, das Kupferstichkabinett, das Antiquarium (Hildesheimer [* 2] Silberfund, 2300 Vasen, [* 3] Terrakotten, [* 4] Bronzen).
Östlich vom Neuen Museum erhebt sich in der Mitte eines von dor. Säulenhallen umgebenen Platzes die eröffnete Nationalgalerie (Direktor: Geh. Regierungsrat Dr. M. Jordan), nach Stülers Entwurf von Strack als korinth. Tempel [* 5] in Sandstein ausgeführt (s. Tafel: Museen Ⅰ. [* 1] Fig. 1); sie ist 60 m lang, 32 m breit, mit einer Apsis auf einem 10,7 m hohen Unterbau. Die Freitreppe trägt das Reiterbild Friedrich Wilhelms Ⅳ. (s. oben). Sie enthält Gemälde (1891: 626 Nummern) neuerer Meister, Kartons (darunter die 7 Kartons P. von Cornelius), neuere Bildhauerwerke (1891: 79 Nummern), im obern Geschoß [* 6] seit 1884 die gräfl.
Raczynskische Kunstsammlung. Im Südwestviertel in der Prinz-Albrecht-Straße liegen das Kunstgewerbemuseum (Direktor: Professor J. Lessing), 1877–81 von Gropius und Schmieden aus Werkstein und Terracotta errichtet, mit Mosaikbildern von Salviati an der Außenseite und Sandsteinfiguren P. Vischers und H. Holbeins auf den Wangen der Freitreppe, und das Museum für Völkerkunde (Direktor: Geh. Regierungsrat Professor Dr. Bastian), von Ende und Böckmann erbaut, eröffnet, mit vorgeschichtlichen, ethnolog., anthropolog. Sammlungen und Schliemanns trojanischen Funden.
In der Invalidenstraße zwischen der Landwirtschaftlichen Hochschule und der Bergakademie das Museum für Naturkunde, welches das Geologisch-Paläontologische Museum (Direktor: Geh. Bergrat Professor Dr. Beyrich), das Petrographisch-Mineralogische Museum (Direktor: Professor Dr. Klein) und das Zoologische Museum (Direktor: Professor Dr. Möbius) enthält; diese Gebäude bilden eine Gruppe, erbaut von Tiede.
Im Mittelpunkt der Stadt liegt das Rathaus, ein nach Plänen von Wäsemann 1861–70 in Ziegel- und Terracottatechnik mit Sockel und Gesimsplatten von Granit ausgeführter Bau, 99 m lang, 88 m breit und bis zur Attika über dem dritten Stockwerk 27 m hoch. Der Turm, [* 7] in welchem der Haupteingang ist, hat eine Höhe von 74 m. Am Hauptportal befinden sich in Nischen die Bronzestatuen Kaiser Wilhelms Ⅰ. (von Keil) und Kurfürst Friedrichs Ⅰ. (von Encke). Das Innere ist reich ausgeschmückt; so der Festsaal (31 m lang, 17 m breit, 15 m hoch) u. a. mit den Statuen Friedrichs d. Gr. und Friedrich Wilhelms Ⅲ. von Sußmann-Hellborn, und dem Ölgemälde von A. von Werner: Der europ. Friedenskongreß in Berlin [* 8] 1878;
ferner der Korridor und die Vorhalle des Magistratssaales mit 10 erst zum Teil vollendeten Gemälden aus der Geschichte der Stadt.
Von andern Bauwerken sind hier zu nennen: das Universitätsgebäude, 1754–64 als Palais des Prinzen Heinrich, Bruders Friedrichs d. Gr., nach Knobelsdorffschen Plänen von Boumann dem Ältern erbaut, ist seit 1809 für die Zwecke der neu gestifteten Universität eingerichtet und 1890–91 im Innern gründlich umgestaltet worden;
vorn am Vorgarten die sitzenden Marmorfiguren der beiden Humboldt;
gegenüber am Opernplatz die königl. Bibliothek, 1775–80 nach Ungers Zeichnung von Boumann dem Jüngern im Barockstil aufgeführt;
ferner das königl. Akademie
gebäude, 1690 von Nering
erbaut, 1749 umgestaltet, der Sitz der
Akademie der Wissenschaften und der
Akademie der Künste.
An der Schleusenbrücke die
Alte
Bauakademie, die jetzt den Zwecken der Kunstakademie
und des Meteorologischen
Instituts dient, 1832–35
von Schinkel aus
Backstein und
Terracotta aufgeführt (Quadrat von 46 m Seitenlänge), gilt in der Verschmelzung mittelalterlicher
Struktur mit griech. Detailformen als das originellste Werk Schinkels. Auf Charlottenburger
Gebiet die
Technische Hochschule (1878–84 nach dem
Entwürfe von
Lucä und Hitzig, unter des letztern und nach dessen
Tode unter Raschdorffs Leitung ausgeführt).
Das Hauptgebäude, ein 228 m langer und 90 m tiefer massiver Bau, ist mit vielen Skulpturen geschmückt; so auf der Balustrade vor den Fenstern der Aula die 5 Bronzebüsten von K. Begas: Gauß, Eytelwein, Schinkel, Redtenbacher, Liebig;
in den Nischen der Façade 6 Standbilder berühmter Architekten und Ingenieure: Erwin von Steinbach und Bramante (von Encke), Schlüter (von Hundrieser), Leonardo da Vinci (von Eberlein), Stephenson und J. Watt (von Keil).
Das
Gebäude enthält ein Gipsmuseum,
eine Sammlung für Ingenieur- und Maschinenwesen, das
Beuth-Schinkel-Museum, eine kinematische Sammlung, ein mineralog. Museum,
ein Architekturmuseum und eine
Bibliothek. Im östl. Flügel befindet sich die
Physikalisch-Technische
Reichsanstalt. Ferner sind zu nennen das umfangreiche Generalstabsgebäude, ein aus zwei verschiedenartigen
Teilen (1871 und
1877) bestehender Terracottabau; die Kriegsakademie
, 1882 von
Schwechten vollendet; die
Neue Wache (Königswache), zwischen
Universität und Ruhmeshalle, 1816–18 von Schinkel
in dor.
Stil nach Art eines röm.
Castrums erbaut, neben
ihr drei große
Geschütze,
[* 9] das mittlere 1871 auf dem
Fort Mont–Valérien bei
Paris
[* 10] erbeutet.
Das Brandenburger Thor, das von den Linden nach der Charlottenburger Chaussee führt, 1789–93 von Langhans nach dem Vorbilde der Propyläen zu Athen [* 11] erbaut, ist 62,5 m lang, 20 m hoch und besteht aus einem Doppelportikus von 12 dor. kannelierten, 14 m hohen Säulen, [* 12] die fünf Durchgänge für Wagen bilden: der mittelste ist nur für königl. Wagen bestimmt, während für Fußgänger je ein im gleichen Stil gehaltener Säulenbau 1868 hinzugefügt wurde. Die Attika trägt die auf einer Quadriga [* 13] fahrende Siegesgöttin, 6,3 m hoch, von Schadow modelliert, von Jury und Gerike in Kupfer [* 14] getrieben; sie wurde 1807 von den Franzosen entführt, kam aber in Paris nicht zur Aufstellung und wurde 1814 zurückgebracht. Seitdem führt sie das Viergespann (anders als vor 1807) der Stadt zu. Die Börse (s. Tafel: Börsengebäude Ⅱ, [* 1] Fig. 1), 1859–64 von Hitzig erbaut, 1884 erweitert, mit dem 69 m langen, 27 m breiten, 20 m hohen Börsensaal;
die Reichsbank, 1869–76 von Hitzig im Renaissancestil aufgeführt (s. Tafel: Bankgebäude Ⅰ, [* 1] Fig. 1);
in der Nähe die königl. Neue Münze mit ¶
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dem vom alten Gebäude übernommenen Sandsteinfries von Schadow;
das Generalpostgebäude (Reichspostamt), 1871-73 von Schwatlo erbaut, mit dem Reichspostmuseum (das Modelle der Verkehrsmittel aller Zeiten, Zeichnungen und Modelle von neuen deutschen Postgebäuden sowie eine sehr reichhaltige Postwertzeichensammlung enthält);
an der Königsstraße das Hauptpostamt mit der Oberpostdirektion für Berlin, dem Hofpost-, Stadtpost-, einem Rohrpost- und ein Telegraphenamt;
das Paketpostamt an der Ecke der Artillerie- und Oranienburger Straße von Tuckermann und Struve.
An der Südseite des Alexanderplatzes liegt das große, eröffnete königl. Polizeipräsidium von Blankenstein und Hesse; in der Leipzigerstraße das ehemalige Reichstagsgebäude, 1871 in einem Teil der ehemaligen königl. Porzellanmanufaktur nach Hitzigs Entwurf von Gropius und Schmieden angelegt. Das neue Reichstagsgebäude auf der Ostseite des Königsplatzes, von P. Wallot seit 1884 erbaut und eingeweiht, ist der vornehmste Monumentalbau B.s.
Der Grundriß besteht aus einem Rechteck (138 m : 97 m); an den Ecken 4 stumpfe Türme, in der Mitte eine Kuppel. Der Sitzungssaal und die 97 m lange Wandelhalle sind die Haupträume des Baues. (S. Parlamentsgebäude.) Unweit der Potsdamer Brücke [* 16] liegt das Ständehaus der Provinz Brandenburg [* 17] von Ende und Böckmann (1888 vollendet), das Kreishaus des Kreises Teltow von Schwechten und das Reichsversicherungsamt, nach den Entwürfen von Busse von Hückels ausgeführt.
Von den ungefähr 20 Theatern sind äußerlich bemerkenswert: das königl.Opernhaus (1650 Plätze), 1741-43 von Knobelsdorff erbaut, der Zuschauerraum 1787 von C. G. Langhans neu eingerichtet, dann nach dem Brande von 1843 von C. F. Langhans, in der Hauptsache im frühern Zustande, erneuert, mit Konzertsaal; das königl. Schauspielhaus (1120 Plätze) mit großem Konzertsaal, 77 m lang, im Mittelbau 50 m tief, 38 m hoch, von Schinkel an Stelle des 1802 erbauten, 1817 abgebrannten frühern 1819-21 aufgeführt (s. Tafel: Berliner [* 18] Bauten Ⅱ, [* 15] Fig. 2). Es hat eine von 6 ion. Säulen getragene Vorhalle, zu welcher eine Freitreppe mit Bronzegruppen: Genien auf Panther und Löwen [* 19] reitend, von F. Tieck hinanführt;
davor das Schillerdenkmal (s. S. 797 a).
Ferner die Singakademie
, 1825 im griech. Tempelstil
von Öttmer errichtet, berühmt durch die vorzügliche Akustik des Konzertsaals;
das Lessing-Theater, 1888 von von der Hude und Hennicke erbaut;
Krolls Etablissement, 1852 von Titz erbaut;
das Theater [* 20] Unter den Linden (von Hellmer und Fellner, 1892) und das Neue Theater am Schiffbauerdamm (von Seeling, 1892).
Unter den Bahnhöfen ragen als schöne Bauwerke hervor: der 1869-71 errichtete große Lehrter Bahnhof, der 1870-72 erbaute Potsdamer Bahnhof und der 1875-80 in Terracotta-Architektur von Schwechten erbaute Anhalter Bahnhof (s. Tafel: Bahnhöfe [* 21] Ⅰ, [* 15] Fig. 3), mit der 35 m hohen, 61 m weiten Halle, [* 22] sowie die beiden großen Stadtbahnhöfe: Station Friedrichstraße (s. Tafel: Berliner Stadt- und Ringbahn, Fig. 2) und Alexanderplatz. Von den Hotels sind hervorzuheben: der 1873-75 von von der Hude und Hennicke erbaute Kaiserhof, das Hôtel de Rome, Hotel Bristol, im Renaissancestil vom Regierungsbaumeister Gerschke erbaut, das Central-Hotel, 1878-80 von von der Hude und Hennicke erbaut, in der Nähe das im Renaissancestil 1887-88 von Heim erbaute Monopol-Hotel, das Hôtel Continental und am Leipziger Platz Hôtel Bellevue, Hotel Ronacher und das Palast-Hotel.
Ferner das Café Bauer, von Ende und Böckmann, mit Wandgemälden von A. von Werner und Hertel; die Bierpaläste von Siechen, Sedlmayr (Seidl in München), [* 23] Tucher (Walther in Nürnberg) [* 24] und Pschorr (Kayser und von Großheim). Architektonisch wertvoll sind auch das Faberhaus (Griesebach), Schimmelpfengs Auskunftei, die Buchdruckerei von Sittenfeld, der Offizier- und der Beamtenverein und die Kaufhäuser von Rudolf Hertzog, J. A. Heese, V. Manheimer, Mey & Edlich, Gerson u. a. Vor der Stadt, im Norden, [* 25] liegen die mit großen Sommergärten versehenen Bierbrauereien, wie Bötzow, Aktienbrauerei Friedrichhain. Von Privatbauten, die namentlich in der letzten Zeit zahlreich erstanden sind und die Stadt ungemein verschönert haben, sind zu nennen: das Pringsheimsche Haus in der Wilhelmsstraße, von Ebe und Benda 1873;
gegenüber das Palais der engl. Botschaft (ehemals Strousbergsches Haus), von Orth erbaut;
das Borsigsche Palais (s. Tafel: Berliner Bauten Ⅱ, [* 15] Fig. 3) in der Voßstraße, von Lucä, und das Mossesche Haus am Leipziger Platz (Ebe und Benda) mit dem Sandsteinfries von Klein;
die Monumentalbauten der Lebensversicherungsgesellschaften Neuyork, [* 26] Germania [* 27] (Kayser und von Großheim) und Equitable, von Professor Schäfer entworfen, erbaut von Held und Francke im Renaissancestil;
das 1889 von Sehring erbaute, mit Kunstschätzen reich ausgestattete Künstlerheim.
Verwaltung. Berlin bildet unter der Bezeichnung «Stadtkreis Berlin» einen Verwaltungsbezirk für sich (preuß. Gesetz vom hat jedoch mit der Provinz Brandenburg, zu der es früher gehörte, noch einige Verwaltungsbehörden als höhere Instanz gemeinsam, so das Oberpräsidium, das Konsistorium, das Provinzialkollegium und das Medizinalkollegium. Die Stadt wird verwaltet von dem Polizeipräsidium als königl. und dem Magistrat als städtischer Behörde. Ersteres zerfallt in sechs Abteilungen:
1) Polizeiverwaltung und Beaufsichtigung öffentlicher Institute und gewerblicher Anlagen, Sanitätspolizei und Prüfung der Bauhandwerker;
2) Gewerbepolizei, Straßen- und Strompolizei, öffentliches Fuhrwesen;
3) Bauabteilung;
4) Kriminalabteilung und Kommission für Sittenpolizei;
5) Paß- und Fremdenwesen nebst Einwohnermeldeamt;
6) Abteilung für Übertretungen und Polizeianwaltschaft.
An der Spitze des Magistrats (34 Mitglieder, davon 18 besoldet) steht ein Oberbürgermeister (Zelle, [* 28] 30000 M.), ein Bürgermeister (Kirschner, 15000 M.); an der Spitze der Stadtverordneten (126) Dr. Langerhans. Nach Fraktionen besteht die Versammlung Anfang 1895 aus 50 Mitgliedern der Linken, 27 der Fraktion von 1886, 25 der Neuen Linken, 18 Socialdemokraten, 1 Bürgerparteiler und 3 Fraktionslosen. 80 gemischte Deputationen (Magistratsmitglieder und Stadtverordnete) beraten die Angelegenheiten vor. Die Stadt zerfällt in 18 Standesamtsbezirke (s. oben Bevölkerung), [* 29] in 4 Fachhauptmannschaften und Kommissariate, 11 Polizeibezirkshauptmannschaften und 90 Polizeireviere, zum Zwecke der städtischen Verwaltung in 326 Bezirke mit je einem von der Bürgerschaft gewählten Bezirksvorsteher (und einem Stellvertreter) an der Spitze, der als Organ des Magistrats und der Stadtverordneten die Gemeindeangelegenheiten besorgt. ¶