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Vororte | 1880 | 1885 | 1890 | Zunahme in Prozenten |
---|---|---|---|---|
1880/85 | 1885/90 | |||
Linkes Spree-Ufer:
Spandauer Spitze | 115 | 122 | 168 | 6,09 | 37,70 | |
---|---|---|---|---|---|---|
Paulsborn, Hundekehle, Grunewald | 140 | 322 | 368 | 130,00 | 14,29 | |
Schöneberg | 11180 | 15872 | 28721 | 41,97 | 80,95 | |
Bellevue u. Thiergarten | 89 | - | - | - | - | |
Treptow | 803 | 1178 | 1780 | 46,70 | 51,10 | |
Tempelhof und Hasenheide | 3019 | 3522 | 5248 | 16,66 | 49,01 | |
Schmargendorf | 468 | 657 | 1591 | 40,38 | 142,16 | |
Deutsch-Wilmersdorf | 2911 | 3616 | 5164 | 24,22 | 42,81 | |
Rixdorf | 18729 | 22775 | 35702 | 21,60 | 56,76 | |
Steglitz | 6476 | 8501 | 12530 | 31,27 | 47,39 | |
Friedenau | 1302 | 2137 | 4211 | 64,13 | 97,05 | |
Dahlem | 139 | 149 | 174 | 7,19 | 16,78 | |
Britz | 3361 | 4146 | 5494 | 23,36 | 32,51 | |
Nieder-Schöneide m. Kanne | 494 | 974 | 1769 | 97,17 | 81,62 | |
Überh. vom Kreise Teltow | 49226 | 63971 | 102920 | 29,95 | 60,89 | |
Stadt Charlottenburg | 30562 | 42371 | 76873 | 38,64 | 81,43 | |
Überh. Teltower Seite | 79788 | 106342 | 179793 | 33,28 | 69,07 | |
Überh. Umgegend von Berlin | 123373 | 163536 | 268520 | 32,55 | 64,20 | |
Berlin | 1122330 | 1315287 | 1578794 | 17,19 | 20,03 | |
Berlin m. (1 Meile) Umgegend | 1245703 | 1478823 | 1847314 | 18,71 | 24,92 |
So wird allerdings der Begriff Groß-Berlin künftig im weitern Sinne gefaßt werden müssen als bisher und wiederum ein abgerundetes Gebiet an Stelle des bisher angenommenen zu setzen sein, obwohl der wirtschaftliche Einfluß sich keineswegs auf ein solches beschränkt noch beschränken wird. Eine wesentliche Unterstützung findet diese Entwicklung in dem Vorortverkehr der Berliner Stadt- und Ringbahn (s. d.) mit ihren geringen Fahrpreisen. Die Frage der Einverleibung der Vororte ist 1895 noch nicht zum Abschluß gelangt.
Berlin zerfällt (1893) in 6 Reichstagswahlkreise:
Wahlkreis | Wahlberechtigte | Abgeordnete | Partei |
---|---|---|---|
I | 20169 | Dr. Langerhans | Freisinnige Volkspartei |
II | 75347 | Fischer | Socialdemokrat |
III | 32570 | Vogtherr | " |
IV | 93036 | Singer | " |
V | 31244 | Rob. Schmidt | " |
VI | 121564 | Liebknecht | " |
Von den 4 Landtagswahlkreisen wählt der erste Kreis (innere Stadt) 3, die übrigen je 2 Abgeordnete (1893 sämtlich solche der freisinnigen Volkspartei).
Äußere Anlage. Berlin macht im ganzen einen jugendlichen Eindruck; Straßendurchbrüche lassen im Innern immer mehr die baulichen Reste früherer Zeiten verschwinden; andere Teile haben durch eine überaus rege private Bauthätigkeit seit 1870 ein völlig verändertes prächtigeres Aussehen erhalten und zugleich, zumal in der Friedrichsstadt, den Charakter einer Geschäftsstadt angenommen, während die stetig wachsenden äußern Viertel in ihren Mietskasernen die Masse der Einwohner beherbergen.
Für die Stadtbeschreibung sind die Wasserläufe der Spree maßgebend. Von SO. (Stralau-Rummelsburg) kommend, tritt der Fluß mit breiter Fläche in das Stadtgebiet ein (Nullpunkt des Pegels 30,87 m über der Ostsee), behält seine nordwestl. Richtung bis zur Jannowitzbrücke bei, bis wohin die Spree mit Dampfschiffen befahren wird, bildet unterhalb der Waisenbrücke ein breites Becken und teilt sich in zwei parallele, erst westlich, dann nordwestlich fließende Arme.
Der nördlichere Arm fließt am Mühlendamm vorbei, unter der Langen, Kaiser-Wilhelms- und Friedrichs-Brücke hindurch, und vereinigt sich kurz vor der Ebertsbrücke mit dem südlichern Arm, der u. a. unter der Gertraudtenbrücke und, nachdem er bei der Werderbrücke die Schleuse passiert, unter der Schloßbrücke hindurchfließt. So wird durch diese beiden Flußarme eine Stadtinsel abgeteilt, auf der einige der hervorragendsten Bauten, wie das königl. Schloß, der Dom und auf der sog. Museumsinsel das Alte und Neue Museum sowie die Nationalgalerie (s. unten) ihren Platz gefunden haben.
Bei der Weidendammer Brücke beginnt dann wieder (in der Richtung nach Spandau und Potsdam) die Dampfschiffahrt auf der Spree, die von jenem Punkte an, in mehrfachen Windungen, und verschiedentlich von Brücken und den Stadtbahnbögen (zweimal) überspannt, nach W. am Thiergarten, an Moabit und Charlottenburg vorbeifließt und nach einer Gesamtlänge von 365 km bei Spandau in die Havel mündet. Ihre Länge innerhalb des Weichbildes der Stadt beträgt 11,8 km, die durchschnittliche Breite 100–150 m. Während die Ufer bis zur Waisenbrücke meist nur Hinterhäuser, Speicher, Schuppen und Holzplätze haben und der Uferstraßen ermangeln, sind die Ufer unterwärts mit neuen stattlichen Quais, wie am Schiffbauerdamm und Kronprinzenufer, eingefaßt und mit ansehnlichen Gebäuden besetzt.
Von den Abzweigungen sind zu nennen: zunächst der Landwehr- oder Schiffahrtskanal (10,3 km). Dieser geht etwa 1 km unterhalb des Bahnübergangs (Station Treptow) links aus dem Strom ab, vereinigt sich nach etwa ½ km südwestl. Lauf mit der etwas oberhalb, ebenfalls links die Spree verlassenden Abzweigung, wendet sich dann nach WNW. bis zur Cottbuser Brücke und geht darauf im Bogen westlich weiter, nimmt den Luisenkanal auf, fließt unter der 1874–77 umgebauten Belle-Alliancebrücke und nordwestlich unter der Schöneberger Brücke hindurch, wo er zu einem geräumigen Hafen ausgeweitet ist, und wendet sich alsdann in mehr westl. Laufe der Charlottenburger Gemarkung zu, wo er sich jenseit der Unterschleuse wieder in die Spree ergießt.
Der Luisenkanal, der etwa 2 km lang ist, verläßt den Hauptstrom bei der Schillingbrücke, wendet sich in südwärts gekehrtem Bogen westlich bis zum Engelbecken und geht dann, südsüdwestlich fließend, beim neuen Hafen in den Schiffahrtskanal. Die außer diesen größern Wasserläufen im Innern der Stadt noch vorkommenden offenen Gräben sind, weil zur Schiffahrt ungeeignet, jetzt meist zugeschüttet (wie Königsgraben, Zwirngraben, Kupfergraben). Auch die ehemals wegen ihrer Ausdünstungen berüchtigte Panke, ein Flüßchen, das durch den Gesundbrunnen und Wedding nach S. zu unterhalb der Weidendammer Brücke rechts in die Spree fließt, ist fast durchweg überwölbt. Von großer Wichtigkeit ist ferner der eröffnete Berlin-Spandauer Schiffahrtskanal (s. d.), der bei der dreigeteilten schönen Alsenbrücke die Spree verläßt, erst den Humboldthafen (2 ha) bildet, sich nordwestlich zum Nordhafen (3 ha) zieht und sich westwärts über
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die Grenze des Weichbildes wendet. Über den Wasserverkehr s. unten Verkehrswesen.
Stadtteile. Das vorzugsweise dem Handel gewidmete Centrum der Stadt wird von den ein Viereck zwischen dem ehemaligen Königs- und dem Festungsgraben einnehmenden alten Stadtteilen Alt-Berlin, Alt- und Neu-Kölln und Friedrichswerder gebildet. Alt-Berlin liegt zwischen dem zugeschütteten Königsgraben und der Spree, zu beiden Seiten der von der Langen Brücke zum Alexanderplatz führenden, 735 m langen Königstraße, die zu den belebtesten der Stadt zählt. Durch den Abbruch der sämtlichen Gebäude auf dem Mühlendamm und der alten Dienstgebäude des Polizeipräsidiums hat der Molkenmarkt eine bedeutende Erweiterung erhalten.
Durch die Wegräumung des alten Mühlenwehrs, die Schiffbarmachung des Hauptarms der Spree für große Elbkähne und die in Ausführung begriffene Verbindung desselben mit dem Oder-Spree-Kanal wird der Binnenschiffahrtsverkehr von Schlesien nach Hamburg durch Berlin eine außerordentliche Förderung und zugleich das Stadtbild vom Mühlendamm bis zur Burgstraße eine wesentliche Verschönerung erfahren. Die Kosten dieses großen Unternehmens (11 Mill. M.) werden vom Staat (3,2 Mill. M.) und von der Stadt (7,8 Mill. M.) gemeinsam getragen. Den Glanzpunkt des Stadtviertels bildet das Rathaus (s. S. 800a).
Das langgestreckte Alt-Kölln zwischen beiden Spreearmen ist in seinem südl. Teil eng und winklig, dabei auch Hauptcentrum des Geschäftsverkehrs. Hier liegen die Petrikirche (s. S. 798 a), das Schindlersche Waisenhaus, an der Spree der königl. Marstall, an der Schleuse das Werderhaus und das unter dem Namen Rotes Schloß bekannte Privathaus, endlich im nördl. Teil das königl. Schloß, das Museum und die Nationalgalerie.
Neu-Kölln am Wasser, der kleinste Stadtteil, nimmt den Raum zwischen dem südl. Spreearm und der Wallstraße einschließlich des Spittelmarkts ein; hier liegen das 1824 gegründete Köllnische Gymnasium und die Freimaurerloge zu den drei Weltkugeln. Nördlich von Neu-Kölln erstreckt sich der Friedrichswerder als architektonisches Mittelglied zwischen Alt-Kölln und der Dorotheen- und Friedrichsstadt, mit Ruhmeshalle, Palais der Kaiserin Friedrich, Reichsbank und Werderscher Kirche. Um diesen Kern der Stadt gruppiert sich der innere Gürtel von 7 Stadtvierteln wie folgt: Die Dorotheenstadt und Friedrichsstadt werden durch die Behrenstraße getrennt, aber gemeinsam von der Friedrichstraße durchzogen.
Rechts der Spree stößt nördlich an die Dorotheenstadt die Friedrich-Wilhelmsstadt, die durch die Verlängerung der Friedrichstraße von dem Spandauer Viertel, dem dichtestbevölkerten Stadtteil, getrennt wird. Die Fortsetzung nach O. bilden die Königsstadt, die sich strahlenförmig vom Alexanderplatz nach dem Landsberger und dem Prenzlauer Thor erstreckt, und das Stralauer Viertel, das von oberhalb der Schillingbrücke bis zum Landsberger Thor reicht und mit der Friedrichsstadt durch die an großartigen Gebäuden arme Luisenstadt am linken Spreeufer zusammenhängt.
Diesen sieben Stadtteilen, die um die drei erstgenannten einen konzentrischen Kreis bilden, lagern sich im N., W. und S. weitere Stadtteile vor: nördlich Wedding, Moabit, die Oranienburger Vorstadt, die durch den Aufbau neuer Häuser und Anlagen neuer Straßen (1888) auf dem ehemaligen Borsigschen Fabrikgrundstück ein verändertes Aussehen erhalten hat, und die Rosenthaler Vorstadt;
im W. der Thiergarten, südlich die Friedrichsvorstadt, das Schöneberger und Tempelhofer Viertel. ^[]
Von den etwa 707 Straßen, die eine Gesamtlänge von 500 km haben, ist die längste die 3 km lange, verkehrsreiche Friedrichstraße, die die Stadt nordsüdlich in gerader Richtung vom Oranienburger Thor bis zum Belle-Allianceplatz durchzieht und von zahlreichen Querstraßen rechtwinklig geschnitten wird; unter diesen sind hervorzuheben die seit 1888 mit 108 elektrischen Bogenlampen versehene Straße Unter den Linden (1 km lang, 45 m breit), in der Mitte ein mit einer vierfachen Baumreihe bepflanzter Promenadenweg, zu beiden Seiten Reitwege, Fahrwege, Trottoirs, mit dem ehemaligen Palais Kaiser Wilhelms Ⅰ. (s. S. 799a), dem Kultusministerium, der russ. Botschaft, dem Café Bauer und den ersten Hotels der Stadt;
ferner die Behrenstraße, eins der Hauptquartiere der hohen Finanz, mit der Dresdener Bank, Diskontogesellschaft, Norddeutschen Grundkreditbank, Mitteldeutschen Kreditbank, meist im Renaissancestil;
sodann die äußerst belebte und mit glänzenden Kaufläden ausgestattete Leipziger Straße (1,4 km), mit 36 elektrischen Bogenlampen, die den Spittelmarkt (östlich) mit dem Leipziger Platz (westlich) verbindet;
an ihr liegen die Neubauten für den preuß. Landtag, das Kriegsministerium, Reichspostamt und Abgeordnetenhaus.
Nahezu parallel mit der Friedrichstraße verläuft die Wilhelmstraße (1,6 km), die mit jener am Belle-Allianceplatz zusammentrifft; mit ihrer Verlängerung nach N., der Luisenstraße (von der Marschallbrücke bis zum Neuen Thor), würde sie die Friedrichstraße an Länge noch übertreffen; in ihrer nördlichern Hälfte befinden sich das Reichskanzlerpalais, in dem 1878 der europ. Kongreß für Regelung der Orientalischen Frage tagte, die Ministerien und mehrere Gesandtschaftshotels.
Ferner sind nennenswert die Cöpenicker Straße im SO., die Oranienburger Straße mit der Synagoge (s.S. 798 b), die breite Jägerstraße mit schönen Kaufläden und die verkehrsreiche Rosenthaler Straße, deren Verlängerung nach Norden, die Brunnenstraße, zum Gesundbrunnen führt. Die vornehmsten, zum Teil mit prächtigen Villen besetzten Straßen liegen im W. zwischen der Thiergarten-, Potsdamer Straße und dem Zoologischen Garten (Geheimratsviertel); unter ihnen die Thiergarten-, Bellevue-, Rauch-, Potsdamer, Victoria-, Lützow-, Kurfürsten-, Bülow- und Kleiststraße.
Unter den 53 Brücken der Stadt ist die schönste die Schloßbrücke (48 m lang, 32 m breit), vom Platz an der Ruhmeshalle nach dem Lustgarten, 1822–24 nach Schinkels Entwürfen gebaut. Seit 1853 werden ihre beiden Geländer von je 4 auf Granitblöcken stehenden, von verschiedenen Bildhauern (Bläser, Drake) gefertigten Marmorgruppen geziert, das Leben des Kriegers unter Leitung von Athene und Nike darstellend. Vom Schloßplatz zur Königstraße führt die 1692–96 erbaute, neuerdings erweiterte Lange oder Kurfürstenbrücke mit dem ehernen Reiterstandbild des Großen Kurfürsten. Während die ältern Brücken meist einfacher Art sind, zeichnen sich die neuern durch künstlerische Ausstattung aus;
unter den letztern sind spreeabwärts zu nennen: die 1889 vollendete Kaiser-Wilhelm-Brücke (mit Rüstungen und Trophäen gezierte Säulenkandelaber) vom Lustgarten nach der 1885–87
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angelegten Kaiser-Wilhelm-Straße;
die in Sandstein 1893 umgebaute Friedrichsbrücke mit 4 in Kupfer getriebenen Fackelträgern von K. Begas und K. Piper;
die 1882 in Sandstein und Eisen umgebaute Marschallbrücke;
die an Stelle der Unterbaumbrücke erbaute Kronprinzenbrücke am Endpunkt der Karlstraße;
die 1865 erbaute Alsenbrücke;
die die Verbindung mit Moabit herstellende Moltkebrücke.
Über den Landwehrkanal führt vom Belle-Allianceplatz die 1874-77 umgebaute mit 4 Marmorgruppen (Schiffahrt, Fischerei, Gewerbe, Handel) geschmückte Belle-Alliancebrücke, und vom Lützowplatz die Herkulesbrücke mit Sandsteingruppen von Schadow.
Unter den 72 öffentlichen Plätzen, die seit dem Bau der 14 Markthallen fast alle gärtnerische Anlagen tragen, sind die bedeutendsten: der Opernplatz, mit der Universität, königl. Bibliothek, Hedwigskirche, Dresdener Bank und dem Opernhaus (s. S. 801 a);
der Pariser Platz am westl. Ende der Linden, mit dem Palais Blücher, Offizierkasino, Palais der franz. Botschaft;
nordwestlich davon der Königsplatz mit dem Siegesdenkmal (s. unten), dem neuen Reichstagsgebäude und Krolls Theater;
der Wilhelmsplatz mit dem Palais des Prinzen Friedrich Leopold;
der Leipziger Platz mit der kaiserl. Admiralität und mehrern Gesandtschaftshotels;
der Dönhofplatz am östl. Teile der Leipziger Straße;
der Askanische Platz mit dem Anhalter Bahnhof;
am Südende der Friedrichstraße der Belle-Allianceplatz mit der Friedenssäule;
ferner der Lustgarten, umschlossen vom Alten Museum, dem neuen Dom und der nördl. Langseite des königl. Schlosses, während vor der südlichen der Schloßplatz liegt. Im SO. der Mariannenplatz mit dem Krankenhaus Bethanien;
im S. der Moritzplatz.
Durch die Ausdehnung der Stadt nach N. hin wurden auch dort Plätze geschaffen; so der Weddingplatz, Teutoburger Platz, Zionskirchplatz und Arconaplatz. Die Bezeichnung Markt führen 7 Plätze; darunter der Gensdarmenmarkt mit dem Schauspielhaus, der Neuen und Französischen Kirche (s. S. 797 b).
Öffentliche Anlagen. Die größte und schönste ist der im W. gelegene 255 ha große Thiergarten (so die amtliche Schreibung), der sich vom Brandenburger Thor bis dicht vor Charlottenburg erstreckt und von der Charlottenburger Chaussee in ostwestl. Richtung geteilt wird. Ursprünglich ein umzäunter Wildpark, in dem die Kurfürsten jagten, verlor er unter König Friedrich Ⅰ. diese seine Eigenschaft und wurde allmählich in einen Park umgewandelt. Unter Friedrich Wilhelm Ⅲ. erhielt er durch den Gartenbaudirektor Lenné im wesentlichen seine jetzige Gestalt und wurde dem Publikum übergeben.
Seine Unterhaltung kostet jährlich 150000 M., wozu die Stadt 30000 M. beiträgt. Prächtige Straßen und schöne Alleen von alten Bäumen durchqueren den Park; anmutige Promenaden wechseln mit Wasserpartien, Rasen- und Blumenstücken und Kinderspielplätzen. Die schönsten Teile sind: der Goldfischteich, Floraplatz, die Luisen- und Rousseauinsel, der Park des Schlosses Bellevue, die Zelte mit den neuen großen Restaurants. Auch an Denkmälern ist der Thiergarten reich: das 1849 errichtete Marmorstandbild Friedrich Wilhelms Ⅲ., mit schönem Relief am Sockel, von Drake;
diesem gegenüber das 1880 errichtete Marmorstandbild der Königin Luise, von Encke;
in der Nähe des Brandenburger Thors das 1880 errichtete Marmorstandbild Goethes (s. Tafel: Goethe), mit den Allegorien der lyrischen und tragischen Poesie und der wissenschaftlichen Forschung, von Schaper;
an der Lennéstraße das Marmorstandbild Lessings (1890), auf einem Granitsockel mit den Genien der Humanität und Kritik, von O. Lessing.
Künstlich geschaffen wurde 1845 im NO. der Friedrichhain (53 ha), mit den Gräbern der 1848 gefallenen Märzkämpfer, einer Bronzebüste Friedrichs d. Gr. und am südöstl. Ende mit einem Bronzedenkmal für die 1870/71 Gebliebenen der östl. Bezirke der Hauptstadt; ferner der 1869 nach den Plänen des Gartendirektors Meyer angelegte, 1876 eröffnete Humboldthain, mit einem aus Findlingsblöcken hergerichteten Denkmal für A. von Humboldt. Mehr außerhalb, im SO., liegt der Treptower Park. ^[]
Hier ist weiter zu nennen der 30 ha umfassende Zoologische Garten (Direktor: Dr. Heck), als das erste derartige Unternehmen in Deutschland 1841 von einer Aktiengesellschaft unter Leitung des Naturforschers Lichtenstein angelegt und 1844 eröffnet. Anfangs von den jüngern Schöpfungen in andern deutschen Städten überholt, wurde er 1869 durch den Zoologen Peters im Verein mit dem Finanzminister von der Heydt und dem neuberufenen Direktor Bodinus (gest. 1884) völlig umgestaltet und steht jetzt den übrigen europ. Tiersammlungen ebenbürtig zur Seite. Schöne Parkanlagen umgeben die nach Plänen von Ende und Böckmann ausgeführten Gebäude; hervorragend ist das im arab. Stil erbaute Antilopenhaus und das in ind. Pagodenarchitektur gehaltene Elefantenhaus.
Der königl. Botanische Garten wurde 1679 begründet, 1801 neu eingerichtet, mit dem 1858 erbauten großartigen Palmenhaus. Mit seinen 36 Gewächshäusern (Haus der Victoria regia Lindl. 1882 erbaut) und 20000 verschiedenen Pflanzenarten (besonders Palmen und Kakteen) ist er einer der bedeutendsten in Europa. Südlich davon liegt das 1880 errichtete Gebäude für das botan. Museum und Herbarium.
Denkmäler und Brunnen. In Berlin überwiegen die Sieges- und Kriegerdenkmäler. Für die in den Freiheitskämpfen gefallenen Krieger ist 1821 auf dem 66 m hohen Kreuzberge (im S. der Stadt) eine got. Spitzsäule (20 m) aus Gußeisen nach Entwürfen von Schinkel errichtet worden; 1878 wurde sie um 8 m gehoben und mit einem bastionartigen Unterbau versehen. Die terrassenförmig den Abhang sich herabziehenden Anlagen mit Wasserfall, Victoriapark genannt, wurden eröffnet.
Auf dem Belle-Allianceplatz steht die Friedenssäule, eine Granitsäule (18,8 m) nach Cantians Entwurf mit einer ehernen Victoria von Rauch, 1843 vollendet; im Invalidenpark das 1854 zum Andenken an die 1848-49 gefallenen Krieger errichtete Nationalkriegerdenkmal, eine von einem Adler gekrönte, besteigbare korinth. Säule (32 m) aus Gußeisen auf Granitpostament (6 m); ebendort ein Denkmal für die mit der Korvette Amazone (1861) Untergegangenen. Auf dem Königsplatz das Siegesdenkmal (61 m), nach dem Entwurf von Strack, zur Erinnerung an die drei siegreichen Kriege von 1864, 1866 und 1870/71 aufgeführt und enthüllt. Auf quadratischem Unterbau (7 m) aus Granit, den vier auf die Kriege bezügliche Bronzereliefs schmücken, erbebt sich zunächst, getragen von 16 je 5 m hohen Gäulen, eine runde offene Säulenhalle (15,7 m Durchmesser), deren Kern das von Salviati in Venedig ausgeführte Mosaikgemälde von A. von
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Werner (den Sieg von 1870 und die Aufrichtung des Deutschen Kaisertums allegorisch darstellend) schmückt. Darüber steigt die 27 m hohe, besteigbare Säule (5 m Durchmesser) empor, in deren Kannelierungen in drei Reihen übereinander je 20 in den drei Kriegen eroberte vergoldete Kanonenrohre angebracht sind. Den achtseitigen Aufsatz mit Adlergesims krönt Drakes bronzene, vergoldete Victoria (8,3 m). Unter den Reiterbildern und Porträtstatuen ist vor allem berühmt das auf der Langen Brücke aufgestellte eherne Reiterstandbild des Großen Kurfürsten (s. Tafel: Deutsche Kunst Ⅴ, [* ] Fig. 1), von Schlüter modelliert, von Jacobi in Erz gegossen und enthüllt.
Vor der Universität steht das großartige Denkmal Friedrichs d. Gr. (s. Tafel: Friedrich der Große, beim Artikel Friedrich Ⅱ., König von Preußen), 13,5 m hoch, 6,9 m breit; auf einem Granitsockel von 1,7 m Höhe erhebt sich das Fußgestell von Bronze, auf diesem der rechteckige Mittelteil mit Statuen und Reliefbildern berühmter Zeit- und Kriegsgenossen des Königs; an den Ecken Prinz Heinrich von Preußen, Herzog Ferdinand von Braunschweig, Zieten und Seydlitz.
Oben das Reiterstandbild (5,0 m) des Königs in Uniform mit Hut, Krönungsmantel und Krückstock. Dies Meisterwerk Rauchs wurde enthüllt, nachdem bereits 1840 der Grundstein gelegt war. In der Mitte des Lustgartens, dem Schlosse zugewandt, steht auf 6,6 m hohem Granitsockel das Reiterbild (5,9 m) Friedrich Wilhelms Ⅲ., von Alb. Wolff, beim Truppeneinzug enthüllt; den Sockel umgeben sieben allegorische Gestalten. Die Freitreppe vor der Nationalgalerie trägt das 1886 enthüllte Reiterstandbild Friedrich Wilhelms Ⅳ. von Calandrelli.
Andere Denkmäler sind die ehernen Porträtstatuen auf dem Opernplatz: Blücher (3,4 m, auf 4 m hohem Sockel, 1826 enthüllt), rechts von ihm Gneisenau, links Yorck;
die beiden letztern 1855 aufgestellt.
Gegenüber, neben der Neuen Wache, die marmornen Standbilder Bülows (östlich), Scharnhorsts (westlich), 1822 errichtet. Auf dem Wilhelmsplatz 6 Bronzestandbilder der Helden aus den schles. Kriegen: Schwerin, Leopold von Anhalt-Dessau, Winterfeldt, Keith, Zieten, Seydlitz;
sie sind Kopien (1862) der jetzt im Kadettenhause in Lichterfelde aufgestellten Marmorstatuen.
Auf dem Leipziger Platz befinden sich die Bronzestatuen der Grafen Brandenburg (1862, von Hagen) und Wrangel (1880, von Keil), vor der frühern Bauakademie die Statuen von Schinkel (1869, von Drake), Beuth (1861, von Kiß), Thaer (1860, von Hagen);
auf dem Schillerplatz vor dem Schauspielhaus das enthüllte Schillerdenkmal aus Marmor (6 m, von R. Begas);
auf dem Dönhofsplatz das eherne Standbild (3,5 m) des Freiherrn von Stein (1875, von Schievelbein, vollendet von Hagen);
vor der Universität die sitzenden Marmorfiguren Wilh. und Alex. von Humboldts (1883, von Paul Otto und von R. Begas);
hinter der Universität die Bronzestatue des Chemikers Mitscherlich (1894, von Hartzer);
im Oranienpark die Marmorstatue F. L. Waldecks (1890, von Walger);
am Thusneldaplatz das Senefelderdenkmal (1892).
Auf dem Neuen Markt soll das Lutherdenkmal von Paul Otto Aufstellung finden. Auch die Ärzte von Gräfe und Wilms haben 1882–83 (jener bei der Charité, dieser vor Bethanien) Denkmäler von Siemering erhalten. Eine Kolossalbüste Hegels in Bronze (1871, von Bläser) steht auf dem Hegelplatz hinter der Universität, eine Marmorbüste Chamissos (1888, von Moser) auf dem Monbijouplatz. ^[]
Berlin ist arm an Monumentalbrunnen;
seit 1876 ziert den Kemperplatz, wo außer der Siegesallee noch fünf andere Straßen zusammentreffen, der Wrangelbrunnen (nach Hagens Modell in Bronze gegossen);
auf dem Schloßplatz steht seit der dem Kaiser Wilhelm Ⅱ. 1888 von der Stadt Berlin geschenkte Schloßbrunnen von R. Begas (Neptun auf Felsen thronend, unterhalb Tritonen und die 4 deutschen Ströme);
auf dem Spittelmarkt der vom Kommerzienrat Spindler gestiftete und enthüllte Spindlerbrunnen.
Kirchen. hat gegen 60 evang., 7 kath. Kirchen und 4 Synagogen. Die Domkirche an der östl. Seite des Lustgartens, 1747–50 von Boumann dem Ältern erbaut, 1817 und 1821 unter Schinkels Leitung mehrfach umgestaltet, ist seit 1894 abgebrochen; eine Hauptkuppel und zwei ebenfalls mit Kuppeln versehene Seitentürme krönten das 103 m lange und 41 m breite Gebäude. Es enthielt im Innern die 1530 von Joh. Vischer in Nürnberg vollendeten, aus der Kirche zu Lehnin hierher übertragenen Bronzedenkmäler der Kurfürsten Johann Cicero und Joachim Ⅰ., daneben die Prachtsärge des Großen Kurfürsten und des Königs Friedrich Ⅰ.; in der königl. Familiengruft ruhen etwa 80 hohenzollernsche Fürsten und Fürstinnen. An Stelle des alten Doms wird nach den Plänen von Jul. Raschdorff ein Neubau im ital. Renaissancestil errichtet, der in der Hauptsache aus einer mit 110 m hoher Kuppel überwölbten Predigtkirche für 2000 Kirchgänger mit dem Altarraum an der Ostseite bestehen wird, an die sich nach Norden hin die Gruftkirche, nach Süden eine 160 Personen fassende Hofkapelle (H) für Taufen und Trauungen anschließen wird.
Die 90 m breite und etwa 30 m hohe Hauptmasse der Domgruppe an der Lustgartenseite wird außerdem noch bekrönt an beiden Ecken durch zwei 85 m hohe Glockentürme. Die Kosten sind auf 10 Mill. M. festgesetzt. Die Grundsteinlegung fand statt, die Vollendung wird 1900 erwartet. (Die Gesamtansicht des Doms zeigt Tafel: Berliner Bauten Ⅰ; seinen Querschnitt umstehende [* ] Fig. 1; seinen Grundriß umstehende [* ] Fig. 2, in der A Aufgang zur Empore für den Hof, V Vestibül, S die Sakristeien, K Raum für den Küster, WZ Wartezimmer, DP den Raum für das Dienstpersonal bezeichnet.) Die Nicolaikirche, im 12. Jahrh. erbaut, ein dreischiffiger Backsteinbau, 1877 restauriert und mit einem zweiten Turme versehen. Am Neuen Markt die Marienkirche, ein Backsteinbau aus dem 13. Jahrh., mit einem Turme (90 m) von 1790; im Innern die Grabmäler des Feldmarschalls Grafen von Sparr (gest. 1668) und des Dichters von Canitz (gest. 1699), ferner Wandgemälde aus dem Ende des 14. Jahrh. mit naiven Reimen in plattdeutscher Sprache.
Vor dem Hauptthor das steinerne Sühnkreuz für die Ermordung des Abtes Nikolaus von Bernau (1355). Die got. Klosterkirche, zu Ende des 13. Jahrh. von Franziskanern erbaut, eins der schönsten und besterhaltenen mittelalterlichen Bauwerke B.s, mit Chor von 1345, Chorstühlen von 1383. Die Parochialkirche, 1695–1703 nach Nerings Entwurf erbaut; der Turm mit Glockenspiel, einem Geschenk Friedrich Wilhelms Ⅰ., 1715 nach dem Entwurf Joh. de Bodts vollendet, das Innere 1885 restauriert. Auf dem Gensdarmenmarkt die Französische Kirche von 1701 und die Neue Kirche (1701–8);
[* ] ^[Abb. Der Neubau des Doms. Nach dem Plane von Julius Raschdorff.]
0799b Berliner Bauten II 1. Altes Museum. Erbauer: Schinkel (1824–28). 2. Königliches Schauspielhaus. Erbauer: Schinkel (1819–21). 3. Palais Borsig. Erbauer: Lucä.
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letztere ist 1881–82 durch von der Hude in größern Verhältnissen umgebaut worden. Die beiden außer Zusammenhang mit ihnen stehenden prächtigen Kuppeltürme (70,6 m) ließ Friedrich d. Gr. 1780–85 durch C. von Gontard hinzufügen. Die Dorotheenstädtische Kirche, 1678–87 von Langenveld erbaut, 1861–62 von Habelt umgeschaffen, mit dem Denkmal des Grafen von der Mark (gest. 1787), Sohnes Friedrich Wilhelms Ⅱ. und der Gräfin Lichtenau (1790, von Schadow) und dem Grabmal des Staatskanzlers Fürsten Hardenberg. Am Werderschen Markt die Friedrich-Werdersche Kirche, ein 1824–30 von Schinkel im got. Stil aufgeführter Backstein- und Terracottabau mit zwei stumpfen Türmen (43 m);
im Innern als Altarbild eine Auferstehung von C. Begas dem Ältern;
in Alt-Kölln die 1846–50 von Strack erbaute Petrikirche, ein Backsteinbau im got. Stil, dessen Turm (96,4 m) das höchste Bauwerk der Stadt ist;
an der Weberstraße die Marcuskirche, 1848–55 in roman. Stil nach Stülers Plänen erbaut, mit 47 m hoher Kuppel und 60 m hohem Turm. Am ehemaligen Königsthor die 1854–58 von Stüler errichtete Bartholomäuskirche, ein got. Backsteinbau mit 64 m hohem Turm. In neuerer Zeit ist Berlin um verschiedene schöne evang. Gotteshäuser bereichert worden: am Mariannenplatz (südöstlich) die Thomaskirche, 1864–69 von Adler erbaut;
in der Rosenthaler Vorstadt (nördlich) die Zionskirche mit 66 m hohem Turm, 1866–73 von Orth erbaut;
auf dem Weddingplatz die nach Orths Entwurf 1884 vollendete roman. Dankeskirche, die beiden letzten gestiftet nach den Attentaten auf Wilhelm Ⅰ. 1861 und 1878;
in der Nähe des Blücherplatzes die Kirche zum heiligen Kreuz, von Otzen (1888), got. Backsteinbau mit Kuppelturm. Zu zahlreichen evang. Kirchen wurde der Grundstein gelegt: Gnadenkirche (Entwurf von Spitta) im Invalidenpark (1895 eingeweiht), Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche (Entwurf von Schwechten) an der Hardenbergstraße, Himmelfahrtkirche im Humboldthain, Gethsemanekirche an der Schönhauser Allee (1893), Emmauskirche auf dem Lausitzer Platz (1893; die letzten 3 von Orth), Lutherkirche auf dem Dennewitzplatze (1894, von Otzen), Samariter- und Auferstehungskirche (1894 und 1892), Kaiser-Friedrich-Gedächtniskirche im Thiergarten (1892) u. a. – Die (erste) katholische St. Hedwigskirche am Opernplatz, als Rundbau 1747–73 erbaut, ist über der Kuppel mit Laterne und Kreuz versehen und das Innere durch Hasack (1886–87) ausgestattet worden.
Die (zweite) St. Michaelskirche am Engelbecken, eine der schönsten B.s, ist als kath. Garnisonkirche 1853–56 nach Sollers Entwurf erbaut, mit einer Kreuzabnahme Christi von Begas und einer 57 m hohen Kuppel. Die (dritte) kath. Piuskirche, ein got. Backsteinbau nach Plänen Hasacks, wurde 26. Sept. 1894 eingeweiht. Einen großartigen Eindruck macht auch die Neue Synagoge (3000 Sitzplätze) in der Oranienburger Straße, in maur. Stil nach Knoblauchs Entwürfen 1859 begonnen, unter Stülers Leitung 1866 vollendet, mit einer 50 m hohen vergoldeten Kuppel und einer schmalen Front, die sich nach hinten bis zu 40 m bei 96,6 m Tiefe erweitert; ferner die Synagoge in der Lindenstraße in mittelalterlichem Stil, von Cremer und Wolffenstein 1890 vollendet.
Friedhöfe. Nur wenige, ältern Ursprungs, befinden sich noch mitten in der Stadt, darunter der Luisenkirchhof, der alte Sophienkirchhof mit den Gräbern von Zelter (gest. 1836) und Leop. von Ranke (gest. 1886), der alte Garnisonkirchhof mit den Gräbern von de la Motte Fouqué (gest. 1843) und von Lützow (gest. 1834). Die nebeneinander befindlichen, der alte franz. Kirchhof mit den Gräbern des Ministers Ancillon (gest. 1837) und des Schauspielers L. Devrient (gest. 1832) und der alte Dorotheenstädtische Kirchhof mit den Gräbern des Arztes Hufeland, der Philosophen Fichte, Hegel, der Bildhauer Schinkel, Rauch, Schadow, der Baumeister Hitzig, Stühler, der Philologen Buttmann und Böckh. Mehr außerhalb im Norden liegen der neue franz. und der kath. Friedhof mit den Gräbern von P. von Cornelius, K. Begas sowie der neue Dorotheenstädtische. Der Invalidenkirchhof mit den Grabstätten berühmter Offiziere: Scharnhorst (5,6 m hohes Marmordenkmal nach Schinkels Entwurf, 1826 errichtet), Friesen, Winterfeldt, Boyen;
der neue Sophienkirchhof mit dem Grabe Lortzings;
der Nicolai- und Marienkirchhof mit den
[* ] ^[Abb.: Fig. 1. Dom (Querschnitt)]
[* ] ^[Abb.: Fig. 2. Dom (Grundriß)]
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Gräbern von K. Ritter und Hinckeldey; der Petri- und Georgenkirchhof. Im Süden liegen der an schönen Denkmälern reiche Matthäikirchhof mit den Gräbern von Kugler, F. Drake, G. Richter, Pfannschmidt, Jakob und Wilh. Grimm, K. Müllenhoff, W. Scherer, Diesterweg, G. Büchmann und G. Waitz;
südlich davon der Zwölfapostelkirchhof mit den Gräbern der Historiker Nitzsch, Droysen, Duncker;
beieinander der alte Jerusalemerkirchhof mit den Gräbern von Neander, Iffland, Wilms, Gräfe, Henriette Herz, und der alte Dreifaltigkeitskirchhof mit den Gräbern von F. Mendelssohn-Bartholdy, Raupach, Varnhagen von Ense;
nebeneinander der neue Dreifaltigkeitskirchhof mit den Gräbern von Kopisch, Charlotte von Kalb, Heinr. Steffens, Pertz, Schleiermacher und L. Tieck;
der Friedrich-Werdersche Kirchhof und der neue Jerusalemerkirchhof mit dem Grabe der Charlotte Birch-Pfeiffer.
Die israel. Begräbnisplätze liegen an der Schönhauser Allee und in Neu-Weißensee.
Weltliche Bauten. An erster Stelle steht das königl. Schloß (s. Tafel: Deutsche Kunst Ⅲ, [* ] Fig. 5); nördlich nach dem Lustgarten, westlich nach der frühern Schloßfreiheit, südlich nach dem Schloßplatz zu gelegen, im Osten von der Spree begrenzt, bildet es ein Rechteck von fast 200 m Länge und 117 m Breite. Die Façade erhebt sich in vier Stockwerken 30 m hoch, die Kuppel bis zu 70,6 m. Die Baugeschichte des Schlosses beginnt mit der 1451 vollendeten Burg Kurfürst Friedrichs Ⅱ. längs der Spree; unter den folgenden Kurfürsten wurden neue Teile hinzugefügt, bis unter König Friedrich Ⅰ. 1699 unter Schlüters und Eosanders Leitung die ungleichartigen Bauten zu einem einheitlichen Gebäude umgestaltet wurden.
Von Eosander stammt der südwestl. Teil und das an der Schloßfreiheit gelegene, einen Triumphbogen nachahmende Portal her; erst unter Friedrich Wilhelm Ⅳ. wurde durch Stüler und Schadow die kuppelgeschmückte Kapelle über dem Portal (1845–52) gebaut und die Terrasse am Lustgarten hinzugefügt. Zur Zeit Friedrichs d. Gr. diente das Schloß noch als Wohnung der königl. Familie; jetzt ist es seiner frühern Bestimmung durch Kaiser Wilhelm Ⅱ. wiedergegeben worden, indem es, außer den Repräsentationsräumen (Ritter- oder Thronsaal, Bildergalerie, Weißer Saal, Kapelle, die einem umfassenden Umbau unterzogen werden) und den Räumen für fürstl.
Gäste, im ersten Stockwerk auch die neueingerichteten Wohnräume der kaiserl. Familie enthält. Das Schloß enthält eine große Anzahl Porträtbilder und sonstiger Gemälde (Königskrönung Wilhelms Ⅰ. von Menzel, Kaiserproklamation in Versailles 1871 von Werner, Fürsten- und Schlachtenbilder von Camphausen, Bleibtreu u. a.). Im äußern Schloßhof ist seit 1865 der heil. Georg mit dem Drachen, kolossale Bronzegruppe von Kiß, aufgestellt; auf der Schloßterrasse vor dem westl. Portal zwei Rossebändiger in Bronze von Clodt, Geschenke des Kaisers Nikolaus von Rußland an Friedrich Wilhelm Ⅳ.
Am Opernplatz liegen: das ehemalige Palais des Kaisers Wilhelm Ⅰ., 1834–36 von Langhans erbaut und seit 1883 mit dem anstoßenden (ehemaligen Niederländischen) Palais durch einen überdeckten Brückengang verbunden, jetzt Eigentum des Prinzen Heinrich, Bruders des Kaisers;
das Palais der Kaiserin Friedrich, 1687 als von Schombergsches Palais von Nering erbaut, durch Strack 1857 umgebaut, wurde 1780–1840 von Friedrich Wilhelm Ⅲ. und 1858–88 vom Kronprinzen Friedrich Wilhelm bewohnt.
An der nördl. Seite des Wilhelmsplatzes das 1737 erbaute, 1827-28 von Schinkel umgeschaffene Palais des Prinzen Friedrich Leopold. Ferner sind zu erwähnen: Schloß Monbijou, der Kern 1708 von Eosander, die beiden äußern Gebäude für die Königin Friederike 1788 von Unger erbaut;
im Gartenschloß ist seit 1877 das Hohenzollern-Museum untergebracht, eine Sammlung von persönlichen Erinnerungen an die preuß. Monarchen seit der Zeit des Großen Kurfürsten.
In der Nähe des königl. Schlosses liegen eine ganze Anzahl hervorragender Bauten. So das Zeughaus, 1695 von Nering begonnen, 1698–99 von Schlüter fortgeführt und 1706 von de Bodt im palladianischen Stil vollendet; 1877 wurde es zu einer Ruhmeshalle für die Großthaten der brandenb.-preuß. Armee bestimmt und dementsprechend 1880–83 nach Hitzigs Plänen im Innern umgebaut. Der Bau bildet ein Quadrat (90 m Seitenlänge) und umschließt einen glasüberdeckten Hof (38 m); im Untergeschoß die Geschützsammlung (Entwicklung des Geschützwesens seit dem 14. Jahrh.), eine Sammlung von Festungsmodellen und auf das Ingenieurwesen Bezügliches.
Das Obergeschoß enthält vorn eine Waffensammlung; hinten in der Mitte die Herrscherhalle mit 8 Bronzestatuen der preuß. Herrscher seit dem Großen Kurfürsten, mit vier Wandgemälden (Camphausen: Huldigung der schles. Stände 1741; Bleibtreu: Musterung der Freiwilligen in Breslau 1813; Krönung Friedrichs Ⅰ. in Königsberg 1701; Kaiserproklamation in Versailles 1871, beide von A. von Werner), mit allegorischen Kuppelmalereien von Friedr. Geselschap (1890 vollendet) und einer marmornen Victoria von Schaper; ferner seitlich die Feldherrenhallen mit 32 Kolossalbüsten der brandenb.-preuß. Heerführer, 12 Schlachtenbildern, darstellend die Waffenthaten des Großen Kurfürsten bis zu den Kämpfen 1870–71, und zwei allegorischen [* ] Figuren aus Marmor (von Schaper und R. Begas). Die Mitte des Glashofes ziert eine von R. Begas in Marmor ausgeführte kolossale Borussia, die Wände eroberte franz. Kanonen (1870–71), über denen franz. Fahnen gruppiert sind. An den Schlußsteinen des Hofes sind die berühmten Masken sterbender Krieger von Schlüter, an der Außenseite dessen Medusen und Helme.
Dem königl. Schlosse gegenüber am Lustgarten erhebt sich das Alte (s. Tafel: Berliner Bauten Ⅱ, [* ] Fig. 1) und hinter diesem das Neue Museum (Generaldirektor: Wirkl. Geh. Oberregierungsrat Dr. R. Schöne). Ersteres, 1824–28 von Schinkel erbaut, bildet ein Viereck, 86,7 m lang, 53,5 m tief, 19 m hoch (mit der Kuppel 26 m); eine breite Freitreppe, deren beide Treppenwangen zwei Bronzegruppen (östlich: Amazone, von Kiß; westlich: Löwentöter, von A. Wolff) zieren, führt zu einer von 18 ion. Säulen getragenen Vorhalle, deren Wände Freskogemälde nach Schinkels Entwürfen (westlich: Entwicklung der Weltkräfte von Chaos zum Licht; östlich: Bildung menschlicher Kultur) schmücken; hier sind auch die Marmorstandbilder von Rauch, Cornelius, Knobelsdorff, Winckelmann, Schinkel, O. Müller, D. Chodowiecki, Carstens aufgestellt. Dieses Museum enthält die Antikengalerie (griech.-röm. Skulpturen), die Pergamenischen Skulpturen, die ital. Bildwerke des Mittelalters und der Renaissance, das Münzkabinett (200000 Münzen, darunter 55000 griechische,
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35000 römische) und die Gemäldegalerie (etwa 1300 Nummern; ausgenommen Bildwerke neuerer Zeit); ferner die nach Raffaelschen Kartons in Flandern gewebten Teppiche. Das Neue Museum, 1843–55 von Stüler erbaut, ist 105 m lang und 40 m tief. Der Mittelbau umschließt das 38 m lange, 15 m breite, 20 m hohe Treppenhaus; dessen obere Wandflächen schmücken die berühmten, stereochromisch ausgeführten 6 Wandgemälde W. von Kaulbachs (1847–66), darstellend die Hauptmomente der Geschichte der Menschheit. Es enthält die Sammlung der Gipsabgüsse, die ägypt. Altertümer, das Kupferstichkabinett, das Antiquarium (Hildesheimer Silberfund, 2300 Vasen, Terrakotten, Bronzen).
Östlich vom Neuen Museum erhebt sich in der Mitte eines von dor. Säulenhallen umgebenen Platzes die eröffnete Nationalgalerie (Direktor: Geh. Regierungsrat Dr. M. Jordan), nach Stülers Entwurf von Strack als korinth. Tempel in Sandstein ausgeführt (s. Tafel: Museen Ⅰ. [* ] Fig. 1); sie ist 60 m lang, 32 m breit, mit einer Apsis auf einem 10,7 m hohen Unterbau. Die Freitreppe trägt das Reiterbild Friedrich Wilhelms Ⅳ. (s. oben). Sie enthält Gemälde (1891: 626 Nummern) neuerer Meister, Kartons (darunter die 7 Kartons P. von Cornelius), neuere Bildhauerwerke (1891: 79 Nummern), im obern Geschoß seit 1884 die gräfl.
Raczynskische Kunstsammlung. Im Südwestviertel in der Prinz-Albrecht-Straße liegen das Kunstgewerbemuseum (Direktor: Professor J. Lessing), 1877–81 von Gropius und Schmieden aus Werkstein und Terracotta errichtet, mit Mosaikbildern von Salviati an der Außenseite und Sandsteinfiguren P. Vischers und H. Holbeins auf den Wangen der Freitreppe, und das Museum für Völkerkunde (Direktor: Geh. Regierungsrat Professor Dr. Bastian), von Ende und Böckmann erbaut, eröffnet, mit vorgeschichtlichen, ethnolog., anthropolog. Sammlungen und Schliemanns trojanischen Funden.
In der Invalidenstraße zwischen der Landwirtschaftlichen Hochschule und der Bergakademie das Museum für Naturkunde, welches das Geologisch-Paläontologische Museum (Direktor: Geh. Bergrat Professor Dr. Beyrich), das Petrographisch-Mineralogische Museum (Direktor: Professor Dr. Klein) und das Zoologische Museum (Direktor: Professor Dr. Möbius) enthält; diese Gebäude bilden eine Gruppe, erbaut von Tiede.
Im Mittelpunkt der Stadt liegt das Rathaus, ein nach Plänen von Wäsemann 1861–70 in Ziegel- und Terracottatechnik mit Sockel und Gesimsplatten von Granit ausgeführter Bau, 99 m lang, 88 m breit und bis zur Attika über dem dritten Stockwerk 27 m hoch. Der Turm, in welchem der Haupteingang ist, hat eine Höhe von 74 m. Am Hauptportal befinden sich in Nischen die Bronzestatuen Kaiser Wilhelms Ⅰ. (von Keil) und Kurfürst Friedrichs Ⅰ. (von Encke). Das Innere ist reich ausgeschmückt; so der Festsaal (31 m lang, 17 m breit, 15 m hoch) u. a. mit den Statuen Friedrichs d. Gr. und Friedrich Wilhelms Ⅲ. von Sußmann-Hellborn, und dem Ölgemälde von A. von Werner: Der europ. Friedenskongreß in Berlin 1878;
ferner der Korridor und die Vorhalle des Magistratssaales mit 10 erst zum Teil vollendeten Gemälden aus der Geschichte der Stadt.
Von andern Bauwerken sind hier zu nennen: das Universitätsgebäude, 1754–64 als Palais des Prinzen Heinrich, Bruders Friedrichs d. Gr., nach Knobelsdorffschen Plänen von Boumann dem Ältern erbaut, ist seit 1809 für die Zwecke der neu gestifteten Universität eingerichtet und 1890–91 im Innern gründlich umgestaltet worden;
vorn am Vorgarten die sitzenden Marmorfiguren der beiden Humboldt;
gegenüber am Opernplatz die königl. Bibliothek, 1775–80 nach Ungers Zeichnung von Boumann dem Jüngern im Barockstil aufgeführt;
ferner das königl. Akademiegebäude, 1690 von Nering erbaut, 1749 umgestaltet, der Sitz der Akademie der Wissenschaften und der Akademie der Künste.
An der Schleusenbrücke die Alte Bauakademie, die jetzt den Zwecken der Kunstakademie und des Meteorologischen Instituts dient, 1832–35 von Schinkel aus Backstein und Terracotta aufgeführt (Quadrat von 46 m Seitenlänge), gilt in der Verschmelzung mittelalterlicher Struktur mit griech. Detailformen als das originellste Werk Schinkels. Auf Charlottenburger Gebiet die Technische Hochschule (1878–84 nach dem Entwürfe von Lucä und Hitzig, unter des letztern und nach dessen Tode unter Raschdorffs Leitung ausgeführt).
Das Hauptgebäude, ein 228 m langer und 90 m tiefer massiver Bau, ist mit vielen Skulpturen geschmückt; so auf der Balustrade vor den Fenstern der Aula die 5 Bronzebüsten von K. Begas: Gauß, Eytelwein, Schinkel, Redtenbacher, Liebig;
in den Nischen der Façade 6 Standbilder berühmter Architekten und Ingenieure: Erwin von Steinbach und Bramante (von Encke), Schlüter (von Hundrieser), Leonardo da Vinci (von Eberlein), Stephenson und J. Watt (von Keil).
Das Gebäude enthält ein Gipsmuseum, eine Sammlung für Ingenieur- und Maschinenwesen, das Beuth-Schinkel-Museum, eine kinematische Sammlung, ein mineralog. Museum, ein Architekturmuseum und eine Bibliothek. Im östl. Flügel befindet sich die Physikalisch-Technische Reichsanstalt. Ferner sind zu nennen das umfangreiche Generalstabsgebäude, ein aus zwei verschiedenartigen Teilen (1871 und 1877) bestehender Terracottabau; die Kriegsakademie, 1882 von Schwechten vollendet; die Neue Wache (Königswache), zwischen Universität und Ruhmeshalle, 1816–18 von Schinkel in dor. Stil nach Art eines röm. Castrums erbaut, neben ihr drei große Geschütze, das mittlere 1871 auf dem Fort Mont–Valérien bei Paris erbeutet.
Das Brandenburger Thor, das von den Linden nach der Charlottenburger Chaussee führt, 1789–93 von Langhans nach dem Vorbilde der Propyläen zu Athen erbaut, ist 62,5 m lang, 20 m hoch und besteht aus einem Doppelportikus von 12 dor. kannelierten, 14 m hohen Säulen, die fünf Durchgänge für Wagen bilden: der mittelste ist nur für königl. Wagen bestimmt, während für Fußgänger je ein im gleichen Stil gehaltener Säulenbau 1868 hinzugefügt wurde. Die Attika trägt die auf einer Quadriga fahrende Siegesgöttin, 6,3 m hoch, von Schadow modelliert, von Jury und Gerike in Kupfer getrieben; sie wurde 1807 von den Franzosen entführt, kam aber in Paris nicht zur Aufstellung und wurde 1814 zurückgebracht. Seitdem führt sie das Viergespann (anders als vor 1807) der Stadt zu. Die Börse (s. Tafel: Börsengebäude Ⅱ, [* ] Fig. 1), 1859–64 von Hitzig erbaut, 1884 erweitert, mit dem 69 m langen, 27 m breiten, 20 m hohen Börsensaal;
die Reichsbank, 1869–76 von Hitzig im Renaissancestil aufgeführt (s. Tafel: Bankgebäude Ⅰ, [* ] Fig. 1);
in der Nähe die königl. Neue Münze mit
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dem vom alten Gebäude übernommenen Sandsteinfries von Schadow;
das Generalpostgebäude (Reichspostamt), 1871-73 von Schwatlo erbaut, mit dem Reichspostmuseum (das Modelle der Verkehrsmittel aller Zeiten, Zeichnungen und Modelle von neuen deutschen Postgebäuden sowie eine sehr reichhaltige Postwertzeichensammlung enthält);
an der Königsstraße das Hauptpostamt mit der Oberpostdirektion für Berlin, dem Hofpost-, Stadtpost-, einem Rohrpost- und ein Telegraphenamt;
das Paketpostamt an der Ecke der Artillerie- und Oranienburger Straße von Tuckermann und Struve.
An der Südseite des Alexanderplatzes liegt das große, eröffnete königl. Polizeipräsidium von Blankenstein und Hesse; in der Leipzigerstraße das ehemalige Reichstagsgebäude, 1871 in einem Teil der ehemaligen königl. Porzellanmanufaktur nach Hitzigs Entwurf von Gropius und Schmieden angelegt. Das neue Reichstagsgebäude auf der Ostseite des Königsplatzes, von P. Wallot seit 1884 erbaut und eingeweiht, ist der vornehmste Monumentalbau B.s.
Der Grundriß besteht aus einem Rechteck (138 m : 97 m); an den Ecken 4 stumpfe Türme, in der Mitte eine Kuppel. Der Sitzungssaal und die 97 m lange Wandelhalle sind die Haupträume des Baues. (S. Parlamentsgebäude.) Unweit der Potsdamer Brücke liegt das Ständehaus der Provinz Brandenburg von Ende und Böckmann (1888 vollendet), das Kreishaus des Kreises Teltow von Schwechten und das Reichsversicherungsamt, nach den Entwürfen von Busse von Hückels ausgeführt.
Von den ungefähr 20 Theatern sind äußerlich bemerkenswert: das königl.Opernhaus (1650 Plätze), 1741-43 von Knobelsdorff erbaut, der Zuschauerraum 1787 von C. G. Langhans neu eingerichtet, dann nach dem Brande von 1843 von C. F. Langhans, in der Hauptsache im frühern Zustande, erneuert, mit Konzertsaal; das königl. Schauspielhaus (1120 Plätze) mit großem Konzertsaal, 77 m lang, im Mittelbau 50 m tief, 38 m hoch, von Schinkel an Stelle des 1802 erbauten, 1817 abgebrannten frühern 1819-21 aufgeführt (s. Tafel: Berliner Bauten Ⅱ, [* ] Fig. 2). Es hat eine von 6 ion. Säulen getragene Vorhalle, zu welcher eine Freitreppe mit Bronzegruppen: Genien auf Panther und Löwen reitend, von F. Tieck hinanführt;
davor das Schillerdenkmal (s. S. 797 a).
Ferner die Singakademie, 1825 im griech. Tempelstil von Öttmer errichtet, berühmt durch die vorzügliche Akustik des Konzertsaals;
das Lessing-Theater, 1888 von von der Hude und Hennicke erbaut;
Krolls Etablissement, 1852 von Titz erbaut;
das Theater Unter den Linden (von Hellmer und Fellner, 1892) und das Neue Theater am Schiffbauerdamm (von Seeling, 1892).
Unter den Bahnhöfen ragen als schöne Bauwerke hervor: der 1869-71 errichtete große Lehrter Bahnhof, der 1870-72 erbaute Potsdamer Bahnhof und der 1875-80 in Terracotta-Architektur von Schwechten erbaute Anhalter Bahnhof (s. Tafel: Bahnhöfe Ⅰ, [* ] Fig. 3), mit der 35 m hohen, 61 m weiten Halle, sowie die beiden großen Stadtbahnhöfe: Station Friedrichstraße (s. Tafel: Berliner Stadt- und Ringbahn, Fig. 2) und Alexanderplatz. Von den Hotels sind hervorzuheben: der 1873-75 von von der Hude und Hennicke erbaute Kaiserhof, das Hôtel de Rome, Hotel Bristol, im Renaissancestil vom Regierungsbaumeister Gerschke erbaut, das Central-Hotel, 1878-80 von von der Hude und Hennicke erbaut, in der Nähe das im Renaissancestil 1887-88 von Heim erbaute Monopol-Hotel, das Hôtel Continental und am Leipziger Platz Hôtel Bellevue, Hotel Ronacher und das Palast-Hotel.
Ferner das Café Bauer, von Ende und Böckmann, mit Wandgemälden von A. von Werner und Hertel; die Bierpaläste von Siechen, Sedlmayr (Seidl in München), Tucher (Walther in Nürnberg) und Pschorr (Kayser und von Großheim). Architektonisch wertvoll sind auch das Faberhaus (Griesebach), Schimmelpfengs Auskunftei, die Buchdruckerei von Sittenfeld, der Offizier- und der Beamtenverein und die Kaufhäuser von Rudolf Hertzog, J. A. Heese, V. Manheimer, Mey & Edlich, Gerson u. a. Vor der Stadt, im Norden, liegen die mit großen Sommergärten versehenen Bierbrauereien, wie Bötzow, Aktienbrauerei Friedrichhain. Von Privatbauten, die namentlich in der letzten Zeit zahlreich erstanden sind und die Stadt ungemein verschönert haben, sind zu nennen: das Pringsheimsche Haus in der Wilhelmsstraße, von Ebe und Benda 1873;
gegenüber das Palais der engl. Botschaft (ehemals Strousbergsches Haus), von Orth erbaut;
das Borsigsche Palais (s. Tafel: Berliner Bauten Ⅱ, [* ] Fig. 3) in der Voßstraße, von Lucä, und das Mossesche Haus am Leipziger Platz (Ebe und Benda) mit dem Sandsteinfries von Klein;
die Monumentalbauten der Lebensversicherungsgesellschaften Neuyork, Germania (Kayser und von Großheim) und Equitable, von Professor Schäfer entworfen, erbaut von Held und Francke im Renaissancestil;
das 1889 von Sehring erbaute, mit Kunstschätzen reich ausgestattete Künstlerheim.
Verwaltung. Berlin bildet unter der Bezeichnung «Stadtkreis Berlin» einen Verwaltungsbezirk für sich (preuß. Gesetz vom hat jedoch mit der Provinz Brandenburg, zu der es früher gehörte, noch einige Verwaltungsbehörden als höhere Instanz gemeinsam, so das Oberpräsidium, das Konsistorium, das Provinzialkollegium und das Medizinalkollegium. Die Stadt wird verwaltet von dem Polizeipräsidium als königl. und dem Magistrat als städtischer Behörde. Ersteres zerfallt in sechs Abteilungen:
1) Polizeiverwaltung und Beaufsichtigung öffentlicher Institute und gewerblicher Anlagen, Sanitätspolizei und Prüfung der Bauhandwerker;
2) Gewerbepolizei, Straßen- und Strompolizei, öffentliches Fuhrwesen;
3) Bauabteilung;
4) Kriminalabteilung und Kommission für Sittenpolizei;
5) Paß- und Fremdenwesen nebst Einwohnermeldeamt;
6) Abteilung für Übertretungen und Polizeianwaltschaft.
An der Spitze des Magistrats (34 Mitglieder, davon 18 besoldet) steht ein Oberbürgermeister (Zelle, 30000 M.), ein Bürgermeister (Kirschner, 15000 M.); an der Spitze der Stadtverordneten (126) Dr. Langerhans. Nach Fraktionen besteht die Versammlung Anfang 1895 aus 50 Mitgliedern der Linken, 27 der Fraktion von 1886, 25 der Neuen Linken, 18 Socialdemokraten, 1 Bürgerparteiler und 3 Fraktionslosen. 80 gemischte Deputationen (Magistratsmitglieder und Stadtverordnete) beraten die Angelegenheiten vor. Die Stadt zerfällt in 18 Standesamtsbezirke (s. oben Bevölkerung), in 4 Fachhauptmannschaften und Kommissariate, 11 Polizeibezirkshauptmannschaften und 90 Polizeireviere, zum Zwecke der städtischen Verwaltung in 326 Bezirke mit je einem von der Bürgerschaft gewählten Bezirksvorsteher (und einem Stellvertreter) an der Spitze, der als Organ des Magistrats und der Stadtverordneten die Gemeindeangelegenheiten besorgt.
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An besoldeten Bureau- und Kassenbeamten ausschließlich der Hilfsarbeiter sind vorhanden 645, Unterbeamte 480 und etwa 5000 unbesoldete. Ferner sind für die Steuerveranlagung noch 153 Kommissionen mit etwa 3591 Mitgliedern thätig. Zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit dient die dem Polizeipräsidium unterstellte 3953 Mann, darunter 238 berittene, starke Schutzmannschaft und 564 vom Magistrat besoldete Nachtwächter. Die 1851 von Hinckeldey errichtete Feuerwehr wird von einem Branddirektor (Stude) und einem Oberbrandinspektor geleitet und verfügt über 800 Mann in 5 Compagnien und 118 Pferde.
Die Zahl der Depots beträgt 5, der Dampfspritzen 9 und der andern Spritzen 21, der Feuerwachen 14, der Feuermelder 306; die Kosten der Unterhaltung stellen sich auf jährlich etwa 1380000 M. Bei der Berliner Feuersocietät, einer auf Zwangsversicherung beruhenden Anstalt, waren (1843) 321, (1879) 1904 Mill. M. als Wert von 17937 Gebäuden, (1891) 21783 Grundstücke mit 3080048500 M. versichert; die Mobiliarversicherung bei Privatgesellschaften, die etwa drei Viertel des ganzen beweglichen Vermögens umfaßt, betrug (1853) 280, (1879) 1678, (1889) 2356, (1891) 2616154825 M.
Die 5 städtischen Gasanstalten (die 5. bei Schmargendorf ist seit Okt. 1893 im Betrieb) erzeugten (1893–94) aus 361230 t Kohle 102,859 Mill. cbm Gas und gaben davon ab 98,150 Mill. cbm (die Privatwerke lieferten 31,835 Mill. cbm), nämlich zur öffentlichen Beleuchtung (23446 Flammen) 15,511 Mill. cbm (591754 cbm), zur privaten 81,736 Mill. (31,243 Mill.). Der eigene Gasverbrauch der Gasanstalten bezifferte sich auf 947029 cbm. Der ganze Gasverbrauch für die Stadt stellt sich einschließlich dem von der Englischen Gasgesellschaft gelieferten auf 130,029 Mill. cbm. Die vier Centralanlagen der Berliner Elektricitätswerke versorgten (1894) 5673 Bogen- und 121262 Glühlampen, 306 Apparate und 361 Motoren in 2380 Einrichtungen. Die Einzelanlagen zur Erzeugung des elektrischen Lichts zählten 4259 Bogen- und 79212 Glühlampen.
Vor dem Stralauer Thore befindet sich das große Druck- und Pumpwerk (mit 12 gewaltigen Dampfkesseln und einem Reservoir) der 1873 von der Gemeinde übernommenen, im Juli 1855 von den Engländern Fox und Crampton eröffneten Wasserleitung. Dieses Werk ist aber seit Nov. 1893 außer Betrieb. Das große Pumpwerk bei Tegel treibt filtriertes Havelwasser in einer Röhrenleitung quer durch die Jungfernheide und unter der Spree hinweg nach dem Wasserturm bei Westend, der den Süden der Stadt versorgt. Ein drittes Wasserwerk östlich von am Müggelsee bei Friedrichshagen ist in seiner ersten Hälfte im Okt. 1893 dem Betriebe übergeben worden. Dieses Werk fördert das filtrierte Wasser des Müggelsees nach dem Verteilungswerk Lichtenberg, das es in das Rohrsystem der Stadt drückt. Von den auf etwa 59 Mill. M. geschätzten Wasserwerken wurden (1893/94) etwa 41,5 Mill. cbm filtriertes Wasser an die Stadt Berlin abgegeben.
Die Straßenreinigung beschäftigte Anfang 1892: 748 Personen. Am betrug die zu reinigende Straßenfläche 8221855 qm, davon 4905130 qm Fahrdämme. Die Gesamtkosten betrugen (1891–92) 1936492 M. Für die Straßenkehrichtabfuhr waren 110824 Fuhren erforderlich. Die Besprengung der Straßen, zu der 820605 cbm Wasser erforderlich waren, verursachten eine Ausgabe von 230692 M. Die festen und flüssigen Abgangsstoffe werden durch ein großartiges Kanalisationssystem, von welchem April 1892 bereits 539150 m Thonrohrleitung und 139102 m gemauerte Kanäle vollendet waren, auf die städtischen Rieselfelder abgeleitet, wo nach Hobrechts Plane seit 1877 großartiger Gemüsebau eingerichtet ist.
Durch Anlage des Centralvieh- und Schlachthofs sind die Privatschlachthäuser (über 700) in der Stadt aufgehoben worden. An dem Verkehr daselbst beteiligten sich 1200 selbständige Schlächter, 3000 Gehilfen, Kutscher, Fleischhändler, 700 Viehhändler, 60 Kommissionäre mit 200 Angestellten, 600 Treiber, 300 Beamte der städtischen Fleischschau, 300 Beamte und Arbeiter der Verwaltung, zusammen etwa 6450 Personen. Geschlachtet wurden daselbst (1891–92) 123834 Rinder, 126376 Kälber, 365926 Schafe und 530551 Schweine, zusammen 1146687 Tiere, darunter 7373 zur menschlichen Nahrung ungeeignet. Die mikroskopische Fleischschau wird von 182 Fleischbeschauern und 48 Probenehmern auf dem Centralviehhof und von 39 Fleischbeschauern und 22 Probenehmern in den Markthallen ausgeführt. Von den städtischen Fleischuntersuchungsstationen wurden 125966 Rinderviertel, 138911 Kälber, 46027 Schafe und 114904 Schweine untersucht.
Nahe dem Bahnhofe Alexanderplatz befindet sich die eröffnete städtische Centralmarkthalle, die 11000 qm Fläche und 1586 Verkaufsstände besitzt, durch den Erweiterungsbau um 5300 qm mit 550 Ständen vergrößert wurde, mit der Stadtbahn verbunden ist und die Ernährung der Bevölkerung der Hauptstadt durch eine Reihe zweckmäßiger Einrichtungen (direkte Zufuhr aus allen Landesteilen, Auktionen durch städtische Beamte, wirksame Kontrolle der zum Verkauf gelangenden Lebensmittel) wesentlich verbessert hat; namentlich hat der Verbrauch von Seefischen, die dort jederzeit zu haben sind, bereits zugenommen.
Die Centralmarkthalle dient sowohl dem Engros- wie dem Detailgeschäft und versorgt die jetzt im Betriebe befindlichen 14 Markthallen (mit etwa 6000 Verkaufsständen) in der Linden-, Zimmer- und Dorotheenstraße, am Magdeburger Platz, in der Acker-, Buckower- und Andreasstraße, Pückler- und Eisenbahnstraße, Arminius- und Marheinekeplatz, Grünthaler-Wörtherstraße und Weddingplatz, die jedoch einen großen Teil ihres Bedarfs direkt vom Lande oder durch Zwischenhändler beziehen. Die von auswärts während der Nacht über Bahnhof Alexanderplatz eingehenden Güterzüge werden mittels Fahrstühlen schnell entladen, und es werden in Zukunft die übrigen Hallen in den ersten Tagesstunden von der Centralmarkthalle aus mit einem Teile dieser Sendungen versehen werden.
Armen- und Versorgungswesen. Behörde für diese Angelegenheiten ist die Armendirektion. Dieselbe besteht aus 10 Stadträten, 14 Stadtverordneten, 10 Bürgerdeputierten und 4 Assessoren; eine Abteilung sorgt für die Verwaltung des Arbeitshauses und des Arbeitshaushospitals mit 12–1500 Detinierten und 4–500 Hospitaliten, eine andere Abteilung für die Verwaltung des «Städtischen Obdachs» mit durchschnittlich jährlich 1200 obdachslosen Familien und 766 nächtlichen Obdachslosen auf den Tag, und noch eine andere für die
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Verwaltung der Erziehungsanstalten in und Rummelsburg. 65 Armenärzte sind im Dienste der Armenpflege thätig gegen eine geringe Entschädigung, und 30 Specialärzte für Augen-, Ohren-, Nasen- und Halsleiden leisten unentgeltliche Hilfe. Die Kosten der öffentlichen Armenpflege betrugen (1891-92) durchschnittlich 7,64 M. auf den Kopf der Civilbevölkerung oder monatlich 13,3 M. für einen der 28145 Almosen- resp. Pflegegeldempfänger. Beruht schon diese Organisation auf dem Gemeinsinne der Bürger, so besteht daneben noch eine durchaus private Armenpflege, die teils vorbeugend wirkt und in dieser Richtung namentlich von dem Verein gegen Verarmung und Bettelei (der [1891] 4900 Personen mit Darlehen, Geschenken und Nähmaschinen unterstützte) repräsentiert wird, teils in zahlreichen Vereinen für besondere Zwecke (z. B. dem Asylverein, der durchschnittlich 348 Personen Unterkunft für die Nacht verschafft) Bedeutendes leistet. Die vorhandenen Stiftungen und Legate für Wohlthätigkeitszwecke, welche direkt den städtischen Behörden unterstehen, verfügten über ein Vermögen von 14831665,68 M.
Von den in Pflege befindlichen 4963 Waisenkindern (2634 Knaben und 2329 Mädchen) waren 645 im Waisendepot und der Waisenerziehungsanstalt Rummelsburg untergebracht; 1672 befanden sich in und 2458 in auswärtiger Kostpflege bei Privaten und 188 in sonstigen Anstalten; 334 Knaben und 64 Mädchen waren zur Zwangserziehung der Waisenverwaltung übergeben. Die auswärtigen Pflegestellen verteilten sich auf 139 Städte und 372 Dörfer.
223 Gemeindewaisenräte mit 1180 männlichen Mitgliedern und 357 Aufsichtsdamen beaufsichtigten die Privatpflegestätten. Die Kosten der Waisenpflege betrugen nach Abzug von 160615,71 M. Einnahme 753715,32 M., durchschnittlich 150 M. jährlich für jedes Kind.
Gesundheitswesen. Außer den zahlreichen Professoren und Docenten sorgen 1615 praktische Ärzte, 611 Hebammen, 132 in Deutschland geprüfte Zahnärzte, 195 Heilgehilfen, 128 Apotheken und 430 Droguengeschäfte für die Pflege der Gesundheit, unterstützt durch zahlreiche Heilanstalten. Mit der königl. Charité stehen in Verbindung die mediz., propädeutische, chirurg., augenärztliche, gynäkokolog., geburtshilfliche Klinik, die Kliniken für syphilitische und Haut-, für Kinder- und Geisteskrankheiten; mit der Universität die Institute für Chirurgie, Augenheilkunde und Geburtshilfe, die Poliklinik.
Ferner bestehen das Hygieinische Institut, das Institut für Infektionskrankheiten, das Frauensiechenhaus Bethesda am Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal, die Krankenhäuser im Friedrichhain (1870-73 von Gropius und Schmieden für 600 Kranke in 14 Pavillons erbaut), Moabit, am Urban (600 Betten, 1890 eröffnet), Elisabeth- (für Frauen), Lazarus- (für Unheilbare), das Friedrich-Wilhelms-, das Augustahospital, das Centraldiakonissenhaus Bethanien, das kath. Krankenhaus, das Elisabethkinderhospital und das Kaiser- und Kaiserin-Friedrich-Kinderkrankenhaus für 300 Kinder unter 14 Jahren.
In der seitens der Stadt nach dem Pavillonsystem erbauten Irren- und Idiotenanstalt in Dalldorf wurden (Ende März 1890) 1327 Kranke in der Anstalt und 1283 Kranke unter Kontrolle der Anstalt in Privatanstalten auf Kosten der Stadt gepflegt. Eine zweite städtische Irrenanstalt bei Lichtenberg wurde im Juni, eine Anstalt zur Aufnahme Epileptischer bei Biesdorf Nov. 1893 eröffnet. ^[]
Die Sanitätspolizei leiten 1 Stadtphysikus mit 3 gerichtlichen, 10 Bezirksphysicis, 1 gerichtlichen Wundarzt und 4 Kreistierärzten; außer diesen gehören zum Ressort des Polizeipräsidiums die Schutzblattern-Impfungsanstalt und die Sanitätskommission mit 50 Revierärzten; 16 Hospitäler (darunter 2 städtische mit 1140 Kranken und Siechen), 39 meist private Krankenanstalten, Kliniken und Siechenhäuser, die kath. Grauen Schwestern und die evang. Diakonissen, 144 Kranken- und Sterbekassen, 13 städtische Schwimm- und Badeanstalten, 18 private Badeanstalten, 7 Flußbäder und 12 meist aus Privatmitteln unterhaltene Sanitätswachen vervollständigen den hygieinischen Apparat.
In 30 Leichenhäusern der Begräbnisplätze wurden (1892) 10683 Leichen eingestellt.
Finanzen. Trotz der bedeutenden finanziellen Anforderungen ist die Schuldenlast nicht hoch und wird durch den Wert der städtischen Grundstücke und gewerblichen Unternehmungen übertroffen. Nach dem Voranschlage für die Einnahmen und Ausgaben 1892-93 schließen dieselben mit 80601146 M. ab. Das Vermögen (274568626 M.) setzt sich zusammen wie folgt: Grundstücke für Verwaltungszwecke 218652567 M., andere Häuser 10801574 M., städtischer Grund und Boden 25688750 M., Güter 15054476, anderes Eigentum 4371259 M.;
die Schulden (225717300 M.) aus Obligationen 204354300 M., Darlehen 21063000 M., Kaufgeldreste 300000 M.
Die Finanzlage gestattet, daß durch Beschluß der städtischen Behörden vom die Mietsteuer (bisher von sämtlichen Wohnungen 6⅔ Proz.) vom ab für Wohnungen bis 200 M. Miete nicht mehr erhoben wird und für die Mieten von 1000 bis 201 M. abwärts eine Degression von 6⅔ bis 2 Proz. stattfindet. Auch wird die Gemeinde-Einkommensteuer für die erste Steuerstufe (mit einem Einkommen bis 660 M.) nicht mehr erhoben. Bei der 1895 vorgenommenen Steuerreform wurde die gänzliche Abschaffung der Mietsteuer beschlossen.
Die indirekten Staatsabgaben betrugen 1891/92:
Zölle für ausländische Gegenstände | 31542374 M. |
---|---|
Branntweinsteuer | 10217925 " |
Tabaksteuer | 40646 " |
Abgaben für Tabakssurrogate | 138 " |
Salzsteuer | 1182798 " |
Spielkartenstempel | 1554 " |
Brausteuer | 1994721 " |
Stempelabgaben von Wertpapieren | 10753081 " |
Stempelsteuern | 7080714 " |
Erbschaftssteuern | 1405747 " |
Brücken-, Strom- u. Hafengelder | 202834 " |
Zusammen | 64422532 M. d. i. 39,6 M. auf den Kopf der Bevölkerung. |
Die direkten Staatsabgaben waren für das Rechnungsjahr 1892/93 veranschlagt:
Staats-Einkommensteuer | 22758498 M. |
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Gebäudesteuer | 8013502 " |
Gewerbesteuer | 3307092 " |
Grundsteuer | 8935 " |
Zusammen | 34088027 M d. i. 20,9 M. auf den Kopf der Bevölkerung. |
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Für stehende Gewerbe sind (1892/93) 82887, für Gewerbe im Umherziehen 3380 Personen herangezogen worden. Die Staats-Einkommensteuer zahlten 299016 Personen, darunter 44088 mit einem Einkommen über 3000 M. Von 298788 zum Steuersatze 4 resp. 2,40 M. veranlagte Personen wurde die Steuer nicht erhoben.
Die städtischen Gemeindeabgaben waren für das Jahr 1892/93 veranschlagt:
Mietsteuer | 12,500 Mill. M. |
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Haussteuer | 5,700 " " |
Hundesteuer | 0,403 " " |
Gemeinde-Einkommensteuer | 15,866 " " |
Braumalzsteuer-Zuschlag | 0,580 " " |
Zusammen | 35,049 Mill M. |
Es entfallen im ganzen 21,15 M. auf den Kopf. Die Gemeinde-Einkommensteuer zahlten 478183 Personen und kam mit 70 Proz. zur Erhebung.
Hundesteuer wurde für 30396 Hunde erhoben; daneben waren steuerfrei 3712 Hunde. Vom ab ist die Hundesteuer von 9 M. auf 20 M. jährlich für jeden Hund erhöht worden.
Die städtischen Werke liefern von Jahr zu Jahr höhere Erträge (1891/92: 8,293 Mill. M., darunter die Gaswerke allein 5,186 Mill.), so daß die städtische, bisher in gleicher Höhe wie die des Staates erhobene Einkommensteuer nicht erhöht zu werden braucht. Nachdem jedoch das Polizeikostengesetz vom in Kraft getreten ist, mußten per 1893/94 für Polizeikosten, Feuerlösch- und Telegraphenwesen schon 5502614 M. (2698139 M. mehr als im Vorjahr) zum Etat gebracht werden, und die Einverleibung der Vororte wird weitere sehr erhöhte Anforderungen an die Stadt Berlin stellen. Die Gemeinde-Einkommensteuer war veranschlagt auf 1889/90: 15,745, 1890/91: 17,464, 1891/92: 17,935, 1892/93: 15,866, 1893/94: 21,585 Mill. M.
Der Reinertrag der Wasserwerke stellt sich auf 2254320 M., des Centralviehhofs 370757 M. Die Schlachthäuser dürfen nach den bestehenden Vorschriften keine Einnahmequelle bilden, und die Ergebnisse der Markthallenverwaltung sind noch zu neu, um über die Einnahmen schon jetzt eine Schätzung zu gestatten. Die städtische Kanalisation erfordert noch 1,355 Mill. M. Zuschuß, obgleich die Verwaltung der Rieselfelder, welche bisher die Selbstkosten nicht deckten, mit einem Reinertrag von 98670 M. in Rechnung gestellt werden konnte.
Die städtische Sparkasse hatte (Ende 1891) ein Gesamtvermögen von 138595305,30 M. Sparkassenbücher waren ausgegeben 434021, und die Forderung der Interessenten betrug 131204278,58 M.; auf ein Buch entfielen demnach 302,30 M.
Im allgemeinen lebt man in Berlin billiger als in andern Großstädten und sogar billiger als in Paris. 1892/93 entfielen an städtischen, Staatssteuern und sonstigen Gefällen durchschnittlich auf den Kopf der Bevölkerung in Berlin 41,24 M., in Paris inkl. der Staatsabgaben 71,97 Frs. Der Etat der Stadt Paris für 1892 betrug in Einnahme und Ausgabe (inkl. Staatsabgaben und 107750475 Frs. Stadtschuld) 290,007 Mill. Frs., derjenige von Berlin für 1892/93: 80,058 Mill. M., zu welchen jedoch noch 34,088 Mill. M. Staatssteuern hinzutreten. In Paris trafen in demselben Jahre auf die Schuldenverwaltung 107,750 Mill. Frs., in Berlin als eigentliche Kämmereischuld 39,478 Mill. M. ^[]
Behörden. Reichsbehörden. Berlin ist Sitz aller Reichsbehörden mit Ausnahme des Reichsgerichts (Leipzig) und des Oberrechnungshofs (Potsdam). Preuß. Hof- und Staatsbehörden: Ministerium des königl. Hauses, sämtliche oberste Hofämter, das Heroldsamt, Hausarchiv, Hofjagdamt, Geheime Civil- und das Geheime Militärkabinett, die Hofkammer und die Generalintendantur der königl. Schauspiele; die beiden Häuser des Landtags (Herren- und Abgeordnetenhaus), sämtliche Ministerien des Königreichs Preußen, Staatsrat, Staatsschuldenkommission, Evangelischer Oberkirchenrat, Königl.
Geheimes Staatsarchiv. Militärbehörden: Generalauditoriat, Generalmilitärkasse, Großer Generalstab, Oberkommando in den Marken, Landesverteidigungskommission, Generalinspektionen der Artillerie, des Ingenieur- und Pionierkorps und der Festungen, der Gewehrfabriken, Inspektionen der militär. Strafanstalten, des Militärveterinärwesens, des Militärerziehungs- und Bildungswesens, der Infanterie- und der Kriegsschulen, das Invalidenhaus, die Obermilitärexaminationskommission, Obermilitärstudienkommission, Gouvernement, die Kommandantur, das Artilleriedepot, die Generalkommandos des Garde- und des 3. Armeekorps, die Kommandos von 2 Gardeinfanterie- und 1 Gardekavalleriedivision sowie von 3 Infanterie-, 2 Kavalleriebrigaden und der Gardefeldartilleriebrigade.
Provinzialbehörden: Die Landratsämter der Kreise Niederbarnim und Teltow. Die fürstbischöfl. Delegatur Berlin umfaßt die Mark Brandenburg und die Provinz Pommern mit 7 Archipresbyteriaten (Berlin, Köslin, Frankfurt a. O., Potsdam, Stettin, Stralsund, Wittenberge), 942 Welt- und 3 Ordenspriestern (Barmherzige Brüder), 740 Pfarreien und Seelsorgerstellen. Gerichtsbehörden: Ein Oberlandesgericht mit dem Titel Kammergericht (Landgerichte Berlin Ⅰ, Berlin Ⅱ, Cottbus, Frankfurt a. O., Guben, Landsberg a. d. Warthe, Neuruppin, Potsdam, Prenzlau), 2 Landgerichte mit je einem Amtsgericht und 9 Kammern für Handelssachen. 1892 fungierten beim Kammergericht 1 Präsident, 10 Senatspräsidenten, 52 Kammergerichtsräte;
Landgericht Ⅰ 1 Präsident, 22 Direktoren, 64 Räte, 21 Landrichter;
Amtsgericht Ⅰ 70 Räte, 45 Amtsrichter;
Landgericht Ⅱ 1 Präsident, 4 Direktoren, 7 Räte, 12 Landrichter;
Amtsgericht Ⅱ 11 Räte, 10 Amtsrichter.
Eisenbahnbehörden. Zu der königlich preuß. Eisenbahndirektion Berlin (3193,83 km Eisenbahnlinien) gehören die Betriebsämter Berlin O (270,94 km), Berlin NW (Stadt- und Ringbahn, 104,18 km), Breslau Ⅰ (270,62 km), Breslau Ⅱ (324,89 km), Cottbus (406,32 km), Görlitz (349,77 km), Guben (458,74 km), Stettin Ⅰ (311,66 km), Stettin Ⅱ (294,13 km) und Stralsund (402,58 km). Ferner bestehen in Berlin Betriebsämter der Direktionsbezirke Altona mit 363,75 km, Bromberg mit 249,43 km, Erfurt mit 415,89 km, Frankfurt a. M. mit 177,49 km, Magdeburg mit 427,69 km und 175,41 km. Zur Oberpostdirektion Berlin für die Städte und Charlottenburg, den Vorort Westend und einige andere Ortschaften des Reg.-Bez. Potsdam gehören 176 Verkehrsanstalten und 42 Rohrpostämter. Die Länge der Linien des Stadtfernsprechnetzes beläuft sich auf 902,84 km, die der Leitungen auf 44281,58 km. Die Länge der Telegraphenlinien erstreckt sich auf 473,405 km, die der Leitungen auf 3553,215 km.
Unterrichts- und Bildungswesen. Die Akademie der Wissenschaften hat in Berlin ihren Sitz.
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Hochschulen und höhere Bildungsanstalten. Die 1810 errichtete Friedrich-Wilhelms-Universität hat (1892) 82 ord., 7 ord. Honorar-, 88 außerord. Professoren, 138 Privatdocenten, 2 Lektoren, 3 Lehrer der Zahnheilkunst und 3 Sprachlehrer. Immatrikuliert waren (1892) 5371 studierende (3764 Preußen, 928 andere Deutsche, 464 andere Europäer, 215 Nichteuropäer), davon 707 der theol., 1595 der jurist., 1410 der mediz. und 1659 der philos. Fakultät Angehörige.
Berechtigt zum Hören der Vorlesungen waren außerdem 320 Personen; auch sind dazu berechtigt die Studierenden der militärärztlichen Bildungsanstalten und der übrigen Hochschulen. An der Kriegsakademie lehrten (1892) 21 Militär- und 18 Civillehrer; kommandiert waren 302 studierende Offiziere; ferner bestehen die vereinigte Artillerie- und Ingenieurschule (21 militärische, 12 Civillehrer, 226 Offiziere) in Charlottenburg, das Pädagogische Seminar für gelehrte Schulen, das kaiserl. Statistische Amt, das preuß. Statistische Bureau mit Seminar, die militärärztlichen Bildungsanstalten (Friedrich-Wilhelms-Institut und Medizinisch-Chirurgische Akademie mit 264 Studierenden), die königl. Technische Hochschule Berlin-Charlottenburg (133 Lehrer, 1380 Studierende), die Geologische Landesanstalt und Bergakademie (17 Lehrer, 104 Studierende), Landwirtschaftliche Hochschule (28 Lehrer, 318 Studierende), Hochschule für Musik (41 Lehrer, 232 Studierende), königl. akademische Hochschule für die bildenden Künste (24 Lehrer, 230 Studierende), die Tierärztliche Hochschule (18 Lehrer, 453 Studierende), das Seminar für orient.
Sprachen (101 Hörer, darunter 47 Studenten), das Physikalische, Zoologische, Pflanzenphysiologische, Pharmakologische, Pathologische, Physiologische, Geographische, Botanische, Technologische, sowie je 2 chem. und anatom. Institute, die Physikalisch-Technische Reichsanstalt, die Institute für theoretische Physik und Infektionskrankheiten sowie 14 Seminare mit fachwissenschaftlichen Lehrapparaten und Bibliotheken; die königl. Sternwarte, wo Galle den von Leverrier in Paris berechneten Neptun fand, das kaiserl. Deutsche Archäologische Institut, das Hygieine-Laboratorium, die mit dem Charitékrankenhause in Verbindung stehenden klinischen Institute, die vereinigten Universitätskliniken, die königl. Universitätsfrauenklinik, die Medizinische Klinik und Poliklinik der Universität, die königl. Chemisch-Technische Versuchsanstalt, die Praktische Unterrichtsanstalt für Staatsarzneikunde, das Zahnärztliche Institut der Universität, die Poliklinik für Hals- und Nasenkrankheiten, das königl. Pädagogische Seminar für höhere Schulen, das Meteorologische, Kartographische und das Geodätische Institut mit dem Centralbureau der Internationalen Erdmessung, das königl. Hebammeninstitut, das Domkandidatenstift, die Militär- (Central-) Turnanstalt, die königl. Turnlehrerbildungsanstalt, die von der Gesellschaft für das Studium der neuern Sprachen gegründete Akademie für moderne Philologie, die Hochschule für die Wissenschaft des Judentums, das Rabbinerseminar, das Theologische Seminar der franz. Kolonie, das Seminar für Missionare, das Victorialyceum für Damen.
Bibliotheken und andere wissenschaftliche Sammlungen. Die 1659 gegründete königl. Bibliothek (800000 Bände, 24000 Handschriften, darunter Luthers hebr. Bibel mit Randbemerkungen, der «Codex Wittekindi», eine Evangelienhandschrift des 8. Jahrh., Beethovens Originalpartitur der 9. Symphonie, die Luftpumpe Ottos von Guericke u. a.), weiter die Bibliotheken des Großen Generalstabs, des preuß. Statistischen Bureaus (100000 Bände), der Bergakademie, der Technischen Hochschule, des Reichstags, des kaiserl. Statistischen Amtes, des Magistrats, des Kammergerichts, der Polytechnischen Gesellschaft, der Gesellschaft für Erdkunde, verschiedener Vereine u. s. w. Von Sammlungen sind zu erwähnen: die Sammlung physik.
Apparate, chirurg.-geburtshilflicher Instrumente und Bandagen, das Christliche Archäologische Kunstmuseum, das Botanische (über 100000 Pflanzenarten), das Anatomische Museum, die Pharmakologische, die Anatomische Sammlung, das Anatomische Theater, das Herbarium, das Festungsmodellhaus, das Landwirtschaftliche, das Handelsgeographische Museum, das städtische Schulmuseum (mit Lehrerbibliothek), das 1869 gegründete Aquarium, die königl. Musikinstrumentensammlung, der Universitäts- und der Botanische Garten.
Höhere Schulen. Über die Gymnasien giebt folgende Tabelle Auskunft:
Gymnasien | Jahr der Gründung | Lehrer | Klassen | Schüler der Gymnasialklassen | Vorklassen | Schüler der Vorklassen | Direktoren |
---|---|---|---|---|---|---|---|
Städtische:
Köllnisches | 1540 | 29 | 15 | 452 | 3 | 162 | F. Kern |
---|---|---|---|---|---|---|---|
Zum Grauen Kloster | 1574 | 31 | 15 | 559 | - | - | Dr. Bellermann |
Friedrich-Werdersches | 1681 | 29 | 15 | 405 | 3 | 121 | Dr. Büchsenschütz |
Friedrichs- | 1850 | 30 | 15 | 489 | 3 | 168 | Dr. Voigt |
Luisenstädtisches | 1864 | 34 | 15 | 502 | 3 | 175 | Dr. Müller |
Sophien- | 1865 | 29 | 15 | 461 | 3 | 152 | Dr. Dielitz |
Askanisches | 1875 | 30 | 15 | 593 | 3 | 176 | Dr. Ribbeck |
Humboldts- | 1875 | 31 | 15 | 418 | 3 | 126 | Dr. Lange |
Leibniz- | 1876 | 28 | 15 | 478 | 3 | 160 | Dr. Friedländer |
Königstädtisches | 1877 | 32 | 15 | 468 | 3 | 151 | Dr. Wellmann |
Lessing- | 1882 | 30 | 15 | 449 | 3 | 152 | Dr. Quaatz |
Königliche:
Joachimsthalsches | 1607 | 33 | 15 | 531 | - | - | Dr. Bardt |
---|---|---|---|---|---|---|---|
Französisches | 1689 | 29 | 15 | 374 | 4 | 122 | Dr. Schulze |
Friedrich-Wilhelms- | 1747 | 32 | 18 | 802 | 6 | 240 | Dr. Nötel |
Wilhelms- | 1858 | 37 | 18 | 753 | 5 | 207 | Dr. Kübler |
Luisen- | 1882 | 33 | 18 | 725 | 6 | 277 | G. Kern |
Prinz Heinrichs- | 1890 | 16 | 8 | 266 | 3 | 160 | Dr. Richter |
Das Joachimsthalsche Gymnasium hat ein Alumnat mit 120 Alumnen und 40 Pensionären. Die Zöglinge des evang. Erziehungsinstituts Paulinum besuchen ein Gymnasium und erhalten Pflege und Erziehung in der Anstalt. Ferner bestehen: das königl. Realgymnasium, 1747 gestiftet (Direktor Dr. Simon, 30 Lehrer, 15 Klassen, 666 Schüler), das Königstädtische Realgymnasium (1832 eröffnet, Direktor Dr. Vogel, 31 Lehrer, 15 Klassen, 560 Schüler, 4 Vorklassen, 189 Schüler), das Friedrichs- (1850 eröffnet, Direktor Dr. Gerstenberg, 31 Lehrer, 14 Klassen, 430 Schüler, 3 Vorklassen, 112 Schüler), das Luisenstädtische (1836 eröffnet, Direktor Dr. Foß, 31 Lehrer, 14 Klassen, 493 Schüler, 4 Vorklassen, 211 Schüler), das Dorotheenstädtische (1836 eröffnet, Direktor Dr. Schwalbe, 35 Lehrer, 15 Klassen, 611 Schüler, 3 Vorklassen, 144 Schüler), das Sophien- (1868 eröffnet, Direktor Martus, 30 Lehrer, 15 Klassen, 516 Schüler, 3 Vorklassen, 178 Schüler), das Andreas- (1833 eröffnet, Direktor Dr. Bolze, 31 Lehrer,
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15 Klassen, 608 Schüler, 3 Vorklassen, 178 Schüler) und das Falk-Realgymnasium (1880 eröffnet, Direktor Dr. Bach, 32 Lehrer, 15 Klassen, 647 Schüler, 3 Vorklassen, 177 Schüler); die Friedrich-Werdersche Gewerbeschule (Oberrealschule), die Luisenstädtische Oberrealschule, 11 städtische Realschulen und eine Handelsschule, die mit einer Vorschule für höhere Lehranstalten verbunden ist.
Andere Schulen und Anstalten. Ein Lehrerseminar, ein Lehrerinnenseminar, eine israel. Lehrerbildungsanstalt, eine Seminarpräparandenanstalt, 8 öffentliche (darunter 6 städtische) und 49 private höhere Mädchenschulen, 10 öffentliche und 11 private höhere Knabenschulen, je 6 Mittel- und Elementarknaben- und Mädchenschulen und 201 Gemeindeschulen mit 3271 Klassen, 87226 Knaben und 89203 Mädchen (die Gemeindeschulen erfordern einschließlich von 201 Schülerbibliotheken für 1893/94 eine Ausgabe von 9406077 M.), 2 städtische Waisenschulen, 1 städtische Schule für verwahrloste Kinder, je eine in der Idiotenanstalt zu Dalldorf und im städtischen Obdach, 17 anderweite, teilweise gemischte Schulen für Knaben und Mädchen; endlich noch 6 Stiftungsschulen, 1 städtische Taubstummenschule, 1 Blindenschule, 12 städtische Fortbildungsschulen für Jünglinge, 6 für Mädchen und 1 für Taubstumme, 16 städtische Fachschulen, je 1 Webeschule, Handwerker- und Baugewerkschule, je 1 israel. Knaben- und Mädchenschule. An Unterhaltungskosten für 1893/94 sind für die Blinden- und Taubstummenschule 80692 M., für das Fortbildungs-Unterrichtswesen und die Volksbibliotheken 359869 M., das gewerbliche Unterrichtswesen 281260 M., für die Turnhallen (mit Einschluß von 16940 M. für die Spielplätze der Jugend) 220704 M. veranschlagt.
Am wurden die Berliner Schulen (mit Ausschluß der Hochschulen) von 115477 Knaben und 110446 Mädchen besucht; davon entfielen 207244 auf öffentliche und 18679 auf Privatschulen.
1893 wurde ein Frauengymnasium eröffnet.
Zu diesen Anstalten kommen hinzu 12 städtische Turnhallen, 6 öffentliche Spielplätze für die Jugend und 27 Volksbibliotheken.
Unter den von Vereinen geleiteten Anstalten wirken das Deutsche Gewerbemuseum und der Berliner Handwerkerverein besonders für wissenschaftliche und Kunstbildung der Gewerbetreibenden.
Kunstinstitute. Außer den oben (unter Weltliche Bauten) angeführten Museen sind noch hervorzuheben: das 1874 begründete Märkische Provinzialmuseum (Direktor Stadtrat Friedel), eine etwa 80000 Nummern umfassende Sammlung von Altertümern aller Art, wichtig für die Kulturgeschichte der Mark Brandenburg von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Das Beuth-Schinkel- und Architekturmuseum (in der Technischen Hochschule) enthält den künstlerischen Nachlaß Schinkels sowie die hinterlassene Sammlung Beuths;
das Rauch-Museum fast sämtliche Werke des Meisters in Modellen oder Gipsabgüssen;
ferner das Museum für deutsche Volkstrachten, 1889 aus Privatmitteln gegründet, das 1886 eröffnete Hygieinemuseum, dessen Grundstock die Sammlung der Berliner Ausstellung für Hygieine und Rettungswesen (1883) bilden;
beide in der ehemaligen Gewerbeakademie.
Die Akademie der Künste (300 Studierende), zum Teil in die Bauakademie übergesiedelt; die 1877–80 von Gropius und Schmieden gebaute Kunstgewerbeschule (Direktor Professor Ewald) mit mehrern Ateliers. Von Privatgalerien ist bedeutend die Ravenésche Gemäldegalerie, mit neuern deutschen und franz. Bildern. – Von den Ausstellungen, insbesondere Kunstausstellungen (s. d.), ist zunächst zu erwähnen, daß das von der Stadtbahn durchschnittene Gebiet westlich vom Lehrter Bahnhof 1879 der Berliner Gewerbeausstellung, 1883 der Hygieineausstellung, 1889 der Allgemeinen Deutschen Ausstellung für Unfallverhütung zum Schauplatz gedient hat. Das in Glas und Eisen, mit einer gewaltigen Hauptkuppel versehene Hauptgebäude (Konstruktion von Scharowsky, Architektur von Kyllmann und Heyden) ist 1884 vom Staat angekauft und zum Landesausstellungsgebäude (s. Tafel: Ausstellungsgebäude Ⅱ, [* ] Fig. 6) bestimmt; 1886 fand in demselben die Jubiläumsausstellung der Akademie der Künste, im Frühjahr 1890 eine Gartenbauausstellung, 1891 die Internationale Kunstausstellung statt.
Sonst finden dort alljährlich die Ausstellungen der Akademie der Künste statt. Den zugehörigen Ausstellungspark, im Sommer als Konzertgarten benutzt, schmückt auf der Westseite eine 1886 hergestellte Nachbildung der Ostfront des Zeustempels zu Olympia; das Innere desselben wird zur Aufstellung von Panoramen (s. unten) verwendet. Daneben das von der Gesellschaft Urania 1889 eröffnete Wissenschaftliche Theater, in dem Vorträge über Erd- und Himmelserscheinungen gehalten werden, mit einer dem Publikum zugänglichen Sternwarte.
Ausstellungen von Bildwerken finden außerdem statt im königl. Akademiegebäude, im 1876 vollendeten Architektenvereinshaus (seit 1887) vom Verein Berliner Künstler und in den verschiedenen Kunstsalons (namentlich Fr. Gurlitt und Ed. Schulte). Von Panoramen besitzt Berlin mehrere: das 1881 eröffnete Nationalpanorama in der Nähe des Königsplatzes;
im Ausstellungspark ehedem das Panorama: Pergamon (1883);
Brand von Rom unter Kaiser Nero (1886);
dann: Kaiser Wilhelms Ⅱ. Ankunft in Konstantinopel;
am Westrande des Thiergartens das Panorama: Jerusalem und die Kreuzigung, von Piglheim, und dann (bis 1894): Neapel mit dem Golf und dem Vesuv;
am Alexanderplatz das Sedanpanorama, von A. von Werner und Bracht, und am Lehrter Bahnhof das Marinepanorama (1894).
Viel besucht werden auch Castans Panoptikum und das Passagepanoptikum. Von den der Musik gewidmeten Instituten, die in Berlin eine reiche Pflege findet, sind außer der königl. Hochschule für Musik zu erwähnen: der Konzertsaal im Opernhause, mit den Sinfoniesoireen der königl. Kapelle;
die von Fasch (gest. 1800) gestiftete Singakademie, unter Leitung Blumners, in der auch die Joachimschen Streichquartette stattfinden;
die Philharmonie, 1888 von Schwechten umgebaut, mit den Konzerten des philharmonischen Orchesters und den hervorragendsten Musikaufführungen überhaupt;
der «Saal Bechstein» und das Konzerthaus, mit den Konzerten der Meyderschen (früher Bilseschen) Kapelle. ^[]
Theater. hat 15 größere Theater für Schau- und Lustspiel, Oper und Operette: königl. Opernhaus (1650 Plätze, Oper und Ballett);
königl. Schauspielhaus (1120 Plätze);
Deutsches Theater (980 Plätze), 1883 neu eröffnet;
Berliner Theater (1600 Plätze; letztere drei für Trauer-, Schau- und Lustspiel);
Lessing-Theater (1200 Plätze, modernes Schau- und Lustspiel);
Schiller- (bis 1894 Wallner-) Theater (1300 Plätze, Schauspiel), 1868 erbaut;