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Einen Überblick über diesen Bevölkerungsaustausch giebt folgende Tabelle:
Provinzen | Am waren | |||
---|---|---|---|---|
aus den nebenbezeichneten Provinzen Geborene in Berlin anwesend | geborene Berliner in den nebenbezeichneten Provinzen anwesend | |||
männlich | weiblich | männlich | weiblich | |
Ostpreußen | 32579 | 38763 | 1072 | 954 |
Westpreußen | 26290 | 31592 | 1459 | 1110 |
Brandenburg | 131007 | 156533 | 42534 | 42187 |
Pommern | 43774 | 58162 | 2810 | 2843 |
Posen | 36231 | 40645 | 2408 | 1393 |
Schlesien | 64357 | 59157 | 3452 | 3763 |
Sachsen | 38914 | 38362 | 4525 | 4081 |
Schleswig-Holstein | 2895 | 1991 | 1354 | 853 |
Hannover | 6479 | 4039 | 1596 | 1118 |
Westfalen | 5165 | 2540 | 946 | 699 |
Hessen-Nassau | 4125 | 2314 | 1083 | 958 |
Rheinland | 8613 | 4898 | 2263 | 1799 |
Hohenzollern | 92 | 39 | 8 | 7 |
Zusammen | 400521 | 439035 | 65510 | 61765 |
Dieser starke Zuzug aus den preuß. Provinzen zusammen mit den Nachwirkungen der Einwanderung von Franzosen, Niederländern und Pfälzern im 17. und 18. Jahrh. verleiht der Bevölkerung [* 2] den Charakter einer Mischbevölkerung, die etwa zu 35 Proz. german., zu 36 Proz. roman., zu 24 Proz. slaw. und zu 5 Proz. israel. Abkunft sein soll.
Der Staatsangehörigkeit nach waren 1885: 1264956 (603562 männl. und 661394 weibl.) Preußen, [* 3] 36089 (20213 männl. und 15876 weibl.) aus dem übrigen Deutschland, [* 4] 14207 Reichsausländer und 35 Personen ohne Angabe. 1890 waren 1560928 (748981 männl. und 811947 weibl.) Reichsangehörige und 17704 Reichsausländer, darunter 7295 Österreicher, 920 Ungarn, [* 5] 2416 Russen, 1173 Engländer, 397 Franzosen und 1462 Nordamerikaner.
Bewegung der Bevölkerung. 1892 fanden 52442 Geburten (einschließlich 1518 Totgeborenen), 16999 Eheschließungen und 34214 Sterbefälle statt.
Verteilung der Bevölkerung auf die Stadtteile. Es kamen 1890 auf: Ⅰ. Berlin [* 6] 23507, Alt-Kölln 12483, Friedrichswerder 5636 und Dorotheenstadt 16364;
Ⅱ. Friedrichsstadt 68136;
Ⅲ. Untere Friedrichsvorstadt und Schöneberger Vorstadt 101439;
Ⅳ. Obere Friedrichsvorstadt und Tempelhofer Vorstadt 158646;
Ⅴa. Westliche Luisenstadt jenseit des Kanals 104223;
Ⅴb. Östliche Luisenstadt diesseit des Kanals 73533;
Ⅵ. Luisenstadt diesseit des Kanals 123878 und Neu-Kölln 6428;
Ⅶa. Westliches Stralauer Viertel 108757;
Ⅶb. Östliches Stralauer Viertel 84744;
Ⅷ.Königsviertel 91611;
Ⅸ. Spandauer Viertel 78953;
Ⅹa. Südliche Rosenthaler Vorstadt 93454;
Ⅹb. Nördliche Rosenthaler Vorstadt 82411;
Ⅺ. Oranienburger Vorstadt 121015;
Ⅻ. Friedrich-Wilhelmsstadt 20643, Thiergarten 10314 und Moabit 93463;
ⅩⅢ. Wedding 95375;
außerdem wohnten auf dem Wasser 3781.
Ehrenbürger sind Fürst Bismarck, Professor Virchow und Professor Koch.
Wohnungen. Haushaltungen. 1890 wurden gezählt 27839 bewohnte, 25 unbewohnte Wohnhäuser, [* 7] 926 hauptsächlich oder gewöhnlich nicht zu Wohnzwecken dienende Gebäude, 42 feststehende Hütten, [* 8] Bretterbuden, Zelte u. a., 1184 Schiffe, [* 9] zusammen 30017 zur Wohnung dienende oder bestimmte Gebäude, 345028 gewöhnliche Haushaltungen von 2 und mehr Personen, 7508 männl. und 15569 weibl. einzeln lebende Personen mit eigener Hauswirtschaft, 922 Anstalten für gemeinsamen Aufenthalt, mit 43926 (32501 männl., 11425 weibl.) Insassen, im ganzen 369027 Haushaltungen und Anstalten. Die Zahl der leer stehenden Wohnungen betrug 26186.
Konsum. Die Bevölkerung verzehrt jährlich etwa 110990000 kg Fleisch, darunter 171100 kg Pferdefleisch; auf den Kopf 76,9 kg, ferner auf den Kopf 14,42 kg Fische, [* 10] 14,87 Weizen, 118,91 Roggen, 16,10 Mehl [* 11] und Mühlenfabrikate, 73,84 Kartoffeln, 2,17 Reis, 34,62 Gemüse, 7,51 Wein, 23,76 Spiritus, [* 12] Branntwein und Essig, 194,24 l Bier.
In Garnison liegen das 2., 3. und 4. Garderegiment zu Fuß, Gardefüsilierregiment, Kaiser-Alexander- und Kaiser-Franz-Gardegrenadierregiment Nr. 1 und 2, Gardekürassierregiment, 1. Gardedragonerregiment Königin von Großbritannien [* 13] und Irland, 2. Gardedragoner-, 2. Gardeulanen-, 1. Gardefeldartillerieregiment, 1., 2. und 3. Abteilung des 2. Gardefeldartillerieregiments, Gardepionier-, Gardetrainbataillon, 1. und 2. Eisenbahnregiment nebst Luftschifferabteilung.
Der 1822 eingerichtete weitere Polizeibezirk, welcher ungefähr den einmeiligen Umkreis um die alte Ringmauer umfaßte, enthält schon eine Anzahl Vororte. In neuerer Zeit ist der Einfluß der Zunahme von Berlin noch erheblich über diesen Bezirk hinausgegangen und z. B. vom südlichsten Dorfe desselben, von Britz aus, ist die ganze Reihe der nach W. liegenden Ortschaften Mariendorf, Lankwitz, Groß-Lichterfelde, Zehlendorf, Wannsee, also bis gegen Potsdam [* 14] hin und ebenso nach O. Johannisthal, Adlershof, Cöpenick [* 15] und Friedrichshagen, nach N. Malchow gewissermaßen zu Berliner [* 16] Vororten geworden, wozu im W. noch Charlottenburg [* 17] kommt. Folgende Tabelle giebt die Einwohnerzahlen des wirtschaftlichen Weichbildes von Groß-Berlin und seiner einzelnen Bestandteile in dem angedeuteten erweiterten Sinne:
Vororte | 1880 | 1885 | 1890 | Zunahme in Prozenten | |
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1880/85 | 1885/90 | ||||
Boxhagen-Rummelsburg und Lichtenb. Kietz. | 4647 | 6122 | 11038 | 31,74 | 80,30 |
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Weißensee m. Neu-Weißensee | 4716 | 8510 | 19804 | 80,45 | 132,71 |
Stralau | 675 | 737 | 1262 | 9,19 | 71,23 |
Lichtenberg mit Friedrichsberg, Wilhelmsberg | 12634 | 15844 | 22905 | 25,41 | 44,57 |
Tegeler Forst und Plötzensee | 2997 | 3108 | 3094 | 3,70 | -0,45 |
Friedrichsfelde m. Carlshorst | 3212 | 3755 | 5563 | 16,91 | 48,15 |
Tegel | 1319 | 1731 | 2148 | 31,24 | 24,09 |
Reinickendorf. | 5127 | 7219 | 10064 | 40,80 | 39,41 |
Ober-Schönweide | 170 | 178 | 159 | 4,71 | -10,67 |
Wuhlheide und Oberf. Cöpenick | 61 | 61 | 52 | - | -14,75 |
Hohen-Schönhausen | 1019 | 1180 | 1453 | 15,80 | 23,14 |
Pankow | 3769 | 5061 | 6998 | 34,28 | 38,27 |
Heinersdorf | 439 | 512 | 502 | 16,63 | -1,95 |
Nieder-Schönhausen m. Schönholz | 2076 | 2457 | 2917 | 18,35 | 18,72 |
Biesdorf | 724 | 719 | 768 | -0,69 | 6,82 |
Überh. vom Kreise Nieder-Barnim | 43585 | 57194 | 88727 | 31,22 | 55,13 |
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Vororte | 1880 | 1885 | 1890 | Zunahme in Prozenten |
---|---|---|---|---|
1880/85 | 1885/90 | |||
Linkes Spree-Ufer:
Spandauer Spitze | 115 | 122 | 168 | 6,09 | 37,70 | |
---|---|---|---|---|---|---|
Paulsborn, Hundekehle, Grunewald | 140 | 322 | 368 | 130,00 | 14,29 | |
Schöneberg | 11180 | 15872 | 28721 | 41,97 | 80,95 | |
Bellevue u. Thiergarten | 89 | - | - | - | - | |
Treptow | 803 | 1178 | 1780 | 46,70 | 51,10 | |
Tempelhof und Hasenheide | 3019 | 3522 | 5248 | 16,66 | 49,01 | |
Schmargendorf | 468 | 657 | 1591 | 40,38 | 142,16 | |
Deutsch-Wilmersdorf | 2911 | 3616 | 5164 | 24,22 | 42,81 | |
Rixdorf | 18729 | 22775 | 35702 | 21,60 | 56,76 | |
Steglitz | 6476 | 8501 | 12530 | 31,27 | 47,39 | |
Friedenau | 1302 | 2137 | 4211 | 64,13 | 97,05 | |
Dahlem | 139 | 149 | 174 | 7,19 | 16,78 | |
Britz | 3361 | 4146 | 5494 | 23,36 | 32,51 | |
Nieder-Schöneide m. Kanne | 494 | 974 | 1769 | 97,17 | 81,62 | |
Überh. vom Kreise Teltow | 49226 | 63971 | 102920 | 29,95 | 60,89 | |
Stadt Charlottenburg | 30562 | 42371 | 76873 | 38,64 | 81,43 | |
Überh. Teltower Seite | 79788 | 106342 | 179793 | 33,28 | 69,07 | |
Überh. Umgegend von Berlin | 123373 | 163536 | 268520 | 32,55 | 64,20 | |
Berlin | 1122330 | 1315287 | 1578794 | 17,19 | 20,03 | |
Berlin m. (1 Meile) Umgegend | 1245703 | 1478823 | 1847314 | 18,71 | 24,92 |
So wird allerdings der Begriff Groß-Berlin künftig im weitern Sinne gefaßt werden müssen als bisher und wiederum ein abgerundetes Gebiet an Stelle des bisher angenommenen zu setzen sein, obwohl der wirtschaftliche Einfluß sich keineswegs auf ein solches beschränkt noch beschränken wird. Eine wesentliche Unterstützung findet diese Entwicklung in dem Vorortverkehr der Berliner Stadt- und Ringbahn (s. d.) mit ihren geringen Fahrpreisen. Die Frage der Einverleibung der Vororte ist 1895 noch nicht zum Abschluß gelangt.
Berlin zerfällt (1893) in 6 Reichstagswahlkreise:
Wahlkreis | Wahlberechtigte | Abgeordnete | Partei |
---|---|---|---|
I | 20169 | Dr. Langerhans | Freisinnige Volkspartei |
II | 75347 | Fischer | Socialdemokrat |
III | 32570 | Vogtherr | " |
IV | 93036 | Singer | " |
V | 31244 | Rob. Schmidt | " |
VI | 121564 | Liebknecht | " |
Von den 4 Landtagswahlkreisen wählt der erste Kreis [* 19] (innere Stadt) 3, die übrigen je 2 Abgeordnete (1893 sämtlich solche der freisinnigen Volkspartei).
Äußere Anlage. Berlin macht im ganzen einen jugendlichen Eindruck; Straßendurchbrüche lassen im Innern immer mehr die baulichen Reste früherer Zeiten verschwinden; andere Teile haben durch eine überaus rege private Bauthätigkeit seit 1870 ein völlig verändertes prächtigeres Aussehen erhalten und zugleich, zumal in der Friedrichsstadt, den Charakter einer Geschäftsstadt angenommen, während die stetig wachsenden äußern Viertel in ihren Mietskasernen die Masse der Einwohner beherbergen.
Für die Stadtbeschreibung sind die Wasserläufe der Spree maßgebend. Von SO. (Stralau-Rummelsburg) kommend, tritt der Fluß mit breiter Fläche in das Stadtgebiet ein (Nullpunkt des Pegels 30,87 m über der Ostsee), behält seine nordwestl. Richtung bis zur Jannowitzbrücke bei, bis wohin die Spree mit Dampfschiffen befahren wird, bildet unterhalb der Waisenbrücke ein breites Becken und teilt sich in zwei parallele, erst westlich, dann nordwestlich fließende Arme.
Der nördlichere Arm fließt am Mühlendamm vorbei, unter der Langen, Kaiser-Wilhelms- und Friedrichs-Brücke hindurch, und vereinigt sich kurz vor der Ebertsbrücke mit dem südlichern Arm, der u. a. unter der Gertraudtenbrücke und, nachdem er bei der Werderbrücke die Schleuse passiert, unter der Schloßbrücke hindurchfließt. So wird durch diese beiden Flußarme eine Stadtinsel abgeteilt, auf der einige der hervorragendsten Bauten, wie das königl. Schloß, der Dom und auf der sog. Museumsinsel das Alte und Neue Museum sowie die Nationalgalerie (s. unten) ihren Platz gefunden haben.
Bei der Weidendammer Brücke [* 20] beginnt dann wieder (in der Richtung nach Spandau [* 21] und Potsdam) die Dampfschiffahrt auf der Spree, die von jenem Punkte an, in mehrfachen Windungen, und verschiedentlich von Brücken [* 22] und den Stadtbahnbögen (zweimal) überspannt, nach W. am Thiergarten, an Moabit und Charlottenburg vorbeifließt und nach einer Gesamtlänge von 365 km bei Spandau in die Havel mündet. Ihre Länge innerhalb des Weichbildes der Stadt beträgt 11,8 km, die durchschnittliche Breite [* 23] 100–150 m. Während die Ufer bis zur Waisenbrücke meist nur Hinterhäuser, Speicher, Schuppen und Holzplätze haben und der Uferstraßen ermangeln, sind die Ufer unterwärts mit neuen stattlichen Quais, wie am Schiffbauerdamm und Kronprinzenufer, eingefaßt und mit ansehnlichen Gebäuden besetzt.
Von den Abzweigungen sind zu nennen: zunächst der Landwehr- oder Schiffahrtskanal (10,3 km). Dieser geht etwa 1 km unterhalb des Bahnübergangs (Station Treptow) links aus dem Strom ab, vereinigt sich nach etwa ½ km südwestl. Lauf mit der etwas oberhalb, ebenfalls links die Spree verlassenden Abzweigung, wendet sich dann nach WNW. bis zur Cottbuser Brücke und geht darauf im Bogen [* 24] westlich weiter, nimmt den Luisenkanal auf, fließt unter der 1874–77 umgebauten Belle-Alliancebrücke und nordwestlich unter der Schöneberger Brücke hindurch, wo er zu einem geräumigen Hafen ausgeweitet ist, und wendet sich alsdann in mehr westl. Laufe der Charlottenburger Gemarkung zu, wo er sich jenseit der Unterschleuse wieder in die Spree ergießt.
Der Luisenkanal, der etwa 2 km lang ist, verläßt den Hauptstrom bei der Schillingbrücke, wendet sich in südwärts gekehrtem Bogen westlich bis zum Engelbecken und geht dann, südsüdwestlich fließend, beim neuen Hafen in den Schiffahrtskanal. Die außer diesen größern Wasserläufen im Innern der Stadt noch vorkommenden offenen Gräben sind, weil zur Schiffahrt ungeeignet, jetzt meist zugeschüttet (wie Königsgraben, Zwirngraben, Kupfergraben). Auch die ehemals wegen ihrer Ausdünstungen berüchtigte Panke, ein Flüßchen, das durch den Gesundbrunnen und Wedding nach S. zu unterhalb der Weidendammer Brücke rechts in die Spree fließt, ist fast durchweg überwölbt. Von großer Wichtigkeit ist ferner der eröffnete Berlin-Spandauer Schiffahrtskanal (s. d.), der bei der dreigeteilten schönen Alsenbrücke die Spree verläßt, erst den Humboldthafen (2 ha) bildet, sich nordwestlich zum Nordhafen (3 ha) zieht und sich westwärts über ¶