Berg (Vorstadt und Dorf) - Berg (Friedr. Wilh. Rembert, Graf)
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zuerst an den
HerzogHeinrich IV. von Limburg,
[* 2] dessen Sohn als
GrafAdolf VI. eine 1348 aussterbende
Nebenlinie hier begründete;
durch Heirat erbte es nun Gerhard,
Graf von Jülich, dessen Sohn Wilhelm I. 1380 für Berg die Herzogswürde erhielt. Des letztern
Sohn
HerzogAdolf I. erbte nach dem
TodeHerzog Reinholds IV. von Jülich-Geldern (1423) auch Jülich. 1511 erbte
Johann III. von
Cleve
[* 3] die Herzogtümer Jülich und Berg. Als 1609 nach dem
Tode des kinderlosen
HerzogsJohann Wilhelm
Kaiser,
Rudolf
II. Miene machte, den jülich-clevischen Gesamtbesitz als erledigtes Reichsleben für Habsburg zu belegen, gelang es mit
Hilfe einer großen europ. Koalition den nächstberechtigten
Erben,
Brandenburg
[* 4] und Pfalz-Neuburg, sich
im
Lande festzusetzen.
Bald verwandelte sich ihre Eintracht durch den
Anspruch jedes Prätendenten auf das Ganze und den
Übertritt des Neuburgers
zum
Katholicismus in den bittersten Hader. Durch den vorläufigen
Vergleich von
Xanten 1614 fiel und Jülich an Neuburg.
[* 5] Dies
wurde definitiv durch den Dortmunder
Vertrag von 1666 bestätigt. Nach dem Erlöschen der neuburgischen
(1685 zur Kurwürde der Pfalz gelangenden) Linie 1742 kam an den Kurfürsten
Karl Philipp
Theodor von der sulzbachischen Linie
und nach dessen
Tode 1799 nebst den andern
Ländern an den
Herzog Maximilian
Joseph von Pfalz-Zweibrücken. Die
Verfolgungen der
Protestanten unter
Ludwig XIV. führten viele gewerbthätige Ansiedler nach Berg, die dort den
Geschmack der
franz.
Industrie in
Seide
[* 6] und
Baumwolle,
[* 7] im
Bleichen, in
Spitzen und seinen Leinen heimisch machten.
Im J. 1806 wurde an
Frankreich abgetreten. Napoleon bildete nun aus dem eigentlichen Berg, das ohne die
enklavierten Herrschaften 54-55 Q.-Meilen mit 295000 E. umfaßte, dem rechtsrhein.
Cleve und andern Gebieten das Großherzogtum
Berg (damals 98 Q.-Meilen mit 374235 E.) für seinen Schwager Joachim
Murat, der es nach seiner
Berufung auf den neapolit.
Thron
[* 8] 1808 an
Napoleon abtrat. Dieser überließ das Land unterVorbehalt der vormundschaftlichen Regierung,
dem noch unmündigen ältesten
Sohne König
Ludwigs von
Holland,
Ludwig Napoleon (dem
Bruder Napoleons III.), und zwar nach einer
schon 1808 erfolgten so beträchtlichen Erweiterung (durch das Fürstentum
Münster,
[* 9] die
GrafschaftenMark,
BentheimTecklenburg
und Lingen, die
Abteien Elten,
Essen
[* 10] und Werden), daß es ein
Areal von 315 Q.-Meilen mit 878157 E. umfaßte.
Es hatte zur Hauptstadt
Düsseldorf
[* 11] und zerfiel in die vier Departements: des Rheins (mit den
ArrondissementsDüsseldorf,
Elberfeld,
[* 12] Mülheim
[* 13] a. Rh. und
Essen), der
Sieg
(Arrondissements Dillenburg und
Siegen),
[* 14] der
Ruhr
(Arrondissements Dortmund,
[* 15]
Hagen
[* 16] und Hamm,
[* 17] Städte Duisburg,
[* 18] Ruhrort
[* 19] und Dinslaken) und der Ems
[* 20]
(ArrondissementsMünster, Koesfeld und Lingen).
Ende 1810 jedoch mußte der größte
Teil der neuen Erwerbungen an der Ems und nördlich von der Lippe
[* 21] an
Frankreich abgetreten
werden. 1813 besetzten die Alliierten das
Land und errichteten ein Generalgouvernement des Niederrheins unter Justus
Gruners
Leitung, worauf es 1815 durch den
Wiener KongreßPreußen
[* 22] zugeteilt wurde.
Vgl. Göcke, Das Großherzogtum
Berg 1806-13 (Köln
[* 23] 1877):
Harleß, Beiträge zur Kenntnis der Vergangenheit des
BergischenLandes (Düsseld. 1890);
Zeitschrift
des
Bergischen Geschichtsverein (Bd. 1-29,
Bonn,
[* 24] später Elberf. 1863-93).
1) FrüherDorf, jetzt Vorstadt
von
Stuttgart,
[* 25] mit dem es durch Pferdebahn verbunden ist, im Neckarkreis, links am
Neckar, zwischen
Cannstatt und
Stuttgart, hat (1890) 4324 E., Postzweigstelle, eine schöne, 1853-55 von Gaab erbaute got.
Kirche, ein Sommertheater und eine 1846-53 von
Leins im Renaissancestil erbaute königl. Villa; bedeutende Maschinenfabriken
und Kunstmühlen, ferner Neckar- und Mineralbäder (eisenhaltige und kohlensaure
Quellen von 15 bis 17° C.) mit zwei Badeanstalten;
endlich seit 1882 ein
Wasserwerk für
Stuttgart. In der Nähe die königl. Villa Rosenstein, 1824-29 im röm.
Stil von Salucci erbaut, mit herrlichen Gemälden, Fresken und
Statuen. - 2) Dorf im
BezirksamtMünchen
[* 26] des bayr. Reg.Bez. Oberbayern,
am östl. Ufer des
Starnberger Sees, Vergnügungsort der
Münchener, hat (1885) 226 E., königl.
Schloß und war Sommersitz König
Ludwigs II., der hier im
Starnberger See den
Tod fand. An dieser
Stelle im Schloßpark
eine Syenitsäule mit Kreuz.
[* 27]
Christen Poulsen, dän. Politiker, geb. als
Sohn eines
Bauern zu Fjaltring bei
Lemvig, erhielt nach absolviertem Seminarkursus eine Anstellung an der
Bürgerschule zu
Kolding, dann (1861-74) an der
Volkshochschule und der privaten Navigationsschule zu Bogö. 1865 begann er
als Abgeordneter für
Kolding seine parlamentarische Laufbahn. Seit 1870 war er einer der Führer der Linken und nach dem
Auseinandergehen dieser Partei (1877)Chef der radikalen Opposition, für die er seit 1881 als Redacteur
des «Morgenbladet» arbeitete. 1883 wurde er zum Präsidenten des Folketings
gewählt. 1884 bildete er im
Verein mit F. Bojsen
(Chef der frühern gemäßigten Linken) die sog. «dänische
Linke»; immer schärfer gegen das Ministerium
Estrup auftretend, rief er die Sprengung des Finanzgesetzes im März 1885 hervor.
An der folgenden Agitation nahm er lebhaft teil und zog sich 1886 eine halbjährige Gefängnisstrafe
zu. Nach seiner Freigebung erkannte ihn die gesamte Opposition als Führer an. 1887 geriet er in Streit mit seinen Mitführern,
die mit dem Ministerium verhandeln wollten. Im März 1887 trat er vom Präsidentenposten zurück und setzte
als Führer einer kleinen Gruppe im Folketing seine «Protestpolitik» fort.
Er starb in Kopenhagen.
[* 28]
Franziska, Schauspielerin, geb. zu
Mannheim,
[* 29] wo sie seit 1828 als Choristin und Vertreterin kleiner
Rollen
[* 30] wirkte, ging 1829 nach
Würzburg
[* 31] und gehörte seit 1831 dem
Dresdener Hoftheater an.Schon 1839 ging
sie in die ältern Rollenfächer der
Tragödie, bald auch des
Lustspiels über. 1889 trat sie von der
Bühne zurück und starb in
Dresden.
[* 32] Ein seelenvolles Organ, ungezwungene, plastische
Darstellung und feiner
Humor zeichneten sie aus. Zu ihren besten Rollen
gehörten Phädra, Gräfin Orsina, Lady Macbeth und Isabella (in der
«Braut von Messina»).
[* 33]
Friedr. Wilh. Rembert,
Graf (gen. Feodor Feodorowitsch), russ.
Generalfeldmarschall, geb. auf Schloß
Sagnitz in Livland,
[* 34] studierte in Dorpat
[* 35] und trat 1812 als Freiwilliger in die russ.
Armee, wo er bald Offizier und nach dem
Einzuge in
Paris
[* 36]
Kapitän im Generalstabe wurde. 1817 wurde er auf Empfehlung des
GrafenKapodistrias nach
Neapel
[* 37] gesandt, um den Karbonarismus zu beobachten, über welchen er einige damals viel gelesene
Aufsätze schrieb. Hierauf
wurde er im
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Ministerium des Auswärtigen angestellt. Alsdann trat er wieder mit Oberstenrang in die Armee zurück, unternahm 1822-24 mehrere
Expeditionen gegen die Kirgisenstämme und 1825 eine Erforschung des Aralsees. 1826 zum Generalmajor befördert, diente er 1828 und 1829 gegen
die Türken und nahm mit großer Auszeichnung an dem Feldzuge von 1831 in Polen teil. Zum Generallieutenant
und Generalquartiermeister der Armee unter dem Feldmarschall Fürsten Paskewitsch ernannt, beschäftigte er sich hierauf mit
der militär.-topogr.
Aufnahme von Polen und erhielt 1843 mit dem Range als General der Infanterie den Posten eines Generalquartiermeisters des kaiserl.
Generalstabes. Als Österreich
[* 39] 1849 die Hilfe Rußlands gegen die Ungarn
[* 40] in Anspruch nahm, ging Berg als russ.
Bevollmächtigter nach Wien
[* 41] und in das österr. Hauptquartier, wirkte im Interesse der Allianz zwischen den beiden Kaiserhöfen,
verfeindete sich aber dabei mit Paskewitsch, dessen Operationen er tadelte. Mit der österr. Grafenwürde belohnt,
lehrte er nach Petersburg
[* 42] zurück, um die unter seiner Leitung begonnenen großartigen topogr.
Arbeiten fortzusetzen. BeimAusbruch des Orientkrieges erhielt Berg 1854 den Auftrag, Neval und Esthland gegen die Flotte der Westmächte
zu verteidigen, welche jedoch keinen Angriff gegen diese Punkte unternahm. Hierauf zum Generalgouverneur und Truppenkommandanten
in Finland ernannt, bestand er das dreitägige Bombardement von Sweaborg, 8. bis das für die
Alliierten ohne Resultat blieb, und wofür ihm Alexander II. an seinem Krönungstage, den Titel eines russ. Grafen
verlieh, dem 1857 der finländ.
Grafentitel folgte. In Finland selbst aber machte sich allen freisinnigen Ideen feindlich, so unbeliebt, daß der Kaiser,
der ihm persönlich wohlwollte, ihn im Nov. 1861 von seinem Posten abrufen mußte. BeimAusbruch der Unruhen in Polen wurde er
Okt. 1863 zum Statthalter und Oberbefehlshaber der russ. Armee im Königreich ernannt, wo es ihm gelang, den Aufstand durch
strenge Maßregeln zu dämpfen. Gleichzeitig bekämpfte er das russifikarorische und demokratische System
des 1866 zum Staatssekretär für Polen ernannten Geheimrats Miljutin, wodurch er in Polen eine gewisse Popularität errang. Nachdem
Berg 1866 Generalfeldmarschall geworden war, starb er zu Petersburg. -
Günther Heinr., Freiherr von, deutscher Staatsmann und oldenb. Minister,
geb. zu Schwaigern bei Heilbronn,
[* 43] studierte 1783-86 in Tübingen
[* 44] die Rechte und ging dann nach Wetzlar
[* 45] und Wien,
um die reichsgerichtliche Praxis kennen zu lernen. 1793 wurde er als außerord. Professor nach Göttingen
[* 46] berufen und zum
Beisitzer des Spruchkollegiums ernannt, 1800 trat er als Hof- und Kanzleirat in die Justizkanzlei in Hannover
[* 47] ein und wurde zugleich Rechtskonsulent des Ministeriums.
Bei der Auflösung der hannov. Justizkanzlei durch die westfäl. Regierung trat er als Regierungspräsident in fürstlich
lippe-bückeburg. und 1815 als Oberappellationsgerichtspräsident in oldenb.
Dienste.
[* 48] Bis 1821 vertrat er die 15. stimme beim Bundestage, kehrte aber 1823 nach Oldenburg
[* 49] zurück.
Zum Geheimrat und zum zweiten Mitgliede des Kabinetts ernannt, führte er daselbst bis 1830 den Vorsitz im Oberappellationsgerichte. 1834 vertrat
er neben Oldenburg die
anhält, und schwarzb.
Fürstentümer auf den Ministerialkonferenzen in Wien. Berg wirkte für die innere Entwicklung des Landes sehr segensreich, wurde 1838 in
den österr. Freiherrenstand erhoben, 1842 zum oldenb. Staats- und Kabinettsminister ernannt und starb zu
Oldenburg. Von seinen Schriften sind hervorzuheben: «Handbuch des deutschen Polizeirechts»
(7 Bde., Hannov. 1801-9) und «Abhandlungen zur Erläuterung der Rheinischen Bundesakte» (Bd. 1, ebd. 1808).
Karl Heinr. Edmund, Freiherr von, Forstmann, Sohn des vorigen, geb. zu Göttingen,
studierte auf der Forstakademie zu Dreißigacker, bezog dann die Universität Göttingen, verließ dieselbe aber 1818, um in
Bückeburg,
[* 50] Lautenthal und Lauterberg am Harz sich zum Praktiker zu bilden. Berg trat 1820 als Auditor bei den oberharzischen Berg-
und Forstämtern zu Clausthal
[* 51] in hannov. Staatsdienste; 1821 wurde er Hilfslehrer an der daselbst neuerrichteten
Forstschule, 1824 zum Forstschreiber mit Sitz und Stimme im Kollegium und 1830 mit dem Titel Oberförster zum Referenten im
Berg- und Forstamte und Kontrolleur im Walde befördert. 1833 als Oberförster und Chef der Forstinspektion nach Lauterberg
versetzt, führte er das Privatforstinstitut seines Vorgängers von Uslar zur Ausbildung praktischer Forstmänner
fort. 1845 ging er als Oberforstrat, Direktor der Akademie für Forst- und Landwirte nach Tharandt in Sachsen.
[* 52]
Unter seiner Mitwirkung wurden 1843 der Harzer und 1847 der Sächsische Forstverein gegründet. Nachdem Berg 1866 in
den Ruhestand getreten war, starb er zu Schandau. Er schrieb: «Anleitung zum Verkohlen des Holzes»
(Darmst. 1830; 2. Aufl. 1860),
«Die Jagdfrage im J. 1848 und die deutsche Jagdgesetzgebung vom J. 1848»
(Lpz. 1849),
«Die Staatsforstwirtschaftslehre» (ebd. 1850),
«Aus dem Osten der österr. Monarchie» (Dresd.
1860),
«Pürschgang im Dickicht der Jagd- und Forstgeschichte» (ebd. 1869),
«Geschichte der deutschen Wälder» (ebd. 1871).
Ferner bearbeitete er neu Cottas «Waldbau» (7. u. 8. Aufl., Lpz. 1849, 1856) und Jesters Werk «Die
kleine Jagd» (3. u. 4. Aufl., ebd. 1848, 1859). 1846-64 leitete er die Redaktion des «Forstwissenschaftlichen
Jahrbuchs der AkademieTharandt» (Bd. 3-16, ebd.).