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Zeitschriften. Dieselben sind von 90 (Ende 1860) auf (1890) 296 gestiegen.
Litteratur. Höften, Vlämisch-Belgien (2 Bde., Brem. 1847);
Scheler, Annuaire statistique et historique belge (Brüss. 1854-68);
Houzeau, Essai d'une géographie physique de la Belgique (ebd. 1854);
Horn, Bevölkerungswissenschaftliche Studien aus Belgien, [* 2] Bd. 1 (Lpz. 1854);
van Bruyssel, Histoire du commerce et de la marine en Belgique (3 Bde., Brüss. 1861-64);
Meulemans, La Belgique, ses ressources agricoles, industrielles et commerciales (Gent [* 3] 1865);
Jourdain, Dictionnaire de géographie historique du royaume de Belgique (Brüss. 1868-69);
van Bruyssel, L'industrie et le commerce en Belgique (ebd. 1868);
Dewalgue, Description géologique de la Belgique (1868);
Patria Belgica, hg. von E. van Bemmel (3 Bde., Brüss. 1873-75);
van Bemmel, Belgique illustrée (2 Bde., ebd. 1878-82);
Genonceaux, La Belgique physique, politique, industrielle et commerciale (ebd. 1878);
Hymans, La Belgique contemporaine (Mons [* 4] 1880);
Kips, Guide to Belgium (Lond. 1881);
Rodenberg, und die Belgier (Berl. 1881);
Hochsteyn, Dictionnaire géographique belge, contenant la nomenclature compléte des communes et hameaux (Brüss. 1882);
Wauters, La Belgique ancienne et moderne (ebd. 1882 fg.);
Joanne, Belgique (Par. 1885);
Brämer, Nationalität und Sprache [* 5] im Königreich (in den «Forschungen zur deutschen Landes- und Volkskunde», Bd. 2, Stuttg. 1887);
Leroy, Géographie génerale de la Belgique (Namur [* 6] 1889);
Penck, Das Königreich (in Kirchhoffs «Länderkunde von Europa», [* 7] Bd. 2, Wien [* 8] 1889);
Baedeker, und Holland (20. Aufl., Lpz. 1894);
Annuaire statistique de la Belgique (amtlich, erscheint jährlich).
Geschichte.
1) Ältere Geschichte bis zur Februarrevolution 1830. An der Grenze von Gallien und Germanien [* 9] bildeten zur Römerzeit die südl. Niederlande, [* 10] unter dem Namen Gallia belgica, einen Teil Galliens. Ihre Bevölkerung [* 11] war aus kelt. und einigen german. Stämmen gemischt; während die der nördl. Niederlande ausschließlich germanisch war. Unter der fränk. Herrschaft ward das german. Element im 5. und 6. Jahrh. auch in den südl. Gebieten vorherrschend. Im Vertrage von Verdun [* 12] (843) fiel das spätere Westflandern und Artois an Karl den Kahlen, die übrigen niederländ. Gebiete dagegen an das Reich Lothars.
Auch Lothar teilte das Reich unter seine Söhne. Nach dem Ausgange eines derselben, Lothars II., kam dessen Reich (Lothringen und Friesland), welches den größten Teil der spätern Niederlande umfaßte, infolge des Vertrags von Mersen (870) an Deutschland [* 13] und blieb dabei mit Ausnahme der Zeit von 911 bis 924. Seit der Auflösung des karolingischen Reichs breitete sich bis Ende des 11. Jahrh. das Lehnwesen immer mehr aus. Die einzelnen südl. Provinzen wurden Herzogtümer oder Grafschaften.
Die Grafschaft Flandern, die vor allen durch Gewerbe und Handel an Macht und Reichtum zunahm, verteidigte in langem Kampfe ihre Selbständigkeit gegen die Verschmelzung mit Frankreich. Sie kam nach dem Aussterben des Mannsstammes der flandr. Grafen (1384) an das Haus Burgund, das 1406-73 durch Heirat, Erbschaft, Kauf und Vertrag auch fast alle andern niederländ. Provinzen vereinigte, nachdem schon 1288 die brabant. Herzöge durch die Vereinigung Limburgs mit Brabant den Grund zu einer ausgedehntern Herrschaft gelegt hatten.
Die burgund. Regenten verfolgten den Plan der Gründung eines mächtigen Zwischenstaates zwischen Deutschland und Frankreich und bekämpften im Innern den demokratischen Geist der rasch aufblühenden Städte. Philipps Sohn, Karl der Kühne, unterlag aber in den Kämpfen mit Schweizern und Lothringern. Nach seinem Tode 1477 verlor seine Tochter Maria Burgundien an Frankreich, die übrigen burgund. Besitztümer, darunter die Niederlande, kamen durch ihre Heirat mit Maximilian I. an das Haus Österreich. [* 14] Maximilians Enkel, Karl V., erreichte, was die Burgunder angestrebt hatten; Flandern und Artois wurden der Oberlehnsherrlichkeit Frankreichs enthoben und 1548 mit den übrigen Niederlanden zu dem sog. Burgundischen Kreis [* 15] vereinigt, der nur in sehr lockerm Zusammenhang mit dem Deutschen Reiche blieb. (S. Niederlande.)
Mit der Thronentsagung Karls V. (1555) fielen sämtliche Niederlande an Philipp II. und sollten fortan nach Primogeniturrecht mit Spanien [* 16] vereinigt bleiben. Kaum hatte der Friede von Cateau-Cambresis 1559 den Angriffen Frankreichs ein Ziel gesetzt, als die religiösen Bewegungen der Reformation und die despotischen Eingriffe Philipps in die Rechte der Stände und Provinzen den langen Bürgerkrieg entzündeten, der mit der Unabhängigkeit der nördl. Niederlande endete, während in den südlichen, in Belgien, mit der Herrschaft Spaniens auch die des Katholicismus behauptet und befestigt wurde.
Für kurze Zeit ward Belgien durch die Cession Philipps II. 1598 an seine Tochter Isabella und deren Gemahl, Erzherzog Albrecht, ein selbständiges Reich. Es geschah manches unter dieser Regierung für die Ordnung der innern Zustände, wie z. B. durch die Sammlung der die Justizpflege betreffenden Verordnungen in dem 1611 publizierten Édit perpétuel, sowie für Hebung [* 17] der durch die Politik Philipps II. zerrütteten Industrie. Die Ehe Albrechts blieb kinderlos, und so fiel Belgien nach Albrechts Tode (1621) an Spanien zurück, wurde in den Verfall dieser Monarchie hineingerissen und in den Kriegen gegen Frankreich und Holland den ersten Angriffen bloßgestellt.
Meist auf B.s Kosten ward der Friede erkauft. Im Pyrenäischen Frieden von 1659 unter Philipp IV. kamen die Grafschaft Artois, Diedenhofen [* 18] und andere Gebiete an Frankreich. Neue Eroberungen der Franzosen, anerkannt durch den Frieden von Aachen [* 19] von 1668, rissen Lille, [* 20] Charleroi, Oudeuaarde, Kortrijk, Touruai ab, die zwar teilweise im Nimwegener Frieden (1679) an Belgien zurückfielen, wogegen dieses aber andere Gebietsteile mit Valenciennes, Nieuport, Cambrai, St.Omer, Ypern, Charlemont verlor und im Ryswijker Frieden von 1697 nur teilweise wiedererhielt.
Nach dem Abschlusse dieses Vertrags suchte die Regierung dem gesunkenen Wohlstande durch eine neue Zollgesetzgebung sowie auf andere Weise aufzuhelfen und namentlich dem Nachteile der im Interesse Hollands beschlossenen Schließung der Schelde durch Anlage von Kanälen zu begegnen. Allein diese Verbesserungen blieben infolge des langwierigen Spanischen Erbfolgekrieges ohne Erfolg. Durch den Utrechter Frieden 1713 kam an Österreich, das jedoch im sog. Barrieretraktat (s. d.) 1715 den holländ. Generalstaaten ein Besatzungsrecht in den wichtigsten Festungen an der franz. Grenze nebst andern Befugnissen einräumte, namentlich auch die fortwährende Schließung der Schelde anerkannte. Auch die 1722 ¶
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von Karl VI. gegründete Handelsgesellschaft zu Ostende [* 22] wurde 1731 dem holländ. Einflusse wieder geopfert. Die Einsetzung der österr. Verwaltung ging nicht ohne Schwierigkeiten vor sich, und der Widerstand der Brüsseler Zünfte gegen die Steuerverordnungen des Marquis de Prié, der im Namen des Statthalters Prinzen Eugen von Savoyen in an der Spitze der Regierung stand, wurde nur durch gewaltsame Maßregeln gebrochen. Die Hinrichtung des Zunftmeisters Anneessens welcher der unerbittlichen Strenge Priés zum Opfer fiel, bildet eine düstere Episode der österr. Herrschaft. Im Österreichischen Erbfolgekriege eroberten die Franzosen unter dem Marschall von Sachsen [* 23] fast das ganze Land (Schlacht bei Fontenoy), das erst durch den Aachener Frieden (1748) wieder in den Besitz Österreichs gelangte.
In der langen Friedensperiode seit dem Frieden von Aachen hob sich der Wohlstand unter der milden österr. Regierung. Es wurde 1761 eine Behörde zur Aufrechthaltung einer ordnungsmäßigen finanziellen Verwaltung eingesetzt, die sog. Jointe des administrations et affaires de subsides. Statthalter war in dieser Zeit Prinz Karl von Lothringen (gest. 1780). Maria Theresia gründete 1772 die belg. Akademie der Wissenschaften. Die Regierung Josephs II. begann unter Zwistigkeiten mit Holland, das sich zur Aufhebung des Barrieretraktats verstand (1781), worauf mehrere der wichtigsten Festungen geschleift wurden.
Dagegen scheiterten Josephs Versuche, die Freiheit der Schelde zu erzwingen (1785). Noch folgenreicher wurden seine Mißgriffe auf dem Gebiete der innern Politik. Durch seine Neuerungen verletzte er sowohl die religiösen Sympathien des Volks als die ständischen Gerechtsame, deren von ihm angelobte Aufrechthaltung die in der Joyeuse entrée für Brabant, Limburg [* 24] und Antwerpen [* 25] ausdrücklich festgesetzte Bedingung des Gehorsams war. Die Bewegung fing unter den Studierenden der streng kath. Universität Löwen [* 26] an, wo Joseph die Errichtung eines von dem Staate abhängigen Generalseminars für Geistliche verordnet hatte.
Darauf verweigerten die Staaten Brabants bis auf die Wiederherstellung der Joyeuse entrée die sog. Kontinuation der ordentlichen Steuern. Einer der hervorragendsten Führer der Mißvergnügten war der Advokat van der Noot (gest. 1827). Im Jan. 1788 fing die Regierung an gewaltsam einzuschreiten und ward der Bewegung einigermaßen Herr. Viele wanderten aus und organisierten sich militärisch im Lüttichschen und in Holland. Ihnen war es günstig, daß gerade damals England, Preußen [* 27] und Holland sich mit Joseph wegen seiner orient.
Politik im türk. Kriege (1787-92) ernstlich überworfen hatten. Eine gewaltige Aufregung rief darauf in Belgien die Nachricht von der Erstürmung der Bastille in Paris [* 28] hervor. Die Ausgewanderten fielen in ein, überrumpelten mehrere Forts und brachten den Österreichern bei Turnhout eine Niederlage bei. Am brach in Brüssel [* 29] selbst der Aufstand aus, und die österr. Garnison ward durch Kapitulation zur Räumung gezwungen. Am 26. Dez. erklärten sich die Brabanter Stande für unabhängig.
Die übrigen Provinzen folgten, konstituierten sich als «vereintes Belgien» zu einem eigenen Staate und stellten einen Kongreß an die Spitze der öffentlichen Angelegenheiten, der die von Österreich gemachten Vorschläge zur Aussöhnung zurückwies. Nur Luxemburg, wo sich die österr. Truppen zusammengezogen hatten, wurde im Gehorsam gehalten. Nach Josephs II. Tode erließ Leopold II. am eine Erklärung, worin er die Herstellung und Garantie der frühern Verfassungen verhieß.
Sein Antrag wurde verworfen. Doch lähmten innere Zerwürfnisse die Kraft [* 30] der Insurgenten. Eine mehr demokratische Partei (Vonck, van der Meersch), welche sich für die Freiheitsideen der eben ausgebrochenen Französischen Revolution begeisterte, wurde von der aristokratisch-ultramontanen Mehrheit, welche die alten Standesvorrechte und die Unabhängigkeit der geistlichen Macht aufrecht halten wollten, geradezu verfolgt; es kam sogar zu offenem Bürgerkrieg.
Darauf gelang es den österr. Truppen, auch die Provinz Limburg wieder zu besetzen. Zugleich verständigte Leopold sich wieder mit England, Preußen und Holland. Ein Kongreß im Haag [* 31] garantierte Leopold den Besitz B.s Das verstärkte österr. Armeekorps fiel gegen Ende des Nov. 1790 in ein und unterwarf dieses. Die staatsrechtlichen Zustände zu Ende der Regierung Maria Theresias wurden hergestellt, eine Amnestie verkündigt und der abermalige Widerstand der Stände durch strenge Maßregeln gebrochen.
Aber die kurze Frist der Ruhe ging schon mit dem Ausbruche der franz. Revolutionskriege zu Ende. Die Schlacht von Jemappes machte die Franzosen zu Herren des Landes sowie des Fürstbistums Lüttich. [* 32] Zwar wurden die Franzosen nach Dumouriez' Niederlage bei Neerwinden wieder zurückgedrängt, und Erzherzog Karl übernahm als kaiserl. Generalstatthalter die Regierung; aber die Schlacht von Fleurus setzte endlich der österr. Herrschaft für immer ein Ziel, und Pichegru zog in Brüssel ein.
Bald darauf wurde in Frankreich einverleibt und in neun Departements eingeteilt. Der Friedensschluß von Campo-Formio und später der von Luneville bestätigten die Eroberung. Belgien teilte hiernach alle Schicksale der Französischen Republik und des Kaiserreichs, erhielt den Code Napoléon und ward in Hinsicht der ganzen Verwaltung auf franz. Fuß organisiert. Der Sturz Napoleons und der erste Pariser Friede vom brachten Holland und Belgien, nach mehrmonatiger Verwaltung des letztern durch einen österr.
Generalgouverneur (Baron Vincent), unter die Herrschaft des Prinzen Wilhelm Friedrich von Oranien-Nassau, der den Titel eines Königs der Niederlande annahm, worauf der Londoner Vertrag vom und später die Beschlüsse des Wiener Kongresses vom 31. Mai die Schlußakte vom die Verhältnisse des neuen Königreichs regelten. Hiernach wurden Lüttich und einige Gebietsteile an der Maas mit Belgien vereinigt, während Luxemburg, als besonderes Großherzogtum, zum Deutschen Bunde kam. Der zweite Pariser Friede von 1815 verstärkte die Südgrenze der Niederlande durch einige neu hinzugekommene Bezirke mit den Festungen Philippeville, Marienbourg und dem Herzogtum Bouillon.
Am wurde die neue niederländ. Konstitution verkündigt und König Wilhelm I. 21. Sept. auf dem Königsplatze zu Brüssel darauf vereidigt. Die schwer versöhnlichen Gegensätze in Nationalität, Sprache, Glauben und Lebensweise zwischen dem reformierten holländ. Handelsvolke und den streng katholischen, Ackerbau und Gewerbe ¶