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Luxemburg [* 2] dagegen 34,86 Proz. Dem Weinbau sind längs der Maas 1,66 qkm gewidmet. Die Ardennen sind reich an Wild verschiedenster Art. Die Abhänge und Thäler des Berglandes und die fetten Wiesen des Flachlandes begünstigen die Rindvieh-, Schaf- und Pferdezucht, [* 3] und die Küsten des Meers bieten dem Fischfang ein weites Feld. Nach der Zählung von 1880 hatte Belgien 271974 Pferde [* 4] (9 auf 1 qkm), davon Limburg [* 5] 15177, Hennegau 55473;
1382815 Stück Rindvieh (47 auf 1 qkm), davon Limburg 104664, Brabant 186528;
365400 (1866: 586097) Hammel (12 auf 1 qkm), davon Westflandern 22944, Luxemburg 74730;
646375 Schweine [* 6] (20 auf 1 qkm), davon Antwerpen [* 7] 43227, Ostflandern 107406. Die Zahl der Fischerboote betrug (1890) 349 mit 11265 t Tragfähigkeit. In Flandern ist die Kaninchenzucht bedeutend.
Garten- und Ackerbau sowie Kunstgärtnerei blühen. Bienenzucht [* 8] wird in den Kempen, Viehzucht [* 9] allgemein betrieben, namentlich in Flandern und im Limburgischen, wo man den weitverbreiteten Limburger Käse erzeugt.
Industrie. Die fünf Hauptindustriezweige sind Leinen-, Woll-, Baumwoll-, Leder- und Metallwarenfabrikation. Die durch Verbreitung des mechan. Gespinstes gesunkene Leinenmanufaktur hat sich seit 1850 durch zweckmäßigere Organisation dieses Gewerbzweigs zu neuer Blüte [* 10] emporgehoben, namentlich in den beiden flandr. Provinzen. Die Zahl der Spindeln belief sich 1874 auf 250000, die sich auf etwa 40 Fabriken verteilen (von letztern 17 in Gent, [* 11] andere in Tournai, Lokeren, Rousselaere, Brüssel, [* 12] Mecheln [* 13] u. s. w.). Die Weberei [* 14] wird vorzüglich in den beiden Flandern und einigen Orten Brabants, Hennegaus und des Antwerpenschen betrieben.
Doch ist die Ausfuhr im Sinken: das belg. Handgespinst, hauptsächlich von den Armen in Flandern geliefert, konnte, trotz seiner bessern Beschaffenheit, die Konkurrenz mit den Maschinen unmöglich aushalten; 1870 wurde für 20,061, 1890 für 13,811 Mill. Frs. ausgeführt. Einen alten Weltruf haben die Brabanter oder Brüsseler Spitzen, die am besten in und um Brüssel geklöppelt werden. Den Hauptzweig der Seidenindustrie, die etwa 140000 Menschen beschäftigt, bilden die sog. Valenciennes, die am meisten in Westflandern verfertigt werden; die Ausfuhr betrug 1889: 17448 kg gegen 3849 im J. 1880. Für die Wollmanufaktur ist Verviers nebst seinen Umgebungen der wichtigste Mittelpunkt (jährlich 400000 Stück Tuch).
Außerdem werden noch Zeuge und andere Wollstoffe zu Brügge, Lüttich, [* 15] St. Nicolas, Brüssel u. s. w. gefertigt. Während von 1851 bis 1860 die jährliche Ausfuhr an Wollgespinst durchschnittlich 505000, an Wollgeweben 1145000 kg betrug, hat sie sich 1879 auf 6588000 und 1570000, 1889 auf 12658000 und 2448000 gehoben. Große Teppichfabriken bestehen zu Brüssel, Ingelmünster, Mecheln und Tournai; viele Strümpfe werden im Hennegau gewebt. Die vorzüglichsten Baumwollmanufakturen sind zu Gent und Aelst in Ostflandern, zu Kortrijk in Westflandern, zu Brüssel und Anderlecht in Brabant, zu Tournai und Mons [* 16] im Hennegau; die Ausfuhr betrug 1889: 2448000 kg. Bedeutend ist die Lederfabrikation in Lüttich, Huy, Namur, [* 17] Dinant, St. Hubert und vorzugsweise in Stavelot.
Die Handschuhverfertigung für den Bedarf des Landes hat namentlich in Brüssel einen bedeutenden Aufschwung genommen. Die Metallfabrikation wird durch den Reichtum des Rohmaterials in hohem Grade unterstützt. Die vielen Hochöfen begründen besonders in und um Lüttich, Namur, Charleroi und Mons eine äußerst lebhafte Eisenindustrie und geben weltberühmten Eisengießereien, Messer-, Feilen- und andern Eisen- und Stahlfabriken reichliche Beschäftigung.
Große Stückgießereien und berühmte Gewehrfabriken bestehen zu Lüttich, großartige Maschinenfabriken in und um Lüttich (Seraing), Tienen (Tirlemont), Brüssel, Gent u. s. w., Nagelschmieden zu Charleroi, Blechhämmer und Walzwerke bei Lüttich und im Hennegau, Draht- und Messinghütten bei Namur, Zinkwarenfabriken zu Lüttich, Bleiröhren- und Schrotwerkstätten zu Gent, und Ateliers vorzüglicher Gold- und Silberwaren zu Brüssel und Gent. 1890 wurden ausgeführt 109,604 Mill. kg roher und bearbeiteter Stahl und 356,109 Mill. kg Eisenwaren verschiedener Art. Außer den fünf Hauptzweigen der belg. Industrie sind ferner zu erwähnen die Strohhutfabriken in der Provinz Lüttich;
die Papierfabriken in den Provinzen Namur, Lüttich und Brabant;
die Glas- und Spiegelfabriken im Hennegau, Namur, Lüttich (Val-St. Lambert) und Brabant;
die Porzellan- und Fayencefabriken zu Tournai, Brüssel, Mons und Gent;
die berühmten Kutschenfabriken zu Brüssel;
die Zuckersiedereien in Antwerpen, Tienen, Ypern, Gent, Mons und Gembloux;
die lackierten Holzwaren von Spaa u. s. w. Die Zahl der Dampfmaschinen [* 18] belief sich 1861 auf 4672, 1879 auf 13586, 1890 auf 17663 mit 903833 Pferdestärken.
Handel und Verkehrswesen. Der seit dem 13. Jahrh. unter Brügges Führung blühende Handel mit Italien [* 19] und der der zweiten Glanzperiode unter Antwerpens Führung mit dem neuentdeckten Amerika [* 20] wurde durch die Zeit des span. Druckes und der niederländ. Freiheitskämpfe, in denen 1585 Antwerpen durch die Spanier erobert wurde, völlig zerrüttet und 1648 durch die Sperrung der Scheldemündung von seiten Hollands aufs neue unterbunden. Infolge der Eroberung der Niederlande [* 21] durch die Franzosen wurde die Scheldeschiffahrt wieder frei und Antwerpens Hafen durch Napoleon wiederhergestellt und vergrößert, zugleich aber auch zum Kriegshafen gemacht.
Noch kräftiger für das Wiederaufblühen des Handels wirkte nach den Revolutionskriegen die Vereinigung B.s und Hollands durch den Wiener Kongreß. Doch die Spaltung von 1830 drohte mit neuen Nachteilen. Durch den Londoner Traktat vom wurde die für den Handel entscheidende Scheldefrage insofern zu Gunsten Hollands gelöst, als dasselbe von jedem Schiffe [* 22] 1½ Fl. für die Tonne Zoll erheben durfte. Dieser schwere Tribut, der sich zuletzt auf 1½ Mill. Frs. belief, wurde erst 1863 durch Rückkauf und unter Beteiligung der verschiedenen mit Antwerpen verkehrenden Seestaaten beseitigt. Auch waren seit der Trennung von 1830 die Binnengewässer zwischen Schelde und Rhein für die belg. Schiffahrt so gut wie geschlossen. Aber schon der Endtraktat mit den Niederlanden vom hob in dieser Hinsicht jede Beschränkung auf.
Der Gesamtwert des Handels betrug (in Mill. Frs.):
Einfuhr | Ausfuhr | Durchfuhr | |
---|---|---|---|
1840 | 205 | 139 | 43 |
1860 | 516 | 469 | 408 |
1880 | 1680 | 1216 | 1008 |
1890 | 1672 | 1437 | 1511 |
1892 | 1536 | 1369 | 1274 |
1893 | 1575 | 1355 | 1234 |
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Die Ein- und Ausfuhr verteilt sich 1890 folgendermaßen auf die Industriezweige:
Waren | Einfuhr | Ausfuhr |
---|---|---|
in Mill. Frs.
Getreide | 302,0 | 90,0 |
---|---|---|
Rohstoffe der Textilindustrie | 204,5 | 95,0 |
Harz und Pech | 59,8 | 17,9 |
Chemikalien | 59,6 | 35,1 |
Rohe Häute | 57,4 | 44,0 |
Lebende Tiere | 53,4 | 22,5 |
Ölhaltige Samen | 51,3 | 19,1 |
Mineralien | 47,8 | 26,4 |
Mehl, Kleie, Stärke | 28,4 | 18,7 |
Fleisch | 27,9 | 24,3 |
Wollgewebe | 20,9 | 29,0 |
Dungmittel | 19,6 | 25,2 |
Droguen | 17,9 | 11,1 |
Baumwollgewebe | 17,8 | 23,0 |
Farbstoffe und Farben | 14,9 | 11,7 |
Rohes Blei | 14,3 | 10,9 |
Öle | 14,0 | 9,7 |
Maschinen | 13,6 | 46,5 |
Kurz- und Schnittwaren | 13,0 | 12,3 |
Zwirne und Garne | 11,8 | 72,2 |
Außerdem wurden eingeführt: Bauholz (im Werte von 62 Mill. Frs.), Kaffee (52 Mill.), Butter (33 Mill.), Kohlen und Briquettes (30 Mill.), Wein (24 Mill.), Eisen- und Stahlspäne und Eisenerze (19 Mill.), Reis (17 Mill.), Roheisen (15 Mill.), Konserven (15 Mill.), Seidengewebe (14 Mill.), Fische [* 24] (13 Mill.), Tabak [* 25] (12 Mill.), Kupfer [* 26] und Nickel (11 Mill.). – Wichtige Ausfuhrgegenstände sind noch: Kohlen (im Werte von 79 Mill. Frs.), Eisenbahn- und Pferdebahnwagen (58 Mill.), Garne (54 Mill.), Glaswaren (44 Mill.), Rohzucker (42 Mill.), Schmiede- und Walzeisen (42 Mill.), Rohzink (31 Mill.), Koks (27 Mill.), Eisenguß (25 Mill.), Steine (22 Mill.), Waffen [* 27] (16 Mill.), Roh- und Gußstahl (16 Mill.), Papier (14 Mill.), Lumpen (14 Mill.), Flachs-, Hanf- und Jutegewebe (13 Mill.), Häute 12 Mill.), Stahlwaren (12 Mill.), Kerzen (11 Mill.), Früchte (10 Mill.), raffinierter Zucker [* 28] (10 Mill.).
Die Beteiligung der auswärtigen Staaten zeigt folgende Tabelle (Werte in Mill. Frs.):
1892
Frankreich | 299 | 310 | |
---|---|---|---|
Deutschland | 167 | 313 | |
Niederlande | 178 | 189 | |
England | 182 | 234 | |
Rußland | 73 | 6 | |
Spanien | 14 | 28 | |
Italien | 20 | 22 | |
Rumänien | 62 | 7 | |
Schweden-Norwegen | 42 | 16 | |
Schweiz | 3 | 32 | |
Übriges Europa | 22 | 53 | |
Verein. Staaten | 206 | 53 | |
Südamerika | 137 | 35 | |
Britisch-Ostindien | 60 | 12 | |
Andere Staaten | 63 | 54 |
Von den Hauptwaren kamen (1892) in Prozenten auf:
Warengattung | Einfuhr | Ausfuhr |
---|---|---|
Nahrungs- und Genußmittel | 39,7 | 20,7 |
Tiere | 3,2 | 2,3 |
Rohstoffe | 45,4 | 38,9 |
Fabrikate | 11,7 | 38,1 |
Wie sich das Bild des belg. Handels mit Deutschland [* 29] (mit Einschluß von Bremen [* 30] und Hamburg) [* 31] gestaltet, zeigt die Tabelle auf S. 672.
Zu den Erleichterungen eines erweiterten Handelsverkehrs gesellte sich die Sorge der Regierung für den Abschluß von Handelsverträgen, besonders 1892 mit Deutschland und Österreich, [* 32] die Entwicklung des Konsulatswesens, die stetig fortschreitende Ermäßigung des Zolltarifs, die regelmäßige Verbindung mit überseeischen Staaten und das Bestreben, besonders ersichtlich in der Errichtung des Kongostaates, den Verlust des Kolonialverkehrs zu ersetzen. Am Ende des J. 1850 zählte die belg. Reederei 161 Kauffahrteischiffe; aber diese Entwicklung einer einheimischen Handelsmarine hat sich nicht gehalten, und 1892 bestand dieselbe aus nur 55 Schiffen (darunter 47 Dampfer) mit einem Gehalte von 72904 t. Eingelaufen waren 1891: 7395 Schiffe mit 6025339 t. Ausgelaufen: 7377 Schiffe mit 6060913 t;
der Hauptverkehr geht über Antwerpen.
An der Spitze der Banken des Landes steht die durch das Gesetz vom gegründete, 1872 auf 30 Jahre verlängerte, allein zur Ausgabe von Banknoten berechtigte Nationalbank. Ihr Kapital beträgt 50 Mill. Frs., bestehend in 50000 Aktien zu 1000 Frs. Die Nationalbank macht ausschließlich Depositen-, Giro- und Diskontogeschäfte und ist außerdem mit der unentgeltlichen Führung der Staatskasse beauftragt. 15 Proz. des 6 Proz. des eingezahlten Kapitals übersteigenden Reingewinns wird zum Reservefonds geschlagen, ein Sechsteil dem Staate zugeschrieben. Die älteste der zahlreichen Kreditinstitute und Bankanstalten B.s ist die Société générale pour favoriser l’industrie nationale. Außerdem giebt es mehrere Börsen (die wichtigste in Antwerpen), Handels- und Fabrikkammern.
Über Eisenbahnen s. Belgische Eisenbahnen. Die Länge der Chausseen betrug 1889 9000,5 km. Die Post beförderte 1892 138 Mill. Briefe und Postkarten, 88 Mill. Drucksachen und 100 Mill. Zeitungen. Ihre Einnahmen betrugen 17,5 Mill., die Ausgaben 9,9 Mill. Frs. Der 1851 eingeführte Telegraphendienst umfaßte 1892 7435 km Linien mit 965 Stationen und hatte 600000 Frs. Überschuß.
Verfassung und Verwaltung. Die 1892‒94 revidierte monarchisch-konstitutionelle Verfassung vom erkennt die Gleichheit aller Belgier vor dem Gesetz an, die Aufhebung jedes Ständeunterschiedes, das Recht der Vereinigung und Versammlung, die Freiheit der Meinungsäußerung und des Unterrichts. In gleicher Ausdehnung [* 33] ist die Freiheit jedes religiösen Kultus gewährleistet, so daß der Staat kein Recht der Einmischung hat in die Ernennung der Diener irgend eines Kultus, in den Verkehr des Klerus mit seinen geistlichen Obern und hinsichtlich der Bekanntmachung der religiösen Verordnungen.
Das Königtum ist erblich nach Primogeniturrecht, jedoch mit beständiger Ausschließung der Frauen und ihrer Nachkommenschaft. Mangels männlicher Nachkommen kann der König seinen Nachfolger unter mit Zweidrittelmehrheit erfolgter Zustimmung beider Kammern ernennen. Dem König, der an der Spitze der vollziehenden Gewalt steht und das Recht der Kammerauflösung hat, kommt nebst den beiden Kammern die gesetzgebende Gewalt zu. Die auf vier Jahre gewählten, alle zwei Jahre zur Hälfte zu erneuernden, mindestens 25 J. alten Mitglieder der Repräsentantenkammer, jetzt 152 an der Zahl (1 auf 40000 Einwohner), werden vermittelst des Pluralwahlsystems (s. d.) von allen 25 J. alten, mindestens ein Jahr in derselben Gemeinde ansässigen Staatsbürgern direkt gewählt. Wer Grund- oder Rentenbesitz im Mindestwert von 2000 Frs. hat, oder wer 35 J. alt, verheiratet oder Witwer mit ¶