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Jahre wurden die Konferenzen der Nürnberger Kommission, die 1856 auf Anregung des Königs vom Bundestage zur Beratung eines Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuchs ernannt worden war, geschlossen, und das Handelsgesetzbuch trat in Wirksamkeit. Am wurde die Kammer aufgelöst, und der neue Landtag am einberufen, aber 30. Sept. auf unbestimmte Zeit vertagt. Derselbe billigte mit großer Mehrheit die Haltung des Ministeriums in der Zollfrage, forderte aber vergeblich Abkürzung der Finanzperioden.
Bald nach der Vertagung des Landtags erlangten die schlesw.-holstein. und die deutsche
Frage eine neue Gestalt. Die Haltung der Regierung war eine den Herzogtümern entschieden günstige, und
von allen Seiten
Deutschlands
[* 2] richtete man die
Blicke auf
[* 3] und seinen König. Allein sein Eintreten für den
Augustenburger brachte
den
Konflikt mit den Großmächten, die nun über den
Bundestag hinweg die Leitung der deutschen
und dän. Angelegenheit in
die
Hand
[* 4] nehmen zu wollen erklärten. Der Kampf des Gewissens mit der ihm gegenüberstehenden Übermacht
zerstörte den letzten Rest der wankenden Gesundheit des Königs. Er starb mitten in den diplomat. Verhandlungen am
7) Unter
Ludwig Ⅱ. bis zur Errichtung des
Deutschen
Reichs. 1864–71. Maximilians Ⅱ. Sohn
Ludwig Ⅱ. war bei dem
Tode des
Vaters 18½ J. alt, somit volljährig. Scharfe Fassungsgabe und rasche Entschlußkraft paarte er
mit durchaus selbständigem, idealem Streben, aber den polit.
Geschäften war er fremd. Die handelspolit. und die schlesw.-holstein.
Verhandlungen wurden immer dringender.
Preußen
[* 5] verlangte
Entscheidung in der Angelegenheit des Handelsvertrags, den es 1862 mit
Frankreich geschlossen. In
München
[* 6] zögerte man. Am fehlten die Gesandten von Bayern,
Württemberg,
[* 7] Hessen-Darmstadt und Nassau bei der Wiedereröffnung der
Berliner
[* 8] Zollkonferenz. Am 21. Mai ließ in
Wien
[* 9] wegen eines süddeutschen
Zollvereins verhandeln, kam aber zu keinem Resultat. Da befahl König
Ludwig dem Minister Schrenck, in
Berlin
[* 10] den Beitritt
zum Zollverein anzuzeigen. Dies geschah am 28. Sept., drei
Tage vor dem letzten
Termin. Die Kammern genehmigten
die neuen Zollvereinsverträge im April 1865. Am erklärte Bayern die
Anerkennung des Königreichs
Italien
[* 11] und unterzeichnete
schon am 31. Dez. in
Berlin den ital. Handelsvertrag zugleich mit sämtlichen Zollvereinsregierungen.
Vergebens hatte Bayern 1864 den Antrag auf Anerkennung des Prinzen von Augustenburg als Herzog von Holstein beim Bunde gestellt. Österreich [* 12] und Preußen wollten, da sie den Krieg in Dänemark [* 13] allein führten, den Einspruch des Bundestags gegen ihre Maßnahmen nicht gelten lassen.
Am trat der Landtag wieder zusammen, der bezüglich der Herzogtümer mit der Regierung die gleichen Anschauungen vertrat. Ein Gesetzentwurf für zweijährige Finanzperioden wurde angenommen. Den Kammern gegenüber gab von der Pfordten, als die Ausweisung des Augustenburgers bekannt wurde, die Erklärung ab, daß, wenn das Bundesrecht in Schleswig-Holstein [* 14] nicht geachtet würde, Bayern nicht mehr Mitglied des Bundes bleiben könne. Im August kam es in Gastein zwischen Österreich und Preußen zu dem Vertrag betreffs der provisorischen Verwaltung der Herzogtümer. Im Febr. 1866 war es mit der preuß.-österr.
Allianz zu Ende. Von der Pfordten war weder für Österreich noch für Preußen; am machte er in einer Depesche an Sachsen, [* 15] Württemberg, Baden, [* 16] Hessen-Darmstadt und Nassau den Vorschlag, daß, wenn Österreich und Preußen ihre Streitigkeiten mit Umgehung des Bundes ausmachen wollten, die übrigen Staaten sich jeder Teilnahme enthalten müßten; daß aber, wenn der Bund von einem der streitenden Teile angerufen würde, kein Bundesglied zurückbleiben dürfe.
Schon am 16. März forderte eine vertrauliche österr. Cirkulardepesche für den Fall, daß
Bismarck eine ausweichende
Antwort auf die Frage, ob
Preußen den Bundesfrieden gewaltsam zu stören beabsichtige, gäbe, die Mobilmachung des ganzen
Bundesheers gegen
Preußen. Am 24. März fragte
Preußen in gleicher
Weise an, ob es, im Falle die österr. Rüstungen
[* 17] zum
Kriege
führten, auf
Beistand der Bundesgenossen zählen könne. Dieser Depesche lagen für Bayern
Auseinandersetzungen
Bismarcks über die von
Preußen beabsichtigte Bundesreform und die damit verbundene
Berufung eines deutschen
Parlaments bei.
Doch von der Pfordten glaubte B.s Interesse zu vertreten, wenn er zwischen beiden Mächten vermittelte. Von der Pfordtens Verbesserungspläne kamen denen Bismarcks sehr nahe: drei Gruppen, nämlich Österreich, Norddeutschland unter preußischem, Süddeutschland unter bayr. Heerbefehle. Nur in der Ausführungsweise widersprachen sich die Pläne beider Staatsmänner: Bismarck wollte Ausschließung Österreichs, Bayern forderte Verhandlung mit Österreich und demzufolge ebenso Zulassung österr.
Abgeordneter zum deutschen
Parlament. Am 9. April brachte
Preußen seinen
Antrag, ein Parlament zu berufen, beim
Bundestage ein.
Von der Pfordten sorgte dafür, daß er nicht direkt abgewiesen, sondern einem
Ausschuß zur
Beratung übergeben wurde. Doch
schon hatte auch Bayern seine Rüstungen begonnen; am 9. April verfügte König
Ludwig die Mobilmachung. Am 14. Mai nahm von der Pfordten
an der Konferenz der mittelstaatlichen Minister in
Bamberg
[* 18] teil. Die Stimmung war gegen
Preußen.
Auch von der Pfordten war durch die Eröffnung
Österreichs, die schlesw.-holstein. Sache an den
Bundestag zu bringen, nun
ganz für
Österreich gewonnen. Der Landtag wurde zum 23. Mai einberufen. An demselben
Tage wurde der greise Prinz
Karl,
Bruder
Ludwigs Ⅰ., zum Oberbefehlshaber, und
General von der
Tann zu seinem Generalstabschef ernannt. Der
Bundestag
stimmte 24. Mai dem zu
Bamberg beschlossenen
Antrage der Mittelstaaten bei, daß eine allgemeine
Abrüstung erfolgen solle. Am 10. Juni ging
General von der
Tann zu
Benedek nach
Olmütz,
[* 19] den gemeinsamen Kriegsplan zu beraten, denn schon die Stimmung der Kammern und
des
Volks gegen
Preußen hätte der Regierung jede andere
Stellung unmöglich gemacht.
Zwar zögerte von der Pfordten immer noch mit einer direkten Erklärung und gestand dem preuß.
Gesandten nur, Bayern könne nicht in einen
Bund mit nur einer
Stimme der beiden Großmächte eintreten, da dies seiner Mediatisierung
gleichkäme, ja wenn
Preußen aus dem
Bunde austreten wolle, würde Bayern das gleiche thun. Am 14. Juni fiel
in
Frankfurt
[* 20] die
Entscheidung. Am gleichen
Tage, wo in
Frankfurt die Mobilmachung des
Bundesheers beschlossen worden war, hatte
Bayern mit
Österreich den
Vertrag von
Olmütz geschlossen, laut welchem die bayr.
Armee in
Verbindung mit den andern süddeutschen
Kontingenten unter dem
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Oberbefehl des Prinzen Karl von Bayern eine selbständige Stellung einnehmen, von Österreich aber ihre Weisungen empfangen sollte.
Der Landtag wurde auf den 23. Mai einberufen. Ein außerordentlicher Militärkredit von 31512000 Fl. wurde am 18. Juni bewilligt. Trotz des Oberbefehls des Prinzen Karl handelte das 8. Korps unter dem Prinzen von Hessen [* 22] meist nach dessen Absichten und erleichterte so den Preußen ihre Aufgabe. Am 3. Juli fiel bei Königgrätz [* 23] die Entscheidung. (S. Deutscher Krieg von 1866.) Ende Juli lag Bayern ungeschützt einer preuß. Invasion offen.
Nach der Schlacht von Königgrätz bot Bismarck den süddeutschen
Staaten Frieden und Bündnis an. Am 21. Juli berieten
die süddeutschen
Minister über den Gesamtrücktritt von dem Bündnis mit Österreich. Die Stimmung im Lande war in vollster
Verwirrung. Da kam die Kunde, daß Verhandlungen in Nikolsburg begonnen seien. Von der Pfordten eilte sogleich nach Nikolsburg.
Die Dinge lagen sehr ungünstig für Bayern, doch erlangte es am 28. Juli den Eintritt in den Waffenstillstand.
Derselbe trat am 2. Aug. in Wirksamkeit und führte am 22. Aug. zum Frieden. Die Bedingungen Preußens
[* 24] hatten sich geändert in dem
Augenblick, da Bismarck die Bereitwilligkeit B.s zu einem Schutz- und Trutzbündnis erkannte. Von der Pfordten versprach als
Deutscher Waffenhilfe gegen die auswärtigen Feinde (Frankreich). Der Abschluß dieses Bündnisses kam erst
im März 1867 zur Kenntnis des Landes.
In dem Frieden trat an Preußen 10 Quadratmeilen seines Gebietes, die im Spessart und Rhöngebirge gelegenen Bezirke Orb und Gersfeld, mit 32976 E. ab und versprach die Zahlung von 30 Mill. Fl. Kriegsentschädigung. Im Kriegsfalle sollten die bayr. Truppen unter preuß. Oberbefehl stehen. Am 27. Aug. trat der Landtag wieder zusammen und genehmigte den Friedensvertrag und die Kreditforderung von 30 Mill. Die Zweite Kammer setzte hinzu, die Regierung möge «die Einigung Deutschlands unter Mitwirkung eines freigewählten und mit den erforderlichen Befugnissen ausgestatteten Parlaments» erstreben.
Die mobile Armee wurde am 2. Sept. aufgelöst, von der Pfordten reichte am 10. Dez. seine Entlassung ein, die er am 29. erhielt. An die Stelle Pfistermeisters trat der frühere Kabinettssekretär und Appellationsgerichtsrat Lutz als Chef in das königl. Kabinett. Freiherr von Pechmann übernahm das Ministerium des Innern, Franz von Gresser das des Kultus und Gustav Schlör das des Handels. Als Minister des Auswärtigen und des königl. Hauses trat am 31. Dez. Fürst Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst ein. Schon in der Ersten Kammer hatte sich Hohenlohe für den Anschluß B.s an Preußen entschieden ausgesprochen, doch sah auch er sich als Minister gezwungen, der Gegenströmung nachzugeben.
Am trat der Landtag wieder zusammen. Die bayr. Fortschrittspartei brachte sofort einen Antrag auf Anschluß B.s an den Norddeutschen Bund ein. Hohenlohe gab dagegen am 19. und 23. Jan. eine Erklärung ab des Inhalts, daß Bayern keinem staatlichen Bunde unter dem Protektorate einer fremden Macht (Frankreichs oder Österreichs) beitreten werde, die Regierung erstrebe aber ein Bündnis mit Preußen, welches Bayern gegen bestimmte Garantie der Souveränität des Königs für den Fall eines Krieges gegen das Ausland der Führung Preußens unterstelle.
Natürlich bedürfe es dazu der Erhöhung und Organisation der Wehrkraft. Am 12. Febr. wurde ein hierauf bezüglicher Entwurf vorgelegt, und am 13. stellte die Zweite Kammer den Antrag auf Vorlage eines freisinnigen Schulgesetzes. Am 23. März wurde der Landtag vertagt. Anfang Februar fanden in Stuttgart [* 25] auf Anregung Hohenlohes Konferenzen der süddeutschen Regierungen statt, welche die Erhöhung der Wehrkräfte unter einer den Principien der preuß. nachgebildeten Wehrverfassung beschlossen.
Allgemeine Wehrpflicht, Aufhebung der Stellvertretung, Einteilung in aktives Heer, Reserve und Landwehr war das Programm. Am 27. April trat Lutz als Justizminister an von Bomhards Stelle. Die Ministerkonferenzen, die in Berlin eröffnet wurden, sollten der Wiederherstellung des Zollvereins ihre Arbeit widmen. Bismarck schlug vor, ein gemeinschaftliches Organ der beteiligten Regierungen für die Zollgesetzgebung zu bilden und demgemäß süddeutsche Vertreter zum Zollbundesrat und Norddeutschen Parlament zu senden.
Hohenlohe behielt sich seine Entschließung vor. Graf Taufkirchen ging am 14. Juni nach Berlin, um für Bayern bessere Bedingungen zu erlangen. Das liberum Veto, d. h. das Recht der Verwerfung unangenehmer Beschlüsse, wurde ihm nicht zugestanden, wohl aber sechs Stimmen statt der anfänglichen vier im Zollbundesrat und zur Vertretung des deutschen Volks ein selbständiges Zollparlament. Am 8. Juli wurden die neuen Zollvereinsverträge unterzeichnet. Am versammelte sich der Landtag wieder, und am 8. Okt. legte Hohenlohe den neuen Zollvertrag vor.
Die Zweite Kammer genehmigte die Zollvereinsverträge 22. Okt. 1867, in der Reichsratskammer aber beschloß der Ausschuß erst am 31. Okt. die bedingungslose Genehmigung der Verträge. Der Wehrgesetzentwurf und ein Teil der Socialgesetze (Gewerbegesetz) gingen durch, bei dem vorgelegten Schulgesetze aber kam es von ultramontaner Seite zu heftiger Bewegung. Die 1867 von Frankreich angeregte luxemb. Frage erregte die Gemüter in Süddeutschland. Hohenlohe schickte den Grafen Taufkirchen nach Wien, um zu sondieren, wie sich die österr. Regierung zu einem preuß.-franz. Kriege stellen würde. Auch Bismarck gab seine Geneigtheit zu erkennen, mit Österreich in Allianz zu treten. Das aber ward von Beust abgelehnt, und so blieb die bayr. Vermittelung resultatlos.
Bei den erstenZollparlamentswahlen1868 gelang es den Ultramontanen in 26 Wahlkreisen von 48 durchzudringen. Die neue Heeresformation wurde in diesem Jahre durchgeführt: zwei Armeekorps von je zwei Divisionen mit dem Kommando in München und Würzburg. [* 26] Das Schulgesetz wurde in der Zweiten Kammer angenommen, fiel aber in der Ersten, da die in klerikalem Sinne vorgeschlagenen 63 «Verbesserungen» von der Zweiten Kammer größtenteils abgelehnt wurden. Die freisinnige Gemeindegesetzgebung wurde vollendet, eine neue Civilprozeßordnung mit Öffentlichkeit und Mündlichkeit und eine neue Ordnung des Militärstrafrechts und des Strafverfahrens eingeführt. Am 28. April wurde der Landtag geschlossen und zum Mai Neuwahlen angeordnet.
In Rom [* 27] rüstete man zum Konzil. Fürst Hohenlohe, der Bayern nicht zum «deutschen Kirchenstaat» gemacht sehen wollte, fragte in einer Cirkulardepesche vom bei den verschiedenen europ. Mächten an, ob man nicht gemeinschaftlich zu einer ¶