mehr
Konkordatsentwurf, der seinen Instruktionen vollkommen zuwiderlief. Rechbergs Bruder ging nach Rom, [* 2] vermochte indes nicht mehr viel zu ändern, und so ward das Konkordat vom Könige 24. Okt. genehmigt. Um einen teuern Preis hatte Bayern [* 3] seine Landeskirche mit zwei Erzbischöfen und sechs Bischöfen, von denen der König drei unbedingt, die fünf andern auf Grund einer Kandidatenliste ernennen durfte, erkauft. Im Dezember veröffentlichte der Vatikan [* 4] einseitig das Konkordat, und der Sturm einerseits, der Jubel andererseits brach los.
Nach dem Art. 18 des Konkordats sollte dasselbe als Staatsgesetz verkündigt werden. Darin lag ein Rettungsmittel, denn an Staatsgesetzen hatte die Kurie nicht mitzuarbeiten, deren Änderung unterstand allein dem Könige. Am stellte Generaldirektor von Zentner im Ministerium den Antrag, der Verfassung ein Edikt über die Rechtsverhältnisse der christl. Religionsgemeinschaften beizulegen. Die Verfassungsarbeit, zu der auch die Finanznot trieb, wurde wieder aufgenommen, und endlich erfolgte die Verleihung der im wesentlichen noch bestehenden Verfassung.
Ihr vorher ging ein Edikt über die Gemeindeverfassung (vom 17. Mai), in welchem der Grundsatz der kommunalen Selbstverwaltung anerkannt wurde. Die Verfassung beruht auf dem Zweikammersystem (Kammer der Reichsräte und Abgeordnetenkammer). Sie bestimmte eine sechsjährige Budgetperiode und stand auf einer für die damalige Zeit freisinnigen Grundlage. Ihr lag das Konkordat als Beilage des Religionsedikts bei. Am traten die Stände zuerst zusammen. Die Abgeordnetenkammer verhandelte öffentlich. Schon in dem ersten Landtag von 1819 zeigte sich in ihr Freimut und Befähigung, namentlich zeichnete sich Behr als Führer der freien Richtung aus. Die Finanzfrage bildete den hauptsächlichsten Beratungsgegenstand. Max Joseph starb
5) Unter Ludwig Ⅰ. 1825–48. Mit Ludwig Ⅰ. kam eine neue Geistesrichtung zur Herrschaft. Er wurde ein königl. Beschützer der Künste, aus seiner Kabinettskasse allein hat er über 18 Mill. Fl. für Bauten und Kunstwerke ausgegeben, abgesehen von den Zuschüssen des Staates, der Gemeinden und Vereine. Noch heute verdankt München [* 5] seinen Ruf als Kunststadt in erster Linie ihm. Freudig begrüßte man seine Thronbesteigung. Am 19. Okt. leistete er den Eid auf die Verfassung.
Seine ersten Anordnungen betrafen die Finanzen; schon am 24. und 25. Okt. wurden zwei Commissionen niedergesetzt zur Beratung über Ersparungen im Civil- und Militäretat. Der Besoldungsetat wurde geregelt, überflüssige Stellen eingezogen, und mit aller Energie griff Ludwig in dieser Beziehung durch, so daß bereits 1827 in den jährlichen Einnahmen und Ausgaben das Gleichgewicht [* 6] hergestellt war. In Armansperg gewann Ludwig nach dem Abgange Lerchenfelds einen Finanzminister, wie sein durchgreifender Wille ihn brauchte. Am erfolgte die Aufhebung des Censuredikts, das den Karlsbader Beschlüssen seine Entstehung verdankte.
Der kath. Kirche gegenüber war Ludwig bestrebt, an den Bestimmungen des Konkordats festzuhalten. Als Romantiker, nicht als Zelotenfreund, befahl er die Wiederherstellung einiger geistlicher Orden. [* 7] Die Jesuiten blieben wegen ihrer Vaterlandslosigkeit von Bayern ausgeschlossen. Am wurde die Verlegung der Universität von Landshut [* 8] nach München befohlen. Die Akademie wurde mit der Hochschule in engen Zusammenhang gebracht, für die Gymnasien arbeitete Thiersch einen Unterrichtsplan aus, der trotz seiner Vortrefflichkeit nicht vollkommen zur Verwirklichung gelangte.
Auf dem Landtage 1827 erhielt Bayern durch die Einführung des in der Pfalz bereits bestehenden Instituts der Landräte eine Provinzialverwaltung. Unter dem Ministerium Eduards von Schenk, eines Gesinnungsgenossen Ludwigs, nahm die Liebhaberei für Wiederherstellung der Klöster einen namentlich die Protestanten beunruhigenden Charakter an. Der gleichen romantischen Gesinnung des Königs entfloß seine Begeisterung für die Befreiung der Griechen von türk. Gewaltherrschaft, denen er in seinem zweiten Sohne Otto mit Zustimmung der Großmächte einen König gab.
Die Enttäuschung blieb nicht aus. Das unglücklichste polit. Streben Ludwigs aber war, sich in den Besitz der bad. Rheinpfalz zu setzen, die ihm als Heimatland seines Geschlechts vor allem ans Herz gewachsen war. Überhaupt entbehrten seine polit. Pläne vielfach der realen Unterlage; mehr groß gedacht, als wirklich durchführbar, verursachten sie ihm manche herbe Enttäuschung. So erfüllte auch der erste deutsche Zollvertrag, über den Ludwig im April 1827 mit Württemberg [* 9] verhandelte und der dann auch zu stande kam, die Erwartungen nicht, die man anfangs auf ihn gesetzt hatte.
Mit seiner bad. Politik hatte Ludwig demselben das schwerste Hindernis in den Weg gelegt. Doch eine erste Zusammenfassung war erfolgt, welche dann auch im Mai 1829 durch einen Vertrag mit dem preuß. Zollverein die Grundlage bilden half, aus der später die polit. Einigung Deutschlands [* 10] erwachsen sollte. Des Königs Kunstbegeisterung, wie sein Enthusiasmus für das Hellenentum fanden im Volke nur wenig Verständnis, und als nun im Dez. 1830 in München einige Unruhen ausbrachen, griff die Regierung mit aller Härte ein.
Die Presse [* 11] geriet dadurch noch mehr in Aufregung, als sie schon vorher war, und erschien eine Verordnung, welche die periodischen Schriften einer strengen Censur unterwarf. In diese Zeit fielen die neuen Landtagswahlen. Die Opposition gewann die Stimmenmehrheit, und nach der Eröffnung kam es zu erregten Sitzungen, da die Regierung von ihrem nominellen Rechte, den gewählten Beamten den Urlaub zu versagen, Gebrauch machte. Ministerialrat Closen, ein hervorragendes Mitglied der liberalen Fraktion, legte daher sein Amt nieder, doch kam der Kampf damit nicht zum Stillstand.
Die Preßverordnung wurde beraten, aber von der Regierung nicht aufgehoben. Kirchliche Verhandlungen kamen dazu, so daß die Erbitterung stieg und die Entfremdung zwischen Regierung und Volksvertretung vollständig wurde. Ein Ministerwechsel vollzog sich: das Innere übernahm an Schenks Stelle von Öttingen-Wallerstein, Armansperg wurde durch Wirsching ersetzt, Giese wurde Minister des Äußern, Zu-Rhein der Justiz, Weinrich des Krieges. Die Reaktion, in die Ludwig hineingeraten war, befestigte sich, und die Erbitterung steigerte sich noch mehr. Am 29. Dez. ward der Landtag geschlossen. Die Verfolgungen begannen. ^[]
Zunächst waren dieselben gegen die Presse gerichtet, so daß kein Oppositionsblatt mehr bestehen konnte. In der Pfalz bildete sich ein Verein zur Unterstützung der freien Presse. Bei dem Hambacher Fest (s. Hambach) Mai 1832 machte sich die Unzufriedenheit in kühnen Reden Luft. Unruhen in der Pfalz und in Franken folgten, und Fürst Wrede brach mit Truppen ¶
mehr
nach der Pfalz auf. Bald war die Ruhe wiederhergestellt, doch erschwerte das Vorgefallene die Stellung des Königs, der in dem ziellosen Treiben einen Anschlag auf seinen Thron [* 13] und sogar auf sein Leben argwöhnte, dem Bundestag gegenüber ungeheuer. Den beginnenden Verfolgungen entzogen sich viele freisinnige Männer durch die Flucht, so der Pfälzer Schüler, ein radikaler, aber feinsinniger Kopf, Oken und Schönlein. Behr und Eisenmann jedoch wurden in Untersuchung gezogen und auf sie die harten Bestimmungen des von Feuerbach entworfenen Strafgesetzbuches von 1813 angewendet.
Auf dem Landtage von 1834 verstummte die Opposition. Die Civilliste, die in der letzten Landtagssitzung so harte Angriffe erfahren hatte, wurde nun in eine permanente umgewandelt. Die Gesetze über die Anlage des Donau-Main-Kanals, ebenfalls eine Frucht der romantischen Gesinnung des Königs, wie über die Errichtung der Hypothek- und Wechselbank wurden genehmigt. Inzwischen war und Württemberg 1833 dem preuß. Zollverein beigetreten. 1835 wurde die erste deutsche Eisenbahn zwischen Nürnberg [* 14] und Fürth [* 15] eröffnet. 1837 wurde in acht Regierungsbezirke geteilt, bei denen die alten Landesnamen eingeführt und auf die natürliche Begrenzung der Stämme möglichst Rücksicht genommen wurde.
Auf dem Landtage des Jahres kam es zur Debatte über die Orden, von denen Ludwig sich für religiöse, wissenschaftliche, wohlthätige und finanzielle Zwecke sehr viel versprach. Die schwankende Haltung des Fürsten Öttingen-Wallerstein bei dieser Debatte sowie sein Protest im Finanzministerium gegen die Verwendung der «Erübrigungen» wurden zur Ursache seiner Entlassung An seine Stelle kam der bisherige Ministerialrat Abel, der seine Beförderung der ultramontanen Partei verdankte und ihr nun dafür im äußersten Umfange diente.
Der Kölner [* 16] Bischofsstreit entfachte die ultramontane Kampfbegier auf das heftigste und wirkte auch auf die Haltung der bayr. Regierung zurück. Die Krankheit der Zeit spiegelte sich bei dem Könige wider in dem übertriebenen Bewußtsein von seiner königl. Würde, wie in den Bestrebungen Abels, das bayr. Volk von dem gemeinsamen deutschen Leben abzuschließen. Der Protestantismus hatte über schwere Bedrückung zu klagen, da die Entwicklung der prot. Gemeinden gehemmt, die Öffentlichkeit des Gottesdienstes erschwert, der Gustav-Adolf-Verein verboten wurde, und selbst bei der Ämterbesetzung die kirchliche Haltung in Frage kam.
Dazu wurde die Censur sehr einseitig gehandhabt. Aufs höchste aber stieg die Erbitterung, als durch Verordnung vom den bayr. Truppen, von denen ein Drittel protestantisch war, befohlen wurde, auf der Wache und beim Gottesdienste vor dem Sanctissimum niederzuknien. Auch gegen die Universitäten durfte Abel den Feldzug beginnen. Zwangskollegien wurden eingeführt, der Studienplan streng geordnet, dazu kam die oftmals äußerst dürftige Besoldung der Lehrer und Professoren, und alles dies veranlaßte viele, anderswo ihre Heimstätte aufzuschlagen.
Auf dem Landtage von 1840 kamen die «Erübrigungen» zur Verhandlung, die in den Jahren 1835–38 sich auf 23 Mill. angesammelt hatten. Die vom König allenthalben geforderte Sparsamkeit hatte zur Folge, daß in den einzelnen Etats vielfach bewilligte Gelder nicht oder nicht ganz zur Verausgabung gelangten. Die Regierung forderte für die Krone uneingeschränktes Verfügungsrecht über diese Summen. Fürst Wallerstein protestierte im Reichsrate dagegen, doch ohne viel zu erreichen.
Abel war absoluter Herr, und immer ungebärdiger wurde das Wesen der von ihm beschützten Ultramontanen. Im Landtage 1842–43 zeigte sich die Opposition schon beherzter. Die Kniebeugungsfrage kam zur Verhandlung, führte aber keinen Beschluß herbei. Die Neuwahlen zum Landtag fanden 1845 statt. In der Reichsratskammer zeigte sich diesmal die Opposition. Während Wrede Ministerverantwortlichkeit verlangte, zog Wallerstein gegen die befürchtete Berufung der Jesuiten ins Feld. Da wurde der Landtag im Mai 1846 plötzlich geschlossen.
Der König sah, daß Abel unmöglich wurde, entzog ihm daher im Dezember die Abteilung für Kultus und Unterricht und ernannte von Schrenck zum Kultusminister. Den Sturz des Ministers aber führte endlich im Febr. 1847 ein Konflikt über Ludwigs Geliebte, die «spanische» Tänzerin Lola Montez (s. d.) herbei. Ludwig war gesonnen, ihrem Wunsch nach Erhebung in den Adelsstand zu entsprechen, fand aber bei den Ministern Widerstand. Am 17. Febr. erhielt das Ministerium seine Entlassung, an dessen Stelle das Ministerium Zu-Rhein-Maurer trat.
Das Jesuitenregiment hatte ein Ende. Verwaltung und Justiz wurden getrennt, die Begnadigung Eisenmanns und Behrs wurde nunmehr (nach 15jähriger Haft) vom Könige bewilligt, gegen die Vertreter des Ultramontanismus an der Universität mit Pensionierung oder Versetzung vorgegangen. Als der König den außerordentlichen Landtag berief, um die Bewilligung eines Eisenbahnanlehens zu erhalten, konnte die Regierung, es nicht verhindern, daß auch andere Angelegenheiten (Preßfreiheit) zur Sprache [* 17] kamen.
Der Landtagsabschied vom bezeichnete dies als einen Übergriff, und das Ministerium wurde entlassen. An seine Stelle trat das sog. «Lola-Ministerium»: Wallerstein, Beisler, Heres und Berks. Am wurde durch eine Verordnung die Censur gemildert, der Universität ward eine freisinnige Studienordnung gewährt, der Redemptoristenorden aufgehoben. Trotzdem begegnete man dem neuen Ministerium mit Mißtrauen. Die Extravaganzen Lolas, der nunmehrigen Gräfin Landsfeld, das Leichenbegängnis des alten Görres, die Umtriebe der Ultramontanen und die Skandalsucht der «bessern» Gesellschaft verursachten in München einen Auflauf bei dem zunächst Studenten beteiligt waren.
Lola wurde mißhandelt, der König beschimpft, worauf die Schließung der Universität erfolgte. Eine Deputation von Bürgern, unterstützt von einer tausendköpfigen Menge, forderte Zurücknahme der Maßregel gegen die Hochschule. Der König bewilligte dieselbe und gab gleichzeitig den Befehl zur Abreise der Gräfin Landsfeld. Die Unruhen aber erhoben sich von neuem, als nun die deutsche Bewegung in Bayern Eingang fand und die Kunde von der Pariser Februarrevolution nach München kam.
Sofortige Berufung der Landstände wurde gefordert, und als ein Erlaß vom 1. März ankündigte, daß die Stände 31. Mai zusammentreten sollten, schien das der Bevölkerung [* 18] zu lang. Man demonstrierte, und als dagegen Militär einschritt, verschanzte man sich hinter Barrikaden. Infolge einer Adresse an den König wurde Berks entlassen und die Berufung der Stände zu Ende März versprochen. Trotzdem stieg die Unruhe, und als Wrede vor der Residenz Kanonen auffahren ließ, stürmte die Menge das Zeughaus. Da endlich gab ¶