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Gewalt zu bringen suchen, ward Bayern [* 2] von selbst in die Opposition gegen die Kurfürsten und zum Anschlusse an Kaiser Karl Ⅴ. gedrängt. Damit war B.s künftiger Politik trotz aller Rivalität mit Habsburg die Bahn vorgezeichnet. Am veröffentlichte Wilhelm Ⅳ. das Edikt von Worms [* 3] und verbot die luth. Lehre. [* 4] Als Böhmen [* 5] 1526 erledigt wurde, stand Habsburg Bayern im Wege, und alle Intriguen des Kanzlers Leonhard von Eck waren nicht im stande, Bayern aus dieser unglücklichen Zwitterstellung herauszureißen.
Noch fester wurde dieses Abhängigkeitsverhältnis durch die
Berufung der
Jesuiten nach
Ingolstadt
[* 6] (1549). Auf
Herzog Wilhelm
Ⅳ. folgte sein Sohn
Albrecht Ⅴ. (s. d.), der «Großmütige»
(1550–79). Unter ihm verloren die Landstände, die ihren Charakter einer
Volksvertretung längst eingebüßt hatten, auch
ihre Macht. Das absolute Regiment wurde angebahnt. Von seinen drei
Söhnen folgte ihm Wilhelm Ⅴ., der Fromme (1579–97;
gest. 1626). Die
Jesuiten beherrschten ihn vollkommen, doch versiegte auch unter ihm das künstlerische
Leben in B.s Hauptstadt nicht ganz. In
Finanz-, Gerichts- und Religionssachen dagegen herrschte eine arge Mißwirtschaft.
Da dankte Wilhelm Ⅴ. zu Gunsten seines
Sohnes Maximilian ab, dem er eine
Staatsschuld von 5 Mill.
Fl. hinterließ. Unter Wilhelm
Ⅴ. kam das Erzbistum Köln
[* 7] an seinen
Bruder Ernst, der an die
Stelle des calvinisch gewordenen Gebhard,
Truchsessen von Waldburg, erhoben wurde. Seitdem blieb Kurköln fast zwei Jahrhunderte bei dem Hause Wittelsbach, dem
bald eine dritte Kurstimme zufallen sollte.
Herzog Maximilian Ⅰ. (s. d.) regierte in Deutschlands [* 8] unglücklichster Zeit (1597–1651). Gewohnheit, Erziehung und Religion wiesen auch ihn, einen der begabtesten Staatsmänner seiner Zeit, an die Seite Habsburgs. Als Führer der von ihm gegen die prot. Union ins Leben gerufenen Liga (s. d., 1609) war er zugleich das angesehenste Haupt der kath. Partei während des Dreißigjährigen Krieges. Kaiser Ferdinand Ⅱ. übertrug ihm 1623 die pfälz. Kurstimme und die Oberpfalz als Unterpfand für die Kriegskosten. Für sein Land rastlos besorgt, konnte Maximilian ihm doch die furchtbarsten Kriegsnöte infolge seiner polit. Parteinahme nicht ersparen. Der Westfälische Friede bestätigte ihm die erbliche Kurwürde mit dem Erztruchseßamte, die Oberpfalz und die Grafschaft Cham; die Unterpfalz fiel an die pfälzische Linie zurück, für die zugleich eine achte Kur errichtet wurde.
Maximilian starb in Ingolstadt nach 55jähriger Regierung. Sein Nachfolger war Ferdinand Maria (s. d., 1651–79). Unter ihm erholte sich das Land allmählich wieder, und daß er trotz aller Lockungen Frankreichs gegen Habsburg den Frieden wahrte, bleibt sein Verdienst. Die Landstände waren schon unter Maximilian Ⅰ. nicht mehr berufen worden. Ferdinand Maria berief sie nur noch einmal. Er starb in Schleißheim Sein Nachfolger war Maximilian Ⅱ. Emanuel (s. d., 1679–1726), der Bayern wieder dem deutschen Norden [* 9] näher zu bringen suchte durch Werbung um die Hand [* 10] einer Tochter des prot.
Herzogs Hans Georg von Sachsen-Eisenach. Doch Papst und Jesuiten vereitelten diesen Plan. Anfangs für Habsburg, entschloß sich Max Emanuel im Spanischen Erbfolgekrieg zur Parteinahme für Frankreich. Dadurch brachte er namenloses Elend über sein Land, das von den Österreichern nach ihrem Siege bei Höchstädt, [* 11] als erobertes Land besetzt und behandelt wurde. Die Bedrückungen durch die österr. Kommissare rüttelten dasselbe zum erstenmal gewaltsam auf.
Seitdem erstarkte allmählich diese Stimmung gegen Österreich [* 12] und führte einen langsamen Wandel der Dinge herbei. Im Frieden zu Baden [* 13] (in der Schweiz) [* 14] 1714 wurde die 1706 über Max Emanuel verhängte Acht wieder aufgehoben, und er erhielt Kurwürde und Länder zurück. Nur die inzwischen ausgeübte Statthalterschaft der Niederlande [* 15] ging wieder verloren. Bei seinem Ableben, hinterließ er seinem ältesten Sohne und Nachfolger Karl Albrecht (s. Karl Ⅶ.) eine Schuldenlast von 30 Mill. Fl. Bei seinem Regierungsantritt gab dieser sich Mühe, die trostlose Finanzlage zu bessern.
Aber für höfischen Prunk und Vergnügungen ließ er sich zu Ausgaben verleiten, die mit den Einkünften in keinem Verhältnis standen, und er sparte nur am Militäretat. So fehlte es für alle seine hochfliegenden Pläne an der realen Unterlage. Bei dem Ableben Kaiser Karls Ⅵ. 1740 verwarf Karl Albrecht die Pragmatische Sanktion und erhob Ansprüche auf die österr. Erblande. Infolge davon wurde er in den Österreichischen Erbfolgekrieg 1741–48 verwickelt. Er stützte seine Ansprüche auf seine Abstammung von Anna, der Tochter Kaiser Ferdinands Ⅰ. und Gemahlin Herzog Albrechts Ⅴ. und ein zu Gunsten ihrer Nachkommen von jenem Kaiser errichtetes Testament.
Aber in Versailles [* 16] war man keineswegs gesonnen, an die Stelle des Hauses Habsburg das Haus Wittelsbach zu setzen, und je höher Karl Albrechts Pläne stiegen, um so tiefer geriet er in die Abhängigkeit von Frankreich und andern Mächten. Im Sept. 1741 hatte er den Feldzug eröffnet; Linz [* 17] wurde genommen, Oberösterreich fiel den Bayern zu. Wien [* 18] lag offen und unverteidigt vor ihm. Da drängten ihn die Franzosen vom Wege ab nordwärts gegen Böhmen. Wohl fiel Prag, [* 19] und huldigte der böhm. Adel; allein der strategische Fehler, Wien nicht besetzt zu haben, war nicht wieder gut zu machen.
Maria Theresia erlangte die Hilfe der Ungarn, [* 20] und während Karl mit Hilfe des Kurfürsten von der Pfalz, Frankreichs und Preußens [* 21] in Frankfurt [* 22] zum Kaiser gewählt und 12. Febr. als Karl Ⅶ. gekrönt wurde, wurde und Böhmen von österr. Truppen besetzt. Das Reich gewährte keine Hilfe, Preußen [* 23] war unschlüssig geworden, die Ohnmacht Frankreichs und der rasche Verfall seiner Macht traten immer deutlicher zu Tage. Mit wechselndem Glück wurde noch einige Jahre fortgekämpft, wobei Bayern durch die mehrfache Besetzung durch die Österreicher Unsägliches litt. Nach München [* 24] zurückgekehrt, hatte Karl Ⅶ. bei einem abermaligen Anmarsch der Österreicher nochmals fliehen müssen. Da traf ihn ein Herzschlag. Der Traum der Wittelsbacher, in Deutschland [* 25] die Hegemonie zu gewinnen, war verflogen. ^[]
Der junge Kurfürst Maximilian Ⅲ. Joseph (s. d., 1745–77) schloß mit Österreich den Frieden zu Füssen worin er auf alle Ansprüche an die österr. Erbschaft verzichtete. Er widmete sich mit treuer Sorgfalt dem Wohle seines Landes, besonders der Industrie und dem Landbau, ebenso der Rechtspflege, unterstützt von tüchtigen Männern, wie Kreittmayr (s. d.) und Ickstadt. Am stiftete Max Joseph die Münchener Akademie der Wissenschaften und entzog dieselbe dem Einfluß der Jesuiten. Als die Aufhebung des Ordens 1773 verfügt wurde, kam Max Joseph dieser Verfügung ¶
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sofort nach und bestimmte die Einkünfte des Ordens zur Ausstattung der Schulen. Die Ehe des Kurfürsten blieb kinderlos. Den österr. Plänen zuvorzukommen, schloß er auf Grund der alten Satzungen von Pavia 1766 einen neuen Hausvertrag mit Karl Theodor, Kurfürsten von der Pfalz, zu dem 1774 auch Karl August von Pfalz-Zweibrücken als nächster Erbe des kinderlosen Karl Theodor, eingeladen wurde. Max Joseph starb an den Blattern Mit ihm erlosch die bayr. Linie der Wittelsbacher.
Karl Theodor (1777–99) ward Herr von Pfalz-Bayern, und München die Hauptstadt der wieder vereinigten Lande. Die Ansprüche Kaiser Josephs Ⅱ. auf Teile von Bayern erkannte er an, aber Friedrich Ⅱ. von Preußen war entschlossen, die verbrieften Rechte der Zweibrückener Linie gegen Habsburg zu verteidigen. So entbrannte der Bayrische Erbfolgekrieg (s. d.), der mit dem Teschener Frieden sein Ende fand. Mit Ausnahme des Innviertels (s. Inn), das an Österreich kam, blieb ganz Bayern mit der Pfalz vereinigt.
Die achte Kurwürde erlosch. Die fernere Regierungszeit Karl Theodors gewährt ein trübes Bild. Die Regungen neuen Lebens unter Max Ⅲ. Joseph erstarben abermals unter dem immer despotischer sich gestaltenden Regiment des von religiösen und polit. Fanatikern und Dunkelmännern umgebenen Herzogs. Einem abermaligen Aufleben des Plans, Bayern gegen die Niederlande auszutauschen, trat Friedrich d. Gr. 1785 mit der Errichtung des Fürstenbundes entgegen. Als mit Karl Theodors Tode, die Neuburg-Sulzbacher Linie der Wittelsbacher erlosch, atmete Bayern auf. Es folgte als Kurfürst Maximilian Ⅳ. Joseph von Pfalz-Zweibrücken (1799–1825).
In dem Besitzergreifungspatent vom bestätigte Max Joseph dem Lande die alten hergebrachten Rechte, Freiheiten und Privilegien. Mit Unterstützung des ihm vertrauenden Volks machte er der bisherigen Mißwirtschaft ein Ende. Stellenkauf und Anwartschaften wurden beseitigt, tüchtige Männer zur Leitung der Geschäfte berufen, die Behörden vereinfacht, der öffentliche Unterricht durch alle Stufen gefördert. Duldung in Glaubenssachen war das erste Gebot, Gewerbe und Ackerbau wurden gehoben, der Verkehr erleichtert, Erpressungen abgeschafft, das Heerwesen reformiert, und dies alles zu einer Zeit, da dem ganzen Staate von Feindeshand der Untergang drohte.
Der zweite Koalitionskrieg gegen Frankreich 1798–1802 zog in ernste Mitleidenschaft. General Kray, der Führer der Verbündeten, wich vor den Franzosen zurück, die München besetzten, 7. Juli Landshut [* 27] erstürmten und in der Schlacht bei Hohenlinden 3. Dez. den letzten Widerstand niederwarfen. Am kam es zum Friedensschluß in Lunéville, in welchem Bayern die schon besetzten pfälz. Lande an Frankreich abtreten mußte. Von Österreichs Freundschaft war nichts zu hoffen, alles aber von seinen Gelüsten nach bayr. Gebiete zu fürchten, während sich sein Schutz als trügerisch erwies. So lenkte ein und schloß mit Frankreich einen Abtretungs- und Entschädigungsvertrag, wodurch es im Reichsdeputationshauptschlusse vom für die verlorenen Länder erhielt: die Hochstifter Würzburg, [* 28] Bamberg, [* 29] Freising, [* 30] Augsburg, [* 31] Teile von Passau [* 32] und Eichstätt, [* 33] die Propstei Kempten, [* 34] zwölf Abteien, viele geistliche Rechte und Einkünfte in Augsburg und 17 Reichsstädte und Reichsdörfer, darunter Ulm, [* 35] Nördlingen, [* 36] Memmingen, [* 37] Kempten, Schweinfurt [* 38] (etwa 290 Quadratmeilen mit 854000 Seelen).
Der Grund zu einem neuen Staatswesen war gelegt, da die beiden Hauptursachen, die Städtearmut des Landes und die Selbständigkeit der kirchlichen Territorien, teilweise hinweggeräumt waren, woran einst die Neugründung des Wittelsbachschen Staates unter Ludwig Ⅰ. und Otto Ⅱ. gescheitert war. – Als 1805 der Krieg zwischen Österreich und Napoleon wieder ausbrach, schwankte Max Joseph bis zum letzten Augenblick, gab dem Fürsten Schwarzenberg Mitte September die Zusage des Beitritts zur Koalition; als aber dann Montgelas (s. d.) dem entgegentrat und um seine Entlassung bat, verließ Max Joseph plötzlich München, eilte nach Würzburg und erfüllte also den schon mit Frankreich abgeschlossenen Allianzvertrag.
Die bayr. Truppen vereinigten sich in Franken mit der franz. Armee, mit der sie dann siegreich gegen Österreich kämpften. Schon 26. Dez. erzwang Napoleon den Frieden zu Preßburg, [* 39] durch den Bayern die Königswürde mit voller Souveränität erhielt und gegen Abtretung des Fürstentums Würzburg die gefürstete Grafschaft Tirol [* 40] mit den Bistümern Brixen und Trient, [* 41] Vorarlberg, die Grafschaft Burgau, Teile von Eichstätt und Passau, die Reichsstädte Augsburg und Lindau, [* 42] die Grafschaften Hohenems und Königsegg, die Herrschaften Tettnang und Argen.
4) Bayern als Königreich unter Maximilian Joseph 1806–25. Am nahm der Kurfürst den Königstitel an. Durch den Vertrag Preußens mit Napoleon zu Schönbrunn kam die Markgrafschaft Ansbach [* 43] an Bayern Napoleon wollte ein starkes Bayern, um es für seine Pläne gebrauchen zu können. Da sah sich Montgelas gezwungen, die Politik der freien Hand aufzugeben; Bayern mußte dem Rheinbunde beitreten Durch die Rheinbundsakte erhielt Bayern die Reichsstadt Nürnberg [* 44] mit Gebiet sowie die Besitzungen einer großen Anzahl reichsständischer Fürsten und Grafen, dann der Reichsritterschaft in Franken und Schwaben innerhalb seiner neuen Grenzen [* 45] und übernahm dafür die Verpflichtung, dem franz. Kaiser in Kriegsfällen ein Kontingent von 30000 Mann zu stellen. Im Kriege Preußens gegen Napoleon 1806–7 folgten die bayr. Truppen den franz. Befehlen, und Kronprinz Ludwig (Ludwig Ⅰ.) führte das bayr. Kontingent selbst in der Schlacht bei Pultusk 26. Dez. gegen die mit Preußen verbündeten Russen.
In dieser Zeit hatte Montgelas aber die Ordnung im Innern nicht aus den Augen gelassen. Trotz der massenhaften Einziehung der Kirchengüter hatte sich das furchtbare Deficit infolge der Kriege fortwährend vermehrt. Der Stand der Staatsschuld erreichte die Höhe von fast 100 Mill. Fl. Montgelas begab sich trotzdem an die Arbeit, auf allen Gebieten nachzuholen, was seit fast 200 Jahren versäumt worden war. Am wurde eine neue Staatsverfassung eingeführt, die in ihrem ganzen Wesen den bureaukratischen Ursprung verriet.
Das Reich wurde in 15 möglichst gleichförmige Kreise [* 46] geteilt, Leibeigenschaft, Steuerbefreiung des Adels und Konfiskationen wurden abgeschafft, Unabhängigkeit der Gerichte zugesichert, Gewissens- und Preßfreiheit verkündigt und zur Entscheidung von Kompetenzkonflikten sowie als oberste beratende Behörde ein Geheimer Rat bestellt. Ein dem Könige verantwortliches, fünfgliedriges Ministerium leitete den Staat; an der Spitze eines Kreises stand ¶